Aus dem Entwurf des 5. Armuts- und Reichtumsberichtes wurden die interessanten Passagen zur Einflußnahme von Reichen auf die Politik gestrichen.
c+p beim Paritätischen Gesamtverband:
Anfang Oktober 2016 gab das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen ersten Entwurf eines 5. Armuts- und Reichtumsberichts in die Abstimmung zwischen den Ressorts. Dem Paritätischen liegt eine Fassung dieses Entwurfs vor. Im nun nach der Ressortabstimmung vorgelegten offiziellen Entwurf sind dabei wesentliche Passagen zu Armut, Reichtum und Demokratie nicht mehr enthalten.
In der beigefügten Datei dokumentieren wir die ursprünglichen Ausführungen aus dem Berichtsentwurf und machen Streichungen, die im Rahmen der Ressortabstimmung vorgenommen wurden, kenntlich.
Das Kapitel bezieht sich wesentlich auf eine Studie von Lea Elsässer, Svenja Hense und Armin Schäfer, alle Uni Osnabrück, aus dem Jahr 2016. …Das Ergebnis der Studie ist, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Politikänderung wesentlich höher ist, wenn die Politikänderung von einer großen Anzahl von Befragten mit höherem Einkommen unterstützt wird (vgl. Schaubild A.IV.5.6). Dementsprechend war die Wahrscheinlichkeit für eine Politikänderung gering, wenn sich ein geringerer Anteil der Befragten der obersten Einkommensgruppe für die Politikänderung aussprach. Die Wahrscheinlichkeit wird jedoch größer, wenn eine große Mehrheit die Politikänderung unterstützte. In der mittleren Einkommensgruppe ist dieser Zusammenhang nur geringfügig positiv ausgeprägt, für die untere Einkommensgruppe zeigt sich sogar ein leicht negativer Zusammenhang. In den Sachfragen, in denen große Meinungsunterschiede zwischen verschiedenen Einkommensgruppen vorherrschen, sind diese Effekte sogar noch stärker. Weiterhin gilt auch bei der Betrachtung der Berufsstatusgruppen: Je höher der Status einer Berufsgruppe, desto größer war auch die Wahrscheinlichkeit einer Politikveränderung.
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Auf der Grundlage einer Analyse von 150 Sachfragen aus diesen Politikfeldern kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass ein stark positiver Zusammenhang zwischen den Präferenzen der obersten Einkommensgruppe und der Wahrscheinlichkeit für den Eintritt einer Politikänderung bestand. Für die untere und die mittlere Einkommensgruppe sind die Ergebnisse statistisch nicht signifikant. Die Gründe für diese Befunde sind noch nicht erforscht. Es ist einerseits denkbar, dass sich Parteien, die selbstverständlich möglichst viele Wählerstimmen gewinnen möchten, aufgrund der geringeren politischen Partizipation der Personen mit geringerem Einkommen weniger an deren Interessen ausrichten. \tIn diesem Zusammenhang ist auch der demografische Wandel und der damit verbundene steigende Anteil älterer Wählerinnen und Wähler zu berücksichtigen, da diese im Lebenszyklus typischerweise ein höheres Einkommen als Jüngere aufweisen. Zudem könnte – wenn die hier formulierte These richtig ist – ein derartiges Verständnis von politischer Responsivität dazu führen, dass sich politische Entscheidungen zunehmend an den Präferenzen der Älteren ausrichten. Dies kann andererseits zu einer Art „Teufelskreis“ oder Abwärtsspirale führen: Personen mit geringerem Einkommen verzichten auf politische Partizipation, weil sie die Erfahrungen machen, dass sich die Politik in ihren Entscheidungen weniger an ihnen orientiert. Weiterhin könnte es auch eine Rolle spielen, dass sich die Lebensstile und Diskurse der Politikerinnen und Politiker – aber auch vieler Vertreterinnen und Vertreter der Medien – eher an denen der oberen Mittelschicht orientieren. Eine weitere mögliche Erklärung, die im nächsten Unterkapitel betrachtet wird, ist der Einfluss durch Lobbying oder persönliche Kontakte.
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Auf der Grundlage einer Analyse von 150 Sachfragen aus diesen Politikfeldern kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass ein stark positiver Zusammenhang zwischen den Präferenzen der obersten Einkommensgruppe und der Wahrscheinlichkeit für den Eintritt einer Politikänderung bestand. Für die untere und die mittlere Einkommensgruppe sind die Ergebnisse statistisch nicht signifikant.
Weitere Streichungen im Entwurf des 5. Reichtums- und Armutsberichtes der Bundesregierung als PDF und die Studie von Lea Elsässer, Svenja Hense, Armin Schäfer: Systematisch verzerrte Entscheidungen? Die Responsivität der deutschen Politik von 1998 bis 2015.
Nicht, daß diese Form der Beschädigung der Demokratie und die dabei gewünschte Diskretion auch nur irgendwie überraschend käme…
Zitat und Foto von Berthold Brecht: Wikimedia Commons
Zitiert aus der Studie (aus der Einleitung, Absatz 2 und 3 aus der Diskussion der Ergebnisse ab Seite 43):
Derlei Fälschungen haben doch schon Tradition. Im Jahr 2013 fälschte Wirtschaftsminister Philipp Rösler den Armutsbericht. Und wieder geschieht es auf die gleiche dumme Weise, dass alle Welt kopfschüttelnd zuschauen kann bei diesem dreisten Beispiel postfaktischer Politik.
http://trithemius.de/2013/03/07/auch-falschen-will-gelernt-sein/
In meinem Armutsbericht würde ich auch gern ein paar Sachen streichen…
Wahrscheinlich würden nähere Details die Bevölkerung nur unnötig beunruhigen. Im Oberstufenkolleg gabs mal ein mathemathik Kurs „Lügen mit Statistik“ der mich schon in jungen Jahren vom Glauben an statistische Aussagen befreit hat, denn diese sind schon von den Scheffelfeudalisten der Bronzezeit manipuliert worden.
Trau keiner Statistik die du nicht selber gefälscht hast. Demnächst ist dann nur ein komplett durchgestrichenes Blatt vorzulegen, dessen Text aus kostengründen gar nicht ermittelt wird, da dieser ja sowieso durgestrichen wird.
greetings from the pit -abghoul
In der taz Die Woche: wie geht es uns, Herr Küppersbusch? kommentiert der:
Christoph Butterwegge, Der Freitag: Ende einer Hängepartie
Ulrike Herrmann, taz: Der unsichtbare Reichtum