Klirrende Dinge

 

Thomas Pany, Telepolis: Das Klirren der Dinge als Beifall

Das „Klirren ist der Beifall der Dinge“, schreibt Elias Canetti in seiner bekannten Untersuchung über Meuten und Massen und ihr Verhältnis zur Macht („Masse und Macht“). Die Zerstörer brauchen den Beifall der kaputt gehenden Dinge, um sich selbst zu vergewissern, dass hier etwas Starkes und Großes läuft. Der Lärm der Zerstörung, das Klirren von Scheiben zur Freude an der Zerbrechlichkeit der Dinge, sei wie die „kräftigen Lebenslaute eines neuen Geschöpfes“, so der Schriftsteller.

Dass es so leicht ist, sie hervorzurufen, steigert ihre Beliebtheit, alles schreit mit einem und den anderen mit (…) Ein besonderes Bedürfnis nach dieser Art des Lärms scheint zu Beginn der Ereignisse zu bestehen, da man sich noch nicht aus allzu vielen zusammensetzt und wenig oder gar nichts geschehen ist. Der Lärm verheißt die Verstärkung, auf die man hofft, und er ist ein glückliches Omen für die kommenden Taten.

Elias Canetti, Masse und Macht

Das Feuer, fügt Canetti am Ende seiner Ausführungen über „Zerstörungssucht“ hinzu, sei das eindrucksvollste Mittel. Es zerstört auf unwiderrufliche Weise. „Die Masse, die Feuer legt, hält sich für unwiderstehlich.“ So könnte man im Feuer der brennenden Autos so was wie ein konstituierendes Element der Gruppe sehen: eine Selbstbestätigung.

Das sich selbst bestätigende neue Geschöpf sehen Sie oben im Bild.

Hat eigentlich schon jemand erwähnt, daß es hauptsächlich Männer waren, die in Hamburg ihre Aggressionen, ihren Narzissmus und ihre Lust an Zerstörung und Leid austobten? Daß es keine Toten gab, ist nicht etwa kluger Polizeistrategie oder dem Augenmaß militanter Linker, sondern reinem purem Glück zu verdanken.

Muß ich noch betonen, daß ich auch keine Revolution wollen würde? Mir macht Gewalt wie in Hamburg eine Scheißangst und ich kann – trotz 30 Jahren 1. Mai in Kreuzberg – immer noch nicht fassen, daß sich vermeintlich politisch motivierte Militanz zunehmend als eigenwillige Form von Sport und Lifestyle entpuppt.

 


 

Wir haben Wahlkampf. Vereinfachung und Umdeutung von Protest und Polizei-Performance im Rahmen des G20 und die Forderungen nach europäischer Extremistendatei für Linksextreme, Fortführung der Grenzkontrollen, „Trockenlegung des Sumpfes“, Schließung der Roten Flora sind in vollem Gange.

Bereits vor dem Gipfel nutzte Thomas de Maizière den neu erschienenen Verfassungsschutzbericht 2016, um die Gefahren des Linksextremismus zu beschwören. Obwohl im vergangenen Jahr dem Linksextremismus zugeordnete Gewalttaten um 25,6% zurück gingen. Im Gegensatz zur rechtsradikalen Gewaltkriminalität, die – ohnehin auf höherem Niveau – um 13,6% gestiegen ist.

Aus dem Verfassungsschutzbericht (Seite 99/100):

Ihre ideologische Grundlage ist die Ablehnung des „kapitalistischen Systems als Ganzes“, denn der „Kapitalismus“ ist für Linksextremisten mehr als nur eine Wirtschaftsform: Er ist sowohl Basis als auch Garant der „bürgerlichen Herrschaftsverhältnisse“ durch „Repression“ nach innen und „Aggression“ nach außen. Der „Kapitalismus“ ist demnach verantwortlich für alle gesellschaftlichen und politischen Missstände wie soziale Ungerechtigkeit, „Zerstörung“ von Wohnraum, Kriege, Rechtsextremismus und Rassismus sowie für Umweltkatastrophen. Die dem „System“ angeblich immanente „Profitmaximierung“ hat sich aus linksextremistischer Sicht bereits in aktuellen globalen und europäischen Krisen niedergeschlagen. Dies zeige sich etwa in der „Verwüstung“ sozialer Strukturen, insbesondere in den ärmeren Ländern in Südeuropa, in den „Interventionskriegen“ im Nahen und Mittleren Osten und in Afrika sowie im Abbau sozialer und politischer Rechte auch in Deutschland. Mangels „linker Alternativen“ folge die deutsche Bevölkerung zudem verstärkt rechtspopulistischen, rassistischen und rechtsextremistischen Denkmustern.

Ganz offenbar gehöre ich zu der im Jahr 2016 wundersam von um 1.800 auf 28.500 angewachsenen Zahl der Linksextremisten, denn ich stimme einem großen Teil der obigen Ausführungen zu. Allerdings auch schon vor dem Vergleichsjahr 2015 – eigentlich, seit ich denken kann, also seit etwa 40 Jahren. Meine Haltung zum Grundgesetz, zu Demokratie, Menschenrechten und Teilhabe hat sich im Laufe der Zeit verfeinert, differenziert, präzisiert, nicht aber grundlegend geändert. Ob es die im Verfassungsschutzbericht kolportierte Gleichsetzung von Demokratie und Kapitalismus ist, die grundlegend verändert wurde?

Die Polizei erwartet, … dass die meisten der gewaltorientierten Linksextremen diese Woche nach Hamburg kommen, um mit Blockaden und Ausschreitungen den G-20-Gipfel zu stören.

Daß die Polizei Ausschreitungen erwartete, könnte darauf schließen lassen, daß sie sich auch auf Ausschreitungen adäquat vorbereitet. Das steht in bemerkenswertem Widerspruch zur nun allseits geäußerten Überraschung über die Ausschreitungen im Schanzenviertel, Altona und St. Pauli. Eine Polizeistrategie war für mich nicht erkennbar – außer, 20 Staatschefs vom Protest gegen ihre Politik zu verschonen.

Während die Polizei im Vorfeld des Gipfels gegen gerichtlich gestattete Camps vorging, Mobiltelefone entsperren ließ, Teilnehmer der ohne jede Auflage genehmigten welcome-to-hell-Demo in Lebensgefahr brachte, Anwälte und Journalisten zum Sicherheitsrisiko erklärte und vielfach unverhältnismäßige Gewalt anwendete (John F. Nebel, Metronaut, hat ein paar Fragen an die Polizei und Innensenator Grote zusammengestellt), war das Schanzenviertel am Freitagabend für knapp 4 Stunden komplett polizeifreie Zone.

Die schwersten Ausschreitungen wurden also von der Polizei nicht nur nicht unterbunden, damit die Anwohner der Gewalt preisgegeben, sondern die Polizei hat auch nicht dokumentiert. Folglich kann sie gegen die Straftäter kaum ermitteln, weswegen sie ein Upload-Portal einrichten mußte, um anhand des Materials anonymer Handyfilmer (die sonst welche Rolle bei den Ausschreitungen spielten?) überhaupt gegen die Randalierer und Plünderer ermitteln zu können.

Es ist – Wahlkampf – natürlich einfacher (als daß Politiker und Polizei selbstkritisch Bilanz zögen), die Ausschreitungen allen Linken in die Schuhe zu schieben und sie zu nötigen, sich von „linker“ Gewalt zu distanzieren. Bitte? Wozu hätten sich linke Bürger und Politiker von Straftätern zu distanzieren? Was für eine verrückte linksextremistische Weltsicht ich haben muß! In der ist es sogar möglich, unmäßige Polizeigewalt und Randale gleichzeitig abzulehnen.

 


 

Was aber, wenn die Randalierer und Plünderer in Hamburg (von den freizeit-randalierenden Hipster-Selfisten einmal abgesehen) einige Parallelen zu den Protagonisten der Unruhen in England 2011 aufwiesen? Im folgenden Zitat aus der FAZ – Owen Jones, Woher kommt diese Wut? – habe ich London durch Hamburg ersetzt (Berlin ist auf bestem Weg dahin):

Hamburg ist eine der Metropolen mit der größten Ungleichheit in der westlichen Welt. Hamburg ist nicht Paris, wo die Wohlhabenden im Zentrum wohnen und die Armen in die Banlieue abgedrängt werden. In Hamburg wohnen Arm und Reich oft in demselben Viertel, wenn nicht in derselben Straße. … Tür an Tür neben Wettbüros und Leihhäusern sind teure Bioläden und schicke Cafés. Täglich wird den Armen jener Lebensstil vor Augen geführt, den sie vermutlich nie erreichen werden.

Ich war vor Jahren mal geladene Gastausstellerin der Messe im Museum für Kunst und Gewerbe. Das Museum liegt in Spuckweite zum Hauptbahnhof, zu den armen Teilen von St. Georg und zur durchgentrifizierten Langen Reihe. Das typische Museumspublikum ist betucht, wohnt in Elbvororten oder Innenstadt, trägt rahmengenähtes Schuhwerk, feinen Zwirn und Täschchen unter dem Arm, von deren Preis ich leicht meine Jahresmiete bestreiten könnte.

Ich rauchte während der 3 Tage des Ausstellungsaufbaus gelegentlich draußen auf der Treppe, zu deren Füßen reger Elendsverkehr zum Drob Inn verlief (dem seit der Ära Schill m.W. einzigen Ort akzeptierender Sozialarbeit für Junkies in Hamburg). Mir fiel ein junger Mann mit auffälligem Gehmuster auf (er muß sich mal den Unterschenkel gebrochen haben, blieb ärztlich unversorgt, dadurch schiefer Fuß und verkürztes Bein), der sehr höflich bettelte und alle Möglichkeit zur Verneinung einräumte. Ich drehte ihm Zigaretten und plauderte ein paar Mal mit ihm, so auch während der Schlußrede der Ausstellungseröffnung.

Die Besucher, die hinter mir die Treppe herunterperlten, verscheuchten ihn mit Handbewegungen, die lästigen Fliegen vorbehalten sind.

Das neureiche, schillwählende, sarrazinaffine Besserbürgertum in a nutshell – von dem ich mich gar nicht weit genug distanzieren kann. Hallo Politiker? Die sind zwar unerfreulich einflußreich, aber nur eine kleine Minderheit Ihres Wahlvolkes.

 


Foto: Screenshot auf Twitter. Nachtrag 11.7.: das Foto wurde (entgegen anderslautenden Gerüchten) nicht bearbeitet, der #Riothipster aber später vor andere Kulissen montiert


50 Kommentare zu „Klirrende Dinge

  1. Hm, nach der obigen Verfassungsschutz-Definition gehöre ich dann auch zu den sog. Linksextremisten.
    Vermutlich haben die mich dann schon seit den großen Anti-Atomprotesten und Friedensdemos auf dem Schirm. :-)

    „Die wichtigste Frage im Zusammenhang mit den Krawallen von Hamburg, so Ludwig Schumann, wurde jedenfalls von niemandem gestellt: Warum radikalisieren sich junge Menschen derart, und wo liegt bei all dem die Verantwortung der Politik? Natürlich stellt man nicht gerne Fragen, wenn man die Antworten scheut. “
    http://hinter-den-schlagzeilen.de/ludwig-schumann-rauchzeichen

    1. Ah, wir scheinen in etwa im gleichen Alter zu sein…;-)…

      Die Frage, warum sich junge Menschen derart radikalisieren, wurde speziell zu jungen Islamisten und Rechtsradikalen gestellt – ohne die Rolle der Politik dabei zu hinterfragen. Für Linksradikale wäre mir die Frage neu und ich halte sie auch so etikettiert für überflüssig.

      Mich interessiert viel mehr, warum sich junge Menschen überhaupt gewalttätig und asozial (im Wortsinn) verhalten und warum sie ihre Weltbilder schließen. Was eine Menge mit gemachten Gewalterfahrungen, der Art der Schulen, traurigen beruflichen Perspektiven und einem Mangel an verläßlichen, zugewandten Bezugspersonen mit gelebten Werten zu tun haben wird. Den lausigen Rahmen dafür steckt die Politik, 20% aller Kinder leben in armen Familien und die Wohlstandsverwahrlosung in wohlhabenderen Familien hat eine Menge mit einem Leistungscredo und mit der immer noch selbstverständlichen doppelten Vergesellschaftung der Frauen zu tun.

      1. Kann gut sein, dass wir im gleichen Alter sind. ;-)

        Schließe mich Ihrem Kommentar an. Grundsätzlich bin ich daran interessiert zu verstehen, was junge Menschen
        gewalttätig werden lässt. Die Vermutung liegt nahe, dass „systemische Zurichtungen“ zu Persönlichkeitsverletzungen führen, und die oft daraus resultierende Wut und Ohnmacht sich gewaltsam Bahn bricht.

  2. „…aber nur eine kleine Minderheit Ihres Wahlvolks.“
    Ich habe das Gefühl, dass ein weitaus größere Anteil des Wahlvolks diese kleine Minderheit als Vorbild ansieht und sich ihr durch das Wählen konservativer bis rechter Parteien anzunähern glaubt. Nach dem Motto: wenn ich wähle, was die Reichen wählen, wenn ich mich ihnen gegenüber kooperativ und folgsam zeige, tun sie vielleicht aus Gnaden und Barmherzigkeit auch etwas für mich. Tun sie aber nicht. (Bisher kann ich das aber leider noch nicht ausformulieren.)

    1. Ich glaube, daß das die-Reichen-und-Erfolgreichen-Wählen auch mit dem Versuch der Identifikation, mit einem Wunschbild von sich selbst zu tun hat, sone Art Voodoo. So habe ich mir jedenfalls die soundsovielte Wiederwahl Berlusconis erklärt und so erkläre ich mir auch Wahlentscheidungen für Trump und – genau – für die AfD. Das fällt unter magisches Denken.

  3. War ja klar, dass auch ich linksradikal (nach dieser Definition) bin (und war). Ist auch klar, dass jetzt wieder ein großes Geschrei um die Linksradikalität ertönt, während bei der Rechtsradikalität die Mühlen langsam und langsamer mahlen, bis hin zu nichts. Gut fand ich den verlinkten Fragekatalog, ich hätte da auch noch einige …
    und um nicht missverstanden zu werden, Gewalt ist (immer noch) keine Lösung!
    Danke für die Zusammenfassung.

    1. Wir drei laufen vermutlich bereits Gefahr, als terroristische Vereinigung betrachtet zu werden, Gewaltablehnung hin oder her…

      Gut fand ich den verlinkten Fragekatalog, ich hätte da auch noch einige …

      Nebel bittet ausdrücklich um Ergänzung seines Fragekatalogs (nebst Belegen) – also nix wie los!

  4. Die Blödzeitung, namentlich Nikolaus Blome, übertrifft sich mal wieder selbst und Zeitungen und Social Media springen begeistert auf – der Bildblog setzt Heiko Maas‘ angebliche Forderung in den in den Mund gelegten Zusammenhang zurück: Fordert Heiko Maas wirklich „Rock gegen Links“?

    Obwohl, was für eine schöne und zukunftsweisende Idee, Herr Blome! Sie sorgen für die Werbung? Ich wäre ja neugierig aufs Line-up, vielleicht schlüge die Blödzeitung Lutz Bachmann als Organisator und als Bands Störkraft, Freikorps, Landser vor? Frank Rennicke, Xavier Naidoo und Frei.Wild für’s Gefühl und als Moderator den Herrn Elsässer? Die Identitären könnten dort prima Geld für ihren Seenotrettungsverhinderungskahn sammeln und schöne Bilder mit Fackeln gäb’s auch – am besten auf dem Reichsparteitaggelände in Nürnberg, da ist genug Platz und das muß sowieso renoviert werden.

    1. Jörn Hasselmann, Tagesspiegel: Berliner Polizisten beklagen die schlechte Organisation in Hamburg

      Zuletzt waren 940 Polizisten im Einsatz – und viele fühlen sich verheizt. Aber nicht, weil mehrere Hundertschaften an Brennpunkten eingesetzt wurden. Es gelte eher als Ehre, dass die Hamburger Einsatzleitung den Berlinern die Autonomendemo übertragen habe.

      Dass viele Beamte stinksauer und frustriert zurückkehrten, habe eher mit der schlechten Hamburger Organisation und taktischen Fehlern in den Einsätzen zu tun. … Auch die Fehlentscheidungen der Hamburger zerrten an den Nerven. „Jeder Beamte hat sich gefragt: ,Wie kann man so was anordnen?‘“, berichtete ein Berliner Vorgesetzter. Bekanntlich hatte die Einsatzleitung die Autonomendemo an einer denkbar ungeeigneten Stelle gestoppt – nur weil Vermummung angelegt wurde. Sinnvoller wäre gewesen, den schwarzen Block laufen zu lassen. Wäre es dann zu Gewalt gekommen, hätte man ihn an geeigneter Stelle aus der Demo heraus in eine Seitenstraße „schieben“ können.

    2. Die BILD hat als Aufmacher gestern einen Steineschmeißer gesucht (so mit Großaufnahme und Gesicht als Ausschnitt) und heute hat er sich gestellt. 19 Jahre, lebt bei Oma, hatte ein schlechtes Gewissen, weiter hab ich ned gelesen in der Kaufhalle.

      Ob der Blome Rock Against Communism (RAC) auf dem Schirm hatte, sei mal dahingestellt, der Maas wird wohl soweit nicht geschaltet haben.

        1. Die gibts aber nimmer, genausowenig wie Störkraft und Landser ;) …
          Fürs Gefühl würde wohl eher noch der komische Gabalier passen, obige Kapellen sind eh zuviel (ganz schlechter, mal am Rande) Krach für den ordnungsliebenden „manwirddochsagendürfen“-Bürger.

          Das mit dem von der Justiz nicht autorisierten Fahndungsaufrufen seitens der BILD und daraufhin auch im I-Net ist übrigens böse. Herr de M. findets irgendwie gut. (Quelle: Sendung heute+ aufm ZDF letzte Nacht.)

  5. Hach, der Pantoufle bringt es schön auf den Punkt: Hamburg

    Nicht »die Linken« müssen ihr Verhältnis zur Gewalt klarstellen – die ganze zivilisierte Gesellschaft muß es. Und zu dieser Gruppe gehören ausdrücklich keine Politiker, die so etwas wie Hamburg auf ihrem Gewissen haben genau so wenig wie diejenigen, die dort ausgerastet sind.
    Das Wort »ausgerastet« ist mit Bedacht gewählt. Es ist eben ausdrücklich nicht Ausdruck einer wie auch immer gearteten politischer Gesinnung, einen Porsche Cayenne in einen anderen Aggregatzustand zu überführen, sondern eine Trotzhaltung. Für die kann man Verständnis haben. An alle mitlesenden Trolle: Verständnis hat mit Sympathie überhaupt nichts zu tun. Das Wort ist abgeleitet von »Verstand«… ach, vergebliche Liebesmüh…
    Nicht zu verstehen, kein Verständnis aber kann man für Teile der Politik haben, die sehenden Auges einem Polizeistaat das Wort reden. Wo kein Verstand ist, dort kann man auch nicht an ihn appellieren. Und natürlich keinesfalls Sympathie haben. Womit wiederum klar sein sollte, wo die potentiellen Sympathien liegen.

  6. Hörens- bzw. lesenswert das Gespräch mit Jan van Aken. Gefällt mir, mit welcher Geduld er die Interviewerin Christine Heuer immer wieder darauf hinweist, wie notwendig es differenzierter Sichtweisen auf die Proteste gegen
    G20 bedarf. Pauschalierungen bezüglich LINKS, die Frau Heuer immer wieder aufbringt, verweisen entweder auf Uninformiertheit oder sind schlicht Vorurteile.

  7. Schauschau, auch laut MoPo scheint die Randale nicht ganz sortenrein links gewesen zu sein:

    Bei der „Welcome To Hell“-Demo am Donnerstag wurden Rufe gehört, die auch in der rechten Szene üblich sind.

    Am Sonnabend dann tauchte in sozialen Netzwerken ein Aufruf der gewaltbereiten Bewegung „Hooligans gegen Salafisten“ („Hogesa“) auf, die unter anderem 2014 in der Kölner City massiv randaliert hatte. Darin stand, dass sich eine „Hogesa“-Gruppe nachmittags aus Hannover auf den Weg nach Hamburg machen wolle. Ihr Ziel: die Proteste aufmischen. Doch noch vor der geplanten Abfahrt der Rechtsradikalen wurden Platzverweise erteilt.

    In Hamburg soll sich nachmittags ein gutes Dutzend Rechter am Hauptbahnhof getroffen haben. Am späten Abend soll sich die Gruppe dann bei den Krawallen auf dem Schulterblatt und dem Neuen Pferdemarkt unter die Randalierer gemischt haben. Sicher ist: Ein MOPO-Reporter wurde dort mit rechten Parolen angesprochen, die Rechten warfen dann Flaschen auf Polizisten.

    Zur direkten Konfrontation kam es offenbar in der Nacht zu Sonntag, als Rechtsextreme an der Hafenstraße eine Gruppe Autonomer angegriffen haben sollen.

    Nach Angaben des Ermittlungsausschusses seien einige Rechte festgenommen und in die Gefangenensammelstelle in Neuland gebracht worden.

    1. weimarer republik, ick hör dir (schon wieder) trapsen; dein nächster kommentar passt da auch zu.

      1. Willkommen DasKleineTeilchen!
        Den Weimarer-Republik-Vergleich halte ich für zweifelhaft, dazu fehlt ein Weltkrieg (verloren), eine Weltwirtschaftskrise und verschiedene Utopien.

    2. Andreas Scheffel, Video- und Fotojournalist, hat 70 randalierende Nazis zweifelsfrei identifiziert, ein Interview mit ihm beim SWR:

      SWR: Sie recherchieren schon länger in der rechten Szene, kennen viele der Protagonisten. Waren das in Hamburg irgendwelche Mitläufer oder waren da bekannte Gesichter dabei?

      Andreas Schaffel: Es waren bekannte Gesichter aus der Szene darunter – aber als Foto- und Video-Journalist muss ich natürlich auch deren Persönlichkeitsrecht wahren. Es waren, so viel kann ich sagen, Personenkreise aus Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, aus Sachsen und aus Hessen in Hamburg.

      Die Krawalle beim G20-Gipfel werden der Linken-Szene angelastet, organisierten Chaoten, die aus ganz Europa angereist waren. Waren Sie überrascht, dass in Hamburg auch Rechte mit randaliert haben?

      Nein, das sieht man immer wieder, dass rechte Gruppierungen sich bei größeren Veranstaltungen versuchen autonom drunter zu mischen. So, dass sie nicht auffallen.

      Aber es kommt auch auf den Veranstaltungstyp an. Bei den „normalen“ Demonstrationen sind beide Gruppen grundsätzlich aufgegliedert. Also ein Antifa-Block auf der einen Seite und auf der anderen die rechte Gruppe. Normalerweise kann man da sehr genau trennen. Aber in Hamburg wurden die Einfallstraßen, wo es dann zu den Gewaltexzessen gekommen war, meiner Meinung nach von der Polizei offen gelassen – jeder konnte da rein.

      Die Sicherheitsbehörden versuchen nach den G20-Krawallen mit Hilfe von Fotos und Filmaufnahmen Randalierer zu identifizieren. Was passiert denn mit ihren Bildern? Haben Sie die den Behörden zur Verfügung gestellt?

      Nein. Das ist auch nicht meine Arbeit, sondern die der Justiz. Einen derartigen Aufruf, wie ihn Herr de Maizière gemacht hat, halte ich aus Sicherheits- und datenschutzrechtlichen Gründen allein schon für sehr bedenklich.

      1. Ja und das war offenbar eine Ente, blieb jedenfalls bisher ohne den Hauch eines Belegs.

        Felix M. Steiner in der Frankfurter Rundschau: Neonazis bei G20-Krawallen?

        Allerdings ist die Frage, ob 70 bis 80 Neonazis bei den Protesten mitrandaliert haben, keine Kleinigkeit. Sollten diese Behauptungen mit stichhaltigen Belegen untermauert werden, müsste man über eine grundsätzliche Neu-Einordnung der Krawalle nachdenken. Für die Einschätzung der Neonazi-Szene selbst hieße das, dass die Unterwanderung linksradikaler Proteste in einem bisher unbekannten Ausmaß erfolgt wäre. Dies würde zukünftig den Fokus auf die Anwesenheit extrem rechter Gruppen bei weiteren Protesten setzen. Zugleich hat die Debatte schon jetzt erneut die Frage aufgeworfen, ob Medien kritisch über Neonazi-Strukturen berichten oder auf deren Inszenierungen hereinfallen.

        Unstrittig ist, dass extrem rechte Gruppen am Rande der Proteste gegen den G20-Gipfel am 7. und 8. Juli aktiv waren. So mobilisierten die „Hooligans gegen Salafisten“ (Hogesa) am Samstag kurzfristig zu einer Fahrt nach Hamburg. Dem Aufruf folgten weniger als 20 Hogesa-Anhänger, die dann von der Polizei am Hamburger Hauptbahnhof abgefangen wurden. Gesichert ist auch, dass es in der Nacht auf den Sonntag eine Attacke von Rechten auf als links ausgemachte Jugendliche gab und ein Angriff auf die alternative Kneipe „Onkel Otto“ abgewehrt werden konnte.

        Diese Vorfälle belegen jedoch keine Beteiligung von Neonazis in nennenswertem Ausmaß an den Ausschreitungen am Freitagabend in der Schanze. Ein freier Journalist aus Baden-Württemberg behauptete aber im Gespräch mit dem SWR, er selbst habe „mehr als 70 [Rechtsradikale] zweifelsfrei identifizieren können“. Auf Nachfrage, welche Belege der SWR für die hier verbreiteten Behauptungen habe, räumte der Sender auf Twitter ein: „Abgesehen von den seit Tagen kursierenden Gerüchten und unbestätigten Meldungen haben wir zurzeit keine weiteren Belege“.

  8. Tom Strohschneider, nd, mit einem von vorn bis hinten lesenswerten Artikel: Gefährlicher als die Randale

    Zugegeben: Mit welcher Dynamik die Debatte nach den Krawallen von Hamburg sich zu einem radikalen Backlash gegen alles Linke, alles Differenzierende, ja gegen eine Form von Kritik überhaupt auswachsen würde, war nicht einmal im Feuerschein der brennenden Barrikaden abzusehen.

    Was seit Ende der vergangenen Woche sich in die Öffentlichkeit ergießt, ist in vielen Facetten ohne Beispiel: die empörungsgesteuerte Gleichsetzung von sich links kostümierenden Randalierern mit den tödlichen Anschlägen des IS oder einem neonazistischen Terrorismus; die Verengung des politisch Sagbaren auf Bekenntnisse pro Polizei; die Verachtung jeder differenzierenden Kritik, die als Verharmlosung oder Überläufertum gebrandmarkt wird.

    Das Ganze hat inzwischen einen beängstigenden Zug ins Autoritär-Reaktionäre bekommen. Ein großer Teil der Debatte hat sich von seinem Ursprungsgegenstand entfernt, die Krawalle dienen nur mehr als Hintergrundbild, im Vordergrund läuft schon ein anderer Film. Ein gefährlicher. Da wäre unter anderem das argumentative Zusammenrücken am rechten Rand zu nennen, bei dem sich Union, Journalisten und AfD nicht nur die Begriffe in die Hand geben (Linksfaschisten, Terroristen), sondern auch eine Eskalation der Forderungen in Gang gesetzt haben, in der es jetzt schon nicht mehr für eine Schlagzeile ausreicht, bloß das Verbot der Antifa oder die Räumung aller linken Zentren zu verlangen. Was kommt als nächstes? Der Ruf nach dem Verbot linker Zeitungen? Und wer sagt, was links ist?

    Ein wichtiger Aspekt dieser Radikalisierung der Debatte lässt sich mit einem Fangnetz vergleichen, das den Zwang zur Eindeutigkeit über dem Öffentlichen ausbreitet und weithin eine Wirkung entfaltet, die Spielräume demokratischer Auseinandersetzung suspendiert. Schon der ebenso banale wie wichtige Hinweis, dass es jetzt nicht nur auf einer Seite Grund zur Aufarbeitung gibt, muss mit empörter Zurückweisung rechnen: Distanziere dich erst von Gewalt!

    Dass es darum aber gar nicht geht, wird nicht einmal verborgen – denn das Aussprechen der Distanzierung beendet nicht den Vorwurf. Die Funktion des Gewaltvorwurfs ist nicht auf Demonstrationskultur oder Strafrecht gerichtet, sondern darauf, eine andere Bedrohung zu überdecken: Es hat in Hamburg in Teilen eine Volte der Exekutive gegen Gerichte, gegen Grundrechte und gegen die Pressefreiheit gegeben. Das allgemeine Linken-Bashing soll davon ablenken. Damit sind weitere Probleme verbunden.

    Wie gesagt: ganz lesen!

  9. Und noch ein lesenswerter Artikel, der auch noch sprachlich wirklich schön ist: Sebastian Seidler, FC: Der Mob schlägt Links

    Die Straßenschlachten in Hamburg sind ein wahres Fest. Sie sind eine Augenweide für die konservativen Kräfte, die nach der harten Hand des Rechtsstaates rufen und sich nun bestätigt sehen. Hamburg, das ist eine self-fulfilling prophecy. Der Geruch von verbrannten Autos lag bereits in den Wochen vor dem Gipfel in der Luft. Die Eskalation wurde herbeigerufen – auf jeder Pressekonferenz im Vorfeld. Man wird sich auf Randale einstellen müssen. Überraschung! Überraschung!

    Geliefert werden eben nun jene Bilder, die jede Form von progressiver linker Politik unter sich begraben werden. Geliefert werden sie von einer kollektiven Dummheit linker Melancholie. Es gilt die Straßen zu erobern. Wer die Straßen in der Hand hat, der steht kurz vor der Revolution. Doch die Straßen sind nicht mehr der Ort, der den Herrschenden zusetzen kann. Die wesentlichen Infrastrukturen sind die Zeichen, ist das Bild und natürlich die Codes und Algorithmen. Das Stichwort der Gegenwart: Marketing. Die Straße selbst ist die Bühne für das Nullsummenspiel Polizei vs. schwarzer Block geworden. Und in eben jenes Spiel hat sich dieser radikale Block mal wieder hineintreiben lassen – ein bisschen Krieg, ein bisschen Guerilla. Herrlich.

    Alles Rufe nach Differenzierung werden ungehört bleiben. Es interessiert nicht, dass der Schwarze Block ein kleiner, leider sehr lauter Teil der Linken ist oder sich auch nur selbst als Teil einer wahrhaften Bewegung sieht, die das Übel im Kompromiss sieht. Den Preis für diese naive und männliche Kraftmeierei zahlt nun der Rest der Linken – oder sagen wir: der Rest der Systemkritiker. Man hat den Kampf um die Bilder verloren und damit auch die Zustimmung der Mehrheit. Anstatt die Staatsmacht durch radikalen zivilen Ungehorsam – große Menschenmengen, die sich anketten – in ein Dilemma zu bringen, hat man sich nun den Mantel der Gewalt überstreifen lassen. Mit großer Mithilfe des randalierenden Mobs. Da hilft auch nicht der Hinweis, dass die Polizei die erste Demo – durchaus mit Kalkül – bereits nach wenigen Metern gestoppt hat. Man hätte sich diesem Kalkül widersetzen müssen. Es aushebeln. Nun ist man aber reingelaufen. Das wirft linke Bewegungen um Jahre zurück. Kein Vertrauen für den linken Niemand. Die kapitalistische Ordnung feiert derweil munter weiter.

    nebst Kommentar von Magda:

    Das wirft linke Bewegungen um Jahre zurück. Kein Vertrauen für den linken Niemand. Die kapitalistische Ordnung feiert derweil munter weiter.

    Das glaube ich nicht. Die werden noch gebraucht. Davon abgesehen: Die kapitalistische Ordnung „feiert“ nicht, die muss auch Krise für Krise überwinden. Das Problem ist, der Kapitalismus ist pfiffig als System, der wurstelt sich raus. Die linken Bewegungen wissen nur, wogegen sie sind und nicht immer wofür.

  10. Die Polizei mußte die Anwohner der Schanze bekanntlich am Freitagabend knapp 4 Stunden der Gewalt preisgeben, weil sie vom Dach eines eingerüsteten Hauses Stein- und Molotow-Cocktail-Würfe befürchtete aka Gipfel der Gewalt.

    13 Tatverdächtige, die auf dem Höhepunkt der G20-Krawalle im Hamburger Schanzenviertel in Gewahrsam genommen worden waren, sind wieder frei. Es handelt sich nach Angaben des Hanseatischen Oberlandesgerichts um jene Personen, die in der Nacht zum Samstag auf dem Dach, im Hinterhof und in anderen Bereichen des Gebäudes im Schulterblatt 1 festgesetzt worden waren.

    Schwer bewaffnete Spezialkräfte hatten das eingerüstete Gebäude gestürmt, von dem aus Randalierer die Polizei Videoaufnahmen zufolge massiv angegriffen hatten.

    G20-Einsatzleiter Hartmut Dudde hatte auf einer Pressekonferenz am Sonntag Aufnahmen aus einem Polizeihubschrauber veröffentlicht, die die Verdächtigen bei ihren Angriffen auf die Polizei zeigen sollen.

    Hamburgs Innensenator Andy Grote hatte den dokumentierten Vorfall während der Pressekonferenz als Gipfel der Gewalt bezeichnet. Die Polizei habe sich einem „bewaffneten Hinterhalt“ gegenüber gesehen, dem erst durch den Einsatz von Spezialkräften begegnet hatte werden können.

    Für keine der 13 Personen sei ein Haftbefehl beantragt worden, bestätigte Gerichtssprecher Kai Wantzen nun. Er begründete dies damit, dass sich aus der Situation der Ingewahrsamnahme heraus keine belastbaren Anhaltspunkte für die Beteiligung an Gewalttaten ergeben hätten.

    1. Süddeutsche:

      Zu den Festnahmen geführt hatten Wärmebilder einer Hubschrauberkamera, auf denen zu sehen ist, wie mehrere Personen einen Molotowcocktail zünden und Gegenstände vom Dach werfen. Im Innenhof des Hauses wurden schließlich dreizehn Angreifer, darunter vier Russen und neun Deutsche, gefasst und in die Gefangenensammelstelle „Neuland“ gebracht.

      Nach geltendem Recht mussten die Verdächtigen vor Ablauf des folgenden Tages einem Haftrichter vorgeführt werden, um einen Haftbefehl zu erwirken. Doch die Anträge seien von der Polizei erst am Samstag, dem 8. Juli zwischen 21.05 Uhr und 21.31 Uhr eingereicht worden – „also gerade mal zweieinhalb Stunden vor Ablauf der Höchstfrist. Diese Verzögerung führte zu einer für uns praktisch nicht mehr zu lösenden Situation“, sagte der Hamburger Gerichtssprecher Kai Wantzen dazu dem Hamburger Abendblatt.

      Zudem hätte ein Teil der Anhörungen nur mit Dolmetschern geführt werden können, da unter den Verdächtigen vier Russen waren – die während der eskalierenden Krawalle ohnehin schon überlasteten Richter stellte dies vor enorme Probleme.

      Die Behörden legten eine Nachtschicht ein und trafen in acht Fällen noch vor Mitternacht eine Entscheidung: Bei vier Verdächtigen wurde die Ingewahrsamnahme bis zum Sonntag oder Montag verlängert, mit Ablauf dieser Zeit kamen die Verdächtigen frei. Bei vier weiteren sah die Justiz „keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Beteiligung an den Gewalttaten“, so dass kein Haftbefehl erging.

      Die fünf übrigen Fälle konnten nicht bis Mitternacht entschieden werden, so dass die Verdächtigen nicht länger festgehalten werden durften. Somit waren alle spätestens von Montag an wieder auf freiem Fuß.

    2. Daniel Herder, André Zand-Vakili, Hamburger Abendblatt: Polizisten widersetzten sich Anweisungen am Schulterblatt

      Das Desaster fing damit an, dass die Polizei vor den Ausschreitungen den Schlüssel für das Wohnhaus am Schulterblatt 1 erhalten hatte. Ob Hausverwalter Jan T. dabei auch darauf hinwies, dass es wegen des Gerüsts bei Krawallen zu Pro­blemen kommen könnte, ist unklar. Die Polizei hätte das Haus also vorher sichern können – wenn sie gewollt hätte.

      Polizeipräsident Ralf Martin Meyer sagte gestern jedoch, man habe eine Vielzahl von Schlüsseln für Gebäude auf dem Schulterblatt bekommen, dies wäre im Fall einer Hausbesetzung hilfreich gewesen. In allen Szenarien sei jedoch nicht vorgekommen, dass Dächer besetzt und Fallen gelegt würden. Allerdings habe man schon zuvor gewusst, dass die Szene ihre „Angriffsintensität“ steigern wolle, auch mit Brandsätzen gegen Beamte. „Es ging um Leben und Tod, um es auf den Punkt zu bringen“, so Meyer. Zudem sei durch Luftbilder bekannt geworden, dass auch auf weiteren Dächern Gewalttäter der Polizei auflauerten.

      Außerdem waren die meisten Polizisten körperlich völlig am Ende – viel zu ausgelaugt, um diesen Mob zu bekämpfen.“ Ähnlich bewerteten auch andere Einheiten die Lage, darunter auch bayerische Polizisten, die auf Anweisung ihres Vorgesetzten in die Krawallzone vorstoßen sollten, wie das bayerische Innenministerium dem Abendblatt bestätigte. Sie widersetzten sich jedoch der Weisung. Sie „remonstrierten“ (wie der Widerspruch gegen die Weisung eines Vorgesetzten genannt wird). Begründung: Bei einem Einsatz seien sie „erheblich gefährdet“. Daraufhin kam es zur SEK-Operation.

      Das Pro­blem: Das SEK mit Hamburger und österreichischen „Cobra“-Kräften – beim Gipfel für die Terror-Bekämpfung zuständig – schützte zu diesem Zeitpunkt noch die Elbphilharmonie. Die Einheit habe erst „ausgegraben“ werden müssen. Dann brachen die mit Sturmgewehren und Zieloptik ausgerüsteten Spezialkräfte die Tür des Ladens „Kauf dich glücklich“ im Erdgeschoss des Gebäudes am Schulterblatt 1 auf und stürmten aufs Dach.

      Allerdings sind Widersprüche zur bisherigen Darstellung aufgetaucht. Um zu belegen, wie gefährlich der Einsatz auf dem Schulterblatt war, hatte die Polizei im Internet Aufnahmen einer Wärmebild-Videokamera des Polizeihubschraubers veröffentlicht. Darauf ist zu sehen, wie etwa acht Menschen vom Dach des Hauses Steine und einen Brandsatz herunterwerfen. Das war um 23.43 Uhr. Nach Angaben von Gerichtssprecher Kai Wantzen hatte das SEK 13 Männer – neun Deutsche und vier Russen – aber bereits um 23.26 Uhr festgenommen: im Hinterhof, auf dem Dach und in weiteren Gebäudeteilen.

      1. Ja, ist wahr, ernsthaft, for real und wurde gelöscht – war wohl eine Art Mausrutscher.
        Striche unter Wörtern dienen nicht der optischen Auflockerung eines ansonsten langweiligen Textes, sondern dahinter verbirgt sich jeweils die Quelle…;-)…

        1. haha. „missverständlich“…is klar, herr/frau GdP-sprachrohr.
          so n kommentar von mir ist nicht unglauben, sondern drückt schlicht meine fassungslosigkeit aus. btw, wenn mir solche tweets über den weg laufen und die zeitnahe löschung schon durch die absurdität/dreistigkeit/strafrechtlichkeit/ecterea des tweets mitschwingt, mach ich nicht nur nen screenshot, sondern archiviere das für spätere generationen als web-snapshot mithilfe von http://archive.is/

  11. Und jetzt wird’s differenziert:

    +++ STELLUNGNAHME ZU DEN EREIGNISSEN VOM WOCHENENDE +++

    Wir, einige Geschäfts- und Gewerbetreibende des Hamburger Schanzenviertels, sehen uns genötigt, in Anbetracht der Berichterstattung und des öffentlichen Diskurses, unsere Sicht der Ereignisse zu den Ausschreitungen im Zuge des G20-Gipfels zu schildern.

    In der Nacht vom 7. auf den 8. Juli 2017 tobte eine Menge für Stunden auf der Straße, plünderte einige Läden, bei vielen anderen gingen die Scheiben zu Bruch, es wurden brennende Barrikaden errichtet und mit der Polizei gerungen.

    Uns fällt es in Anbetracht der Wahllosigkeit der Zerstörung schwer, darin die Artikulation einer politischen Überzeugung zu erkennen, noch viel weniger die Idee einer neuen, besseren Welt.
    Wir beobachteten das Geschehen leicht verängstigt und skeptisch vor Ort und aus unseren Fenstern in den Straßen unseres Viertels.

    Aber die Komplexität der Dynamik, die sich in dieser Nacht hier Bahn gebrochen hat, sehen wir weder in den Medien noch bei der Polizei oder im öffentlichen Diskurs angemessen reflektiert.
    Ja, wir haben direkt gesehen, wie Scheiben zerbarsten, Parkautomaten herausgerissen, Bankautomaten zerschlagen, Straßenschilder abgebrochen und das Pflaster aufgerissen wurde.
    Wir haben aber auch gesehen, wie viele Tage in Folge völlig unverhältnismäßig bei jeder Kleinigkeit der Wasserwerfer zum Einsatz kam. Wie Menschen von uniformierten und behelmten Beamten ohne Grund geschubst oder auch vom Fahrrad geschlagen wurden.
    Tagelang.

    Dies darf bei der Berücksichtigung der Ereignisse nicht unter den Teppich gekehrt werden.

    Zum Höhepunkt dieser Auseinandersetzung soll in der Nacht von Freitag und Samstag nun ein „Schwarzer Block“ in unserem Stadtteil gewütet haben.

    Dies können wir aus eigener Beobachtung nicht bestätigen, die außerhalb der direkten Konfrontation mit der Polizei nun von der Presse beklagten Schäden sind nur zu einem kleinen Teil auf diese Menschen zurückzuführen.
    Der weit größere Teil waren erlebnishungrige Jugendliche sowie Voyeure und Partyvolk, denen wir eher auf dem Schlagermove, beim Fußballspiel oder Bushido-Konzert über den Weg laufen würden als auf einer linksradikalen Demo.

    Es waren betrunkene junge Männer, die wir auf dem Baugerüst sahen, die mit Flaschen warfen – hierbei von einem geplanten „Hinterhalt“ und Bedrohung für Leib und Leben der Beamten zu sprechen, ist für uns nicht nachvollziehbar.
    Überwiegend diese Leute waren es auch, die – nachdem die Scheiben eingeschlagen waren – in die Geschäfte einstiegen und beladen mit Diebesgut das Weite suchten.
    Die besoffen in einem Akt sportlicher Selbstüberschätzung mit nacktem Oberkörper aus 50 Metern Entfernung Flaschen auf Wasserwerfer warfen, die zwischen anderen Menschen herniedergingen, während Herumstehende mit Bier in der Hand sie anfeuerten und Handyvideos machten.

    Es war eher die Mischung aus Wut auf die Polizei, Enthemmung durch Alkohol, der Frust über die eigene Existenz und die Gier nach Spektakel – durch alle anwesenden Personengruppen hindurch –, die sich hier Bahn brach.
    Das war kein linker Protest gegen den G20-Gipfel. Hier von linken AktivistInnen zu sprechen wäre verkürzt und falsch.

    Wir haben neben all der Gewalt und Zerstörung gestern viele Situationen gesehen, in denen offenbar gut organisierte, schwarz gekleidete Vermummte teilweise gemeinsam mit Anwohnern eingeschritten sind, um andere davon abzuhalten, kleine, inhabergeführte Läden anzugehen. Die anderen Vermummten die Eisenstangen aus der Hand nahmen, die Nachbarn halfen, ihre Fahrräder in Sicherheit zu bringen und sinnlosen Flaschenbewurf entschieden unterbanden. Die auch ein Feuer löschten, als im verwüsteten und geplünderten „Flying Tiger Copenhagen“ Jugendliche versuchten, mit Leuchtspurmunition einen Brand zu legen, obwohl das Haus bewohnt ist.

    Es liegt nicht an uns zu bestimmen, was hier falsch gelaufen ist, welche Aktion zu welcher Reaktion geführt hat.
    Was wir aber sagen können: Wir leben und arbeiten hier, bekommen seit vielen Wochen mit, wie das „Schaufenster moderner Polizeiarbeit“ ein Klima der Ohnmacht, Angst und daraus resultierender Wut erzeugt.

    Dass diese nachvollziehbare Wut sich am Wochenende nun wahllos, blind und stumpf auf diese Art und Weise artikulierte, bedauern wir sehr. Es lässt uns auch heute noch vollkommen erschüttert zurück.
    Dennoch sehen wir den Ursprung dieser Wut in der verfehlten Politik des Rot-Grünen Senats, der sich nach Außen im Blitzlichtgewitter der internationalen Presse sonnen möchte, nach Innen aber vollkommen weggetaucht ist und einer hochmilitarisierten Polizei das komplette Management dieses Großereignisses auf allen Ebenen überlassen hat.

    Dieser Senat hat der Polizei eine „Carte Blanche“ ausgestellt – aber dass die im Rahmen eines solchen Gipfels mitten in einer Millionenstadt entstehenden Probleme, Fragen und sozialen Implikationen nicht nur mit polizeitaktischen und repressiven Mitteln beantwortet werden können, scheint im besoffenen Taumel der quasi monarchischen Inszenierung von Macht und Glamour vollkommen unter den Tisch gefallen zu sein.
    Dass einem dies um die Ohren fliegen muss, wäre mit einem Mindestmaß an politischem Weitblick absehbar gewesen.

    Wenn Olaf Scholz jetzt von einer inakzeptablen „Verrohung“, der wir „uns alle entgegenstellen müssen“, spricht, können wir dem nur beizupflichten.
    Dass die Verrohung aber auch die Konsequenz einer Gesellschaft ist, in der jeglicher abweichende politische Ausdruck pauschal kriminalisiert und mit Sondergesetzen und militarisierten Einheiten polizeilich bekämpft wird, darf dabei nicht unberücksichtigt bleiben.

    Aber bei all der Erschütterung über die Ereignisse vom Wochenende muss auch gesagt werden:
    Es sind zwar apokalyptische, dunkle, rußgeschwärzte Bilder aus unserem Viertel, die um die Welt gingen.
    Von der Realität eines Bürgerkriegs waren wir aber weit entfernt.
    Anstatt weiter an der Hysterieschraube zu drehen sollte jetzt Besonnenheit und Reflexion Einzug in die Diskussion halten.
    Die Straße steht immer noch, ab Montag öffneten die meisten Geschäfte ganz regulär, der Schaden an Personen hält sich in Grenzen.

    Wir hatten als Anwohner mehr Angst vor den mit Maschinengewehren auf unsere Nachbarn zielenden bewaffneten Spezialeinheiten als vor den alkoholisierten Halbstarken, die sich gestern hier ausgetobt haben.
    Die sind dumm, lästig und schlagen hier Scheiben ein, erschießen dich aber im Zweifelsfall nicht.

    Der für die Meisten von uns Gewerbetreibende weit größere Schaden entsteht durch die Landflucht unserer Kunden, die keine Lust auf die vielen Eingriffe und Einschränkungen durch den Gipfel hatten – durch die Lieferanten, die uns seit vergangenem Dienstag nicht mehr beliefern konnten, durch das Ausbleiben unserer Gäste.
    An den damit einhergehenden Umsatzeinbußen werden wir noch sehr lange zu knapsen haben.

    Wir leben seit vielen Jahren in friedlicher, oft auch freundschaftlich-solidarischer Nachbarschaft mit allen Formen des Protestes, die hier im Viertel beheimatet sind, wozu für uns selbstverständlich und nicht-verhandelbar auch die Rote Flora gehört.
    Daran wird auch dieses Wochenende rein gar nichts ändern.

    In dem Wissen, dass dieses überflüssige Spektakel nun vorbei ist, hoffen wir, dass die Polizei ein maßvolles Verhältnis zur Demokratie und den in ihr lebenden Menschen findet, dass wir alle nach Wochen und Monaten der Hysterie und der Einschränkungen zur Ruhe kommen und unseren Alltag mit all den großen und kleinen Widersprüchen wieder gemeinsam angehen können.

  12. Das sich selbst bestätigende neue Geschöpf hat auch noch allen ernstens n iPhone im anschlag; mehr klischee mit bart und schultertasche geht eigentlich nicht. I am a hipster and the world is my stage…

  13. Ich habe etwas gegen meine Überzeugung getan, nämlich mich doch noch mal bei Zeit Online registriert, um den heutigen Rant des klügsten, übellaunigsten und spitzzüngigsten aller Bundesrichter lesen zu können – Thomas Fischer über G20: Mit ganzer Härte
    Ein paar Kostproben daraus:

    Gewaltexzess! Mörder! Extremisten-Datei! Was nach den G20-Krawallen in Hamburg überall eifrig diskutiert und gefordert wird, offenbart vor allem eines: Ahnungslosigkeit.

    Und nun: Etwa ein paar Tausend Personen im „schwarzen Block“! Damit konnte niemand rechnen – der Expo-Eröffnung in Mailand 2015, den sogenannten Ereignissen von Berlin im Juli 2016, allerlei G8- und Dutzenden anderen Gelegenheiten (wie etwa dem G7-Gipfel in Taormina) zum Trotz. Die Stadtregierung von Hamburg, die doch seit vielen Jahren eine übersichtlich-kuschelige Szene „autonomer“ Weltverächter nebst deren Heimstatt Rote Flora als liebenswertes touristisches Highlight zwischen Hafen und Räucheraal vorführt, war jedenfalls total überrascht.

    Da loben wir uns all die Sachverständigen, die ganz genau wissen, was von all dem zu halten ist, kaum dass ein rotes Kameralicht angeht: dass nämlich der Linksextremismus schon immer unterschätzt wurde, der ebenso gnadenlos und unnachgiebig zu bekämpfen ist wie der Rechtsextremismus und der islamistische Extremismus schon immer, aber leider „von Teilen der Sozis und großen Teilen der Grünen und total die Linkspartei …“ usw. Dies sprach, von unsichtbaren Sonnen erleuchtet, der Spitzenkandidat der CSU geradewegs in die Kamera des ZDF. Die FAZ hingegen erblickt einen „faschistoiden Gewaltrausch“, andererseits im selben Artikel einen „nihilistischen Kern“ desselben. Wo so die Worte umeinanderpurzeln, darf der „geistige Brandstifter“ nicht fehlen und all die anderen Vokabeln aus dem Schatzkästlein der Schuldzuweisung.

    Bürgermeister Olaf Scholz, so viel ist ihm selbst klar, hat überhaupt nichts falsch, sondern alles richtig gemacht. Er hat einen heldenhaften Kampf gezeigt. Er hat, frei nach Martin Schulz, „mit seinem Körper, mit seinem gesamten Einsatz, teilweise mit seinem Augenlicht unsere Demokratie verteidigt“. Das Zitat ist geringfügig verfälscht oder sagen wir: Es ist eine dramaturgische Verdichtung. Das mit dem teilweisen Augenlicht waren nämlich die Heldinnen und Helden, Beamtinnen und Beamten, Polizistinnen und Polizisten, Einsatzleiterinnen und Einsatzleiter, Pilotinnen und Piloten, Kolleginnen und Kollegen. Mit dem Augenlicht die Demokratie verteidigen ist, das muss Frau Schausten einräumen, ein starkes Bild. Außerdem hat Olaf Scholz, wie wir erfuhren, fast die ganze Neunte Sinfonie lang Herrn Nagano nicht betrachten können, weil er seine E-Mails checken musste, was beim spontanen ersten Interview nach der Ode an die Freude zu einer gewissen Bedrücktheit führte.

    Wir haben viel über Helmut Schmidt und die Sturmflut lesen müssen in den letzten Tagen. Vergessen wir das Oder-Hochwasser nicht! Hier begannen große Karrieren, indem sich beherzte Norddeutsche die Gummistiefel überzogen und den Kampf gegen die Fluten in die symbolträchtigen eigenen Hände nahmen. Bis dahin ist es vom Handy-Checken in der Philharmonie noch ein Stückchen Weges.

    „Eine neue Qualität von Gewalt.“ Kommt Ihnen, verehrte Leser, diese Formulierung bekannt vor? Ich bin sicher, dass ich sie in den letzten Jahren zehnmal gelesen habe. Was genau soll jetzt die „neue Qualität“ sein? Laserpointer gegen Hubschrauber? Gehwegplatten und Pflastersteine vom Dach eines Hauses auf Polizeifahrzeuge? Stahlkugeln aus Präzisionsschleudern? Brandflaschen gegen Wasserwerfer? Wahllose Zerstörung fremder Sachen, Plünderungen? Nichts davon ist neu, und „qualitativ“ unbekannt schon gar nicht.

    Es handelt sich, fürchte ich, bei den auch diesmal wieder aus der Festplatte gezogenen Formulierungen der Betroffenheit bloß um Vokabeln aus der Mottenkiste unserer Fernseh-Tanten. Anne Will am Rande von Armageddon, Dunja Hayali auf der Seite des Friedens und so weiter. Tausendmal geübt, tausendmal ist nichts passiert: Liebe Zuschauer, wir fassen es nicht, wir haben schon ganz andere Massaker ohne Achselschweiß moderiert.

    Zunächst eine Korrektur an die Pressestelle der Polizei: Selbstverständlich ist es zwar blöd, aber weder „Volksverhetzung“ (Paragraf 130) noch „Anstiftung zu Straftaten“ (Paragraf 30), wenn ein Rechtsanwalt daherredet, man hätte lieber nicht das Schanzenviertel, sondern die Elbphilharmonie oder Blankenese verwüsten sollen … Über Paragraf 111 Strafgesetzbuch (Aufforderung zu Straftaten) kann man vielleicht nachdenken, aber da kommt uns mal wieder die rechtsstaatliche Strafrechtsdogmatik dazwischen (allgemeines Geschwätz, keine Konkretisierung): Das nachträgliche Bedauern, dass eine Straftat nicht begangen wurde, ist nur schwer als Aufforderung zu ihrer zukünftigen Begehung zu deuten.

    Für die Freunde strafrechtlicher Genauigkeit unter den empörten Lesern: Die „Mörder“-Theorie ist ein interessantes Thema. Seit dem 8. Juli hören und lesen wir, dass diejenigen Randalierer, die mit brutaler Gewalt gegen Polizeibeamte vorgingen, möglicherweise Mörder (oder sagen wir, zum Glück: Täter von Mord-Versuchen) seien. Das Für-möglich-Halten und „billigende Inkaufnehmen“ des Todes eines anderen reicht aus, um einen solchen Vorsatz zu begründen.

    Das hat das Landgericht Berlin kürzlich bei den sogenannten Ku’damm-Rasern angenommen. Beim normalen Asylantenheim-Anzünder kommt das hingegen eher selten vor. Bevor Sie, liebe Bürger, jetzt begeistert zustimmen: Das ist purer Sprengstoff im eigenen Vorgarten. Denn wenn der Autonome einen Tötungsvorsatz hat, weil er „mit allem rechnen muss“, dann hat ihn ja auch der Golf-Fahrer, der mit 50 durch die 30er-Zone fährt: Auch er weiß ja, dass sein Tun verboten ist und dass es nur Zufall ist, ob ein Kind auf die Fahrbahn rennt oder nicht, und dass er dann keine Chance zum Bremsen hat.

    Woher kommt Gewalt? Sie ist Teil sozialer Ordnung, seit und wo immer es diese gibt. Es geht daher nicht um die Frage, ob es Gewalt geben darf, sondern allein darum, wie sie legitimiert ist: begründet, verständlich, akzeptiert. Die endlose Schnatterei der Medien, ob es erlaubt sei, die Polizei „Gewalt“ zu nennen, ist ohne Sinn. Denn mehr Gewalt als „Staat“ geht gar nicht in unserer Welt. Wladimir Putin oder Recep Tayyip Erdoğan oder Donald Trump sind nicht deshalb wichtig, weil sie so faszinierende Personen sind, sondern weil sie über den Einsatz von unvorstellbarer Gewalt bestimmen oder eine solche Bestimmung symbolisieren: Eine einzige Granatensalve vom Trumpschen Kriegsschiff vor Hamburg würde ausreichen, um die Frage „Schanzenviertel: ja oder nein“ faktisch zu beenden. Ebenso offenkundig und selbstverständlich ist seit etwa 250 Jahren, dass „Polizei“ die Macht, also die Gewalt des Staates verkörpert.

    Das meist süße Gerede der Giganten ändert daran nichts. Es muss ja auch keineswegs falsch sein. Gewalt aus dem Nichts, „ohne Grund“, Sinn-los, Ziel-los, gibt es nicht – das ist Halluzination oder Ideologie.

    Der Mensch handelt nicht grundlos. Eine andere Frage ist, ob die Gründe „gut“, also rational, überzeugend oder legitim sind.

    An dieser Stelle nun kommen Sie und ich, liebe Leser, erstmals in Kontakt mit uns selbst: Es könnte nämlich sein, dass die unerhörten, nie da gewesenen, bislang unvorstellbaren Ereignisse nichts anderes sind als – ein wenig metaphorisch betrachtet – Auswürfe unserer selbst.

    Vierundzwanzig Stunden, liebe Zuschauer, dürfen Sie die Selfies „Ich bei einem Unglück“ an den Sender Ihres Vertrauens schicken und damit eine Brotschneidemaschine gewinnen. Haben Sie aber Krawalle vor dem iPhone, ist Susanne Daubner beleidigt und Thomas de Maizière den Tränen nahe.

    Zurück zum Grafen Dracula: Wenn der schwarze Block eine rührende Erinnerung an den Schwarzgewandeten wäre und Herr Olaf Scholz die schmächtige Figur des Doktors van Helsing, dann blieben noch immer zwei Fragen. Erstens: Was ist und woher kommt die Kraft hinter Vlad? Und zweitens: Wo und wer sind Sie, verehrte Zuschauer?

    Wichtig ist die neue und kreative Idee unseres Bundesjustizministers: eine „europaweite Extremisten-Datei“. Begründung: Viele Steinewerfer von Hamburg stammen nicht aus unserer Mitte, sondern sind „aus dem Ausland eingereist“ (eine dreistellige Zahl, wie unbekannte Statistiker bis zum 11. Juli erforscht hatten). Das ist eine sehr interessante Idee des Bundesministers für Strafverfolgung und Rechtsstaat, dessen Zuständigkeit zwar unvorstellbar viel unterfällt – aber zuallerletzt die Einrichtung einer präventiv-polizeilichen Datei.

    Eine gemeinsame Datei aller 28 EU-Staaten über „Extremisten“: Wir dürfen uns freuen auf die Listen aus Rumänien. Und die Slowaken und Malteser auf die Listen aus Deutschland. Nur am Rande: Was ist ein/e „Extremist/in“? Wie gerät man in die Maas-Datei, und wie kommt man wieder heraus? Vor allem: Was bewirkt die Aufnahme in diese Datei? Was darf man nicht, wenn man darin erfasst ist? Wer kontrolliert die Erfassung? Welche Gründe gäbe es, die EU-Extremisten-Datei vor den engsten Verbündeten geheim zu halten? Und wenn es doch um die Sicherheit der zwanzig Giganten der globalen Finanzpolitik geht: Welche Gründe gäbe es eigentlich, die Datei den lieben Freunden aus Moskau, Riad oder Caracas vorzuenthalten? Heiko Maas und Tina Hassel, Giganten des Quoten-Gipfels! Darf man das „Exzess“ nennen?

    Ist höchstens ein Sechstel des gesamten Textes, der sich, Sie ahnen es vermutlich schon, in Gänze lohnt.

  14. „Das sich selbst bestätigende neue Geschöpf sehen Sie oben im Bild.“ (Dame, Artikel)
    Hätte der noch ein Che‘ T-Shirt angehabt, hätts noch mehr gepaßt. Das Auflehnen gegen die Obrigkeit ist halt auch irgendwoher sexy. Nicht für mich, mir ist sowas schon als kleiner Punker zu blöde gewesen sinnlos was kaputtzukloppen oder sinnlos Stress mit der Staatsgewalt zu suchen. Ich halte aber Gewalt durchaus für ein politisches Mittel. Da wären wir bei Che‘, auch wenn dem seine Schriften vermutlich nur ein minimalster Prozentsatz der Leute, wo so ein Shirt haben, gelesen hat. Der hat wohl auch das, was er so schrieb, gelebt, d.h. nach erfolgreicher Revolution sich keinen Palast gebaut und seine Familie mit Blingbling überschüttet sondern quasi auf materieller Augenhöhe mit der die Revolution unterstützenden Mehrheit des damaligen (und irgendwie auch noch heutigen) Kuba gelebt. Wäre wohl dem Hipster oben auf dem Bild zuviel downsizing…
    Ich hab im Laufe der Jahre mit einigen Leuten von Antifa-Gruppen geredet. Die sind, das kann mensch nicht oft genug betonen, auch keine weltweite NGO wie wasweißich das Rote Kreuz/Halbmond sondern nur vernetzt und da gibts ungefähr soviele „Manifeste“ wie es Gruppen gibt, sprich, am einigsten sind die sich wohl in ihrer Uneinigkeit…
    Jedenfalls finden des einige dann durchaus auch cool, wenn die Bullen mal paar auf die Mütze kriegen oder schlicht handlungsunfähig sind, logisch ist das natürlich nicht, das wissen die auch selber. Die wissen aber auch, genauso wie die, die wie ich durchaus sympathisieren mit deren Arbeit, daß es die ganze Palette sinnloser staatlicher Repression gibt, das schwappt halt eher selten in die sogenannten mainstream-Medien. Auch das Vermummungsverbot auf Demos, was ja auch unter Juristen durchaus umstritten ist, wird gerne mal al gusto angewandt, da reicht halt eine Kapuze und ein Rollkragen und schon hat mensch mal ne Nacht in Gewahrsam verbracht, über Jahre immermal einen Brief im Kasten, ja und irgendein Häkchen steht da halt in irgendeiner Akte irgendwo. Da isses mit Schreddern auch nicht zwingend so eilig wie z.B. beim NSU…

    Wie richtigerweise auch diverse Journalisten feststellen, ist es also Quatsch, Antifa mit Schwarzer Block und alles zusammen mit gewaltorientiert/-bereit in einen Topf zu schmeißen. Das Nichtablehnen von Gewalt als politisches Mittel in den Schriften/Aufrufen/Flyern der vielfältigen Antifa-Gruppen heißt halt auch nicht zwingend, ebenjene sinnlos einzusetzen und dazu aufzurufen.
    Lustig wirds, wenn ebenjene Politiker, die Aufstände in anderen Ländern oder in der Vergangenheit hierzulande als Freiheitskampf gutheißen (die auch von Gewalt begleitet sind) hier vor ihrer heutigen Haustür einen ganz anderen Freiheitsbegriff definieren. Mit Georg Elser kann mittlerweile auch die CSU, ist halt auch schon ewig her…

    1. Achso, und was auch oft vergessen wird wenn von mehreren 100 verletzten Polizisten die Rede ist; da ist vom eingerissenen Fingernagel und größeren Kollateralschaden wie Pfefferspray selber in die Fresse gekriegt über blaue Flecken alles dabei. Da wird ja auch immer suggeriert, daß die alle tage/wochenlang im Krankenhaus liegen…

    2. Ich halte aber Gewalt durchaus für ein politisches Mittel. Da wären wir bei Che‘, auch wenn dem seine Schriften vermutlich nur ein minimalster Prozentsatz der Leute, wo so ein Shirt haben, gelesen hat. Der hat wohl auch das, was er so schrieb, gelebt, d.h. nach erfolgreicher Revolution sich keinen Palast gebaut und seine Familie mit Blingbling überschüttet sondern quasi auf materieller Augenhöhe mit der die Revolution unterstützenden Mehrheit des damaligen (und irgendwie auch noch heutigen) Kuba gelebt.

      Daß Gewalt durchaus ein politisches Mittel ist, ist ein Allgemeinplätzchen, Hugo. Beginnend mit dem staatlichen Gewaltmonopol und der Staatsgewalt.

      Che ist übrigens kein besonders gutes Beispiel und Sie ganz offensichtlich im Besitz des Che-T-Shirts^^
      Der Herr Guevara stammte aus einer reichen Familie, hat sich um seine eigenen Frauen und Kinder nie groß gekümmert, war von Stalin ausgesprochen überzeugt und wenig zimperlich mit Hinrichtungen. Ob der auch so auf Augenhöhe mit der damaligen (und irgendwie auch noch heutigen) Mehrheit im Ost-Kongo war, von wo er die große afrikanische Revolution starten wollte, darf ebenfalls bezweifelt werden. Nein, müssen wir hier nicht weiter vertiefen.

  15. Sascha Lobo, SPON: World Wide Wut

    Wenn man G20 als Widerstandstest zur Sofortpolarisierung betrachtet, hat die deutsche Öffentlichkeit ihn nicht bestanden. Sie ist enorm manipulierbar durch Videos von ein paar Dutzend schwarz gekleideten, gewalttätigen, Autos anzündenden Männern. Diese Bilder eines örtlich und zeitlich begrenzten Ausnahmezustands erzeugen über soziale und redaktionelle Medien das Gefühl eines schwebenden, überall möglichen Ausnahmezustands.

    Das Gefährliche am Ausnahmezustand: Er kehrt den emotional getriebenen Extremismus des Einzelnen hervor. Je stärker durch Bilder, Videos und begleitende Kommentare der Eindruck entsteht, die finale Detonation stehe unmittelbar bevor, desto eher fühlen sich auch unvoreingenommene Beobachter mitgezogen.

    Am stärksten wirken Postings derjenigen, die noch bis gestern als Stimme der Vernunft galten. Der Nationalsozialist und Rechtsgelehrte Carl Schmitt schrieb bekanntermaßen: „Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand verfügt.“ Nach dem Zweiten Weltkrieg soll er modifiziert haben: „Souverän ist, wer über die Wellen des Raumes verfügt.“

    Fern am Horizont blitzt durch die Empörungsspirale eine neue Variante auf: Souverän ist der Ausnahmezustand selbst.

  16. Stefan Niggemeier, Übermedien: Wie „Bild“ es dem Kevin mal so richtig gezeigt hat

    „Bild“ hat am Montag mit einer groß angelegten, eigenmächtigen Fahndung nach „G20-Verbrechern“ begonnen. Das Blatt zeigt fast 20 Leute, die fotografiert wurden, wie sie Steine oder Flaschen werfen oder einen Supermarkt plündern, teils groß auf der Titelseite. Es sucht nach Lesern, die sie identifizieren können, und kombiniert das mit dem Satz, den man von Mördersuchen bei „Aktenzeichen XY“ kennt: „Sachdienliche Hinweise bitte an die nächste Polizei-Dienststelle.“

    Das Vorgehen von „Bild“ hat eine gefährliche innere Logik: Der Staat hat in Hamburg versagt. Er hat es nicht geschafft, die Bürger zu schützen, und er scheint es nicht einmal zu schaffen, die Verdächtigen dingfest zu machen. Also muss „Bild“ übernehmen.

    Das Vakuum, das der Staat hinterlassen hat, ist gefährlich, aber gefährlich ist auch, dass „Bild“ es ausfüllen will. Die Zeitung übernimmt die Rolle des Fahnders, und sie maßt sich dabei gleichzeitig die Rolle des Richters an. Ihr Urteil über die Menschen, nach denen sie öffentlich fahnden lässt, ist schon gefällt, und ein Teil der Strafe in Form des öffentlichen Prangers schon vollstreckt.

    Das ist keine Grenz-Überschreitung, wie sie im Überschwang schon mal passieren kann, das ist ein kalkulierter Regel-Bruch. Und falls es einen großen Aufschrei gibt, eine Missbilligung vom Presserat, Verfügungen von Gerichten – dann würde sich „Bild“ umso mehr darstellen können als einsamer Kämpfer für Gerechtigkeit, gegen alle Widerstände, Bedenkenträger, Weicheier.

  17. Schauschau, wird ja immer differenzierter…

    Im Print-Spiegel via pastebin gibt’s den O-Ton des Staatsfeindes Nr. 1 (-13), nämlich einer der 13 Verhafteten vom Gerüst des Hauses Schulterblatt 1, wegen denen die Polizei die Schanze 4 Stunden lang zur polizeifreien Zone erklärte, zu gefährlich. Wirklich interessant ist auch der Einblick in die Gefangenensammelstelle und in das Walten der Hamburger Justiz.

    In der taz gibt’s ein Interview von Malene Gürgen mit Alvaro Piña Otey, dem Betreiber der Cantina Popular, auch Schulterblatt, der auch für die Anwohner-Stellungnahme bei Facebook (weiter oben schon zitiert) mitverantwortlich ist.

    Lesen Sie beides ganz!

  18. Zur Teilnahme von IS-Kämpfern an der Randale liegen Herrn Dudde keine Erkenntnisse vor. Nein, ist kein Scherz, sondern Antwort auf eine Anfrage der AfD im Innenausschuß des Hamburger Senats.

    John F. Nebel, Metronaut, hat sich die 8 Stunden Innenausschuß-Sitzung angetan, mit einem so erwartbaren wie ernüchternden Fazit: mission accomplished – polizeiliche Deutungshoheit mit Hilfe der Grünen durchgesetzt. Sehr lesenswert.

  19. Moritz Wichmann, nd im Interview mit zwei Demo-Sanitätern: »Man kann froh sein, dass es keine Toten gab«

    nd: Wie hat sich die Vielzahl der Proteste und Auseinandersetzungen auf Ihre Arbeit ausgewirkt?
    Elisa: In Hamburg ist vorübergehend viel medizinische Infrastruktur einfach zusammengebrochen. Bei kleineren Demos in Berlin kriegst du überall einen Krankentransport hin, Rettungswagen, Notarzt, was halt sein muss. In Hamburg war das nicht möglich. Man konnte noch nicht mal 112 rufen und irgendwen alarmieren.

    Kiko: Es ist passiert, dass wir wegen eines akuten Falls 112 angerufen haben und von der Feuerwehr die Reaktion bekamen: »Da können wir jetzt grade nichts machen.« Doch es gab auch positive Ausnahmen, zum Beispiel die Akutambulanz, die ist zwischendurch eingesprungen und hat uns geholfen. Sie haben den Ernst der Lage erkannt. Mit ihnen und den anderen ehrenamtlichen Demo-Sanitätern aus allen Bundesländern haben wir wirklich gut zusammengearbeitet. Und das obwohl wir uns teilweise nicht kannten. In Berlin arbeitet man oft nebeneinander her. In Hamburg brauchte es ein anderes Konzept, weil viele Aktionen so dezentral waren.

    Und inwiefern war der Einsatz medizinisch anders?
    Kiko: Über Verletzungen und Verletztenzahlen können wir prinzipiell nichts sagen, weil dies von der Polizei gegen Aktivisten verwendet werden kann. Aber das, was im Internet an Bildern veröffentlicht wurde, zeigt: In Hamburg sind auch erprobte Notärzte an ihre Grenzen gekommen. Man kann nur froh sein, dass das alles glimpflich ausgegangen ist und dass es keine Toten gab.

    Sie sagen, die Infrastruktur sei zusammengebrochen. Wie war die Zusammenarbeit mit der Feuerwehr bzw. anderen Rettungsdiensten im Allgemeinen?
    Kiko: Ich werde mich mein Lebtag daran erinnern, dass wir einen liegepflichtigen Patienten hatten, der von Gelb zu Rot, das heißt also von noch stabil zu instabil hätte überschwenken können. Wir haben ihn vor dem Rettungswagen abgeliefert, doch von dem Mitarbeiter – ich sage jetzt nicht, für welche Organisation er arbeitet – kommt nur: »Nein, wir sind nicht für euch da, wir sind für die Leute von der Polizei da.« Ich habe ihn dann am Kragen gepackt und gesagt: »Der ist von der Polizei, wir wurden von der Polizei alarmiert, weil ihr nicht durchgekommen seid, nehmt den endlich mit.«

    Elisa: Ich habe kein einziges Mal an dem Wochenende hauptamtliche Rettungsdienste gesehen. Ich glaube, die waren komplett überfordert. Sie kamen nicht durch, weil einfach alles gesperrt war und ich glaube, sie waren auch von der Besetzung her nicht wirklich auf einen solchen Einsatz vorbereitet. Wenn wir nicht dagewesen wären, hätte es in diesen Tagen mehr Schwerverletzte gegeben. Es ist schockierend, dass da sonst niemand da war.

    Und wie war das Verhältnis mit der Polizei, wie hat die auf Sie reagiert?
    Kiko: Sehr unterschiedlich. Da gab es Polizisten beispielsweise aus Schleswig-Holstein, die sehr zuvorkommend waren, schon aus der Entfernung ein Spalier gebildet haben, dass man durchkommt, obwohl man sich noch nicht mal ausgewiesen hat. Auf der anderen Seite war da die Berliner Bereitschaftspolizei, die vor allem bei der »Welcome to Hell«-Demo die Demo gestürmt hat und uns bekannte Sanitäter attackiert hat. Und auch die Aggression, die teilweise auch verbal an den Tag gelegt wurde, war an manchen Stellen unprofessionell.

    Elisa: Wir haben eine Sonderstellung im Vergleich zu Demonstranten, weil wir eindeutig gekennzeichnet sind. Oft wurden wir durchgelassen. Mal wurde man auch abgewiesen, aber es hat eigentlich ganz gut funktioniert. Und dann gab es Situationen, in denen wir eine Behandlung hatten und man von den Polizisten noch mal auf den Patienten raufgeschubst wurde.

    Bitte erklären Sie uns etwas genauer, warum Sie keine Verletzten-Zahlen rausgeben.
    Kiko: Ich würde der Öffentlichkeit gern genau sagen, wie viele verletzt wurden und was alles genau passiert ist. Aber es ist bereits vorgekommen, das das LKA oder BKA Aussagen von Sanitätern bei Ermittlungen und Verfahren gegen Demonstranten genutzt haben.

  20. „Erstaunlich, wie die strafrechtlichen Vorwürfe dahinbröseln“

    Ronen Steinke heute bei SZ-online („Festgenommen wegen Pfefferspray im Rucksack“):

    „Die größte Neugier galt anfangs den Russen. Während der G-20-Proteste im Hamburger Schanzenviertel befürchtete die Polizei einen bewaffneten Hinterhalt mit Molotowcocktails und Steinen aus großer Höhe, und dann entdeckte sie auf dem erstürmten Dach des Hauses mit der Adresse Schulterblatt 1 gleich vier junge Leute, ausgerechnet aus Russland. Agents provocateurs, entsandt von Putin?

    Elena Korykhalova, 31, die dort oben eine Videokamera bediente, ist in der Welt der Dokumentarfilmer keine Unbekannte, wie inzwischen klar ist, ihre Werke liefen auf verschiedenen Festivals. Auch ihre drei Mitfestgenommenen – Ilia Grin, Semen Bogatyrev und Oleg Miasedov – haben schon verschiedentlich bei Protesten etwa in Mexiko gefilmt und publiziert. „Medienaktivisten“, nennen sich die vier.“

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