„kleine Klapperschlangen“


Eigentlich sieht der Mann gar nicht unrecht aus – wie ein Sparkassendirekor, Physik-/Sportlehrer oder evangelischer Pfarrer, nicht wahr?

Das ist Roman Reusch, via Listenplatz 2 der Brandenburger AfD in den Bundestag eingezogen. Er hätte für die AfD auch in das Geheimdienst-Kontrollgremium des Bundestags einziehen sollen – Reusch erhielt bei der Wahl der Mitglieder aber nur 210 Stimmen, auf mindestens 355 hätte er kommen müssen.

Mitglieder des Kontrollgremiums sind berechtigt, „jede Dienststelle der deutschen Nachrichtendienste, Bundesnachrichtendienst, Bundesamt für Verfassungsschutz sowie des Militärischen Abschirmdienstes zu betreten und Akteneinsicht zu fordern. Ferner sind sie dazu berechtigt, Nachrichtendienstmitarbeiter zu bestimmten Themen einer Befragung zu unterziehen … Untersuchungsausschüsse im Bereich der deutschen Nachrichtendienste anzusetzen … Anfragen von Passagierdaten deutscher Fluggesellschaften und Ermittlungen auf der Grundlage von Finanzdaten“ zu beaufsichtigen.

Zwar sind die Mitglieder des Kontrollgremiums zur Verschwiegenheit verpflichtet, aber: „In letzter Zeit wurde häufiger aus geheimen Sitzungen des PKGr in den Massenmedien berichtet, unter anderem aus dem Bericht zum BND-Journalisten-Skandal. Das PKGr bat den Bundestagspräsidenten Norbert Lammert seinerzeit um die Einleitung rechtlicher Schritte wegen der vermuteten Verletzung von Dienstgeheimnissen (§ 353b StGB) durch die illegale Weitergabe von Informationen.“

Der Gedanke an die Möglichkeit „illegaler Weitergabe von Informationen“ über politische Gegner der AfD an militante Rechtsextremisten ist bestimmt nur meiner schmutzigen Phantasie geschuldet. Bestimmt.

Die AfD hat 92 Sitze im Bundestag. Es haben also 118 Abgeordnete anderer Parteien dafür gestimmt, daß Roman Reusch die Dienste kontrollieren und Zugang zu vertraulichen Informationen bekommen soll. Als wäre es noch nicht schlimm genug, daß die AfD in den Bundestag gewählt wurde, gibt es tatsächlich Politiker anderer Parteien, die den Einfluß der AfD auch noch mehren wollen.

Aus der Jungen Freiheit (kein link):

Am Donnerstag wählten die Abgeordneten acht Geheimdienst-Kontrolleure aus ihren Reihen. Einem Kandidaten verweigerten sie jedoch die notwendige Stimmenzahl: Roman Reusch von der AfD. Damit ist das geheim tagende Gremium unvollständig, ein Nachwahltermin notwendig.

Daß Reusch durchfiel, ist peinlich. Nicht für ihn, sondern die, die ihm ihre Stimmen verweigert haben. Natürlich sind die Abgeordneten in ihrer Entscheidung frei und haben das Recht, einen Kandidaten nicht zu wählen. Aber die Gründe dafür sollten in so einem Fall schon gewichtig und nachvollziehbar sein.

Ja, das sollten sie, die Gründe:

Juristenkollegen, die sich, ohne zu kollabieren, bis hierhin durchgekämpft haben, werden spätestens jetzt mit letzter Kraft hervorstoßen, daß die Vorschläge ja alle verfassungswidrig sind.

Ich weiß, ich weiß, da gäbe es gegenwärtig in Karlsruhe sicher das eine oder andere Problem. …

Nun ist es jedoch für Juristen keine neue Erkenntnis, daß Gerichte – auch höchste Gerichte – hin und wieder ihre Rechtsprechung ändern. Das BVerfG macht hier keine Ausnahme; was gestern von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden war, kann heute ohne weiteres dem Verdikt der Verfassungswidrigkeit unterfallen und umgekehrt, ohne daß die Verfassung auch nur im Geringsten geändert worden wäre. Geändert haben sich die Auffassungen der entscheidenden Personen bzw. – in solchen Fällen häufiger – es wurden die Personen ausgetauscht. Es ist also keineswegs gesagt, daß die hier unterbreiteten Vorschläge nicht morgen der verfassungsrechtlichen Prüfung standhalten könnten.

Hierzu könnte es hilfreich sein, Verfassungsrichter zum Zwecke der Weiterbildung z.B. eine Nacht mit Kräften der OGJ im „Kiez“ verbringen zu lassen; die hierbei gemachten Erfahrungen und gewonnenen Einsichten könnten bereits geeignet sein, die eine oder andere Frage in neuem Licht zu betrachten.

Entscheidend für die Realisierung ist freilich der politische Wille. Ein dahingehender ist derzeit nicht in Sicht. Auch dies kann sich aber ändern, z.B. dadurch, daß die Größe des Problems in immer weiteren Kreisen der Öffentlichkeit bekannt wird und sich auf diese Weise Druck aufbaut, dem sich die Politik schließlich nicht mehr entziehen kann. Es bleibt zu hoffen, daß dies geschieht, bevor das Problem in vornehmen Villenvororten – den bevorzugten Wohnorten unserer Entscheider in Staat und Gesellschaft – spürbar geworden ist, denn dann hätten wir in den „Kiezen“ bereits Bürgerkrieg.

Das ist (Seite 23/24) der Schluß des von Roman Reusch bei der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung gehaltenen Vortrages vor 10 Jahren, besser bekannt als Reusch-Report.

Roman Reusch, Berliner Oberstaatsanwalt, leitete ab 2003 die neu gegründete Abteilung 47, die sich mit jugendlichen Intensivtätern befasst. Eigentlich keine schlechte Idee, 4 Jahre Arbeitserfahrung in einem Report zusammen zu fassen und darin jugendliche Gewaltkriminelle und Mehrfachtäter und ihre Lebensumstände genauer unter die Lupe zu nehmen.

Nur: das hat Roman Reusch zugunsten seiner verfassungswidrigen Vorschläge versäumt. Er stellte zwar fest, daß knapp 80% der jugendlichen Intensivtäter den berühmten Migrationshintergrund haben, beschränkte sich aber in der Folge auf ihre Schubladisierung als „Orientalen“ und „Araber“. Oder auch als „kleine Klapperschlangen„,  die man „außer Landes schaffen“ müsse und gegen die er mindestens „U-Haft als Erziehungsmittel“ für rechtmäßig und angebracht hält.

Nur zur Erinnerung, es geht um das Jugendstrafrecht: Nicht Sühne, Vergeltung, Abschreckung oder Sicherung der Allgemeinheit, sondern Erziehung, Sozialisation und Resozialisierung bestimmen Art und Maß der Reaktion auf die Straftat. Jugendstrafrecht ist Täterstrafrecht. Nicht die Tat, sondern die umfassend gewürdigte Persönlichkeit des Täters steht im Vordergrund. Mehr noch als im allgemeinen Strafrecht ist im Jugendstrafrecht die Wiederherstellung des sozial adäquaten Verhaltens Ziel. Die Bedeutung des Lernens der Normen und des Ausgleichs von Sozialisationsdefiziten wird besonders hervorgehoben. Stets sind solche Ziele – die strafrechtliche Kontrolle – an den Schranken des Rechtsstaats und der Grundrechte zu messen. Insbesondere ist das Jugendstrafrecht ein Eingriff in das Erziehungsprivileg der Eltern nach Art. 6 GG.

An der einen Stelle im Report, an der er straffällig gewordene Jugendliche aus Familien staatenloser Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Libanon erwähnt – (Seite 6: Nicht etwa die Türken als kopfstärkste Migrantengruppe stellen die relativ meisten Täter, sondern die Araber, die an der Berliner Bevölkerung nur einen verschwindend geringen Anteil haben. Diese wiederum setzen sich überwiegend aus den bereits erwähnten Palästinensern sowie Angehörigen hochkrimineller Großfamilien mit türkisch-kurdisch-libanesischen Wurzeln zusammen, die arabische Muttersprachler sind und in Berlin weite Bereiche des organisierten Verbrechens beherrschen) – unterschlägt er den behördlichen Umgang mit Staatenlosen in Deutschland: keine dauerhaften Aufenthaltstitel, keine Arbeitserlaubnis, keine tatsächlich durchgesetzte Schulpflicht, kein Deutschkurs und auch sonst keine einzige Integrationsmaßnahme. Stattdessen: von den Berliner Behörden zu verantwortende Lücken in den Kettenduldungen – zu Zeiten, als Lehrer noch angewiesen waren, Kinder ohne Papiere den Behörden zu melden und so zahlreiche wie erfolglose Abschiebeversuche. Selbst die Europafrage der Türkei (jaja, ist lange her) wurde an die „Rücknahme“ von aus dem Libanon geflohener Mhallami geknüpft und jede Menge Steuergeld für sinnlose DNA-Untersuchungen aus dem Fenster geworfen.

Trotz dieser widrigen Umstände haben sich die allermeisten Mhallami in Berlin völlig geräuschlos integriert.

 


 

Die Mhallami, eine arabisch-sprachige Minorität ursprünglich aus der Südost-Türkei (detaillierter bei Ralph Ghadban nachlesbar) haben eine knapp hundertjährige Verfolgungsgeschichte, die auf das Ende des Osmanischen Reichs, willkürlich gezogene und zunehmend hermetische Grenzen, auf den Nationalismus und die Diskriminierung aller Nicht-Türken in der Türkei zurück geht, vor der viele Mhallami nach Syrien oder gleich in den damals blühenden Libanon flohen. Im Libanon erhielten die meisten allenfalls Fremdenpässe, die mit der Flucht vor dem libanesischen Bürgerkrieg nach Deutschland ungültig wurden, sie wurden zu Staatenlosen gemacht. Wenig überraschend, daß sich einige wenige angesichts dauerhafter Heimatlosigkeit und Diskriminierung eher an Familienregeln als an staatlichen Gesetzgebungen orientieren.

 


 

Es sei denn, man ist Oberstaatsanwalt, heißt Roman Reusch, macht es sich lieber einfach und klagt in der Folge medienwirksam über Maulkorb und Berufsverbot. Justizsenatorin von der Aue schützte den sauberen Herrn Reusch nämlich vor weiteren seiner verfassungswidrigen Vorschläge – sie untersagte ihm einen Auftritt bei ‚Hart aber fair‘ und versetzte ihn zur Generalstaatsanwaltschaft.

Ein Oberstaatsanwalt, der sich wissentlich und wiederholt verfassungswidrig äußert, stellt nicht nur das Grundgesetz in Frage, sondern verstößt auch gegen die für Beamte verpflichtende Gesetzes- und Staatstreue. Frau von der Aue war sehr nachsichtig mit ihm.

Weswegen er auch 2016 zum Leitenden Oberstaatsanwalt befördert werden konnte, in seiner neuen Funktion die Abteilung „Auslieferung ausländischer Straftäter – Internationale Rechtshilfe“ leitet und auch politisch angekommen ist. Mit Reuschs Beförderung nimmt die Staatsanwaltschaft billigend in Kauf, sich in Auslieferungsfragen zum justiziellen Amt der AfD zu machen.

Und er hat noch Großes vor, Zitat von seiner Seite bei der AfD (kein link):

Es gibt viele Gründe dafür, weshalb es um die Innere Sicherheit in Deutschland so schlecht bestellt ist; häufig liegt dies bereits daran, dass geltende Gesetze den Erfordernissen einer seit deren Einführung erheblich gewandelten Lebenswirklichkeit längst nicht mehr entsprechen und dringend der Anpassung bedürfen. Insoweit habe ich Vorstellungen entwickelt, die ich in die Gesetzgebungsarbeit einbringen will. Davon abgesehen erlaubt es mir meine praktische Erfahrung, in meinem Fachgebiet Gesetzentwürfe auf ihre Praxistauglichkeit hin zu überprüfen und entsprechende Anregungen zu geben.“

 

Man sollte das so verstehen, wie es schon vor 10 Jahren gemeint war: als Drohung.

 


Foto: Screenshot bei der AfD (kein link)


22 Kommentare zu „„kleine Klapperschlangen“

  1. Ich hätte ja vermutet, dass die 118 NIcht-AfD-Stimmen der Größe der CSU-Landesgruppe entsprechen, aber das sind nur 46 (mit einem Einfluß weit jenseits der Kopfzahl). Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass SPD, Linke oder Grüne für einen AfDler stimmen, muss ich sagen. Wobei man es nie wissen kann. Aber ich würde die 118 Stimmen eher im „konservativen“ Lager vermuten. Ist das schon Dobrindts „konservative Revolution“?

    Die Personalie Roman Reusch – was soll man von der AfD anderes erwarten, als jemanden mit derart widerlichen und rassistischen Ansichten. Dass der Mann immer noch Staatsanwalt ist, ist der eigentliche Skandal. Wer soll denn bitte glauben, dass dieser Mann immer noch die Werte des Grundgesetzes und der FDGO vertritt? Kann man den nicht wie den Richter Meier aus Dresden in die Verkehrsabteilung versetzen? Da kann er weniger Schaden anrichten. Loswerden kann man solche Gestalten leider nur schwer. Wenn ich mir überlege, dass wir alle solche Leute jahrzehntelang versorgen müssen, und die ihre Widerwärtigkeiten ungestraft verbreiten können, wird mir ganz anders. Und wenn diese Rassisten und Menschenfeinde wirklich mal in Positionen kommen, in denen sie Gesetze machen oder ändern können, können wir nur hoffen, dass sich noch genug Protest erhebt.

    1. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass SPD, Linke oder Grüne für einen AfDler stimmen

      Dachte ich zuerst auch, aber: die Grünen haben schließlich Kretsch und Palmer, die Linken rangeln ständig mit ihren Nationalbolschewisten und laut FAZ „hatte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, aus seiner Fraktion Stimmen für ihn angekündigt.“ Was nicht überraschen kann, wenn man bedenkt, daß auch das zweite Parteiausschlußverfahren gegen Sarrazin (unter dem Vorsitz von Andrea Nahles) unerfolgreich war.

      Es waren btw. noch mehr Politiker anderer Parteien, die für Reusch votierten, denn 10 AfD-Figuren erschienen gestern nicht an ihrem Arbeitsplatz Bundestag.

      Mir geht es nur in zweiter Linie um einen AfDler im Gremium, in erster Linie finde ich Reuschs Justiz-Karriere, hmnuja… beeindruckend, seine mögliche politische Laufbahn fiele unter ‚mit anderen Mitteln‘.

      Der Bundestag kommt kaum umhin, irgendwen aus der AfD ins Geheimdienstkontrollgremium zu wählen und die AfD wäre gut beraten, einen wählbaren Kandidaten zu nominieren. Reusch ist in der Staatsanwaltschaft, als Leiter der Abteilung „Auslieferung ausländischer Straftäter – Internationale Rechtshilfe“ UND im Kontrollgremium fehl am Platz, me thinks.

  2. Nicht so die FAZ (begreift Reuschs Äußerungen als Drohung):

    Abgeordnete äußerten gegenüber dieser Zeitung die Einschätzung, dass Reusch von Grünen und Linken geschlossen abgelehnt worden sei; doch auch viele Parlamentarier von Union, SPD und FDP hätten ihn nicht gewählt. Während bei den einen die grundsätzliche Gegnerschaft zur AfD ausschlaggebend gewesen sei, hätten viele Abgeordnete von CDU/CSU und FDP Reusch nicht als seriös genug für den Posten in dem Kontrollgremium gehalten. Die Führung der Unionsfraktion hatte keine Wahlempfehlung für Reusch ausgesprochen. Dagegen hatte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, aus seiner Fraktion Stimmen für ihn angekündigt.

    Der 63 Jahre alte Jurist Reusch leitete von Juni 2003 an als Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Berlin die Abteilung, die sich mit jugendlichen Intensivtätern beschäftigte und dabei durch ein konsequentes Vorgehen auch Erfolge erzielte. Sein öffentliches Plädoyer für ein hartes Durchgreifen gegen Intensivtäter mit Migrationshintergrund („Kriminelle außer Landes schaffen“) sorgte damals für Aufsehen und hatte ein Äußerungsverbot durch seinen Dienstherrn zur Folge; zudem wurde Reusch Anfang des Jahres 2008 zur Generalstaatsanwaltschaft Berlin versetzt. Zuletzt war er dort als Leitender Oberstaatsanwalt in der Abteilung „Auslieferung ausländischer Straftäter“ tätig. Vor einem Jahr hatte Reusch auf einem AfD-Parteitag gesagt: „Wenn die Blockparteien so weitermachen können wie bisher, dann hat unser Land in 20 Jahren fertig, wir wären wirtschaftlich ruiniert, von einer nicht-deutschen Mehrheit besiedelt und auf dem besten Weg in die islamische Republik.“

  3. Nicht überraschen kann auch, daß sich Roman Reusch für obligates Altersorakel, Strafbarkeit unzutreffender Altersangaben mit Haft nicht unter 6 Monaten, für Umkehr der Beweislast nach Palmer und für die Haftbarmachung gesetzestreuer Behörden für die Kosten der „Luxusunterbringung“ unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge ausspricht, heute im Bundestag:

    (Video am 20.1. offen eingestellt, weil ich finde es ja oft erhellend, sich jemanden mit Bild und Ton, Mimik und Gestik anzusehen)

    Alexander Gauland laut SPON gestern:

    Der aktuelle Hammelsprung ist die Revanche für die Nichtwahl von Roman Reusch. So lassen wir uns nicht behandeln! Das ist erst der Anfang.

  4. Die Karriere dieses Juristen ist in der Tat denkwürdig. Das zeigt, dass das Problem mit Rassismus und Menschenfeindlichkeit viel tiefer sitzt und beileibe keine AfD braucht, um sich Gehör zu verschaffen. Wer immer noch meint, Rassismus sei ein Phänomen des rechten Randes, sollte an dieser Person erkennen können, dass dem nicht so ist. Staatsanwälte, Richter – mehr „Mitte der Gesellschaft“ geht wohl kaum.

    Die Reaktion der AfD auf das Auflaufenlassen durch die anderen Parteien kann u.U. auch positive Effekte haben, meint Fefe: https://blog.fefe.de/?ts=a49f3460 So ganz abwegig finde ich das nicht. Die Geschäftsordnung ist ja kein Spaß, und wenn der Bundestag nicht beschlußfähig ist, darf man das überprüfen lassen. Dass es der AfD dabei keineswegs um die Stärkung des Parlaments geht, liegt natürlich auf der Hand.

    1. Hmnuja, ich tue mich schwerer als Meister Fefe, dem von der AfD erklärten Kleinkrieg ‚positive Effekte‘ abzugewinnen.

      Die AfD ist parteigewordener Ausdruck der radikalisierten menschenfeindlichen Mitte und die wurde schon vor Reuschs und Sarrazins bekannt gewordenen Ausfälligkeiten ziemlich gut untersucht – in den Mittestudien der Uni Leipzig und von Wilhelm Heitmeyer in der Reihe Deutsche Zustände. Traurig ist, wie wenig mediale Beachtung beide Langzeitprojekte gefunden haben, traurig ist auch, daß meine damaligen Befürchtungen noch weit übertroffen wurden – eine der Gelegenheiten, wo ich sehr froh gewesen wäre, mich gründlich zu irren.

      1. Manchmal tun Menschen das Richtige aus den falschen Gründen. So könnte es auch hier mit der AfD sein, und so verstehe ich fefe. Mehr nicht.

  5. Im Zusammenhang von Heitmeyer und der Studie der Universität aus Leipzig, möchte ich noch auf die „Rechts-Links“ Langzeitstudie der University of Virginia hinweisen ( nachzulesen in div. Studien „of personal and social psychology“, „political psychology“ und Bulletins).
    Auffällig ist, dass Menschen mit einem rechten Weltbild grundsätzlich Langzeitstudien, bzw. wissenschaftliche Empire in Zweifel ziehen. In einer Diskussion reflexartig, wie Rausch, aber immer auf die aktuelle Kriminalstatistik hinweisen.

  6. „Es bleibt zu hoffen, daß dies geschieht, bevor das Problem in vornehmen Villenvororten – den bevorzugten Wohnorten unserer Entscheider in Staat und Gesellschaft – spürbar geworden ist, denn dann hätten wir in den „Kiezen“ bereits Bürgerkrieg.“

    Reusch und Meier -> Justizstaatsbeamte
    Gauland ->Beamter, Staatssekretär o.ä.
    Weigel -> „erfolgreiche“ BWLerin, die hatte mehrere Jobs, die meisten so mal nen Jahr
    Höcke -> Geschichtslehrer, auch Staatsdiener
    diese Tante mit dem gekauften Adelstitel

    Die wo mal was Gescheites gemacht hat (irgendwas mit Chemie) und nicht vom Staat alimentiert wurde, ist nicht mehr bei dem Haufen (Petry).

    Wer so blöd ist, und denen noch Volksnähe „gegen Diedaoben“ attestiert, hm, äh, hm…

    1. Hmnuja, wie gescheit das Unternehmen von Frau Petry war, läßt sich vermutlich auch daran ablesen, daß sie krachend pleite gegangen ist – trotz mehrfacher Auszeichnung als Unternehmerin, inklusive 75.000 Euro Preisgeld und kostenloser Werbung.

      Sie haben Reusch bestimmt falsch verstanden. Der fürchtet nicht um seinen und anderen Besitz in den Villenvororten, sondern um die „Kieze“. Bei so viel Sorge um den „kleinen Mann“ und „das Volk“ muß man ihm auch noch den letzten rassistischen Dreck unbesehen glauben^^

      1. Jo, stimmt@Petry; *oops*, ansonsten hab ich die gruselige national born Nazi – Störchin und vermutlich die anderen AfD-Funktionäre vergessen, die wohl ähnlich „erfolgreich“ sind…

        Mal am Rande wegen des verlinkten Videos; wie muß dem seine Frau drauf sein, daß die den mit so nem Jackett/Sakko ausm Haus läßt? Schulterpolster ist ja wohl voll 80er und auch so sieht der aus wie in die Jacke neingeborgt…

  7. Schauschau, die FAZ! Ganz und gar lesenswert, von Marlene Grunert und Constantin van Lijnden – Rechte Richter, Richterrechte – darin ein mir bisher entgangener Hammer:

    Die einzig scharfe Abgrenzung zum Unabhängigkeitsgrundsatz ist jedoch das Institut der Rechtsbeugung. Das Verbrechen ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bedroht, darüber hinaus verliert ein wegen Rechtsbeugung verurteilter Richter sein Amt, seine Dienstbezüge und Pensionsansprüche. Zur Anwendung kommen die drastischen Maßnahmen in der Praxis allerdings kaum, denn die Voraussetzungen des Tatbestandes sind hoch: Laut Bundesgerichtshof muss sich ein Richter „bewusst und in schwerwiegender Weise vom Recht entfernt haben“.

    Ein prominenter Fall, in dem es um den Vorwurf der Rechtsbeugung geht, spielt derzeit am Landgericht Neubrandenburg. Im Jahr 2015 sollen dort der Vorsitzende Richter Klaus Kabisch und seine Beisitzer den Strafprozess gegen ein früheres Mitglied der Waffen-SS so beharrlich verzögert und behindert haben, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren schließlich aufgab – und stattdessen eine strafrechtliche Prüfung gegen die Richter einleitete. Sie sollen sich unter anderem geweigert haben, mehrere in der NS-Zeit nach Auschwitz Deportierte als Nebenkläger zum Verfahren zuzulassen, und sich damit den Entscheidungen der nächsthöheren Instanz widersetzt haben. …

    Infolge dieses Streits geriet das Verfahren so sehr ins Stocken, dass es im vergangenen Jahr eingestellt werden musste. Der inzwischen 96 Jahre alte Angeklagte war infolge gesundheitlicher Probleme verhandlungsunfähig geworden. Sämtliche am Verfahren beteiligten Richter waren danach für mehrere Monate krankgeschrieben – auf Anfrage wollte das Landgericht Neubrandenburg sich nicht dazu äußern, ob sie inzwischen wieder im Dienst sind und ob disziplinarische Maßnahmen ergriffen wurden.

    Erinnert an den eher zurückhaltenden Strafverfolgungswillen der Stuttgarter Staatsanwaltschaft gegen die SS-Schlächter in Sant’Anna di Stazzema, Verfahren wurden 2012? so ziemlich und 2015 entgültig eingestellt.

    1. Wie Stefan anmerkte, warum kriegt mensch die nicht los, also die GG-fernen Staatsdiener?!?
      Klar könnte mensch mit Berufsverboten wie seinerzeit wo „im Westen“ quasi McCarty reloaded lief oder nach ’90, wegen StaSi u.ä. argumentieren, daß mensch da vorsichtig sein muß; auf der anderen Seite, warum soll die BRD nicht Leute mit Schimpf und Schande aus dem Amt schmeißen, die die Sonntagsreden-Grundprinzipien öffentlich in Frage stellen?!?
      Wer katholischer Priester ist, kann z.B. (wie ich als nichtpraktizierender Katholik auch) das Zölibat für anachronistisch halten, aber die Bedingung gibts nun mal und wenn er das nicht akzeptiert, muß er sich halt eine andere Beruf(ung) suchen und kann halt keine Sakramente austeilen und die Beichte abnehmen.

      Im Übrigen ist das mit der Weitergabe von sensiblen Daten keine schmutzige Phantasie, liebe Dame, das ist wachsame Demokratie ;) .

      1. Ob katholische Priester und Zölibat ein gelungener Vergleich sind, darüber können Legionen als Haushälterinnen getarnte Priesterfrauen und nie anerkannte Priesterkinder Auskunft geben, von den von Priestern vergewaltigten Kindern zu schweigen.

        Lesen Sie den verlinkten Artikel, in Bayern ist der Radikalenerlaß noch in Kraft. Der hat, ganz wie die Polizeiknüppel auch, immer schon eher auf Linke Anwendung gefunden. Womöglich berufen sich Rechtsextreme in Staatsämtern irgendwann auch noch auf den Gleichbehandlungsgrundsatz – was für einen nach 1945 Karriere machenden Nazi Recht war, muß natürlich für die Meyers und Höckes billig sein.

        1. Naja, da muß halt das Procedere der Ernennung von Richtern und Staatsanwälten hinterfragt werden, auch ein Maier oder Reusch ist nicht im Laufe der Zeit vom Paulus zum Saulus geworden.
          Und bei Lehrern, an der Uni usw. fällt halt auch nicht alles unter „Freiheit der Wissenschaft“.
          So ein Scheiß: https://de.wikipedia.org/wiki/Tsiganologie hat sich mehr oder minder bis heute gehalten…

  8. Liebe Dame,
    ich habe eben eine Freundin von mir via Web kontaktiert die mal eine Hausarbeit geschrieben hat. Ich habe nämlich auch auf der Schnelle nix gefunden.
    Sie gab mir folgende Literatur mit:
    Journal of Personality and Social Psychology 96, Mai 2009
    Journal of Research in Personality 40, Okt. 2006
    Political Psychology 29, Dez. 2008
    Psychological Bulletin 129, Mai 2003

    Im jeweiligen Register wohl nachzusehen.
    Ich hoffe ich konnte helfen.

  9. Der neue Vorsitzende des Rechtsausschusses des deutschen Bundestages:

    Tilman Steffen, Zeit Online:

    Brandner gehört zum innerparteilichen Lager um den Thüringer Nationalisten Björn Höcke. Er sagte nach der Abstimmung, er wolle als Ausschussvorsitzender professionell agieren, dies bedeute aber nicht, dass er zum „politischen Eunuchen“ werde. Reusch war in der vergangenen Woche als Kandidat der AfD-Fraktion für einen Sitz im Kontrollgremium für die Geheimdienste durchgefallen. Ihm wird vorgeworfen, sich mit scharfen Worten und pauschalisierend über Kriminalität von Migranten geäußert zu haben. Reusch sagte, Brandner sei im Rahmen einer „einverständlichen Lösung“ nominiert worden.

    Die AfD-Fraktion beschloss zudem, welche Abgeordneten sie in welchen der 23 Ausschüsse entsenden will. Insgesamt hat sie 102 Ausschusssitze und ebenso viele Stellvertreterposten zu vergeben, wobei ihr jeweils zwischen zwei und sechs Abgeordnete zustehen. Fraktionsvize Beatrix von Storch soll für die AfD in den Untersuchungsausschuss zum Fall Anis Amri gehen, der mögliches Behördenversagen im Zusammenhang mit dem Terroranschlag vom Berliner Breitscheidplatz aufarbeiten soll. Zehn der AfD-Abgeordneten sind in zwei Ausschüssen vertreten.

    In den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz entsendet die AfD vor allem Juristen. Der umstrittene Dresdner Richter Jens Maier ist unter ihnen, der Thüringer Rechtsanwalt Brandner, der bayerische Wirtschaftsjurist Matthias Peterka und der Rechtsfachmann Fabian Jacobi aus NRW. Maier und Brandner gehören zu dem innerparteilichen Lager um den Thüringer Nationalisten Björn Höcke.

    Auf den ursprünglich von der AfD auch angestrebten Vorsitz des Kulturausschusses griff dabei offenbar eine andere Fraktion zu, bevor die AfD ihn sich sichern konnte. Als Mitglieder im Kulturausschuss sind nach wie vor der baden-württembergische Abgeordnete Marc Jongen im Gespräch, weiterhin beansprucht der NRW-Parlamentarier Martin Renner einen Sitz für sich. Jongen hatte den Ausschussvorsitz angestrebt. Dagegen hatten Kulturschaffende öffentlich protestiert, da es in dem Ausschuss auch um Erinnerungspolitik geht und es in der Partei salonfähig ist, das Holocaust-Mahnmal als „Denkmal der Schande“ zu bezeichnen.

    1. Abgesehen davon, daß die des bei der AfD mit Jacken wohl nicht so haben (bei dem seiner sind mindestens die Ärmel zu lang bei dem ZEIT-Bild):
      „1990 bis 1994 Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Regensburg, 1994 bis 1996 Referendariat in Memmingen, Kempten/ Allgäu und München. Längere Auslandsaufenthalte in Südafrika 1990 und Südamerika 1994. Seit 1997 Rechtsanwalt in Gera.“
      https://www.bundestag.de/abgeordnete/biografien/B/-/518604

      „Rechtsanwalt Stephan Brandner ist ein anerkannter juristischer Praktiker. Nach der Ausbildung zum Industriekaufmann absolvierte er seine juristische Ausbildung an der Universität Regensburg. Danach folgten juristische Tätigkeiten (!) bei Gerichten in Memmingen und München.

      Anwaltlich tätig (!) ist Rechtsanwalt Brandner seit Ende 1994, dies zunächst in einer Münchner Wirtschaftskanzlei. Seit Anfang 1997 arbeitet er in Gera, zunächst als freier Mitarbeiter, ab 1999 als Partner in einer größeren Kanzlei und betreute dort alleinverantwortlich ein führendes Geraer Kreditinstitut.“
      (von dem seiner Kanzlei; nicht verlinkt wegen Sprachygiene, findet eine bekannte Suchmaschine, (!) von mir gesetzt)
      Das passt doch alles hinten und vorne nicht:
      1. Jura in vier Jahren incl. länger woanders rumgammeln?
      2. Als Referendar ist mensch kein Rechtsanwalt.

      Und mal am Rande, die Heppe hätte ich gerne :) , die Dinger sind in ordentlich teuer und der weiß eh nix damit anzufangen und höchstwahrscheinlich nicht, wozu mensch die nimmt…

.

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