Kunst und galoppierende Dummheit

 

Das ist die Denke eines (mir unerklärlich) für wichtig gehaltenen Journalisten, der nicht nur für Die Zeit, sondern auch für die New York Times schreibt. Jochen Bittner scheint komplett ignorieren zu können, daß Nazis aller Art schon seit Jahrzehnten Namen, Bilder, Adressen ihrer Feinde ins Netz stellen und zur Jagd auf sie aufrufen. Ich erinnere auch keine kritische Anmerkung von ihm, als rund um pi das Portal Nürnberg 2.0 entstand (wo etliche seiner Kollegen zu finden sind, u.a. Jörg Lau und Andrea Dernbach), als die AfD jüngst zur Lehrerdenunziation aufrief, als die Blödzeitung mit unverpixelten Bildern nach „G20-Verbrechern“ fahndete. Auch das allgemeine mediale Schweigen zur taz-Recherche über Hannibals Schattenarmee, über rechtsextreme Vernetzung im Umfeld der Bundeswehr wird allmählich ohrenbetäubend laut. Hannibal and friends lassen keinen Zweifel daran, was sie am „Tag x“ mit ihren säuberlich aufgelisteten Todfeinden vorhaben.

Jochen Bittner lieferte jedenfalls mit seinem Edelfeder-Tweet die Steilvorlage, um über Kunst ja/nein, entartete Kunst, krankes Land usw. zu diskutieren. Das will ich gar nicht weiter kommentieren, außer: Kunst ist das, was ein Künstler mit der Absicht, Kunst zu machen, tut – fertig. Alle anderen dürfen dann ohne Ende darüber streiten, ob es sich dabei um gute, schlechte, langweilige, berührende, relevante, dekorative usw.usw. Kunst handelt und ob sie warum gefällt oder nicht. Was seit mehr als 70 Jahren nicht mehr diskussionsfähig ist: ob es sich um Kunst handelt ja/nein. Diese Definition liegt allein bei den Künstlern. Das gilt auch für politische Kunst (die nicht notwendigerweise aussehen muß wie ein Plakat von Klaus Staeck oder ein Stück des Grips-Theaters oder anders gesagt ‚Man merkt die Absicht und ist verstimmt‘)

 


 

Falls man gute Kunst daran messen möchte, wie sehr sie Menschen berührt, hat das Zentrum für politische Schönheit 12 von möglichen 10 Punkten. Denn jede/r hat dazu eine Meinung. Häufig allerdings eine, die vor Dummheit und Doppelmoral nur so trieft.

Beispielhaft André Bochow, SWR:

Wie ernst oder unernst das gemeint ist, kann dahingestellt bleiben. Auch als Kunstsanktion ist die Pranger-Denunziations-Inszenierung politisch folgenreich. Sie taugt dazu, sich demokratiefreundliche Eigenschaften abzutrainieren, von der Gesprächsfähigkeit über die Kompromissbereitschaft bis hin zur Lust an der Differenzierung.

Dessen Kommentar war jetzt nur der erste, der mir in die Hände fiel. Wer die Tiefen von Doppelmoral/Dummheit ausloten möchte, dem seien die News-Suche und die Hashtags #SokoChemnitz und #ZPS anempfohlen.

 


 

Ich zum Beispiel finde bemerkenswert, wie fix die Sächsische Polizei werden kann, wenn Künstler legale Mittel (fleißige Recherche, Google-Bildersuche, Mietvertrag) nutzen, um sich öffentlich als Nazis gerierende Personen öffentlich zu machen, bzw. dazu aufzurufen. Schönheitsfehler: fix ohne passende Rechtsgrundlage.

Dazu das Zentrum für politische Schönheit:

Nachdem am Montag ein vermummter Mob vor unserem Recherchebüro Ost stand, informierten wir um 13.39h die Polizei in Chemnitz, um Büro, Kunst und Eigentum vor der zu befürchtenden Selbstjustiz fanatisierter „Bürger“ zu schützen. Die Polizei traf 10 Minuten später vor Ort ein und drängte die Bedrohung zunächst zurück. Um 14h meldete sich ein Polizeibeamter bei uns („Herr Nötzold“), dass „die Tür jetzt geöffnet und alle ausgestellten Poster sichergestellt werden“. Auf Nachfragen konnte Herr Nötzold uns keine Rechtsgrundlage für dieses Vorgehen nennen. Er sagte wörtlich: dass „vielleicht irgendjemand eine Anzeige“ erstattet haben könnte, „deshalb sind wir handlungsbefugt“. Weiteres sollen wir mit der Staatsanwaltschaft klären (bis heute nicht für uns zu sprechen). Die Polizei Sachsen entschied also innerhalb von 10 Minuten, dass dem wütenden Mob, dessen bloße Anwesenheit schon ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz darstellt, Folge zu leisten. Die Wut der „Bürger“ wog schwerer als unsere Eigentumsrechte, ein gültiger Mietvertrag und das Recht auf Kunstfreiheit. Die Polizei ließ die Schlösser des von uns angemieteten Objektes austauschen und verweigert bislang die Herausgabe der Schlüssel.

Seither twittert und verschickt die Polizei Sachsen aber Pressemitteilungen, denen folgende Vorwürfe zu entnehmen sind:

  • „Da es (…) in sozialen Netzwerken Aufrufe dazu gab, u.a. Sachbeschädigungen an den Büroräumen im Rosenhof zu verüben, wurde am frühen Nachmittag seitens der Polizei entschieden, die Plakate im Sinne der Gefahrenabwehr zu entfernen und sicherzustellen.“
  • „Die Nennung der Telefonnummer der Polizeidirektion Chemnitz auf der Website ist nicht autorisiert.“
  • „Es gibt (…) keinen inhaltlichen Bezug von ‚www.soko-chemnitz.de‘ sowie der Plakatierung zu den laufenden Ermittlungen der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe ‚Centrum‘ (LKA Sachsen/PD Chemnitz)“

Wir stellen klar:

  • Wenn ein wütender Mob Sachbeschädigung am rechtmäßigen Eigentum Dritter verüben möchte, ist es Aufgabe der Polizei, dieses Eigentum zu schützen und Straftaten auf Seiten der Verbrecher zu verhindern. Die Polizei Sachsen zerstört das bedrohte Eigentum hingegen einfach selbst und kuscht damit – einmal mehr – vor dem rechten Mob, der auch Ende August durch die Stadt marodierte.
  • Entgegen der eigenartigen Ansicht der Polizei Sachsen ist es nicht notwendig, sich die Verbreitung der Telefonnummern ihrer Reviere vorab autorisieren zu lassen.
  • Entgegen anderer Behauptungen wurden die Büroräume rechtmäßig als „Ausstellungsfläche“ und „Popup-Galerie“ angemietet und die Miete und Kaution in voller Höhe beglichen.
  • Es gibt sehr wohl einen inhaltlichen Bezug von „www.soko-chemnitz.de“ wie der Plakatierung zu den laufenden Ermittlungen der gemeinsamen Ermittlungsgruppe „Zentrum“ (ZPS)

 


 

Von der Website der Soko Chemnitz, FAQ:

Zu Beginn unserer Recherche kannten wir die Möglichkeiten, die die künstliche Intelligenz heute bieten, noch nicht. Wir wollten alle legalen Möglichkeiten der Identifikation ausschöpfen. Das Ergebnis ist kein automatisiert erstelltes Archiv, sondern ein Projekt in das Hunderttausende von Arbeitsstunden geflossen sind. Das Projekt zeigte uns, dass die computergesteuerte Gesichtserkennung sich rasant weiterentwickelt. Wir würden empfehlen, diese legalen Technologien unverzüglich zu verbieten.

 


 

Florian Schroeder von radio eins:

Das ist fast wie die unterschätzteste Tugend der Aufklärung: der Zweifel, immer und zuerst an den eigenen vermeintlichen Gewissheiten. Es gibt nichts Fruchtbareres für’s Denken als Irritationen und Zweifel.

Danke ZPS.

 


 

Lesenswert:

Daniel Völzke, Monopol-Magazin – Die provokante Effizienz des Zentrum für politische Schönheit

Markus Reuter, Netzpolitik – Provokation gelungen: #SokoChemnitz nimmt Ermittlungen auf

Arno Frank, SPON – Gezielte Eskalation

Henrik Merker, nd – Lametta im Fenster und Hass im Netz (Nachtrag 4.12. 16h)

Henrik Merker, Zeit Online – Hass und Gewaltaufrufe gegen Künstler von Soko Chemnitz (Nachtrag 5.12. 15h45, ebenso das folgende Bild)

 


 

 

Ulrich Weih, Frankfurter Rundschau – „Danke, liebe Nazis“ (Nachtrag 5.12. 19h30)

… Alles nur ein cleverer Trick, um an die Namen von Rechten zu kommen. Viele Personen aus der rechten Szene seien auf die Webseite gegangen und hätten ausgiebig nach ihrem eigenen Namen und denen von Gesinnungsgenossen gesucht.

Genau darauf hatte das Zentrum für Politische Schönheit gehofft. Die Suchdaten wurden gemäß Datenschutzbestimmung wie bei allen Web-Suchdiensten mitgeloggt. „Mittels Netzwerkanalyse und Datenvisualisierung waren Freundeskreise, Knotenpunkte, Mitläufer relativ einfach auswertbar. Die Ausgangsprofile haben wir gescored und die Scoring-Werte färbten wiederum auf die Gewichtung der Gesuchten ab.“ Also vereinfacht gesagt: Wer kennt wen für Nazis.

Das Prinzip ist bekannt und nennt sich „honeypot“. Ohne es zu merken, haben viele Rechte ihren Namen, aber auch ihr persönliches Netzwerk preisgegeben. 1552 Teilnehmer und Teilnehmerinnen habe man so in kürzester Zeit ermitteln können.

—> Soko Chemnitz

Tomasz Konicz, Telepolis im Interview mit dem ZPS – „Der Rechtsdrift ist massiv, abgestimmt und stetig voranschreitend“ (Nachtrag 6.12. 10h30)

Soko Chemnitz war, nebenbei bemerkt,  auch ein bildschönes Lehrstück zur DSGVO.

 


Komplize (des Zentrum für politische Schönheit) werden Sie mit einer jährlichen Unterstützung ab 100 €. Sie erhalten nirgendwo so viel Aufruhr und Dissens für jeden gespendeten Euro


 

37 Kommentare zu „Kunst und galoppierende Dummheit

  1. Aktuell können übrigens die Haftbefehle gegen 467 Nazis nicht vollstreckt werden, da untergetaucht.

    Mehr als jeder vierte Gesuchte gelte als gewalttätig, schreibt die „Neue Osnabrücker Zeitung“. Nach 108 Verdächtigen wurde wegen eines politischen Delikts gefahndet, 99 wurden wegen eines oder mehrerer Gewaltdelikte gesucht.

    Die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke kritisierte die Sicherheitsbehörden angesichts der Zahlen und forderte ein entschiedeneres Vorgehen. „Die Sicherheitsbehörden müssen sich endlich einmal etwas einfallen lassen, um der flüchtigen Nazis schneller habhaft zu werden.“ Die Tatsache, dass es einer dreistelligen Zahl von Neonazis gelinge, sich seit 2017 und teilweise sogar noch länger der Festnahme zu entziehen, sei bedenklich.

    Aber die linke Gewalt.

    1. Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) hat der Künstlergruppe „Zentrum für politische Schönheit“ vorgeworfen, mit ihrer Aktion „Soko Chemnitz“ den Zusammenhalt der Gesellschaft zu gefährden. „Die Zeiten des Prangers gehören eigentlich ins Mittelalter“, sagte Wöller auf einer Pressekonferenz in Dresden. „Das trägt nicht unbedingt dazu bei, den Frieden und den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu stärken.“

      klick

      Im Umkehrschluß und nach Meinung des sächsischen Innenministers dienen also das Zeigen des Hitlergrußes und das Skandieren von (Beispiel) „Wir sind die Fans – Adolf Hitler Hooligans“ dem Frieden und Zusammenhalt speziell der sächsischen Gesellschaft oder um es allgemeiner und mit Kurt Tucholsky zu sagen:

      In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als derjenige, der den Schmutz macht.

  2. Wenn immer alles Kunst wäre, weil es Künstler machen…. da beißt sich die Logik aber ganz schnell auch mal selber in den Schwanz.

    Mir ist unklar, warum die Kunst ins Feld geführt werden muß, wenn es eigentlich um Freiheit oder Gerechtigkeit oder Menschlichkeit, oder andere wichtige Aspekte geht. Einfach so. Auch ohne Kunst.

    Nimmt man den ZPS Aktionen das Label „Kunst“, wird die eine oder andere Intervention der politischen Eskalationsbeauftragten vielleicht doch etwas fragwürdig.

    Eine Denunzierungsplattform ist für mich etwas sehr weit weg von „künstlerischem Ausdruck“.

    So, ich geh noch ein bißchen mit dem blauen Ponny über die Wiese hoppeln.

    1. Wenn immer alles Kunst wäre, weil es Künstler machen…. da beißt sich die Logik aber ganz schnell auch mal selber in den Schwanz.

      Was Künstler in der Absicht tun, Kunst zu machen, ist Kunst. Kunst wird von Künstlern als solche definiert, nicht von mir, Ihnen, Jochen Bittner, Beatrix von Storch und wer sich sonst noch so alles aufregt. Inwiefern bitte beisst sich dabei eine Logik in den Schwanz (außer die der galoppierenden Dummheit, meine ich)?

      Mir ist unklar, warum die Kunst ins Feld geführt werden muß, wenn es eigentlich um Freiheit oder Gerechtigkeit oder Menschlichkeit, oder andere wichtige Aspekte geht. Einfach so. Auch ohne Kunst.

      Warum sollten Freiheit oder Gerechtigkeit oder Menschlichkeit oder andere wichtige Aspekte keine Themen für Kunst sein? Glauben Sie, daß Künstler unpolitisch zu sein haben? Das Zentrum für politische Schönheit ist nun mal ein Künstlerkollektiv.

      Eine Denunzierungsplattform ist für mich etwas sehr weit weg von „künstlerischem Ausdruck“.

      Hm. Auch, daß die Tiger die Flüchtlinge gefressen haben, war total drüber^^
      Was genau meinen Sie mit „künstlerischem Ausdruck“? Wo fängt der an und vor allem: wo hört er auf? Hat er Sie zu erbauen, der „künstlerische Ausdruck“? Fragen über Fragen…

      1. Was Künstler in der Absicht tun, Kunst zu machen, ist Kunst. Kunst wird von Künstlern als solche definiert…

        Achso, ja… per Definition. Und das ZPS hat die Absicht und die Definition.. dann ist es Kunst.

        Warum sollten Freiheit oder Gerechtigkeit oder Menschlichkeit oder andere wichtige Aspekte keine Themen für Kunst sein?

        Es können bestimmt auch vortreffliche Themen für Kunst sein.

        Glauben Sie, daß Künstler unpolitisch zu sein haben?

        Keineswegs.

        Was genau meinen Sie mit „künstlerischem Ausdruck“? Wo fängt der an und vor allem: wo hört er auf?

        Also das ist wirklich einfach… er fängt, ungefähr… hier so an… und … er hört dann irgendwo dort… wieder auf. Dann kommt natürlich noch die Definition! Zack, Kunst! ;-)

        Hat er Sie zu erbauen, der „künstlerische Ausdruck“?

        Überhaupt nicht.

        Ich bin da vielleicht zu ungebildet. Für mich ist ein Gemälde, ein Gemälde, eine Skulptur eine Skulptur und eine Denunzierungsplattform eine Denunzierungsplattform… egal aus welcher politischen Richtung sie kommt und egal in welche politische Richtung sie wirken soll.
        Aber schön, dass wir unsere unterschiedlichen Standpunkte hier so respektvoll austauschen können.

        (Zitate sichtbar gemacht, dvw)

        1. Nein, Sie sind ganz sicher nicht zu ungebildet, weil: Bildung schützt nicht vor Fehlinterpretation. Als Beispiel darf Ulf Poschardt herhalten, der angesichts der aktuellen Aktion des ZPS befand, die Künstler seien „im Terror angekommen“.

          Ich weiß nicht, ob Sie sich schon einmal mit den Aktionen des Zentrum für politische Schönheit beschäftigt haben – wenn nicht, das lohnt sich. Wie schon gesagt: die aktuelle ist ganz genau so viel Denunzierungsplattform wie die Tiger die Flüchtlinge gefressen haben, das ZPS Höckes Familie ausgespitzelt und die EU-Außengrenzen abgeschafft hat.

          Wenn nicht Künstler selbst darüber bestimmen, was Kunst ist und was ihrer Arbeit das nicht ist, sondern Politiker, Kunsthistoriker, Journalisten, Öffentlichkeit das tut, geraten wir in gefährliche Nähe zum Befund einer °entarteten Kunst°. Ein Befund, der aktuell überreichlich bemüht wird.

          Allein schon der Umstand, daß Sie und ich und die halbe Republik sich mit der jüngsten ZPS-Aktion beschäftigen: großartige Kunst, me thinks.

    1. Absolut, dankeschön!

      Natürlich kann und sollten wir diese Aktion geschmacklos finden, darüber streiten, diskutieren, die Methoden verurteilen. Wir dürfen sie sogar überzogen und schlichtweg falsch finden. Kopfgeld auf Rechte: Natürlich geht das zu weit. Und genau das ist der Punkt.

      Denn zugleich sollten wir uns alle unserer eigenen Taten- und Hilflosigkeit und der unserer Behörden bewusst werden.

      Für mich gesprochen: auch der eigenen Lust an Denunziation.
      Können Sie sich noch erinnern, als u.a. David Berger (heute bekannt als ‚Fremde Feder‘ (Faz), Muslimhasser, Homosexuellen-„Kritiker“, FakeNews-Schleuder) ein Kopfgeld auslobte zur Entarnung der Hasser hinter kreuz.net? Ein Teil von mir fand das ein bißchen gut.

      1. Genau die Entlarvung Lust an der Denunziation, egal auf welcher Seite man steht, finde ich so grandios und verstörend.
        Die Aktion des Zentrums für politische Schönheit ist aus meiner Sicht eine tiefgründige und kluge Sache, die einen immensen und wichtigen Nachhall hat.

  3. Katja Thorwarth, Frankfurter Rundschau im Gespräch mit Philipp Ruch:

    Was sagen Sie Leuten, die ein moralisches Problem mit der Sache haben insofern, als dass man Menschen generell nicht denunziert? Reicht die Erklärung, man hält den Spiegel vor?

    Denunziation ist ein Begriff, der ohne staatliche Gewalt keinen Sinn ergibt. Die Soko Chemnitz bietet zwar der sächsischen Polizei eine Kooperation an, aber darauf gehen die zu unserer großen Überraschung nicht ein. Kunst verfügt über keine Hausmacht, außer vielleicht die Macht der Poesie und Doppelbödigkeit. Wir sind kein diktatorischer Staat, der seine Bürger drangsaliert. Wir sind vielleicht eine NGO, die etwas kompromissloser für die Menschenrechte kämpft als die großen player in diesem Land. Was will man denn bei uns denunzieren? Wo ist unsere Zwangsgewalt? „Denunziation“ gewinnt erst seine schreckliche Bedeutung vor der Möglichkeit der Gnadenlosigkeit totalitärer Gewalt.

    Und wenn die Polizei auf Ihr Angebot einginge? Dann wäre die staatliche Gewalt doch gegeben.

    Der Begriff der Denunziation kommt aus der Diktatur. Er verliert in einem demokratischen Rechtsstaat jeglichen Sinn. Straftaten sind Straftaten. Dann würde die Polizei ja auch permanent nach Denunzianten suchen. Außerdem handelt der Denunziant gemeinhin aus niedrigen Beweggründen. Das ist implizit. Unsere Beweggründe dienen dem Erhalt der Demokratie.

    1. Volle Zustimmung. Der Erhalt der Demokratie rechtfertigt bzw. erfordert geradezu das Vorgehen gegen die Intoleranz und gegen den Hass, der unsere Gesellschaft zu zersetzen trachtet.

      Die Auflösung der Aktion des ZPS, der Honeypot, ist so genial. Ich bin voller Bewunderung!
      Hätte ich Geld, wäre ich die größte Unterstützerin der Gruppe.

  4. Da sage ich nur Treffer – versenkt und gehe mit Ihnen konform!

    So btw. konnte ich es mir nicht verkneifen, bei Burks mal zu senfen;-)

    Daher schreibe ich das hier auch nicht noch einmal, sondern wer mag, kann das nach dem Veröffentlichen dort lesen.

  5. Kunst kann und darf fast Alles.. tippe ich mit meinem Blick. Anregen noch mal anders hinzuschauen. Was siehst Du? I
    Nachdenken kann ich.
    Selbst wenn mir etwas auf den ersten Blick erscheint, als ein Aufruf zum Denunzieren, muss ich sofort die Finger auf die Tasten schwingen?
    Ich könnte, kann aber auch erst mal eine Nacht darüber verbringen.
    Mich reizt ein Kopfgeld nicht, anders als ein Tarifgehalt oder eine Honorarvereinbarung, es deucht mir ähnlich einer Lotterie, bei der ich auch nicht weiß, viele machen mit.

  6. Poschardt twittert zu dieser Aktion des Zentrums für Politische Schönheit, man sei im Terrorismus angekommen, Alphonso applaudiert angeblich dem Poschardt, was mich dazu veranlasste, ihn zu googeln. Ergebnis:

    https://www.welt.de/kultur/stuetzen-der-gesellschaft/

    Die jüngsten Artikelüberschriften:

    „Die Sehnsucht der SPD nach der SED“
    „Der Selbstmordversuch der SPD mit neuen Benzinsteuern“

    Aktivisten gegen google sind „Todefeinde“ des Bürgertums
    dazu Agitation gegen Gentrifzierungskritiker etc.

    Was für für ein dumpfer Kamerad. Beklemmend ist der Zuspruch, der dieses Nach-unten-Treten mittlerweile hervorruft. Auch von Leuten, die sich ansonsten gerne liberal und gebildet geben. Alfons scheint ihnen die Möglichkeit zu bieten, hin und wieder den Rechtsradikalen raushängen zu dürfen. Es ist eine Art Sich Erleichtern, was da über Figuren wie Alfons stattfindet. Das ist vermutlich nachhaltiger und effektiver, als wenn ein Höcke oder ein Bachmann sich einschlägig äußern

    Dem ZPS muss man schlicht zugute halten, dass sie polarisieren. Vielleicht ist das sowas wie eine Weiterentwicklung des Situationismus.

    1. Ich finde es sehr rücksichtsvoll von Die Welt, daß sie die allermeisten Artikel ihrer Außenstelle Tegernsee hinter der Paywall versteckt. Bei Don Alphonso fragte ich mich früher schon mal, was in dessen Leben so dermaßen schief gelaufen sein muß, um sich derartig bereitwillig als Abort für besorgniserregende Bürger zur Verfügung zu stellen. Inzwischen interessiert mich der nicht mehr allzu sehr, seine Mattussek/Tichy/Ulfkotte-ähnliche Entwicklung ist abseh- und vorhersagbar.

      1. „Inzwischen interessiert mich der nicht mehr allzu sehr, seine Mattussek/Tichy/Ulfkotte-ähnliche Entwicklung ist abseh- und vorhersagbar.“

        Die Vergleichspersonen, die Sie anführen, sind wohl die richtigen. Vielleicht eint sie alle ein gewisser Narzissmus. Mattussek war immer ein guter Schreiber, er fiel mir abgesehen davon zum ersten Mal Ende der Neunziger Jahre auf, als er sich in im Spiegel vehement für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses einsetzte. Seine Entwicklung seitdem ist bezeichnend. Das Schloss alleine reicht diesen Leuten nicht.

        Bei Alphonso kommt hinzu, dass er sich gerne als Opfer sieht. Meine Aufmerksamkeit erregte er, als er einmal schrieb, exportabel sei „ein bei Linken beliebter Blog“. Was man so unter beliebt versteht.

    1. Das ist ein logischer Schritt – schließlich sind mehr als 450 Nazis abgetaucht und es gibt ein politisch bestens eingebundenes rechtsradikales Netzwerk von Bundeswehr bis Spezialkräfte, das Gedanken an einen ‚tiefen Staat‘ nahelegt. Was läge da wiederum näher, als die Rote Hilfe verbieten zu wollen.

      1. Nuja, wenn der Staat für seine Bediensteten wirklich ne Gesinnungsprüfung hinsichtlich rechtsradikaler bis -extremer Tendenzen einführen würde, könnte er wohl dichtmachen.
        Ebenso wie einige andere mehr oder weniger unter Staatshoheit agierender Organisationen wie Freiwillige Feuerwehren oder Sportvereine.

        Da das „Ausschleichen“ der Fascho-Seuche leider ned funktioniert und gesellschaftliche Ächtung irgendwie so ne Sache ist, haben die vom ZPS alles richtig gemacht.

  7. Es gab ja eine ganze Menge erschütternd dummer und/oder bewußt mißinterpretierender Journalistenmeinungen zur Soko Chemnitz – die NZZ, Daniel Haas gibt sich heute größte Mühe, das alles noch zu toppen – Künstler, macht es doch einfach wie Stalin!
    „Stalin“ und „Gulag“ kommen mehrfach vor, das Peng-Kollektiv, Polizeiklasse und Dies Irae kriegen auch einen mit. Ich finde es traurig, der Köppelisierung der NZZ zuzusehen, die habe ich mal ganz gern gelesen, allein schon für die gute Auslandsberichterstattung.

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