… wenn Dein brauner Arm es will

Demnächst, zwischen Anfang März und Ende Mai, werden die Betriebsräte gewählt. Nicht zum ersten Mal dabei, aber in diesem Jahr besonders viel vor haben Nazis.

Nein, nicht besorgte Bürger, Rechtspopulisten oder erst in letzter Zeit durchgeknallte AfD-Wähler: Nazis.

Nazis, bei denen man nicht lange suchen muß, um auf Antisemitismus, völkischen Rassismus, NSU-Nähe, Nazi-Musik, Nazi-Netzwerke, Nazi-Jugendorganisationen, Nazi-Symbolik zu stoßen.

Denn die deutschen Nazis sind nicht mehr unbedingt glatzköpfig, besoffen und strunzdumm, sondern sie haben Hausaufgaben gemacht. Sie haben in den letzten Jahren linke Organisation und Taktik kopiert, linke Themen okkupiert, linke Dresscodes und Symbole übernommen, sie nutzen eifrig das Weltnetz und sie scheinen eine Menge Geld zu haben.

Autonome Antifa Freiburg (2013)

Oliver Hilburger, Rico Heise, Michael Much, Sascha Woll und Jens Ackermann sowie Christian Schickart sind zudem alle bei „Zentrum Automobil“ aktiv, einer Naziliste zur Betriebsratswahl bei Daimler in Stuttgart-Untertürkheim.

Oliver Hilburger wurde bereits 2006 zum Betriebsrat gewählt, damals noch für die gelbe „Christliche Gewerkschaft Metall“ (CGM). Nachdem die linke Betriebsratsliste „Alternative“ aufgedeckt hatte, dass ein „Noie Werte“-Mitglied im Betriebsrat war, konnte die CGM Hilburger trotz anfänglichem Widerstand nicht lange halten. Hilburger trat 2007 als Betriebsrat zurück und wurde 2008 vom Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg auch als ehrenamtlicher Richter am Arbeitsgericht Stuttgart abgesetzt. Als Reaktion erklärte Hilburger 2009 seinen Rückzug von „Noie Werte“ und gründete zusammen mit Christian Schickart die Naziliste „Zentrum Automobil“. Bei den Betriebsratswahlen 2010 wurden Hilburger und Schickart in den Betriebsrat gewählt.

Während sich Oliver Hilburger im Februar 2012 von einer Lokalzeitung als „Aussteiger“ präsentieren ließ und nur im privaten weiter Kontakt zu seinen Nazikameraden hält, versuchen die anderen ihre Naziideologie nicht öffentlich zu thematisieren und zeigen sie höchstens durch ihre rechte Gewerkschaftspolitik. Dabei bewegen sie sich offen in Nazikreisen und organisieren teilweise sogar Naziveranstaltungen.

 


 

Rafael Binkowski und Sven Ullenbruch (1.12.2017) Stuttgarter Zeitung

Die AfD ist der parlamentarische Arm, das „Zentrum Automobil“ soll derjenige in den Betrieben sein. Jürgen Elsässer formuliert es so: „Wir eröffnen eine neue Front zur nationalen und sozialen Befreiung des Volkes. Alle Räder stehen still, wenn mein blauer Arm es will.“ Blau ist die Farbe der AfD.

Es ist das erste Treffen der rechten Szene nach der Bundestagswahl. Nach dem Einzug der AfD ins Parlament setzt man sich neue Ziele. Das sollen die Betriebsratswahlen 2018 sein. Oliver Hilburger, dessen Zentrums-Liste im Daimler-Werk Untertürkheim mit zehn Prozent der Stimmen vier Betriebsräte stellt, will bundesweit expandieren. Dazu schmiedet er neue Allianzen. Seit einigen Monaten arbeite man „hinter den Kulissen“ gemeinsam an einer Kampagne, schreibt die rechtsextreme Initiative „Ein Prozent“ in ihrem Newsletter – deren Gründer Philip Stein ebenfalls in Leipzig anwesend ist. „Wir wollen Arbeitsplätze von Patrioten schützen und die Spielregeln grundlegend verändern“, erklärt die Vernetzungs-Plattform, die ihren Sitz im sächsischen Kurort Oybin hält.

Die schwäbischen Zentrum-Betriebsräte gelten für Stein als erfahrene Vorzeige-Aktivisten: „Sie kennen die Spielchen der linken Gewerkschaften und stehen uns tapfer zur Seite.“ Zu erwarten ist eine zwischen „Ein Prozent“, dem Zentrum Automobil und Compact abgestimmte Kampagne. Dabei greift man die Verunsicherung durch die Dieselkrise oder die Schließungspläne für das Siemens-Werk in Görlitz auf. „Die linken Gewerkschaften haben uns schon lange verraten“, sagt Hilburger in einem Video der Kampagne. Das Fernziel ist, rechte Arbeitnehmer bundesweit in die Betriebsräte zu hieven. Bisher tut sich das Zentrum damit jenseits der Stuttgarter Daimler-Tore noch schwer. Einen Ableger gibt es unter dem unscheinbaren Namen „Interessengemeinschaft Beruf und Familie“ im Leipziger BMW-Werk. Im September vermeldete das Zentrum die Gründung einer Betriebsgruppe bei Mercedes Benz in Rastatt. Bei Opel in Rüsselsheim und in einem VW-Werk kandidieren ebenfalls Zentrums-Vertreter. Motor der alternativen Gewerkschaft bleibt die Stuttgarter Gruppe um Hilburger.

Er ist so etwas wie ein Urgestein der rechten Szene. Hilburger ist in Backnang geboren und wohnt seit vielen Jahren in Althütte-Sechselberg im Rems-Murr-Kreis. Fast 20 Jahre lang war Hilburger Gitarrist der Neonazi-Band „Noie Werte“. Weil die Terroristen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ mit zwei Liedern der Rechtsrocker eine Vorgänger-Version ihres Bekennervideos unterlegten, musste der Maschinenschlosser Anfang November als Zeuge vor dem NSU-Ausschuss im Landtag aussagen. „Für mich war primär die Musik im Vordergrund“, erklärte der 48-Jährige.

Mit „deftigen und derben Texten“ habe er provozieren wollen. Das sah das Landesarbeitsgericht vor neun Jahren allerdings anders. Damals wurde Hilburger als ehrenamtlicher Arbeitsrichter seines Amtes enthoben. Die Juristen verwiesen auf Lieder, in denen die „Noien Werte“ den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß als „großen Held“ bezeichneten und „Deutschland den Deutschen“ forderten. Als Gesamtwerk ließen sich solche Texte nur als „gewaltverherrlichend und verfassungsfeindlich interpretieren“, so die Richter. Auch die Abgeordneten im NSU-Ausschuss befragten Hilburger kritisch über seine Zeit in der rechtsextremen Musikszene. Beharrlich bestritt der Betriebsrat jeden Kontakt zu den NSU-Terroristen. „Aus der Presse“ habe er von den Taten des Trios erfahren, sagte Hilburger. Er wollte sich bei einem Detail allerdings nicht festlegen: Ob er vor Jahren eine Besuchserlaubnis für den heute als NSU-Waffenbeschaffer beschuldigten Sachsen Jan Werner in der Justizvollzugsanstalt Oldenburg beantragt hat.

„Ich habe das nicht in Erinnerung“, sagte Hilburger. Die Besuchserlaubnis des Generalbundesanwalts vom 27. Dezember 2001 für einen Besuch von Hilburger bei Jan Werner liegt unserer Zeitung vor. Weitere Dokumente zeigen, dass sich auch Hilburgers Bandkollegen entsprechende Besuche bei dem Neonazi genehmigen ließen.

 


 

Zeit Online (30.1.2018):

Die Stuttgarter Nachrichten berichten zudem über Sascha Woll aus der rechten „Alternativgewerkschaft“, der ebenfalls für einen Listenplatz kandidiert. Dessen Frau habe im vergangenen Jahr vor dem NSU-Untersuchungsausschuss ausgesagt, ihr Mann sei in den Neunzigerjahren Mitglied der Stuttgarter Skinhead-Truppe Kreuzritter für Deutschland gewesen.

Über den Schatzmeister von Zentrum Automobil, den 56-jährigen Hans Jaus, schreiben wiederum die Stuttgarter Nachrichten, er sei 1991 zum Bundesschatzmeister der mittlerweile verbotenen Neonazi-Organisation Wiking-Jugend ernannt worden. Heute schule Jaus unter anderem „patriotische“ Betriebsräte und habe gute Chancen, selbst in den neuen Betriebsrat in Untertürkheim gewählt zu werden. Er stehe auf Platz drei der Bewerberliste.

 


 

Ulrich Neumann, Rainer Nübel, Hans-Martin Tillack, Marcus Weller (30.1.2018) Report Mainz (Video):

Wer ist Zentrum Automobil? Die als Verein organisierte Gewerkschaft hat bei den letzten Betriebsratswahlen im Daimler-Stammwerk zehn Prozent der Stimmen erlangt. Stellt seither vier Betriebsräte. Sie beklagen eine vermeintliche Hetze gegen Rechtsradikale in deutschen Betrieben. Dagegen wollen sie nun vorgehen.

O-Ton, Quelle: Webseite Zentrum Automobil:

„Genau das passiert täglich hundertfach in unserem Land. Menschen werden wegen ihrer politischen Meinung von einer Minute auf die andere einfach vor die Tür gesetzt.“

O-Ton, Oliver Hilburger, Quelle: Webseite Zentrum Automobil:

„Wir haben die alternative Gewerkschaft  Zentrum Automobil gegründet, um uns um die Rechte aller Kolleginnen und Kollegen zu kümmern.“

O-Ton, Christian Schickart, Quelle: Webseite Zentrum Automobil:

„Die etablierten Gewerkschaften haben unsere Interessen schon lange verraten.“

Gegen die IG-Metall ist Zentrum Automobil noch relativ klein, doch die Gewerkschaft ist auf dem Vormarsch. Zu den kommenden Wahlen tritt sie allein hier im Stammwerk Untertürkheim mit 187 Kandidaten an und mit weiteren Listen auch an anderen Daimler-Standorten.

Herbst vergangenen Jahres. Wir bekommen eine Mail zugespielt. Der Absender – der Account von Andreas Brandmeier. Damals Vorstandvorsitzender von Zentrum Automobil. Der Empfänger – ein Vorstandskollege. Und im Anhang das: „Der deutsche Gruß heißt: Heil Hitler“. Darunter das Hakenkreuz.

Unsere Anfrage beantwortet Andreas Brandmeier nicht. Wir treffen zwei Insider. Sie kennen das Innenleben von Zentrum Automobil ganz genau. Der Eine saß sogar mehrere Jahre im Vorstand. Dort, so berichtet er uns,  sei es zu zahlreichen rechtsextremen Ausfällen gekommen.

O-Ton, Insider, Stimme nachgesprochen:

„Es gab über den Herrn Brandmeier weitaus drastischere Dinge zu berichten, dass er eben auch im E-Mail-Verkehr Dinge weitergeleitet hat, die noch eindeutiger fremdenfeindlich und rassistisch waren. Das sind eben auch Witze gegen jüdische Menschen und Menschen türkischer Herkunft. Das ist mehrfach passiert.“

O-Ton, Oliver Hilburger, Vorsitzender Zentrum Automobil:

„Also wenn das so wäre, das aber hundertprozentig eine Fälschung ist, ist das kein gangbarer Weg, das ist doch völlig  selbstverständlich.
Und das wissen Sie auch. Ich finde es jetzt auch unfair, dass Sie das jetzt so bringen, aber gut. Das ist jetzt definitiv und eindeutig eine Fälschung.“

Das ist keine Fälschung. Wir haben den Weg der E-Mail nachvollzogen, die Datenspuren sind eindeutig: Der Absender war der Account von Andreas Brandmeier.

Außerdem: Beide Insider haben REPORT MAINZ gegenüber auch diesen Punkt schriftlich versichert. Und: Beide fühlen sich schon länger bedroht.

O-Ton, Insider, Stimme nachgesprochen:

„Ich kann das nur bestätigen, was der Kollege sagt. Ich hatte tote Mäuse im Briefkasten, ich hatte auf dem Briefkasten mit Filzstift geschrieben: ‚Stirb‘.“

Im Vorstand von Zentrum Automobil gib es weitere Mitglieder mit rechtsextremer Vergangenheit. Einer von ihnen war früher führend bei der Wiking-Jugend. Die Wiking-Jugend – seit 2000 verboten. Verboten deshalb, weil diese Organisation wesensverwandt mit der NSDAP und der Hitler-Jugend war. Hier wurde die NS-Rassenlehre  propagiert und der Holocaust geleugnet. Das ehemalige führende Mitglied der Wiking-Jugend, heute im Vorstand von Zentrum Automobil, hat sich bis heute von dieser Ideologie nicht gelöst, berichten die Insider

O-Ton, Insider, Stimme nachgesprochen:

„Der Mann sagte im Nachgang eines Vorstandstreffens, der Holocaust hätte so nicht stattgefunden, es hätte keine Judenverfolgung und Vernichtung gegeben.“

 


 

Stefan Mayr und Antonie Rietzschel (12.2.2018), Süddeutsche:

Am Daimler-Stammwerk in Stuttgart-Untertürkheim besetzt das „Zentrum Automobil“ bereits vier von 45 Betriebsratssitzen. Das sind fast zehn Prozent – und im März könnten es mehr werden. Denn das Zentrum ist selbstbewusster und finanziell besser ausgestattet denn je. Im Internet behaupten sie sogar, dass sich „über 300 Kollegen an fünf Daimler-Standorten“ zur Wahl stellen werden. Zusätzlich gebe es weitere 200 Personen „in verschiedenen Branchen und Unternehmen, verstreut über die gesamte Bundesrepublik“, die antreten. …

Im Betrieb verhält sich das „Zentrum Automobil“ gemäßigt – und scheint finanziell bestens ausgestattet zu sein: So hat es seinen Mitgliedern nach Warnstreiks den Lohnausfall erstattet – im Gegensatz zur bis heute mit Abstand mächtigsten Gewerkschaft IG Metall, die bis zu den jüngsten 24-Stunden-Streiks nur nach Urabstimmungen zahlte. Hilburger beteuert, das Zentrum finanziere sich ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen und erhalte „keine Mittel aus privaten, staatlichen oder anderen Quellen“. Das kann bezweifelt werden.

 


 

Wer Nazis in den Betriebsrat wählt, ist vielleicht selbst gar kein Nazi.

Aber ein Nazi-Wähler.

 


Bild: Autor unbekannt, Wikimedia Commons gemeinfrei


39 Kommentare zu „… wenn Dein brauner Arm es will

  1. Am Rande des Themas, Tagesspiegel: Pro Tag im Schnitt vier antisemitische Straftaten

    Die Polizei stellte 2017 insgesamt 1453 antisemitische Delikte fest, darunter 32 Gewalttaten sowie 160 Sachbeschädigungen – sie werden von der Polizei nicht als Gewalt eingestuft – und 898 Fälle von Volksverhetzung.

    Bei 1377 Delikten geht die Polizei von rechts motivierten Tätern aus. 33 Straftaten werden ausländischen Judenfeinden – ohne Islamisten – zugeschrieben, weitere 25 Delikte „religiös motivierten“ Antisemiten, also meist muslimischen Fanatikern ausländischer sowie deutscher Herkunft. Bei 17 Taten war es der Polizei trotz erkennbarem Judenhass nicht möglich, ein politisches Milieu zu ermitteln. Nur ein einziges Delikt, eine Volksverhetzung, war nach Erkenntnissen der Polizei links motiviert.

  2. „Oliver Hilburger wurde bereits 2006 zum Betriebsrat gewählt, damals noch für die gelbe „Christliche Gewerkschaft Metall“ (CGM).“
    https://de.wikipedia.org/wiki/Christlicher_Gewerkschaftsbund_Deutschlands
    „Die Gewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbundes unterbieten immer wieder durch eigene Tarifverträge, die teilweise als „Gefälligkeitstarifverträge“ kritisiert werden, die bisherigen Lohnstrukturen der bestehenden Tarifverträge.“
    Ich bin als jobbender Student da reingerutscht: „Im Herbst 2002 haben sich sechs CGB Mitgliedsgewerkschaften zur Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen (CGZP) zusammengeschlossen.“ … „Im Jahr 2003 hatte sie mit drei Arbeitgeberverbänden bundesweit geltende Flächentarifverträge abgeschlossen. Die Tarifpartner, die Bundesvereinigung deutscher Dienstleistungsunternehmen (BVD), die Interessengemeinschaft Nordbayerischer Zeitarbeitsunternehmen (INZ) und die Mittelstandsvereinigung Zeitarbeit (MVZ) organisieren vor allem mittelständische Unternehmen in der Branche der Zeitarbeit.“
    Gab bei ner Fuldaer Leiharbeitsbude mit Dependancen in der Thüringer Rhön im dritten Jahr dort keinen Pfennig mehr (da hatte ich noch Glück, Leute die 2003 dort erst angefangen haben, bekamen Einstiegslohn 7,30, ich hielt die 8,50 vom Jahr zuvor), war sonst üblich und das Fahrgeld und die Auslöse wurde gekürzt.

    Bei dem seinen jetzigen Verein steht jetzt auch nix Konkretes, wie die die Arbeiterrechte wahrnehmen wollen. (Nicht verlinkt,findet jede/r selber.) Und die müßten noch nicht mal im IGMetall-Claim graben, die ganzen Werkverträgler und Leiharbeiter werden durch jene eher nicht vertreten.

  3. Wie wichtig dem rechten Strippenzieher der Gewerkschaftsflügel um Hilburger ist, wurde schon bei der Veranstaltung in Mainhardt deutlich: Dort rief Elsässer die „Geburtsstunde einer neuen Bewegung“ aus. Die Kampagne zur Betriebsratswahl mag gemäßigt klingen. Doch bei der Veranstaltung im Gasthof Löwen ließ Elsässer die Maske fallen: „Die Einwanderer der letzten Jahre sind Lumpenpack, das nur schmarotzen und unsere Frauen anmachen will.“
    steht auch im Artikel der Stuttgarter Zeitung vom 1.12.2017
    https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.afd-und-die-rechte-gewerkschaft-wenn-dein-blauer-arm-es-will.5c804198-4df2-4388-8b2e-e91c8e8c1d7f.html
    die AfD hat einen Aufnehmeantrag Hilburgers abgelehnt
    http://www.deutschlandfunk.de/betriebsrat-bei-daimler-angst-vor-rechter-unterwanderung.1769.de.html?dram:article_id=408154

    1. die AfD hat einen Aufnehmeantrag Hilburgers abgelehnt

      Das war bestimmt in der Lucke-Ära, als auch Kubitschek und Kositza die AfD-Mitgliedschaft verweigert wurde.
      Ungeachtet dessen sind beide Dreh- und Angelfiguren mit ihrem IfS, das AfD-Politiker, ultra-rechte Burschenschaftler, EinProzent, *gidas, Identitäre, Nazis und rechtsextreme Gewerkschaftler miteinander in Kontakt bringt und schult.

      1. Timan Steffen, Zeit-Online über den politischen Aschermittwoch der AfD in Nentmannsdorf/Sachsen:

        Gemeinsam beginnt man hier, die Barrieren einzureißen, die Petry zu Pegida oder zur völkischen Identitären Bewegung errichten ließ. Keiner der Redner kommt ohne Lobeshymne auf die islamfeindliche Bewegung aus, Höcke preisen sie als „den Tritt in den Hintern der Partei“. Pegida-Cheforganisator Lutz Bachmann sitzt in der ersten Reihe und streamt die Veranstaltung ins Netz. Am Mittwochvormittag hatte Poggenburg den Bundeskonvent der AfD aufgefordert, den Abgrenzungsbeschluss zu Pegida zu kippen. Der Abgeordnete Spangenberg hält an seinem Antrag fest, die AfD auch für Ex-Mitglieder extremistischer Organisationen und Parteien zu öffnen. Der neurechte Publizist Jürgen Elsässer ist da, um ein Grußwort zu sprechen.

        Nach dem Aus für Petry und nach diesem Bundestagswahlergebnis wird Sachsen zum Schrittmacher, von dem die anderen Landesverbände lernen, wie man mobilisiert. Der neue Dauergast der AfD, Bachmann von Pegida, sichert der Partei den Rückhalt der Straße. Der Publizist Elsässer, sein neurechtes Netzwerk und sein Compact-Magazin bilden die Medienbasis. Die neue mitteldeutsche Achse ist gut geschmiert.

        1. Darüber auch Melanie Amann, SPON

          Hier im Wahlkreis 158, Sächsische Schweiz/Osterzgebirge, war die AfD mit 37 Prozent die erfolgreichste Partei bei der Bundestagswahl. Aber um zu verstehen, dass die Rechten in dieser Gegend wirklich eine Volkspartei sind, muss man nach ganz hinten in die Halle gehen, am Ausschank vorbei und eine grob gezimmerte Holztreppe hinauf auf die VIP-Tribüne. Hier sitzt ein Dutzend Männer, die in dieser Gegend viel zu sagen haben, oder früher einmal hatten, deren Betriebe Arbeit für viele Leute schaffen. Die meisten Herren dürften um die 60 Jahre alt sein, wohlgenährt und an diesem späten Nachmittag schon auf Betriebstemperatur für einen politischen Aschermittwoch.

          Jürgen hatte früher einen großen Handwerksbetrieb und war im Vorstand einer Bundesinnung. Welche genau, das will er lieber mal in Ruhe bei einem Abendessen erzählen. Egon führt den örtlichen Landgasthof. Peter hat seinen Getränke-Großhandel schon seinem Schwiegersohn übergeben, der auch mit am Tisch sitzt. Die Männer kennen sich teils seit Jahrzehnten, über die Handwerkskammer, die Unternehmerstammtische oder Volksfeste in der Gegend. Früher hätte sich so eine Runde vielleicht beim CDU-Frühschoppen getroffen, in Bayern träfe man sie vielleicht auf einer VIP-Tribüne der CSU.

  4. „Unterstützung bei Streik
    Im Fall eines vom Vorstand ausgerufenen Arbeitskampfes erhalten unsere Mitglieder eine Unterstützung gemäß der Satzung aus dem Solidaritätsfonds. Bei Warnstreiks entscheidet der Vorstand über Unterstützung für Mitglieder.“
    Von deren Website. Urabstimmung gibts also nicht, ist wie bei der CDU…

    Mein Bruder ist in der IGBAU und bekommt auch den „Grundstein“ (Mitgliederzeitung). Lese ich regelmäßiger als er, jedenfalls las der dann doch mal die Tage. Ich meinte, daß es blöderweise halt s.o. für manche Klientel keine Gewerrkschaft gibt und da eigentlich die Linke (als „Gesinnung“ nicht (nur) als die Partei)sich mal ins Spiel bringen müsste. Die FAU ( http://www.fau.org ) will da halt ned so nach Schema F agieren und wird desöfteren auch einfach vergessen zu erwähnen wie bei der Geschichte: https://deliverunion.fau.org/ . Kam m.E. in den Fernseh/Radionachrichten über die Fahrradaktion nicht vor.

    1. Ich wußte nicht mal von der Aktion mit den kaputten Fahrrädern.
      Seit sich Gewerkschafter mit der arbeitgeberfreundlichen Zahnlosigkeit des DGB zufrieden geben, habe ich das Thema (abseits des Wirkungsgrades kleiner tapferer Gewerkschaften wie Cockpit und GDL) aber auch nicht mehr wirklich verfolgt.

  5. Zu der CGM, 1999:
    https://www.welt.de/print-welt/article568585/Massive-Proteste-bei-Jenoptik.html
    http://www.zeit.de/1999/20/Flucht_aus_dem_Tarif/komplettansicht
    Die hatten dort dann auch die Aberkennung als Tarifpartner.
    Eigentlich müßte mensch das beim Daimler publik machen, k.A. wie schnell die IGMetall vergißt, da braucht mensch noch nicht mal die Nazikacke zu bemühen um zu wissen, wes Geistes Kind der Typ ist in Bezug auf die Arbeiter_innen* .

  6. Geschichte der Gegenwart, Gespräch zwischen Jörg Scheller und Andreas Müller: „Treffen sich zwei Ossis auf Arbeit“

    AM: Im deut­schen Osten fehlten nach 1990 aus meiner Sicht zwei wesent­liche soziale Korrek­tive, die im „Westen“ immer dafür gesorgt haben, dass es der „Kapi­ta­lismus“ nicht zu arg trieb: Gewerk­schaften und Kirchen. Die Gewerk­schaften als verlän­gerter poli­ti­scher Arm der verhassten kommu­nis­ti­schen Staats­macht waren im Herbst 1989 massen­haft verlassen worden. Außerdem traten neuge­grün­dete ostdeut­sche Unter­nehmen nur in den seltensten Fällen einem Arbeit­ge­ber­ver­band bei. Die Folge: Tarif­lohn – Fehl­an­zeige! Die Löhne wurden dras­tisch nach unten gedrückt, die Arbeits­zeiten wurden hoch­ge­schraubt und kaum jemand wehrte sich, weil allen die Angst vor Entlas­sung im Nacken saß. Und das wach­sende Heer der Arbeits­losen war als Droh­ku­lisse perma­nent präsent, allen Kaschie­rungen durch „Umschu­lungen“ und „Fort­bil­dungen“ zum Trotz.

    JS: Du hast neben den Gewerk­schaften auch die Kirchen ange­spro­chen…

    AM: Ja, das zweite gesell­schaft­liche Korrektiv, das in den Altbun­des­län­dern immer poli­tisch wirksam war – und es bis zum heutigen Tag ist –, führte im Osten eben­falls ein Schat­ten­da­sein, ein Dasein im Schatten des Systems. Ich glaube, wenn sich in der Altbun­des­re­pu­blik Unter­nehmer erlaubt hätten, was sie sich im Osten nach 1990 erlaubten, wären sie von der Kanzel herunter verdammt worden. Im Osten hingegen brauchte kein Unter­nehmer pasto­ralen Zorn zu befürchten – die Kirchen waren nahezu leer! Die Ossis waren massen­haft ausge­treten, um die Kirchen­steuer zu sparen, und eine christ­liche Tradi­tion hatten 40 Jahre athe­is­tisch ausge­rich­tete „kommu­nis­ti­sche Erzie­hung“ weitest­ge­hend ausge­merzt.

  7. Das Betriebsverfassungsgesetz, das die Geschäftsgrundlage für die Arbeit von Betriebsräten darstellt, wurde vor etlichen Jahren an mehreren Stellen in puncto Rassismus etc. konkretisiert, siehe diese Beispiele
    .
    § 80 BetrVG

    „§ 80 Allgemeine Aufgaben
    (1) Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben:
    ….. die Integration ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb und das Verständnis zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern zu fördern, sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb zu beantragen;…“

    §104 BetrVG
    „§ 104 Entfernung betriebsstörender Arbeitnehmer
    Hat ein Arbeitnehmer durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigungen, den Betriebsfrieden wiederholt ernstlich gestört, so kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung verlangen. Gibt das Arbeitsgericht einem Antrag des Betriebsrats statt, dem Arbeitgeber aufzugeben, die Entlassung oder Versetzung durchzuführen, und führt der Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zuwider nicht durch, so ist auf Antrag des Betriebsrats vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass er zur Vornahme der Entlassung oder Versetzung durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Das Höchstmaß des Zwangsgeldes beträgt für jeden Tag der Zuwiderhandlung 250 Euro.“

    Gut geschulte und erfahrene (DGB-) Betriebsräte können das Gesetz im Schlaf aufsagen und nutzen es auch in allen Punkten, in größeren Betrieben ist damit eine gewisse Handhabe gegen das rechte Unterwandern gegeben. Man muss es halt wollen und machen. In kleineren Betrieben wird es da schwieriger, weil oft BR und normalen Gewerkschaften von Arbeitgebern der Zugang/Einsatz verwehrt wird.

    Grüßle, Diander

    1. Hmnuja, Daimler, BMW, Audi, VW, Siemens sind größere Betriebe und gerade dort wird nach Kräften von rechtsaußen unterwandert. Interessieren würde mich, woran das Ihrer Meinung nach eher liegen könnte – daran, daß sich viele Arbeitnehmer von den DGB-Betriebsräten nicht (mehr) vertreten fühlen oder an der Vernetzung und Kreidefresserei der Nazis?

      1. Hmmm, ich kann natürlich nicht in diese Betriebe reinschauen, weiß aber aus der Erfahrung, dass es nicht viele braucht, um dort zu unterwandern. Um bei BR-Wahlen eine Liste einzureichen, genügen auf dem Wahlvorschlag oft schon 3 Unterstützerunterschriften. Betriebsratswahlen werden dann bei mehreren Listen i.d.R. nach d`Hondt ausgezählt und da reicht schon eine proporzmäßig geringe Anzahl von Stimmen, um einen Sitz zu ergattern. Und eine geringe Anzahl von Unzufriedenen reicht somit, um die in Amt und Würden zu bringen. Darum ist die Öffentlichmachung schon wichtig, um aufzuklären, was diese Gesellen wollen (will heißen: danke!). Eine pauschale Antwort, dass sich „viele Arbeitnehmer von den DGB-Betriebsräten nicht (mehr) vertreten fühlen“, greift mir da wie bei allen Verallgemeinerungen zu kurz. Wie im richtigen Leben auch gibt es auch in Betrieben einen bestimmten Prozentsatz von allem (auch bei Betriebsräten, einzelne, Menschen), mit deren Arbeit man nicht zufrieden ist. Oder die einzelnen KollegInnen nicht genügend helfen konnten (zu Recht, zu Unrecht,…). Eine konzertierte Aktion der Rechten, BR zu unterwandern, und schon ist das Gebräu fertig.

        Das Zitat des BetrVG zielte auch mehr darauf ab, dass den Gesellen das Handwerk schon zu legen ist. Aber es ist natürlich mühselig und fordert Kapazitäten, die an anderer Stelle wieder fehlen.

        1. Scusi, liebe Diander, ich wollte nicht respektlos sein. Von Arbeitnehmervertretung habe ich keine blasse Ahnung, weil so gut wie nie angestellt gearbeitet. Vielen Dank für Ihre Kommentare!

          1. Da brauchts kein Scusi, keine Respektlosigkeit erkennbar …;)… Vielleicht ein bissi wenig Erfahrung, aber das reichere ich gern mit ein bissi Praxisbeispielen an.

        2. Vielleicht interessiert Sie das – Sasan Abdi-Herrle, Zeit Online, im Interview mit Klaus Dörre (der an der Universität Jena unter anderem zu Gewerkschaften, Partizipation in Unternehmen und Rechtspopulismus forscht) – „Die Gewerkschaften reden das Problem klein“

          Dörre: Das grundsätzliche Ziel ist, die soziale Frage von rechts zu besetzen. Gruppen wie Zentrum Automobil wollen die DGB-Positionen als zu weich, zu herrschaftsnah diskreditieren. Sie treten im Betrieb so auf, als seien sie die Klassenkämpfer. Aber sie wollen gar keinen Klassenkampf, sie wollen Volksgemeinschaft. Das vertreten sie mit einem globalisierungskritischen Gestus und versuchen so, jene Mitarbeiter zu erreichen, die die Gewerkschaften und ihre Betriebsräte als zu nah am Establishment empfinden.

          Viele Teile der Kritik von solchen Mitarbeitern sind dabei gar nicht rechts. Wenn man kritisiert, was führende Betriebsräte in Konzernen verdienen, ist das durchaus berechtigt. Auch Skepsis gegenüber intransparenten Deals zwischen Arbeitgebern und Betriebsräten ist nicht falsch. Tatsächlich waren die Gewerkschaften lange Zeit erpressbar und haben insbesondere bei Standortfragen viele Errungenschaften Stück für Stück aufgegeben. Sie haben viele Zugeständnisse gemacht. Die Unzufriedenheit mit diesen Dingen hat nichts mit dem Gefühl zu tun, abgehängt zu sein, sondern mit Ungerechtigkeit.

          ZEIT ONLINE: Der klassische Unterschied zwischen unten und oben wird also schon noch gemacht.

          Dörre: Ja, wobei es einen wichtigen Zusatz gibt: Deutsche zuerst. Im Hintergrund steht zudem die nicht offen ausgesprochene Ansicht, dass der eigentliche Gegensatz nicht zwischen unten und oben, sondern zwischen innen und außen besteht. Doch das wird in den Betrieben nicht deutlich artikuliert, schon gar nicht in multinationalen Unternehmen wie Daimler. Würden die Rechten dort offen Minderheiten attackieren, hätten sie ein Problem – und der Arbeitgeber eine Handhabe. Die Ideologie dahinter reicht aber bis in die gewaltbereite Neonazi-Szene, die auch den NSU hervorgebracht hat.

          ZEIT ONLINE: Wie reagieren die Gewerkschaften auf die Entwicklung?

          Dörre: Das Problem wird teilweise als lokales Phänomen kleingeredet, das die Gewerkschaften angeblich nicht betrifft. In vielen Stäben glaubt man, dass man schon irgendwie drüber hinwegkommen wird. Doch das wird nicht passieren. Wenn die Gewerkschaften abwarten, besteht die Gefahr, dass passiert, was wir in einer sächsischen Region ermittelt haben: dass Betriebsräte mehrheitlich mit der AfD sympathisieren.

          ZEIT ONLINE: Woher kommt diese Passivität?

          Dörre: Die Gewerkschaften sind traditionell stark in der Auseinandersetzung mit einem äußeren Rechtsextremismus und Rechtspopulismus. In den eigenen Reihen findet das aber nicht statt. Das kann man „hilflosen Antifaschismus“ nennen: Man sieht den Feind immer nur außen, ohne zu bedenken, dass rechtspopulistische Muster im Grunde nah dran sind an dem, was auch ein sozialdemokratischer Arbeiter denken kann, den der Nationalstaat nicht mehr ausreichend schützt.

          1. „Vielleicht interessiert Sie das – Sasan Abdi-Herrle, Zeit Online, im Interview mit Klaus Dörre (der an der Universität Jena unter anderem zu Gewerkschaften, Partizipation in Unternehmen und Rechtspopulismus forscht)“…

            Den Artikel habe ich gestern auch gelesen. Ich sehe das ähnlich wie Ihren Blog: Gut, wenn gewarnt wird. Gerne auf allen Kanälen.

            Und jetzt wieder ein Sidestep in die Praxis: In meiner Gewerkschaft wurde schon letztes Jahr vor den Gefahren gewarnt, in meinem Betrieb wurde und wird das auch mit Argusaugen beobachtet. Ich komme eben in diesem Moment aus einer entsprechenden Telefonkonferenz, in der der aktuelle Stand dazu abgefragt wurde. Ergebnis: Bei uns (auch ein großer Betrieb, wie Sie sich vielleicht erinnern): nein, keine derartige Kandidatur. Womit ich aber das Problem in anderen Betrieben nicht kleinreden möchte, es existiert definitiv. Nur „generelle Blindheit“ zu formulieren, stimmt imo nicht.

            Ich sehe die Handhabe dagegen nur teilweise bei den Gewerkschaften, weil das Gesetz, wie beschrieben, solche Kandidaturen schlicht und ergreifend möglich macht. Und in vielen Themen der Arbeitnehmervertretung mangels Mitbestimmungsrecht die Handhabe gegen Outsourcing, hemmungslose Öffnungszeiten uvm fehlt, was populistisch ausgenützt werden kann. Ähnlich wie bei der Hetze der AfD in anderen Bereichen.

            Mir fehlt in der derzeitigen Debatte auch ein wenig die Diskussion über die Verantwortung der Arbeitgeber. Gerade große Betriebe sind oftmals Global Player und können sich schon deshalb Rassismus im Hause eigentlich gar nicht leisten. Und von daher bin ich wieder beim Beginn: wer sich im Betrieb rassistisch benimmt, äußert, muss Gegenwind aus allen Richtungen spüren, die Handhabe dazu gibt es.

            1. Die Handhabe dazu hat jede/r. Institutionen ersetzen nicht das Engagement, zu dem alle Demokraten aufgefordert sind. Andernfalls geriete Kritik an Arbeitnehmervertretungen zur Umsonst-Courage.

              Mir fehlen in der Debatte nicht nur die Arbeitgeber, sondern auch die Arbeitslosen, die Hartz4- und Sozialhilfe-Empfänger, die prekär Beschäftigten und viele der Selbstständigen.

            2. „Mir fehlt in der derzeitigen Debatte auch ein wenig die Diskussion über die Verantwortung der Arbeitgeber.“
              Bei den „Großen“ macht das der Betriebsrat, wie weiter oben zitiert; weiß nicht, ob solche Klauseln (Antirassismus, -faschismus, -sexismus) auch in den Arbeitsverträgen stehen (können) und somit direkt ein Kündigungsgrund sind.

              1. Bei den „Großen“ macht das der Betriebsrat, wie weiter oben zitiert;

                Nönö, zur Klarstellung: Der Arbeitgeber himself stellt ein und kündigt. Der Betriebsrat ist dabei „nur“ in gewissem Umfang in der Mitbestimmung. Oder kann in den explizit genannten (Ausnahme-)Fällen die Kündigung verlangen (wenn der Arbeitgeber das nicht von sich aus für nötig hält), aber kündigen tut der Arbeitgeber (oder in dieser Ausnahme über Umweg per Arbeitsgericht, falls der Arbeitgeber sich weigert). Das genau hatte ich dem anderen Kommentar gemeint, dass ich den Arbeitgeber in der Verantwortung sehe, nicht so lange zu warten, bis der Betriebsrat zum äußersten Mittel greifen muss, nämlich eine Kündigung zu verlangen. Das ist nicht das normale Procedere, schon gar nicht gern. Die vornehmste Aufgabe des Betriebsrats ist es normalerweise, Kündigungen zu verhindern, dieser Fall wäre ein Notfall.

                Vielmehr ist es ja so, dass erst einmal kleinklein im Team bemerkt wird, wenn ein Sportskamerad ins Rassistische abdriftet. Und so ähnlich, wie wenn ein Kollege permanent irgendeinen Mist baut, täglich zu spät kommt oder was weiß ich, ist dann der Vorgesetzte gefragt, den Rassismus abzustellen (Eskalationsstufen Abmahnungen, Kündigung etc…) Das gehört arbeitgeberseitig geahndet.

                Bei mir im Betrieb gibt es aktuell so einen Fall, ein Kollege hat wiederholt trotz Intervention Kolleginnen sexistisch angebrüllt (Wortlaut sei erspart) und Kolleginnen mit Migrationshintergrund rassistisch beschimpft. Da muss nicht der Betriebsrat die Kündigung beantragen, sondern auf den Trichter kommt jeder vernünftige Arbeitgeber bestenfalls selber: dass damit durch den Kollegen der „Betriebsfrieden gestört“ ist und kündigt den Burschen. Das passiert gerade.

                Und jetzt den Faden wieder weitergesponnen zu den Betriebsratswahlen: Die Leute, die da jetzt in Betrieben ggf. unter solchen Flaggen für die Betriebsratswahl kandidieren, fallen ja nicht vom Himmel, sondern müssen schon mal einige Zeit dort arbeiten (mindestens 6 Monate), um überhaupt kandidieren zu können. Und in der Zeit fällt eine solche Gesinnung meistens auf, auch Vorgesetzten, das darf nicht einfach geduldet werden.
                Das meinte ich mit „Verantwortung des Arbeitgebers“

                weiß nicht, ob solche Klauseln (Antirassismus, -faschismus, -sexismus) auch in den Arbeitsverträgen stehen (können) und somit direkt ein Kündigungsgrund sind.

                Normalerweise steht sowas nicht Arbeitsverträgen. In Anwendung der sogenannten Rechtspyramide im Arbeitsrecht ist es sinngemäß so: Was schon im Grundgesetz, oder im Arbeitszeitgesetz, oder im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz oder oder oder steht (also rechtlich/pyramidal über dem Arbeitsvertrag), braucht nicht noch mal im Arbeitsvertrag drinstehen, das gilt eh. Dort kommen nur spezifische Dinge für das Arbeitsverhältnis rein, die neben den allg. Regelungen noch wichtig sind. So weit oben in der Pyramide geregelte Dinge wie „ich darf niemanden rassistisch beleidigen“, „Volksverhetzung geht gar nicht“, „ich darf keine goldenen Löffel stehlen“ oder Inhalte des Tarifvertrags stehen nicht alle Wort für Wort im Arbeitsvertrag (sonst müsste man das Regal dafür erweitern), gelten aber natürlich trotzdem. Weil sie in der Pyramide höherrangig sind. Und sind natürlich ggf. ein Kündigungsgrund.

                Dazu gabs vor gut 2 Jahren mal einen Fall eines Porsche-Azubis, der sehr viel diskutiert wurde, z.B. in der SZ

                1. Danke@Diander.
                  Der hier erwähnte Tommy Frenck (https://dvwelt.wordpress.com/2017/07/17/nur-mal-sone-frage/#more-11253) hatte mit seinen Kameraden vor mehr als zehn Jahren in Schleusingen versucht, die Freiwillige Feuerwehr zu okkupieren, genauso haben die auch mal nen Fußballverein (SV Germania natürlich) gegründet. Die Feuerwehr hat dann extra ihre Statuten erweitert, auch wenn natürlich übergeordnete Gesetze gelten, bei dem Fußballverein haben sich viele Mannschaften in deren Testsaison geweigert, gegen die zu spielen.
                  Gibt ja seit Längerem nicht nur bei den „üblichen Verdächtigen“ (St. Pauli,Jena, Babelsberg, Freiburg, Roter Stern (und mittlerweile m.E. auch Chemie) Leipzig) Bestrebungen, auch Fanclubs nur nach Unterschreiben der Statuten anzuerkennen, wo eben s.o. nochmals explizit erwähnt wird.
                  Auch gare bis halbgare Faschos dürfen ihren Schwachsinn verbreiten, nennt sich Meinungsfreiheit, nur müssen die auch Konsequenzen befürchten.
                  Beim Daimler hab ich nur das: https://www.daimler.com/karriere/das-sind-wir/diversity/ gefunden.

              2. Aaah, da findet sich schon noch was:
                Berliner Mercedes Benz Werk macht mit bei „Respekt! Kein Platz für Rassismus“
                „Intoleranz und Rassismus haben bei Daimler keinen Platz“
                Die Frage ist halt, ob das nur Hochglanzprojekte sind, und/oder ob das intern nach Schließen der Werkstore weiter gelebt wird und auch alle MitarbeiterInnen teilen. Das ist wie in fast allen Betrieben zu bezweifeln. Fast jede Belegschaft ist ein Spiegelbild der Gesellschaft, ein relativ konstanter Prozentsatz an Grapschern, Rassisten, Alkoholikern, A****löchern und Netten. Und da simmer wieder am Anfang, wehret den Anfängen.

    1. Doch, ganz und gar off-topic. Ein für die Nutzer kostenfreier ÖPNV hat was genau mit Nazis zu tun, die sich für die anstehenden Betriebsratswahlen vernetzen und fit machen?

      Davon abgesehen hebt es mir schon eine Augenbraue, daß es grüne/linke Forderungen erst dann in ein EU-Dokument der Bundesregierung schaffen, wenn andernfalls breitflächige Fahrverbote im Individualverkehr drohen, von den Betrügereien bei den Abgaswerten zu schweigen.

      (Bitte entscheiden Sie sich für 1en Nick. Angemeldet sind Sie hier als Wal B. Posts unter Wal Buchenberg muß ich erst aus der Mod-Schleife befreien, dvw)

  8. Ich denke wir können die Rechten nur mit besseren Inhalten bekämpfen, nicht mit Outing von einzelnen Personen.
    Noch weniger bewirkt ein Outing, wenn es nicht einmal die Leute erreicht, die es angeht (Betriebsbelegschaften).
    Zum Opener hat m. E. Diander alles Nötige gesagt.

    1. Bei diesem Thema-> Betriebsratswahlen halte ich die Nennung von Namen schon für sinnvoll. Obwohl die Reichweite meines Blogs gering ist, ist es die von WordPress und WP-Tags nicht.
      Zu Ihrem Thema-> kostenfreier ÖPNV gern an thematisch passender Stelle.

    2. Hä? „Fast 20 Jahre lang war Hilburger Gitarrist der Neonazi-Band „Noie Werte“.“ Der war jung und brauchte das Geld oder wie?!?

  9. https://www.wsws.org/de/articles/2017/04/26/leih-a26.html
    „Den wirklichen Beweggrund für die Haltung der IG Metall verdeutlicht ein Fallbeispiel aus der Perspektive eines Betriebsrats des Entwicklungszentrums der Kölner Ford-Werke. „In Bereichen der hochqualifizierten Beschäftigung in internationalen Arbeitsverbünden (…) richtet sich die Vergabe von Projekten und Entwicklungsprogrammen nicht nur nach bestehenden Dauerarbeitsplätzen“, sagt dieser Betriebsrat, der nicht mit Namen genannt wird.“
    Hochqualifizierte können wohl auf Augenhöhe über das Entgelt verhandeln, deswegen ist die Aussage Quatsch.
    Das ganze Outsourcing von Gebäudereinigung, Kantinen usw., unbefristete Arbeitsverträge wenn der AG Bock hat, … . Ist auch alles bißchen untergegangen.

    Mal am Rande: Der Mindestlohn (8,84) wurde im Übrigen dieses Jahr auch nicht erhöht und meine Gemeinde entblödet sich nicht, den auch noch zu unterbieten. Die vergeben Rasenmähen und bißchen Aufräumen in den zugehörigen Dörfern als Minijobs. Hier sinds 20h/monat von Mai-Oktober für 175 Steine. Finde die zwei Fehler!
    Bei dem Lohn: (https://www.baulinks.de/webplugin/2017/1687.php4) „Des Weiteren wurde die Vergütung der untersten Lohngruppe 7.6 für Arbeitnehmer, die mit einfachsten, schematischen Arbeiten beschäftigt werden, ab dem 1. November 2017 auf 10 Euro und ab dem 1.Oktober 2018 auf 10,20 Euro erhöht.“ also quasi der Mindestlohn im GaLa-Bau, würde ich mit mir reden lassen. Da hier jede*r jede*n kennt und mein „Chef“ den vom Bauhof privat, traf ich den dieletzt und plauderte den drauf an. Für die Vergabe ist halt der Hauptamtsleiter zuständig und eigentlich gibts dafür selbstständige Einzelkämpfer oder halt GaLa-Firmen. Die dürften wohl auch nicht gedumpt werden.

  10. Michael Barthel und Anna-Lena Herkenhoff, analyse&kritik – Konkurrenz von rechts

    Mit der aktuellen Kampagne »Werde Betriebsrat« versucht Ein Prozent, sich der sozialen Frage von rechts zu nähern. Aufhänger der Kampagne, die über eine eigene Homepage und Werbevideos verfügt, ist jedoch kein klassischer Aspekt des Arbeitskampfes, sondern das Thema Meinungsfreiheit. Der Kampagnentext formuliert, dass »jeder von uns … mittlerweile einen Freund oder Bekannten habe, der seine Arbeitsstelle aus politischen Gründen verlor«, sei es wegen des Besuchs von Pegida-Demonstrationen, der Unterstützung der AfD oder eines Gesprächs »mit dem Kollegen in der Pause über politische Probleme« Die Feindbeschreibung ist klar: Verantwortlich für »politische … Repression bis hin zur Kündigung«, so formuliert es Simon Kaupert, der mit der Umsetzung der Kampagne betraut ist, seien »linke Betriebsräte und Gedankenpolizisten« sowie »Meinungswächter … der etablierten Gewerkschaften«. Um dies zu beenden und weiterhin offen besprechen zu können, was der Kampagnentext wenig konkret als »politische Probleme« umschreibt, sollen bei den Betriebsratswahlen von März bis Mai »patriotische Betriebsräte« gewählt und der Einfluss von DGB-Gewerkschaften geschwächt werden.

    Die Kampagne »Werde Betriebsrat« appelliert an die Ideologie des Standortnationalismus, die auch unter Gewerkschaftsmitgliedern verbreitet ist. Der Interessengegensatz verlaufe, so Kaupert, nicht zwischen Arbeit und Kapital, sondern zwischen Betrieb und »globalistischem Establishment«, welches Arbeitsplätze in Billiglohnländer verlagern will.

    Die Stoßrichtung der Kampagne zielt im Sinne neurechter Beeinflussung des vorpolitischen Raums nicht darauf ab, tatsächlich die Interessen der Arbeiter_innen zu vertreten. Vielmehr soll im Arbeitermilieu Einfluss gewonnen und die Diskurshoheit der DGB-Gewerkschaften gebrochen werden.

    Die Gewerkschaften sollen aus Furcht vor Mitgliederschwund in ihrer antirassistischen Haltung einknicken, während rechtsgesinnte Arbeiter_innen ermutigt werden, am Arbeitsplatz offen Rassismus zu propagieren. Die Kreise um Ein Prozent dürften zudem auf eine Welle gewerkschaftlicher Empörung hoffen, die weit über die reale Bedrohung hinausschießt. Unüberlegtes Handeln, überstürzte oder falsch wiedergegebene Aussagen aus Gewerkschaftskreisen könnten der Neuen Rechten helfen, einen Skandal zu inszenieren, der schlagartig den Bekanntheitsgrad von »Werde Betriebsrat« vergrößern könnte.

    Die Aktivitäten von Ein Prozent zielen somit darauf ab, die Reichweite extrem rechter Deutungsangebote durch professionelle Öffentlichkeitsarbeit zu vergrößern. Angeschlossen wird dabei zum Teil an Einstellungen in der Bevölkerung. … Es wäre fatal, aus Verunsicherung über manifest werdende rechte Haltungen in den Betrieben die Propaganda und die Deutungen von Ein Prozent mit Arbeiterinteressen zu verwechseln. Wer das tut, geht der Strategie der Neuen Rechten auf den Leim.

  11. Robert D. Meyer, nd – Gegen »die da oben«

    Das alles passt zum Plan von Björn Höcke, dem führenden völkischen Nationalisten in der AfD. Seit etwa 15 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder bei der Bundestagswahl ihre Stimmen den Rechten gaben, intensivierte er seinen völkischen Sozialpopulismus. Noch ist selbiger kaum Teil des offiziellen AfD-Programms, das bisher stark beschäftigtenfeindlich geprägt ist. Doch Höcke will den »deutschen Arbeiter« stärker an die AfD binden.

    Eigens dafür gründete sein früherer Büroleiter, der heutige Bundestagsabgeordnete Jürgen Pohl, am 1. Mai 2017 mit dem »Alternativen Arbeitnehmerverband Mitteldeutschlands« eine Gewerkschaft, die Ende Januar zu einer AfD-Kundgebung nach Erfurt mobilisierte, an der etwa 2000 Menschen teilnahmen. Anlass war der geplante Bau einer Moschee. Doch Pohl, ganz völkischer Nationalist, vermengte seine islam- und asylfeindliche Haltung mit der sozialen Frage. Nur innerhalb geschützter Grenzen könne soziale Gerechtigkeit verwirklicht werden, erklärte er.

  12. Stephan Kaufmann, Frankfurter Rundschau, im Interview mit Klaus Dörre – „Völkische Ideologie ist ein Sprengsatz für Solidarität“

    Wie groß sind die rechten Strömungen in Gewerkschaft und Betriebsräten überhaupt?

    Bislang sind rechte Listen eher die Ausnahme, das größere Problem sind Betriebsräte mit AfD-Sympathie, die über die Personenwahl in die Gremien kommen und sich im Betrieb als vorbildliche Gewerkschafter präsentieren. In jedem Fall ist das Potenzial für die äußerste Rechte aber da.

  13. Rainer Roeser, Blick nach rechts – AfD-„Arbeitnehmer“: Werkzeuge im Machtkampf

    Die angeblichen AfD„Arbeitnehmerorganisationen“ AVA und ALARM! widerspiegeln den Konflikt in der Partei zwischen neoliberalem und völkisch-nationalistischem Flügel. Ihre Vertreter sind sich untereinander nicht einig und zeichnen sich nicht unbedingt durch eine arbeitnehmerspezifische Erwerbsbiographie aus.

    Die angeblichen „Arbeitnehmerorganisationen“ der AfD, denen gemeinsam ist, dass sie personell schwach auf der Brust sind und nur vereinzelt Dependancen in den Landesverbänden unterhalten, sind nicht zuletzt Werkzeuge im innerparteilichen Machtkampf: Witts AVA auf der Seite des neoliberalen Teils der Partei, orientiert an Leuten wie Alice Weidel oder Georg Pazderski, ALARM! stabil an der Seite des rechten Osttrios Björn Höcke, André Poggenburg und Andreas Kalbitz. Höcke gab unlängst vollmundig die sozialdemagogische Richtung vor: Die AfD werde sich „verstärkt der kleinen Leute annehmen und die sozialen Errungenschaften von 150 Jahren Arbeiterbewegung gegen die zerstörerischen Kräfte des Raubtierkapitalismus verteidigen“.

    In Vergessenheit zu geraten droht die dritte „Arbeitnehmerorganisation“ der rechtspopulistischen Partei. Die „Arbeitnehmer in der AfD“ (AidA), die anders als AVA und ALARM! kein Bundestagsmandat ergattern konnten, scheinen derzeit nicht recht zu wissen, wie es weitergehen soll. Unlängst wurde ein neuer Vorstand gewählt: Neu im Vorstand ist als Bundesvize Frank Neufert. Er arbeitet als Karosseriebauer bei BMW und gehört für die AfD dem Zwickauer Kreistag an. Neufert ist Initiator der Gruppe „Interessengemeinschaft Beruf und Familie“, die als Ableger des Vereins „Zentrum Automobil“ und im Bündnis mit der neurechten Gruppe „Ein Prozent“ zur Betriebsratswahl bei BMW in Leipzig antreten will. Bei AidA aktiv geworden ist auch der Göttinger AfDler Lars Steinke, der sogar dem niedersächsischen AfD-Landesvorsitzenden Armin-Paul Hampel zu weit rechts erscheint.

    Einen Kurs Richtung Sozialpopulismus dürften auch zwei AfDler steuern, die seit dem Hannoveraner Parteitag dem neuen Bundesvorstand angehören. Beiden ist gemeinsam, dass es sie zuletzt deutlich nach rechts gezogen hat. Der eine, der Bundestagsabgeordnete Kay Gottschalk, hat sein Mandat vor allem dem mittlerweile ausgetretenen Ex-NRW-Landeschef Marcus Pretzell zu verdanken. Von ihm hat er sich inzwischen losgesagt. Eine seiner ersten „Amtshandlungen“ als neues Vorstandsmitglied war ein gemeinsamer Auftritt mit Björn Höcke bei einem Online-„Bürgerdialog“.

    Der andere, Guido Reil, den die AfD bereits vor den Wahlen in NRW und im Bund auf Tournee gehen ließ, interessiere sich neuerdings sehr für das „Zentrum Automobil“, berichtete unlängst der Berliner „Tagesspiegel“. Dass dessen Führungskraft Oliver Hilburger gut 20 Jahre in der Neonazi-Band „Noie Werte“ gespielt habe, scheine Reil nicht zu stören. Vor den Betriebsratswahlen wolle er für „alternative Listen“ Wahlkampf machen, kündigte er dem „Tagesspiegel“ zufolge an. Offenbar soll es nicht bei „alternativen Listen“ bleiben. Außer einer „alternativen Partei“ müsse es auch „alternative Gewerkschaften“ geben, so das (Noch-)IG Bergbau-Mitglied Reil.

  14. Mannheimer Morgen:

    Bei den Betriebsratswahlen im Daimler-Werk Untertürkheim haben rund 1800 Mitarbeiter für die Gruppe „Zentrum Automobil“ gestimmt. Damit sitzen sechs Vertreter der als rechtslastig kritisierten Gruppierung im Betriebsrat des Werks – zuvor waren es vier. … Bei den Betriebsratswahlen in Rastatt und Sindelfingen zogen Vertreter der Gruppe Zentrum zum ersten Mal in die Betriebsräte ein.

    SPON (der extrem nervt und nein, Ad-Blocker wird sicher nicht ausgeschaltet):

    Bei einer Wahlbeteiligung von 63,6 Prozent entfielen nun 13,2 Prozent auf die umstrittene Zentrumsliste, die sich als „oppositionelle Gewerkschaft“ sieht. Sie kam mit etwa 1800 Stimmen auf Platz zwei.

    63,6 Prozent Wahlbeteiligung sprechen auch nicht gerade für politisch wache Autoschrauber.
    Noch dümmer als die Nichtwähler sind nur noch die 13,2 Prozent „Opposition“-Wähler, weil: „Zentrum Automobil“ hält eigene Themen und Forderungen für verzichtbar. Nix, außer dagegen.

  15. Robert D. Meyer, nd: Völkische Listen holen schwache Erfolge

    »Diese Betriebsratswahl war einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik«, feiert sich das rechte »Zentrum Automobil« in einer Erklärung zum Ergebnis der Betriebsratswahl im Daimler-Stammwerk in Untertürkheim. An »eine schnelle Rückkehr zum Alltagsgeschäft« sei nun nicht zu denken. Übertrieben ist das dann aber doch: Zwar ist es der Gruppe um »Zentrum«-Chef Oliver Hilburger gelungen, ihr Ergebnis von vier auf sechs Mandate im Betriebsrat zu steigern, insgesamt gaben 13 Prozent der wählenden Kollegen den Rechten ihre Stimme. Doch auch die IG Metall konnte zulegen und sich mit 75,7 Prozent klar als stärkste Kraft behaupten.

    Ähnlich sieht am BMW-Standort in Leipzig aus. Dort errang das »Zentrum« aus dem Stand vier Mandate, während elf Prozent der wählenden Belegschaft die neue rechte Bewegung unterstützten. Auch bei Mercedes in Sindelfingen (zwei Sitze) und in Rastatt (drei Sitze) konnte die rechte Gewerkschaft erstmals Mandate holen, auch wenn die prozentualen Wahlergebnisse hier klar im einstelligen Bereich blieben. Ingesamt relativiert sich das Ergebnis jedoch, sobald es um die bundesweiten Zahlen geht. Hilburgers Gruppe holte an sechs Standorten 19 Betriebsratssitze, in ganz Deutschland werden in diesen Wochen aber etwa 180 000 Mandate neu gewählt.

  16. Tim Schulz, Endstation rechts – Rechte Gewerkschaftskampagne: Mehr Schein als Sein

    Insgesamt 19 Mandate konnten das „Zentrum Automobil“ und seine Ableger eigenen Aussagen zufolge gewinnen. Das mag für die Gewerkschaftsgruppe eine erhebliche Steigerung bedeuten, verglichen mit der Gesamtzahl von über 180.000 Mandaten bundesweit bleibt sie trotzdem unbedeutend. Weitere vereinzelte Listen scheiterten an den Wahlurnen, während in der Mehrheit der Betriebe erst gar keine Kandidaturen zustande kamen.

    Die Mandatsgewinne im Siemens-Werk Görlitz, mit denen sich das „Zentrum“ und Ein Prozent brüsten, sind laut Angaben der IG Metall sogar frei erfunden. Im Betrieb habe der Großgewerkschaft zufolge nicht einmal eine Liste bestanden. Der erklärte Hauptfeind der rechten Kampagne gibt sich gelassen. Man sei gestärkt aus der Wahl hervorgegangen, vor allem andere rechte Wahllisten hätten Stimmen an das „Zentrum Automobil“ verloren.

    Das rechte Netzwerk feiert die „Kampagne“ trotzdem als Erfolg. Nicht ganz zu unrecht, schließlich teilt es sich nicht nur Personal mit den Identitären, sondern verfolgt auch eine ähnliche Medienstrategie: Den Aktivisten geht es in erster Linie um Provokation und Aufmerksamkeit. Die Berichterstattung zählt mehr als die eigentliche Aktion und selbst Niederlagen werden in den Filterblasen neurechter Medien zu tadellosen Siegen umgedeutet. Einmal mehr zeigt sich, dass Ein Prozent keine „rechte NGO“, sondern lediglich eine Finanzierungsplattform und Marketingmaschine der neurechten Szene ist. Zudem kann man die Betriebsratskampagne auch als Experiment für zukünftige Wahlen betrachten.

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