Wissen Sie, warum ich es u.a. so unerträglich finde, „Opfer“ genannt zu werden?
Weil ein Opferstatus jede Aggression, jede noch so maßlose Forderung und jede demokratie- und menschenfeindliche Haltung zur Notwehr adelt. Der Weg vom Opfer zum Täter kann sehr kurz sein.
Gestern fand – im Rahmen der Bewerbung Dresdens als europäische Kulturhauptstadt 2025 – eine Diskussion zwischen Durs Grünbein und Uwe Tellkamp im Dresdner Kulturpalast statt – Titel: Streitbar! Wie frei sind wir mit unseren Meinungen?
Die Veranstaltung war so gut besucht, daß sie vom Foyer in den Konzertsaal verlegt werden mußte und sie war ein Spiegel der gesellschaftlichen Diskussion in a nutshell.
Dresden 2025 hat via Facebook gestreamt, ungefähr bei Minute 10 geht’s los (beim mdr gibt es einen Audiofile). Hören und sehen Sie sich das an, das ist spannend! Bei YouTube gibt es einen 20minütigen Auszug mit Tellkamps Thesen (featuring Götz Kubitschek) vom Recherchekollektiv Dresden – den ich unzureichend finde, denn Durs Grünbein argumentiert, wenn er mal zu Wort kommt, souverän und bildschön.
Nachtrag 14.3. Inzwischen gibt es auch ein vom Veranstalter autorisiertes Video der gesamten Diskussion. Die anderen Videolinks habe ich deswegen gelöscht.
Der gestrigen Diskussion vorangegangen waren Auseinandersetzungen auf der letzten Frankfurter Buchmesse, bei denen Stände rechtsradikaler Verlage (und das Gesicht des vor einigen Tagen verstorbenen Trikont-Gründers Achim Bergmann) Schaden nahmen. Eine Dresdner Buchhändlerin lancierte daraufhin die Charta 2017 und die dazugehörige Petition, (mit (Stand 9.3. 13h) 7.365 Unterstützern) – Uwe Tellkamp gehört neben u.a. Matthias Matussek, Vera Lengsfeld, Michael Klonovsky zu den Erstunterzeichnern – beantwortet von einem Aufruf von Dresdner Autoren.
Tellkamp blieb bis auf ein paar gelegentliche lokale Einwürfe auffallend still, jahrelang. Bis er nach der Frankfurter Buchmesse plötzlich seinen Namen hergab. Auf der Messe war es zu Turbulenzen zwischen den Veranstaltern, Besuchern und rechtsnationalen Verlagen gekommen. Kurz gefasst: Man bekam sich gegenseitig nicht in den Griff. Das Ganze wuchs sich zu einer diskursiven Großunwetterlage aus. In Dresden wurde wenig später gegen das Verhalten der Buchmessen-Organisatoren protestiert, mit einer sogenannten Charta 2017, in der einige Worte herausstachen: Man warnte vor einer „Gesinnungsdiktatur“. Initiiert wurde die Aktion von einer Dresdner Buchhändlerin, Tellkamp gehört zu den Erstunterzeichnern. Das kam einem Outing gleich, zumindest waren allerhand Menschen über seine Verortung in der Nähe solchen Vokabulars überrascht. Waren das nur ein paar Worte oder war da noch mehr?
Die Leipziger Buchmesse öffnet in wenigen Tagen. Rechtsradikale Verlage fühlen sich schon im Vorfeld unfair behandelt, weil sie räumlich eng zusammen gefasst wurden, die „Junge Freiheit“ sagte ihre Teilnahme bereits ab, u.a. weil sie ihren zu erwartenden wirtschaftlichen Erfolg für übersichtlich hält.
Was ist jetzt eigentlich eine Messe? Genau: eine Verkaufsveranstaltung, das gilt auch für Buchmessen. Es gibt kein Verlags- oder Autoren-Grundrecht auf Extra-Werbung und erfolgreichen Verkauf. Extra-Werbung haben besagte rechtsradikale Verlage und Autoren ohnehin im Übermaß, denn: es gibt keine schlechte Werbung.
Zu Meinungsfreiheit gehört Respekt. Ich darf meine Meinung sagen, aber bekomme Ohrfeigen dafür. Ich möchte Meinung äußern, ohne Furcht zu haben.
Uwe Tellkamp hat einen grundlegenden Punkt nicht verstanden: das Grundrecht auf Meinungsfreiheit beinhaltet mitnichten und -neffen ein verbrieftes Recht auf Respekt vor seiner Meinung. Er kann nicht erwarten, für seine Positionen liebgehabt zu werden und sie in allen Medien zustimmend bespiegelt zu sehen. Er kann, soll und muß wie jede/r andere auch seine Meinung frei äußern können, das muß toleriert aka geduldet werden. Alles darüberhinaus ist nicht Pflicht, sondern Kür. Er kann nicht erwarten, daß ihm zugestimmt wird. Auch nicht, daß seine Meinungen und seine eigenwilligen Wahrnehmungen unwidersprochen bleiben. Er kann nicht herbeiklagen, daß ihm zugehört und daß jede Diskussion jedes Mal aufs Neue ab Adam und Eva geführt wird. Und ganz sicher kann er nicht erwarten, daß ihm seine Ängste genommen werden.
Beispielhaft zu drei seiner Äußerungen:
Es ist blühender Unsinn, daß es Nazis gibt, weil Rechtsterroristen (und Protagonisten in ihrem Echoraum AfD und *gidas) „Nazis“ und „Pack“ genannt werden. Jede/r entscheidet als mündige/r Bürger*in höchstselbst über die eigene Denke, über Äußerungen und Handlungen.
Von einer schon bedenklichen Realitätsferne zeugt Tellkamps Verlautbarung, es seien ja nie Autos von Linken, die abgefackelt würden – ich rate (Beispiel) zu einem Blick nach Neukölln-Süd, (der im Tagesspiegel verschämt Sebastian T. genannte ist seit mehr als 10 Jahren einschlägig aktenkundig und ungebrochen aktiv).
Der laut Tellkamp beispiellose Umgang mit Sarrazin beförderte unseren Deutschlandabschaffer in zahllose Talkshows, verhalf ihm zu einer zusätzlich vergoldeten Pension, machte ihn zum Buchmillionär und zum vielbespiegelten Märtyrer der Meinungsfreiheit. Noch einmal: Meinungsfreiheit ungleich Deutungshoheit.
Ich kann dieses rechte Opfergeheule kaum noch ertragen, es ist so erbärmlich und so furchtbar dumm.
Am Rande: Moderation heißt nicht weitgehend stummes Herumsitzen, sondern aktive Strukturierung einer Diskussion. Eine gelungene Moderation zeichnet sich durch große Fachkenntnis, durch Neutralität und Durchsetzung halbwegs paritätischer Diskussionsbeteiligung aus. Von einer guten Moderation werden Fake-News korrigiert und die Diskussionsteilnehmer zum Austausch eng am Thema angehalten.
Anderswo:
Suhrkamp macht sich (Twitter) Tellkamps Meinung nicht zu eigen:
Aus gegebenem Anlass: Die Haltung, die in Äußerungen von Autoren des Hauses zum Ausdruck kommt, ist nicht mit der des Verlags zu verwechseln.
#Tellkamp
Doreen Reichard, Zeit Online: Weltbürger trifft Sorgenbürger
Wer markiert zuerst seine Position? Die Entscheidung fällt per Münzwurf. Durs Grünbein startet mit seinem Plädoyer für die Meinungsfreiheit, „einem der höchsten Güter in einer vitalen Demokratie“. Von ihm kommt ein entschiedenes Nein zu „Angstpropaganda“ und „Weltuntergangsdemagogie“.
Tellkamp wiederum eröffnet mit einer Flut von Schnipseln. Berichte, Talkshows, Vorfälle, die er akribisch zusammengesammelt hat und im Stakkato vorträgt: „Ein Vortrag an der Frankfurter Universität des Polizeigewerkschaftlers Rainer Wendt wird abgesagt. Der Vorwurf: Rassismus und Racial Profiling. An einer Berliner Hochschule wird ein Gedicht von Eugen Gomringer von der Fassade entfernt … Die Universität Greifswald will den Namen Ernst Moritz Arndt ablegen …“ Hinter all dem, glaubt Tellkamp, stecke „Gesinnung“, ein „System“, angeführt von einer Regierung, die „die Kontrolle verloren hat“ und „Journalisten, die im Vorhinein auf Regierungslinie sind“.
Solche Sätze sind in Dresden nicht neu, nur hört man sie sonst im Pegida-Umfeld. Man kann das, was Tellkamp da unternimmt, als Experiment begreifen, und vielleicht ist es auch so gemeint. So könnte man hoffen, falls man zu seinen Gunsten denkt. Denn er selbst macht nichts anderes als das, was er den kritisierten „Eliten“ und Medien vorwirft. Er sucht sich Bruchstücke der Realität heraus, die Teile der Informationsflut, die seiner „Wahrheit“ entsprechen. Andere Bestandteile des Gesamtbilds unterschlägt er.
Im Dialog zwischen Grünbein und Tellkamp, das wird schnell klar, bricht sich dieselbe Konfrontation, die es zigfach in diesem Land gibt. Es treffen sich grundverschiedene Haltungen, die Welt wahrzunehmen, zu sortieren, eine Haltung einzunehmen. Grünbein, der Weltbürger, trifft auf Tellkamp, den Sorgenbürger. Der eine hortet Fußnoten von empfundenem Unrecht und besteht auf Satisfaktion. „Die Hamburger Morgenpost hat Dresden als braunen Schandfleck bezeichnet. So geht das in einem fort“, sagt Tellkamp. „Alles prasselt auf Dresden hernieder. Das hat doch eine Wirkung auf die Menschen. Da braucht man sich über die Reaktionen nicht zu wundern.“ Grünbein sucht die Ebene darüber. „Macht doch Dresden nicht zu einer Provinz, wo man darüber redet, wer wen zuerst beleidigt hat.“
Deutschlandfunk, Fazit, Alexandra Gerlach im Gespräch mit Vladimir Balzer: „Ein guter Streit, der da geführt wurde“
Marcus Thielking, Sächsische Zeitung – Harfe und Kontrabass
Das Thema des Abends – der Zustand der Meinungsfreiheit – geriet für eine ganze Weile in den Hintergrund, als sich die beiden Schriftsteller einen langen Schlagabtausch über Sinn und Unsinn der Flüchtlingspolitik lieferten. Moderatorin Karin Großmann, Chefreporterin der Sächsischen Zeitung, fragte schließlich noch einmal nach, wie die beiden Dichter die Rolle der Sprache und der Wortwahl in dieser Debatte bewerten. Grünbein betonte, wie wenig er mit Begriffen wie „Gesinnungsdiktatur“ anfangen könne.
Dirk Pilz, Berliner Zeitung: Rechtspopulistische Thesen
Es ging dann auch der Verleger und Propagandist der Neuen Rechten, Götz Kubitschek, ans Saalmikrofon, um Tellkamp beizupflichten, indem er behauptete, Meinungsfreiheit werde immer an den Rändern verteidigt, nicht in der Mitte der Gesellschaft, und „den Staat“ dabei aufforderte, das Recht auf Äußerungsfreiheit gerade an den Rändern durchzusetzen. Auch das ist ein typisches Muster der Neuen Rechten: von einer Demokratie einzufordern, dass sie demokratiefeindliche Meinungen zu schützen habe.
Entsprechend hat Kubitschek Tellkamp gefragt, ob nicht der Riss, der durch die Gesellschaft gehe, „unbedingt“ sein müsse, weil „alles auf den Tisch“ gehöre: „Ich bin strikt dafür, dass der Riss noch tiefer wird, dass die Sprache noch deutlicher wird“. Offenbar ist es genau das, was Tellkamp will – und er will damit, was die neofaschistischen Kräfte im Land wollen, nämlich den Riss und die Ressentiments zu vertiefen, um genau diese politisch zu instrumentalisieren.
Uwe Tellkamp hat also beinahe den gesamten Besteckkasten der neurechten Ideologie benutzt, hat Verschwörungstheorien zur staatlichen Unterstützung Linksextremer verbreitet, den rechten Opfermythos bedient und der AfD beigepflichtet, die mit Blick auf die Flüchtlinge von einem „Großexperiment im Land“ spricht. …
Durs Grünbein hat übrigens durchaus widersprochen, aber das verpuffte weitgehend. … Tellkamps Äußerungen lassen an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig. Er hat sich hier nicht nur als Verbitterter geoutet, der sich jeder kritischen Selbstreflexion verweigert, sondern als Wasserträger all jener, die politisch auf Risse, Hass und Ressentiment setzen.
Dresdner Neueste Nachrichten: Tellkamp vertritt Pegida-Positionen
… gegen Ende des Abends wunderte man sich als Zuhörer, dass in diesen zwei Stunden so gut wie überhaupt nicht über die spezifischen Möglichkeiten der Literatur im Meinungsstreit gesprochen worden war. Trotz ganz großer Bühne, mit der die Organisatoren Kulturhauptstadt-Format beweisen wollten, ein Rest Unzufriedenheit bleibt: Aus der Tatsache, dass auf dem Podium nicht nur zwei politisch urteilende Bürger saßen, sondern Schriftsteller, wäre mehr herauszuholen gewesen.
Na das hat jetzt aber gedauert! Tilman Krause meint in der Welt, Suhrkamp sei mit der Abgrenzung von Tellkamps Haltung ins Lager der Gesinnungsprüfer gewechselt.
Wenn das so weitergeht, ist es mit der Meinungsfreiheit bald vorbei. … Spätestens seit die alte Tante und Gralshüterin einer spät- und postmarxistischen „Suhrkampkultur“ ihre Autorin Sibylle Lewitscharoff maßregelte … sie bringen in ihrer ordnungshüterhaften Spießigkeit den Verlag um den letzten Kredit eines irgendwie aufmüpfig gearteten Unternehmens, den er bei gewissen Altlinken noch gehabt haben mag.
Dirk Pilz kommentiert in der Frankfurter Rundschau: Uwe Tellkamp entgleist nach rechts
Zu den gern wiederholten Behauptungen von Rechtspopulisten gehört die, man dürfe in diesem Land nicht seine Meinung sagen. Das hat auch der Schriftsteller Uwe Tellkamp am Donnerstag bei einer Diskussion in Dresden gesagt – und dabei sehr lang seine Meinung gesagt.
Gerritt Bartels, Tagesspiegel: Dulden, klagen, wünschen
Am kommenden Mittwoch erst wird die Leipziger Buchmesse eröffnet, doch schon jetzt hat sie ihren Aufreger, der sie wohl bis zum Sonntag begleiten wird: die rechten Verlage, vier, fünf an der Zahl, die in den Messehallen ausstellen dürfen. Was von Messedirektor Oliver Zille damit begründet wurde, dass die Buchmesse ein „öffentlicher Raum“ sei und sie „qua ihres eigenen Statutes für die Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit“ eintrete.
Jens Bisky kommentiert in der Süddeutschen: So dämonisiert man selbst Gartenzwerge
Deutlich wurde an diesem Dresdner Abend, dass es um unvereinbare Interpretationen der Wirklichkeit geht. … Wer sich öffentlich äußert, muss damit rechnen, dass ihm widersprochen wird. Das öffentliche Gespräch gleicht weder einem Seminar noch Salongeplauder. Es lebt nicht allein von Fakten und Argumenten, sondern auch von repräsentativen Auftritten. Positionen werden markiert, Gegner attackiert, verspottet, kritisiert. Wer das abschaffen will, schafft die öffentliche Debatte ab – und erzeugt Stickluft oder Belanglosigkeit. Tellkamp verlangte Respekt, aber Wertung, Spott, Widerspruch, Angriff, Prüfung der Fakten sind die Formen, in denen öffentlich Respekt erwiesen wird.
Dirk Knipphals, taz:
Auch ich war gleich sehr empört über die Äußerungen, die der Schriftsteller Uwe Tellkamp auf einer Podiumsdiskussion am Donnerstag in Dresden machte. …
Tellkamps Roman „Der Turm“ wurde im Unterschied zum früheren „Eisvogel“ hin und her gewälzt – Kunstwille versus Milieuschilderung – und teilweise gegen seinen Autor in Schutz genommen. Diskurstaktiken in der Demokratie wurden diskutiert; so können nicht nur die Inhalte, sondern kann auch die kategorische Etikettierung Leute dazu bringen, sich den Rechten zuzuordnen. Bei solchen teilweise selbstreflexiven Überlegungen kamen dann die Rechten nicht mehr mit.
Vielleicht sollte man sich, bei aller Empörung, auch an solche Differenzierungen halten. Am Schluss werden die klüger Argumentierenden gewinnen. Ich hoffe, ich habe recht damit.
(wird u.U. weiter ergänzt, die Agenturmeldung hat es bereits in Schweizer Medien geschafft) der Blog hat jetzt schon reichliche Überlänge, ich hänge weitere Medienberichte lieber unten in den Kommentaren an (<-Nachtrag 10.3. 13h)
Bild: Wikimedia Commons, gemeinfrei. Nachtrag 14.3.: „Schöngeisterbahn“ ist von Magdas Wortschöpfung (bei WordPress Madge1946), ihr herrliches Wort ging sofort in meinen Sprachschatz ein.
Hoi, das ist ja spannend. Ich habs erstmal überflogen. Aber, danke für den interessanten Hinweis. Nebenher ist schon bei Tellkrampfs (kein Schreibfehler) merkwürdigem Buch „Der Eisvogel.“ zu sehen, wohin bei dem geistig die Reise geht. Danke. Ich melde mich nochmal, wenn ich da genauer geguckt habe.
O hallo Magda, ich bitte sehr darum, daß Sie sich nochmal melden, denn Sie haben bestimmt alles von Tellkamp gelesen (und ich nicht mal den Turm geschafft). Ich finde die Diskussion zwischen Grünbein und ihm extrem spannend und wundere mich einmal mehr über die Unterschiede in der menschlichen Wahrnehmung. Bis bald!
Alles schon ein bisschen her und damals ging es eher um den DDR-Hintergrund. Damals habe ich das beim Freitags-Blog mal glossiert. https://www.freitag.de/autoren/magda/uwe-tellkamp-der-turm-eine-verschworungstheorie
Aber, das ist ja jetzt nicht das Thema. Nur – die Art, wie damals z. B. die Welt in Form von Tilman Krause, der jetzt auch wieder eine Lanze für Tellkamp bricht – das Werk belobigte, hat mich glatt empört. Es war mal wieder so eine Kampagne.
Jetzt ist in Sachsen nicht nur der Uwe Tellkamp deutlich geworden- aber ich denke schon seit einiger Zeit. Auch der Uwe Steimle – wenn der Dir noch was sagt – https://eulemagazin.de/friedensdekade-trennt-sich-von-steimle/
Der ist ebenfalls durch reichlich skurrile Statements aufgefallen. Was da los ist – höchst beunruhigend.
Die Gesellschaft driftet fürchterlich auseinander.
Bevor ich mich in Ihre links vertiefe, noch ein Fundstück aus der FAZ, Gerd Roellecke:
http://www.getidan.de/gesellschaft/georg_seesslen/76722/renegaten-verraeter-konvertiten-ueberlaeufer-oder-ueberzeugungstaeter – Hier ist zum gesamten Problem ein prima Beitrag von Seeßlen.
Danke!
Leute, lest Georg Seeßlen! Klüger wird’s hier nicht!
Nur mal ein kurzes Zitat daraus:
Seßlen lohnt immer, in der Tat.
Georg Seeßlen, Der Freitag über „Das Fremde“, Integration, Heimat, Solidarität und den ganzen großen Rest: Wachstum schmerzt
Was mich seit Sarrazin umtreibt – ich glaube immer mehr, daß die bürgerliche Mitte gar nicht auseinander driftet, sondern in Ost und West immer schon so gespalten war, jede auf ihre Weise. Der Unterschied zu noch vor ein paar Jahren besteht in der Erlaubnis zur Fressefreiheit und Sarrazin war son Erlaubniserteiler.
Beunruhigend finde ich Götz Kubitschek, der den Riß in der Gesellschaft noch viel mehr vertiefen will, seinen Faschismus zur nicht länger zu rechtfertigenden Normalität erklärt und das auch seiner sich mehrenden Gefolgschaft nahelegt.
Ich sehne mich fast beinahe nach den besoffenen Stiefelnazis der 80/90er.
Ost- und Westrom wird nicht nur im Musennest Dresden zelebriert, sondern auch im Ex-DDR-BRD-Verhältnis. Die West-Arroganz gegenüber den „Brüdern und Schwestern“ in den NeBuLä war und ist Klassismus, nicht nur westliche Kommunistenfresserei. Die Abscheu davor scheint mir heute im Osten fast verbreiteter, mit allen schrägen Der-Feind-meines-Feindes-ist-mein-Freund-Ausprägungen.
West-Arroganz und -Klassismus tritt heute auch darin zutage, das Nazi-Problem und die nach rechtsaußen driftende Gesellschaft im Osten zu verorten. Kubitschek ist geradezu ein Klassiker an Westimport.
Ich lese btw. im Moment ‚In Zeiten des abnehmenden Lichts‘ von Eugen Ruge, dem von Iris Raddisch ebenfalls die „große DDR-Buddenbrook-Roman-Medaille umgehängt wurde.
Sie schreibt:
Soviel zu Dr. Fäustchen.
Die offenen Briefe fliegen in Dresden dicht und tief – Barbara Lässig, Ex-Linke, Ex-Stadträtin, für die FDP Mitglied im Jugendhilfeausschuss der Stadt Dresden und begeistert von der Anti-Antifa (jedenfalls laut Twitter) an den Oberbürgermeister.

Nicht mehr viele neue Artikel – Alexander Wallasch, Tichys Einblick (kein link), skandalisierte gestern die Abgrenzung des Suhrkamp Verlages von Tellkamps Äußerungen (glaubt man den Boykott-Ankündigungen bei Twitter, muß Suhrkamp spätestens Montagmittag Insolvenz anmelden):
Sein Kommentar enthält aber auch eine bißchen interessante Spekulation:
Ich denke über paritätisch verteilte Kleinstspenden nach, um solche und ähnliche Hackereien am bräunlich-übelriechenden Rand zu fördern^^
Sächsische Zeitung (und andere) heute:
Das lasse ich mal so stehen.
Ulf Poschardt versucht sich in der Welt als Glossenschreiber: Der Fall Uwe Tellkamp. Genau diese Intoleranz macht die Rechte erst groß
Er hat gar erstaunliche Einsichten über die Mitte – melancholisch, unerschütterlicher Leuchturm, Hort der Liberalität:
Und ihm fehlt „eine Arbeiterliteratur, die erzählt, was Menschen überall in Deutschland weg von Linkspartei und SPD in die Arme der AfD treibt“ – ist das jetzt melancholische Mittelschicht oder „wohl auch“ Realitätsferne?
Poschardt ist verkannt; man sollte endlich einsehen, dass er einfach der größte Freiheitskämpfer Deutschlands ist und unermüdlich für jede nur erdenkliche Freiheit eintritt: Freiheit für Gedichte auf Hauswänden, freie Fahrt für freie Petrolheads, freie Marktwirtschaft, Freiheit vom linken Meinungsterror, Freiheit vom Geschlechterzwang für Relativpronomen („Wie viele Verlage war Suhrkamp in den Sechzigerjahren eine hochenergetische Kochplatte, auf dem die gesellschaftlichen Erhitzungen zum Sieden gebracht wurden.“), usw. usf.
Und erst seine bildmächtige Sprache! Der Mann hat doch bestimmt einen Roman in der Schublade, von mindestens Buddenbrock-Kaliber (der große BRD-Wenderoman).
Eigentlich war das Thema UP schon vor Jahren von Rattelschneck abschließend behandelt:
Das von Rattelschneck kannte ich gar nicht. Sehr schön, danke!
Ein schön zusammengestellter Pressespiegel. Hinterlässt mich etwas skeptisch. Ich las ZEIT-Artikel gestern, deshalb interessiere ich mich ein wenig für das Thema. Was aber bringt das Ausleuchten aller Nuancen? Ist es ein häufiges Kneten, das den Teig geschmeidiger und tatsächlich besser macht? Oder doch das lustlose Wiederkäuen eines zähen, minderwertigen Fleischstückes? Vor allem: Was bringt uns das köcheln von Debatten angesichts der scheinbar vielen, die die vielen Worte leid sind? Und angesichts derer, die noch nie den vielen Worten zugehört haben?
Im besten Fall: Nachdenklich- und Streitbarkeit. Kneten kann jede/r immer nur am eigenen Kopf. Wer die vielen Worte leid ist, liest nicht und denkt mutmaßlich auch nicht allzu viel nach.
Und andere erobern der nicht-denkenden Herzen während die denkenden viele Worte machen und auf eroberte und erobernde herabschauen. Ist meine Befürchtung.
Und nu? Was schlagen Sie vor?
Bescheidenheit. Und die Einsicht, dass Klugheit, Bildung und die Lust zu denken drei völlig verschiedene Paar Schuhe sind, die getrennt vorkommen können und viel seltener zusammenpassen, als wir das gerne hätten. Da sehe ich das Problem mit dem Dogma von der Bildung, dem Bewusstsein und dem gesellschaftlichen Sein: Das Herz kann unterkühlen auf dem Weg und ein von Anfang an kaltes wird nicht erwärmt. Das übersehen wir, die vor Begeisterung glühen, leicht.
Wer glüht denn hier (oder anderswo) vor Begeisterung?
Also ich kämpfe eigentlich eher mit mittelgradiger Depression und meine Schullaufbahn endete mit der 9. Klasse.
Bescheidenheit halte ich für eine schöne Tugend zur Regulierung der eigenen Ansprüche und Konsumwünsche und in persönlichen Beziehungen und würde auf Dankbarkeit erweitern wollen.
Bescheidenheit auf der politischen Bühne halte ich für, ichsachma schwierig. Mir fehlt weit eher die Unbescheidenheit, demokratische Visionen und Ideale zu vertreten. Zum Beispiel die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die – obwohl sie in diesem Jahr 70 wird – taufrisch und brennend aktuell ist.
Ich vermute große Leidenschaft und Begeisterung bei Ihnen. Und mit Bescheidenheit meine ich ja Grade das Eingeständnis, dass so manche hehren Ansprüche der Zivilisation noch nicht zur Hälfte erfüllt sind. Und die öffentliche Einsicht, dass manches keine lösbaren Probleme, sondern unentrinnbare Dilemmata sind. Wie Aktuell die Ängste mancher Zeitgenossen: Ängste sind unlogische Wahngebilde, denen ein Vernünftiger keine Beachtung schenken darf. Und Ängste sind fruchtbarer Nährboden für alle die ihnen Beachtung schenken: Wir kümmern uns nicht um allgemeine Rechte, wir sorgen uns allein um deine besorgte Seele!
Kein Dilemma, sondern der Mangel an Emotion in der Politik von Demokraten und Linken. Dazu noch ein Artikel bei Peira, von Uffa Jensen – Zornpolitik: Wie Emotionen unsere Gegenwart bestimmen
Ich glaube, wir meinen ähnliches. Die emotionale Formulierung behagt mir nicht so ganz. Warum? Weil sie, sicher müssen wir das gute hoffen, Einbindung und letztlich Missionierung impliziert. Mit Dilemma und nicht-lösbarem Widerspruch der Demokratie meine ich aber die nicht-unwesentliche Minderheit der Demokratiegegner, Demokratieverweigerer und Gleichgültige Mittelschicht, der es egal ist, ob dem funktionierenden Nachtwächterstaat nun ein gewälter Präsident oder goldbehangener Generalissimus vorsitzt. Also; Wir haben eine relevante Anzahl von Menschen, deren Denken, Fühlen, oder Nicht-Denken unser System vergiften, eventuell auch vernichten kann. Die Alternativen lauten: Verschweigen – Akzeptieren – Umerziehen. Mein Unbehagen an der Schriftstellerdebatte: Sie ist ein akzeptierendes Verschweigen bzw totreden, welche sich selbst belügt, in dem sie sich einbildet, teil eines missionierenden Umerziehungsprozesses zu sein. Der Weltoffene, kluge sagt: Ich beweise Dir, dass Du ein bornierter, angstzerfressender Idiot bist! Der argwöhnische, verängstigte antwortet nur: Ich weiß das und bin stolz darauf! (Sein Graecum hat er gemacht, und weiß sogar, dass der Idiotos einer ist, der sich mit Verstand und Klugheit nur um die eigenen Belange kümmert und die Polis Polis sein lässt.)
Zur Cannabis-Thematik: Vielen Dank dafür, sehr guter Artikel. Ich Antworte mit Daumenpeilung, die Bundesrepublik hinkt der amerikanischen Entwicklung, zum Guten oder zum Schlechten, stets 15 bis 20 Jahre hinterher. Die ersten Staaten, die kürzlich legalisiert haben, begannen gegen Ende 1990er mit der Zulassung als Medikament. Rechnung stimmt, reden wir also ca 2035 weiter.
off topic: ein Artikel, der Sie wahrscheinlich interessiert, Oliver Waack-Jürgensen, Peira: Ein Jahr Cannabis-Verordnung – ein ernüchterndes Fazit
Was und wen genau meinen Sie mit „missionierendem Umerziehungsprozess“, lieber Alice Wunder?
Irgendwie habe ich das Gefühl, Sie haben eine andere Diskussion verfolgt als ich. Weder höre ich Dursbein als arroganten Missionar noch Tellkamp als stolz. Tellkamp will nach meinem Eindruck für seine Äußerungen liebgehabt werden (was ich eher als Gegensatz zu Stolz sehe) und empfindet Widerspruch gegen seine angemaßten Deutungshoheiten als einschränkenden „Gesinnungskorridor“. Während ich Dursbein als tatsächlich liberal, als an Meinungsfreiheit und -austausch und an Lösungen (z.B. zu Asylbewerbern vs Einwanderern) interessiert empfinde.
Der hat ja die Frisur von Hitler!
Vor.bild.lich, lieber genova – so und nicht anders geht Diskussion!
So ist es.
Tellkamp war doch schon vor Jahren im Gerede, oder? Ich erinnere mich an eine ähnliche Diskussion.
Tellkamp will geliebt werden und empfindet Kritik an seiner Position als Ausgrenzung. Das ist typisch rechts, Pegida ist genauso drauf. Er darf sagen, was er will und beschwert sich darüber, dass man nicht sagen dürfe, was man wolle. Diese Rechten sind eine Crux. Und wer als Möchtegern-Intellektueller mit der 95-Prozent-These kommt, darf sich nicht wundern, dass er angegangen wird.
Was ich auch noch nie kapiert habe: Dass einem die Flüchtlinge „Angst“ machen, wie Tellkamp sagt. Er sollte sich vielleicht einer therapeutischen Behandlung unterziehen, wie die meisten Deutschen vermutlich. Man kann Angst vor einem Herzinfarkt haben oder vor dem Verlust von Menschen oderoderoder, aber doch nicht generell vor „Flüchtlingen“. Was für ein Schmarrn. Dass selbst so ein Schriftsteller nicht in der Lage ist, seine eigenen Neurosen persönlich zu verarbeiten und stattdessen das Fremde dafür verantwortlich macht.
Ich habe den Turm übrigens seit vielen Jahren ungelesen im Bücherschrank. Ich werde ihn nun lesen. Das nennt man gelungene Aufmerksamkeitsökonomie.
Den einzig ernstnzunehmenden Konservativen, den ich kenne, war Wolf Jobst Siedler. Gott möge ihn behüten.
Siedler fiel (ebenso wie Joachim Fest) mit Karacho auf Albert Speers Weiße-Westen-Autobiografie rein.
Der einzige mir erinnerliche Rezensent, der Tellkamps Turm mit Karacho verrissen hat, war Dennis Scheck.
Alle anderen kriegten sich vor lauter Buddenbrock-Vergleichen und DER-Wenderoman-Lobhudeleien gar nicht wieder ein (ich bin kläglich auf Seite ungefähr 70 verhungert) Ich wüßte nicht, daß Tellkamp schon vor Jahren im Gerede war, erst als Unterzeichner der „Charta 2017“ fiel er (ein bißchen) auf.
Bei Siedler kann ich nur noch an seinen Hitlerring denken, seit ich diese Story kenne: http://konkret-magazin.de/hefte/heftarchiv/id-2017/heft-112017/articles/ringparabel.html
Willkommen Peter Remane und danke für den launigen Artikel.
„In einer Satire hätte das zu plump gewirkt.„
Ich meine, dass beim Turm schon der mögliche Konservativismus diskutiert wurde. Seien Sie bitte nicht so streng mit Herrn Siedler. Ich empfehle den Film zu seinem Buch „Die gemordete Stadt“. Was dort an Zitaten zu Stadt und Hygiene und Dreck geboten wird, klingt heute wie linksradikale Zivilisationskritik. Man könnte an Siedler gut festmachen, was die Linke falschmacht.
Wo gibt es diesen Film: Siedler, den Film zu seinem Buch „Die gemordete Stadt“
Willkommen, Anette Detering.
Das einzige, das ich auf die Schnelle finden konnte: Die gemordete Stadt, Manfred Durniok, BRD 1965, 40 min, ist Teil einer DVD-Edition ‚Die moderne Stadt‘ (Herausgeber Ralph Eue, Florian Wüst) – womöglich meint genova das.
Ab Minute ungefähr 50 geht es um den erwähnten Film und es gibt auch einen Schnipsel davon zu sehen.
Ich staune ja ein bißchen, daß Sie Siedler so schätzen, lieber genova. Denn der mochte Bäume und Stuck und war sehr für Errichtung der Stadtschloßattrappe. Hatten Sie nicht neulich Dieter Wieland in Grund und Boden gestampft? Auch der klingt oft wie linksradikale Zivilisationskritik.
Aber Sie haben schon recht, auch der Konservativismus ist nicht mehr, was er früher einmal war^^ Denn nicht nur die Linke macht was falsch.
Mir fiel das schmerzlich anhand der 1948 um Artikel 16 geführten Diskussion in Herrenchiemsee auf, der Parlamentarische Rat war die reinste Antifa-Veranstaltung.
Schöne Glosse (keine Ahnung, von wem) im Kopfbahnhof der Schöngeisterbahn sozusagen, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (Print):
Aus der FAZ vom 9.3. ein Kommentar von Stefan Locke (Paywall) – Was tut man uns an?
FAZ zum dritten, von heute, Simon Strauss – Ist die Mauer wieder da?
War die Mauer je weg? Und was bitte soll mir der letzte Satz sagen?
Ja, das meinte ich wohl, danke. Ich sah den Film vor Jahren einmal in einer städtebaulichen Ausstellung in der Berlinischen Galerie. Dvw, nehmen sie mir bitte nicht den einzigen konservativen Respektsträger, den ich kenne.
Und Julius Posener? Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie den nicht kennen, sollte er Ihnen nicht konservativ genug sein?
Die Speer-Unterstützerei nehme ich Siedler und Fest wirklich übel.
Ich habe den Posener bislang nicht als konservativ eingestuft. Seine Vorlesungen zur Geschichte der Architektur (via archplus) sind ganz hervorragend, die kann man auch mehrfach lesen, aber konservativ? Vielleicht in der Tat im Sinne des Bewahrenden, er war ja lange ein alter Mann, der zurückblicken konnte. Für mich war er immer ein genauer Hingucker, ein guter Beobachter, auch seine eigene Rolle, seine großbürgerliche Herkunft thematisierend.
Speer-Unterstützerei, das mag alles sein und ich kann Siedler nicht ingesamt verteidigen. Aber der Film ist toll, es war mir vor ein paar Jahren ein Aha-Erlebnis. Seine Kritik war: Moderne keimfreie Architektur, alles geplant, kein Zufall, keine Lücken, keine Leerstellen, kein Platz für Spontanes. Siedler redete in dem Film wie ein undogmatischer Linker, in dem der herkömmliche Linke den Fortschritt in neuen Baumaterialien und dem Abriss ganzer Altstädte sah. Ich hatte damals den Eindruck, dass man solche Konservativen, solche Bewahrer dessen, was zu bewahren gilt, notwendig sind. Aber ich habe bislang nicht mal sein Buch gelesen.
Habe ich den Wieland in Grund und Boden gestampft? Ich fand ihn interessant, aber dann doch konserativ in dem Sinn, dass er das Neue generell ablehnt. Im Dorf darf es nur Bauernhäuser geben, auch wenn es keine Bauern mehr gibt. Ein neues Haus mit großen Fenstern ist schlecht, weil es das früher nicht gab. Wieland öffnet Augen, nervt aber auf Dauer.
Falls das noch jemanden interessiert:
https://exportabel.wordpress.com/2017/05/19/hergerichet-abgerichtet-hingerichtet-unser-dorf-soll-haesslich-werden/
Korbinian Frenzel, Deutschlandfunk Kultur und Caroline Fetscher streiten über Tellkamp und Meinungsfreiheit, es lohnt, sich die knapp 10 Minuten ganz anzuhören.
Dass Leute wie Tellkamp behaupten, sie dürften ihre Meinung nicht sagen, ist absurd. Tellkamp und seine Kameraden haben lediglich das Problem, dass sie keinen Widerspruch dulden. Zuerst sind diese Leute Waschlappen und irgendwann später vermutlich Machthaber.
Tellkamp (Die Zeit 2012) über das Typische des Ostens:
Susanne Dagen, Buchhändlerin aus Dresden-Loschwitz, die die Charta 2017 intiierte, ist angekommen. Bei einprozent, das Video kann sich bei Bedarf jede/r selbst suchen, der Begleittext:
Susanne Dagen ist auch Teil des Podiums einer Veranstaltung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels (dem sie linke Stimmungsmache vorwirft) auf der Leipziger Buchmesse: „Wie politisch ist der Buchhandel?“ am 15.3. um 10h30, Forum Sachbuch, Halle 5, Stand C200.
Gäste bei ihr in Dresden sind am 23.3. Philosoph und Cicero-Autor Alexander Grau und am 2.5. Ex-Chef der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung und AfD-Stichwortgeber Frank Richter.
Bildung nützt offensichtlich nicht zwingend gegen die Glaubensinhalte von Pegida, AfD und Co. Sondern sekundiert sie, bereitwillig. Keine sozial abgehängte Wutbürgerei, sondern wohlhabende bürgerliche Mitte.
Mit meinen Lobeshymnen auf Durs Grünbein rudere ich einzwei Meter zurück: Grünbein kritisiert Suhrkamp als „linksliberalen Spießerverein“
Unter welchem Stein hat Grünbein bloß gesessen, daß ihm die inhaltlichen Auseinandersetzungen mit Sarrazins Rassismus und Klassismus komplett entgangen sind? Seit wann bitte ist einer so ausgegrenzt, daß er „als Mensch rehabilitiert“ werden müßte, dem geschätzte 20% der Bevölkerung zustimmen, der das meistgekaufte Sachbuch seit ‚Mein Kampf‘ verfasst und Bühne ohne Ende hat und der durch seine Ressentiments reich wurde?
Ich glaube, es hackt!
Zeit Online versteckt das komplette Interview hinter der Paywall, was ich für noch verfehlter halte als die Paywall sowieso.
Grünbein hat einfach Schiss ,dass er sich aus der Aufmerksamkeit katapultiert.
Mladen Gladić, Der Freitag: Heulen und Stechen
und: Was Durs Grünbein sagte
Anbei der link zur vollständigen vom Veranstalter (stadt dresden) autorisierten Version.
YouTube Mitschnitte und gekürzte Derivate verletzen Urheberrechte und sind vom Veranstalter nicht freigegeben.
http://www.dresden.de/de/kultur/kulturhauptstadt/veranstaltungen/streitbar.php
Willkommen sommerfeld!
Vielen Dank für Ihren Hinweis, Blog ist dementsprechend geändert.
Durs Grünbein in der Süddeutschen (Paywall): Die süße Krankheit Dresden
Susanne Dagen spielt bei dieser Inszenierung eine sehr viel größere Rolle als ich anfänglich dachte. Sie schrieb Grünbein mit der Bitte um Unterzeichnung der Charta 2017 an und stach den Inhalt dieser Privatkorrespondenz zu Uwe Tellkamp durch. Wie seit gestern bekannt, ist ihr inzwischen auch einprozent als Bühne recht.
Er schreibt noch eine Menge über besondere Empfindlichkeiten im Osten, wo mit der wenig freundlichen Übernahme durch den Westen alles aufgegeben wurde und welche verletzende Wirkung das Etikett „Dunkeldeutschland“ ausübt, über die Liebe zu Dresden, die ihn und Tellkamp verbindet, das Verhältnis von Ost und West, Sinnlosigkeit von Lagerdenke, Notwendigkeit von dialektischem Denken und Diskurs und über Wirtschaftsflüchtlinge:
Ja, wir sind alle unter die neoliberalen Räuber gefallen. Daß sich mit der Wende nicht nur der Osten, sondern auch der Westen grundlegend verändert hat, wurde im Westen erst mit 25 Jahren Zeitverzögerung bewußt. Im Westen neigt man auch sehr dazu, die eigenen Fehler und Mißstände im Osten zu verorten und das ist: unfair und sehr dumm.
https://www.tagesspiegel.de/kultur/rueckblick-auf-uwe-tellkamps-der-eisvogel-traum-von-der-konservativen-revolution/21064172.html – Wenn ich diesen Blick auf den „Eisvogel“ von Tellkamp noch anbieten darf, falls es nicht schon jemand getan hat. Ich hab das Buch vor Jahren gelesen und fand das so ein erschreckender Schmarrn. Jetzt hats der Tagesspiegel auch im Visier. Der Tellkamp war schon immer so.
Vielen Dank und auaweia.
Auch Thomas Assheuer, Die Zeit nimmt Tellkamps Eisvogel noch einmal ins Visier:
Inzwischen scheint Tellkamp von der Angst zur Wut gewechselt zu sein. Angst und Wut sind Emotionen, die sehr eng beeinanderliegen. Er selbst dürfte sich mit der Wut besser fühlen als mit der Angst. Angst ist mit ihrer Richtung nach innen die sozial verträglichere Emotion, während sich Wut in ihrer Adressierung an andere Menschen nach außen richtet und nach Re-Aktion verlangt. Wut bedient Narzissmus. Womöglich rührt aus den (ihrer Meinung nach inadäquaten) gesellschaftlichen Reaktionen auf rechte Wutbürger deren beständiges Beleidigtsein und die Selbstviktimisierung.
Ich kann mir das allmählich nur noch küchenpsychologisch erklären. Inhaltlich handelt es sich bei der Wutbürgerei vielfach um Glaubensinhalte, daran machste einfach nix und da schwindet auch meine Bereitschaft zum Diskurs. Wer vom Wissen zum Glauben konvertiert ist, ist mit Argumenten kaum noch erreichbar. Vielleicht eher durch paradoxe Intervention? In diese Richtung strebt Leo Fischer in der ‚Wahrheit‘, taz: Ende der Schonfrist
usw.usw.
Dirk Pilz in der nachtkritik (ganz lesen, Super-Kommentar):
Liebe Dame von Welt,
haben Sie das hier schon gehört? Ich bin zunehmend fassungslos.
http://www.deutschlandfunk.de/causa-tellkamp-ob-das-rechts-ist-ist-mir-am-ende-vollkommen.694.de.html?dram:article_id=413037
Von Monika Maron erwarte ich lange schon nichts anderes, derzeit sendet sie allerdings auf allen Kanälen, allein heute auch noch in der FAZ und der Welt. Mutmaßlich nicht zuletzt, weil sie so en passant ihr neues Buch bewerben kann, mit dem sie Houllebecqs ‚Unterwerfung‘ nachzueifern scheint.
Rechte haben immer nur Dystopien im Angebot, bei Monika Maron ist es hauptsächlich DerMuslimistunserUnglück, nebst Gegifte gegen Linke und Grüne. Für mich ebenso wie bei Vera Lengsfeld (noch eine ach-gut-Autorin): weg mit Schaden! Damit halte ich mich nicht mehr auf.
ah, ich kannte die überhaupt nur von ihrem namen her. meine güte. ja wir sollten uns davon nicht aufhalten lassen.
So schreitet sie fort, die Meinungsdiktatur^^
(Sächsische Zeitung)
Immerhin konnte bewiesen werden, daß Suhrkamp doch nicht der allereinzigste Verlag in ganz Deutschland ist.
Sebastian Leber, Tagesspiegel über die Leipziger Buchmesse, Susanne Dagen, Götz Kubitschek, rechte Verlage:
Vergnüglich zu lesen – Per Leo, Der Freitag widmet sich der Frage, wie man rechte Provokationen auf der Buchmesse ins Leere laufen lassen könnte: Cool down
Maren Lehmann, FAZ zitiert aus dem Wortwechsel zwischen Grünbein und Kubitschek (der im Video nur teilweise hörbar ist):
Endlich wird das verknüpft!
Lesen Sie den ganzen Artikel von Christian Baron im nd – Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen
Es folgen diverse Beispiele klassistisch-rassistischer Ressentiments.
Schön zu lesen! Kommentare zur Leipziger Buchmesse von Tamer Le Gruyere, Transit Magazin – Cosplay mit dem Grundgesetz und – Das bürgerliche Koordinatensystem ist verunsichert
Die offenen Briefe fliegen weiterhin tief, die aktuelle Version nennt sich ‚Erklärung 2018‘, weil: erklärt ihre Solidarität mit *gidas und anderen fremdenfeindlichen Demonstrationen, hält die Grenzöffnung 2015 für illegal, glaubt an Beschädigung des Landes durch „illegale Massenmigration“ und fordert Wiederherstellung der rechtsstaatlichen Ordnung. Zur Unterzeichnung gesucht wird ausdrücklich nach „Autoren, Publizisten, Künstlern, Wissenschaftlern und andere Akademikern„. Initiatorin ist Vera-wir-haben-mehr-zu-bieten-Lengsfeld, Unterzeichner die erwartbar Üblichen – Uwe Tellkamp, Karlheinz Weißmann, Dieter Stein, Frank Böckelmann, Andreas Lombard, Eva Herman, Martin Lichtmesz, Matthias Mattussek, Henryk M. Broder, Egon Flaig, Thilo Sarrazin, Uwe Steimle, David Berger, Andreas Popp, Wolf Jobst Siedler jr. usw.usf.
Erstunterzeichnerin Ellen Kositza wurde wieder von der Liste gelöscht – bestimmt lag das am fehlenden Dokortitel^^
Lesenswert zur „Erklärung 2018“ ist die Detail- und Protagonisten-Analyse bei Dokumentieren gegen rechts.
Henrik Merker (ohne Bezahlung/Rechtschutz/Kollegensolidarität) für den Zeit-Online-Störungsmelder: Rechte Raumnahme auf der Leipziger Buchmesse
Die Dresdner Echokammer Susanne Dagen-Uwe Tellkamp, die öffentliche Diskussion und die Meinungsfreiheit sind Thema bei Bert Rebhandl, Der Standard – Die „böse“ Meinung mit den Anführungszeichen
In seiner Art sehr lesenswert ist auch Susanne Dagens schwerer Leidensweg – mdr (Johanna Kelch, Gunther Neumann, erschienen vor 5 Monaten) Chronik einer Denunziation
Was mir schon länger durch den Kopf geht; wie lange trägt sich so der Titel „Bürgerrechtler in der DDR“ bis mensch diese Lorbeeren verbrannt hat?
Die ist jetzt seit mehr als einer Generation Geschichte, wirkt natürlich noch fort z.B. als Zombie-Staat bei Statistiken.
Tellkamp bezeichnet sich selber wohl nicht so, der wird auch dieses Jahr erst 50, aber so ein bißchen (viel) spielt der ja auch damit und hat mit seinem Opus Magnum über die 80er wohl seinen gutgepolsterten Ruhestand gesichert.
Figuren wie Lengsfeld und Maron und bestimmt noch einige mehr, die mir grade nicht einfallen, geben sich ja alle Mühe, bei ihren damaligen (damit nicht so hausieren gehenden) Mitstreitern mehr als nur ein Augenverdrehen hervorzurufen, so die von mir respektierten denn nicht schon verstorben sind.
Andere, die Tellkamp in seinem Quatsch unterstützen und sich selber als Opfer des Jetzt sehen wie dieser komische Steimle vom mdr (falls der da (berechtigt) nicht endlich doch rausgeflogen ist bzw. ganz weit oben auf der Abschußliste steht) der die Ostalgieschiene zu seinem Beruf gemacht hat, geben sich auch alle Mühe, es sich bei den „Ossis“, die über die „besorgten Bürger“ sehr besorgt sind, auch zu verscheißen.
Ist das irgendwie cool, rechts das neue links als Rebellion, hab ich da irgendeinen Schuß nicht gehört?!? *schulterzuck*
https://www.mdr.de/kultur/juli-zeh-zur-gemeinsamen-erklaerung-zwanzigachtzehn-100.html
(Meine) Zusammenfassung: Juli Zeh will mit Tellkamp gemeinsam nen Kaffee trinken gehen und über Gott und die Welt plaudern, Jürgen Bernig wurde wohl kurz vor der Morgentoilette und dem ersten Morgenkaffee angerufen *schulterzuck*.
*oops* Jörg heißt der, bitte korrigieren und diesen Post löschen liebe Dame ;) .
Martin Eimermacher, Zeit Online – DDR-Keule aus der rechten Ecke
Um diesen Schriftstellern etwas Positives entgegen zu stellen, zwei Bücher aus den Empfehlungen des ND vom Wochenende, die demnächst auch bei mir das Regal füllen werden:
Etwas älter – August Bebel – Die Frau und der Sozialismus
Cornelia Naumann – Der Abend kommt so schnell
Danke!