Beispiel 1 + Nach–Schlag (nach einem mittleren Beben in einer katholischen Kirche zu Münster, gefolgt von verschiedenen Nachbeben)
Beispiel 2, bei dem ich mich sehr bemüht habe, diese Parallelgesellschaft phänomenologisch zu betrachten, so wie der Papalagi (dessen Geschichte allein schon einen Blog wert wäre)
Beispiel 3 ist die allgemeine Meinerei über Das Zittern der Kanzlerin (ob das als Buchtitel vermarktbar wäre?)
Ich fasse es nicht!
Stellen Sie sich vor, Sie stünden in der überschaubaren Öffentlichkeit zum Beispiel eines Supermarktes und begännen aus irgendeinem Grund zu zittern: wäre Ihnen nach mehr Öffentlichkeit, nach Ferndiagnosen, nach einem eigens für Sie engagierten Lippenleser?
Ich zittere gelegentlich in der Öffentlichkeit eines Supermarktes, begleitet von einem amtlichen Schweißausbruch. Denn ich habe manchmal Kreislauf und manchmal Panikattacken (was bitte nicht als Beitrag zur Merkel-Ferndiagnostik zu verstehen ist)
Mir ist es dann ja sehr lieb, wenn man mich nicht noch prominenter macht und ich den Supermarkt nach Bezahlung und mit Lebensmitteln verlassen kann. Ich vertrete die Ansicht, daß öffentliches Zittern o.ä. nur die etwas angeht, die unmittelbar davon betroffen sind. Im Supermarkt wären das ich, die Kassiererin und vielleicht noch die Leute vor und hinter mir in der Schlange.
Betrifft uns (das Volk®) das Zittern der Kanzlerin unmittelbar? (Annika hat längst darüber gebloggt, nur bin ich leider immer noch zu blöd, um bei ihr zu kommentieren)
Davon abgesehen darf sich jede/r* vergegenwärtigen, daß Angela Merkel ausdrücklich evangelisch ist (evangelisch wie in protestantische Arbeitsethik). Ich bin das auch wurde auch so erzogen, weswegen ich Supermärkte lieber geordnet verlasse und mir lange vor dem schließlich gefundenen Lippenleser klar war, daß es ihr selbst höchst wichtig ist, ihren Job zu machen. Und: sie schafft das, locker. Dazu reicht ein Blick nach Brüssel. (Disclaimer: Angela Merkels Politik lehne ich fast immer ab)
Bernhard Pörksen, Zeit Online – Das Zittern in den Medien
Ein solches Raunen und Herumvermuten ist ein besonders schwerer Fall von kommentierendem Sofortismus, Ausdruck und Folge der Selbstverhärtung im Klischee, die auf eine irgendwie eklige Weise stets das Bescheidwissen mimt. …
Die Frage ist: Können politische Führungsfiguren den Absolutismus der Transparenz überleben, ohne selbst immer weiter hochzurüsten im Inszenierungsgeschäft? Und: Ist das Zittern ein Symptom, das auf eine Person – die Kanzlerin – verweist? Oder zeigt sich hier unsere Medienwirklichkeit, die grelle Überbelichtung der Verhältnisse, die jeden, der in der Öffentlichkeit steht, irgendwann in einen schlotternden Zwerg verwandelt? …
Transparenz ist dann kein instrumenteller Wert mehr, kein Mittel zum Zweck einer womöglich tatsächlich relevanten Enthüllung, sondern längst ein Faktum, eine mediale Gegebenheit, der ein eigener Schrecken innewohnt. Also: Lässt sich der Körper einer Kanzlerin postheroisch denken? Und was wäre das für ein Leben, wenn man anerkennt, dass es diesen Körper gibt, der leider nicht immer perfekt funktioniert, wenn die Welt zuschaut?
Ist Ihnen auch schon einmal aufgefallen, daß Angela Merkel vom politischen Kabarett in Deutschland nur parodiert, nie wirklich karikiert wird? Zur Erholung: Tracy Ullman als Angela Merkel – in Cardiff, im Flugzeug und mit rollenden Augen.
Alle drei Beispiele riechen nach altem Schweiß, alter Angst, alter Gewalt – nach locker room, nebst dem gleichnamigen talk.
Damit zu den heitereren Dingen im Leben:
Ansonsten schreite ich auf dem Weg zur crazy old bird-lady voran, was mir größte Freude bereitet. Aktuell kloppen sich (Innenstadt, 4. Stock) die Youngster von Kohl- und Blaumeisen, erstere geben sich muy macho, haben aber wenig Chancen gegen die Überzahl an blau-gelbem Fluff. Während Frau Eichelhäher genug hat von ihrer Brut, die zwar fliegen kann, aber zu zweit, jetzt und gleichzeitig von ihr gefüttert werden will. Madame spreizt ihr Kopfgefieder wie ein Wiedehopf, keift zurück und atmet Erdnüsse ein, als gäbe es kein morgen. Womöglich ist sie alleinerziehend.
Dazu läuft der Soundfile eines polnischen Bachs im Frühling oder gleich polnischer Urwald, (die Seite ist ein wahrer Segen für alle mit Tinnitus, Konzentrationsstörungen wegen störender Nebengeräusche oder zu stillen Zimmern, wunderbares Internet!) die Stadt ist – Sommerferien – weitgehend frei von SUV-fahrenden Helikoptereltern und anderen Großkopferten und es ist überhaupt ein Sommer ganz nach meinem Geschmack, nämlich mit Regen und Tiefenentspannung (<-gut gegen Panikattacken)
Mir werden ja die immer suspekter, die keine Diagnose haben und niemals professionelle Hilfe in Anspruch nähmen. Nicht nur, daß mir die oft langweilig sind, sie neigen nach meiner Erfahrung auch dazu, weder über sich selbst, ihr Verhalten, Stärken, Schwächen noch über sonst irgendetwas gründlicher nachzudenken.
Bild: JurecGermany, Wikimedia Commons
Jetzt fällt mir auch ein, woran ich bei der momentanen Berichterstattung denken muss – *cliquez s.v.p.*.
Willkommen Stefan R.!
Bernhard Pörksen (link oben im Blog) über u.a. Helmut Kohl:
Liebe Dame, danke fürs verlinken. Ich verstehe nicht, weshalb das Kommentieren nicht funktioniert. So bedauerlich. Liebste Grüße
Ich versteh’s auch nicht, auch nach dem soundsovielten Verschwinden von Kommentaren nicht. Ja, sehr bedauerlich, beste Grüße zurück!
Warum glauben Sie, Angela Merkel hätte bisher keinen Arzt aufgesucht?
“ Meine Meinung dazu: Lieber eine Kanzlerin die zittert, als ein Präsident der twittert.“
(Ist geklaut von Kommentator*in „SchafNase“ (Nr. 30) hier: https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/angela-merkel-und-ihr-zittern-in-den-medien-einfach-mal-still-sein-a-1277507.html#js-article-comments-box-pager )
Ich schaue immer mal wieder hier rein, lese Sie schon seit so vielen Jahren so gerne – schon bei der Zeit seinerzeit – und freue mich immer über neue Einträge. Sie sind sehr klug. Ich hoffe es geht Ihnen gut!
Hallo Kausa und danke für die sehr freundlichen Komplimente. Mir geht es gut, ich habe bloß keine Lust zum Bloggen. Weil ich mich nur noch wiederhole und lieber nicht recht hätte.
Liebe Dame,
in Zeiten wie diesen fehlen Sie mir ungemein.
Ich vermisse Sie!
Mit freundlichem Gruß
Fred
Freundliche Grüße zurück! Es sind andauernd ‚Zeiten wie diese‘ und ich habe keinen neuen Beitrag dazu, tut mir leid.