Peace and Harmony according to Aung San Suu Kyi

Aung San Suu Kyi hat heute eine Rede gehalten, in die die meisten deutschsprachigen Medien (Zeit Online, Tagesspiegel, Welt, FAZ) hineinlesen, sie habe erstmals die Gewalt gegen die Rohingya verurteilt oder gar Partei für sie ergriffen.

Das ist vor allem eins: falsch. Sie hat die Rohingya nicht mal erwähnt, geschweige denn, die ethnischen Säuberungen des Militärs und nationalfaschistischer Buddhisten verurteilt.

“We condemn all human rights violations and unlawful violence” … “We feel deeply for the suffering of all the people caught up in the conflict.”

Ein Äquivalent zu Trumps ‚on many sides‘, das dem schon gewohnten Narrativ der Regierung entspricht, die seit Wochen behauptet, Rohingya würden ihre Dörfer selbst niederbrennen, nichtmuslimische Bürger in Rakhine bedrohen und töten und sie seien sowieso illegale Einwanderer aus Bangladesh.

Aung San Suu Kyi will nicht verstanden haben, warum inzwischen mehr als 400.000 Rohingya aus Myanmar nach Bangladesh geflohen sind (knapp die Hälfte der bis August noch in Myanmar lebenden Rohingya). Sie behauptet, die „große Mehrzahl“ der Muslime in Rakhine hätten sich dem Exodus nicht angeschlossen, „mehr als die Hälfte“ der muslimischen Dörfer sei intakt und im gleichen Zustand wie vor den Attacken (damit meint sie die fatalen ARSA-Attacken auf Polizei- und Grenzposten am 25. August). Sie möchte nicht nur die Probleme in Rakhine beachtet wissen, sondern auch die Gegenden, in denen es keine Probleme gibt und lädt westliche Diplomaten ein, die Gründe zu erforschen, warum sich manche Muslime erfolgreich in die burmesische Gesellschaft integriert haben.

Mit beidem erklärt sie die Flüchtlinge zu Schuldigen am Niederbrennen ihrer Dörfer, an Morden und Vergewaltigungen. Sie tut auch so, als würde die burmesische Regierung nicht jede humanitäre Hilfe und alle Journalisten aus Rakhine aussperren und die UN-Fact-Finding-Mission nicht seit Monaten blockieren.

Außerdem äußert sie die Absicht, den Status von Flüchtlingen in Bangladesh zu prüfen und sie nach Myanmar zurückkehren zu lassen. Falls verifiziert werden kann, daß sie burmesische Staatsbürger sind.

Und damit ist sie auf der für sie und ihre Regierung sicheren Seite: vor 35 Jahren erkannte die burmesische Militärdikatur den meisten Rohingya in Myanmar die burmesische Staatsangehörigkeit ab, obwohl sie seit mindestens einem Jahrhundert Bürger des Landes sind (von den Briten im 19.Jhdt als Verwaltungsangestellte und Arbeiter auf den Gummiplantagen angesiedelt), viele vermutlich sehr viel länger (ein Geschichtsnarrativ benennt Rohingya als Nachfahren muslimischer Händler, die sich ab dem 8. Jhdt im heutigen Rakhine ansiedelten, sie selbst sehen sich als autochthone Volksgruppe im früheren Königreich Arakan, heute Rakhine, die vor rund 1000 Jahren zum Islam konvertierte).

Seit 1982 leben die meisten Rohingya jedenfalls als Staatenlose ohne Bürgerrechte im eigenen Land oder sie fliehen als Staatenlose in andere Länder und bleiben dort staaten- und rechtlos. In Myanmar ist selbst die Erwähnung des Wortes Rohingya verpönt, sie werden ausdrücklich nicht als eine der mehr als 130 Minoritäten anerkannt, sondern zu „illegalen Einwanderern“ erklärt.

Ein Punkt ihrer Rede verspricht einen kleinen Hauch Morgenluft (Süddeutsche):

Am wichtigsten in dieser Rede war schließlich ein großes Versprechen: Alle Menschenrechtsverletzungen würden nach den strengen Normen des Rechts behandelt, kündigte Aung San Suu Kyi an. Sie verurteilte „ungesetzliche Gewalt“ und erklärte, dass die Sicherheitskräfte strikte Befehle hätten, „Kollateralschäden“ zu vermeiden und alles zu unternehmen, um „Verletzungen von Zivilisten“ zu vermeiden. Ob sich die Soldaten daran halten, führte die Lady nicht aus.

Immerhin: An ihrem Versprechen, dass der Staat keine Straflosigkeit zulasse, dürfte Aung San Suu Kyi später noch gemessen werden. Viel Hoffnung, dass ihr das tatsächlich gelingen wird, verbreitete sie mit dieser Rede nicht. Denn aus langen Passagen sprach vor allem: Ohnmacht. Die Worte von Aung San Suu Kyi bekräftigten vor allem die Macht jener, die an diesem Tag nicht gesprochen haben. Es sind die Generäle, die den Militäreinsatz in Rakhine mit großer Härte führen.

Denn, NZZ:

Dass Suu Kyis innenpolitischer Spielraum sehr begrenzt ist, wurde letztmals am Sonntag deutlich. Zwei Tage vor Suu Kyi ergriff der Chef der Streitkräfte das Wort und liess mit diesem Timing indirekt auch durchblicken, wer in dieser Krise das Sagen hat. General Min Aung Hlaing verwies dabei hauptsächlich auf die Überfälle muslimischer Banden auf Polizei und Armee und stellte die Offensive als Kampf gegen den Terror dar. Er forderte in diesem Zusammenhang, dass die Nation in Einheit zusammenstehe. Letzteres konnte man unschwer als Warnung an Suu Kyi verstehen, sich nicht mit abweichenden Stellungnahmen zu exponieren.


 

Von diesen beiden Details in SZ und NZZ abgesehen, muß man auf englischsprachige Medien zurückgreifen, um sich über Aung San Suu Kyis Rede informieren zu können, eine Auswahl:
Al Jazeera hat ein Video der gesamten Rede bei YouTube eingestellt.
James Griffiths, CNN – 5 dubious claims Myanmar’s Aung San Suu Kyi made in her speech
Poppy MacPherson, Guardian – Aung San Suu Kyi says Myanmar does not fear scrutiny over Rohingya crisis
Richard C. Paddock, Hannah Beech, New York Times – A Much-Changed Icon, Aung San Suu Kyi Evades Rohingya Accusations
Anne Barker, ABC – Rohingya refugees: Was Aung San Suu Kyi’s speech too little, too late?
Caroline Mortimer, Independent – Aung San Suu Kyi ‚burying her head in the sand‘ over Burma’s ‚ethnic cleansing‘ of Rohingya, says Amnesty International
amnesty international – Aung San Suu Kyi “burying her head in the sand” about Rakhine horrors

Laut den Satellitenbildern von Human Rights Watch sind es inzwischen 214 niedergebrannte Dörfer


 

Bemerkenswert fand ich noch zwei Punkte ihrer Rede: die Sonderwirtschaftszone, die Aung San Suu Kyi erwähnt und die mutmaßlich deckungsgleich ist mit dem chinesischen Wunsch nach Zugang zum Golf von Bengalen und zum Indischen Ozean mittels Hochsee-Hafen und Industriepark in Kyaukpyu. Und ihre Ausführungen über den gesunden Volkskörper im letzten Drittel der Rede, die sonst niemandem aufgefallen zu sein scheinen. Aung San Suu Kyi ließ in der Vergangenheit mal verlauten, sie möche nicht als Friedensnobelpreisträgerin und Menschenrechtsikone betrachtet werden, sondern als Politikerin. Was sie damit meinte, stellt sie spätestens mit dieser Rede eindrucksvoll unter Beweis.

Falls man unbedingt erreichen will, daß sich die Islamisten von Erdogan über Al Qaida bis zum IS der entrechteten Rohingya annehmen und in Folge dessen tatsächlich gut geschulte und bewaffnete Terroristen für die Blutbäder in Myanmar sorgen, macht man am besten ganz genau so weiter – mit Kolportage der Lügen der burmesischen Regierung, strikter Nichteinmischung (nicht nur der ASEAN-Staaten), Verharmlosung der Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Täter-Opfer-Verschiebung, Fake News und Desinteresse.


Foto: ©Bernat Armangue/Associated Press, Screenshot New York Times


16 Kommentare zu „Peace and Harmony according to Aung San Suu Kyi

  1. Medienlese der letzten 3 Wochen im wenig beachteten Vorgängerblog Genozid =/= „Kämpfe eskalieren“, der Blog wurde insgesamt 146 Mal aufgerufen (was selbst für meinen übersichtlichen Traffic extrem wenig ist) – wochenlang monologisiert, indem ich alle relevanten Artikel zusammenzustellen versucht habe.

    Tut mir ja leid, falls das Thema Rohingya Sie null interessiert, aber ich fasse es trotzdem und immer noch nicht, wie man einen laufenden Genozid – zumal in einer seiner heißeren Phasen – ignorieren kann und will.

    Falls Sie der Meinung sind, der sei viel zu weit weg und gehe Sie deswegen nichts an: (Beispiel) kaufen Sie lieber keine Pazifik-Garnelen, keinen im Pazifik gefangenen Fisch – könnte gut möglich sein, daß Rohingya-Blut unten rausläuft.
    Der Guardian berichtet seit Jahren in regelmäßigen Abständen über den Zusammenhang zwischen Entrechtung in Myanmar, Flucht, Sklaverei und westlichen Kühltheken, man kann das wissen, ich hab’s auch schon xfach verlinkt. Warum das für deutschsprachige Medien noch nie ein Thema war: keine Ahnung.

    Fakt ist: der Genozid an den Rohingya ist laut Militärchef Sr. Gen. Min Aung Hlaing ein „Unfinished Business From WWII“ und den hatte gleich noch welches Land vom Zaun gebrochen und sich anschließend „Nie wieder!“ geschworen?

    1. „…der Blog wurde insgesamt 146 Mal aufgerufen…“
      Ohne mich inhaltlich zu äußern, weil dafür ist mir das Ganze zu undurchsichtig, ich habs mindestens ein Dutzendmal angeklickt, schon allein um mich durch das Englische zu basteln…
      Eine Frage hab ich schon länger: Können die (wieder) Burmesen werden, wenn die das wollen?

      1. Eine Frage hab ich schon länger: Können die (wieder) Burmesen werden, wenn die das wollen?

        Nicht, wenn die burmesische Regierung ihren seit 1982 verfolgten Rohingya-Ausbürgerungs-Kurs beibehält und danach sieht es leider aus.
        Sehr viele der inzwischen 436.000 nach Bangladesh Geflohenen sind in den letzten 35 Jahren zu Staatenlosen gemacht worden, ebenso sehr viele der rund 400.000 schon in früheren Jahren Geflohenen. Weswegen die Ankündigung von Aung San Suu Kyi, deren Staatsbürgerschaften „verifizieren“ zu wollen, ja auch an Infamie kaum zu überbieten ist.

        Nach Bangladesh ist mittlerweile eine runde Million Rohingya geflohen – das ist ein Drittel bis die Hälfte aller Rohingya.

  2. Es ist gut, dass du all diese Informationen zusammenstellst. Darum sage ich „like“. Natürlich betrifft das nicht die Ereignisse selbst. Es betrifft auch nicht deine Argumentation. Du meinst, die westliche (Nicht-)Reaktion würde den terroristischen islamistischen Organisationen Vorschub leisten. Ich sage: Die brauchen solchen Vorschub gar nicht. Haben sie in Syrien, in Somalien, im Irak etc, auch in Myanmar nicht gebraucht. Was sie brauchen, sind Waffen, Geld, Drogen, Frauen und das Gefühl der eigenen Wichtigkeit.

    1. Es betrifft auch nicht deine Argumentation. Du meinst, die westliche (Nicht-)Reaktion würde den terroristischen islamistischen Organisationen Vorschub leisten. Ich sage: Die brauchen solchen Vorschub gar nicht. Haben sie in Syrien, in Somalien, im Irak etc, auch in Myanmar nicht gebraucht. Was sie brauchen, sind Waffen, Geld, Drogen, Frauen und das Gefühl der eigenen Wichtigkeit.

      Nein, da haben Sie mich mißverstanden. Ich halte es allerdings für mehr als wahrscheinlich, daß die strikte Nichteinmischungspolitik der ASEAN-Staaten, die westliche Ignoranz gegenüber der eigenen Kolonialvergangenheit, die chinesische Interessenspolitik in Myanmar und die allgemeine Ignoranz des 1948 begonnenen ’slowly genocide‘ an den Rohingya zu mehr Einmischung von Islamisten führen wird. Es ist eine Binse, daß Entrechtung und Regierungskriminalität Ideal-Brutstätten für Terror sind. Oder Angriffskriege wie u.a. im Irak, die die gesamte Region auf Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte destabilisiert haben.

      Auf eine irre und perverse Weise nehmen Islamisten auch im IS- und Al-Qaida-Zuschnitt für sich in Anspruch, Anti-Kolonial-Bewegungen zu sein. Ich finde nicht, daß man ihnen aus Bequemlichkeit und aus geo-politischer Vorteilsnahme diesen Punkt lassen muß. Lassen sollte man sie auch nicht in ihrem Glauben, sie seien die Einzigen, die sich für die Menschenrechte der Rohingya einsetzen.

      Was Islamisten gerne haben wollen – Waffen, Geld, Drogen, Frauen und das Gefühl der eigenen Wichtigkeit – könnte mir egaler kaum sein.

  3. „Aung San Suu Kyi ließ in der Vergangenheit mal verlauten, sie möche nicht als Friedensnobelpreisträgerin und Menschenrechtsikone betrachtet werden, sondern als Politikerin. Was sie damit meinte, stellt sie spätestens mit dieser Rede eindrucksvoll unter Beweis.“

    Recht hat sie absolut. Die Gründe dafür haben Sie ja auch schon genannt. Die Gefahr, dass das Militär wieder die Macht an sich reißt, ist immer im Hintergrund. Sie ist in einer schrecklichen Lage. Die Frage ist darum auch eher: Mit wie viel politischem Geschick kann sie erreichen, dass dieser Konflikt entschärft und die Gewalttaten gegen die Rohingyas beendet werden.
    Und ich muss sagen: Ich habe keine Ahnung.
    Wichtig ist allerdings verstärkte internationale Beobachtung und Proteste. Die kann die Regierungschefin dann auch möglicherweise innenpolitisch ins Feld führen.

    1. Es gibt ein paar Details in Aung San Suu Kyis Familiengeschichte, bei denen ich nicht weiß, ob und falls ja, inwieweit sie heute eine Rolle für sie spielen.

      Ihr Vater Thakin Aung San kämpfte während des 2. WK im offiziellen Auftrag der Japaner einen Guerillakrieg gegen die Briten. Die Rohingya wiederum kämpften gegen die Japaner – ob auf der Seite der Briten oder zur schlichten Selbstverteidigung, darüber konnte ich bis jetzt nichts halbwegs solide Erscheinendes finden – ich vermute mal: beides.

      Rakhine wurde mit dem Rückzug der Briten ins heutige Bangladesh zur britisch-japanischen Front und es gab britische Versprechungen eines unabhängigen Rohingya-Staates (worauf sich manche auch heute noch berufen, nicht nur die saudi-arabisch verstrahlte ARSA). Viele Buddhisten in Rakhine kollaborierten damals wiederum mit Thakin Aung Sans Burma Independence Army (BIA) und den Japanern, die na was? genau: die Unabhängigkeit von den Briten versprachen. Im Frühjahr 1945 wechselte Thakin Aung San die Seiten, benannte die BIA in Burma National Army (BNA) um, bekämpfte auf Seiten der Alliierten die Japaner (an deren Sieg und Versprechungen er nicht mehr glaubte) und verhandelte später mit den Briten die bereits 1943 versprochene Unabhängigkeit Burmas vom Empire. Er wurde 1947 erschossen – gerüchtehalber wurden die Attentäter von britischen Offizieren mit Waffen versorgt.

      Aung San Suu Kyi ging in Indien zur Schule, studierte in Oxford, arbeitete später im UN-Sekretariat und forschte und veröffentlichte als Stipendiatin in Tokyo über das japanische Leben ihres Vaters. Ein Teil ihres Kredits in Myanmar fußt darauf, daß sie die Tochter DES burmesischen Nationalhelden schlechthin ist.

      Der Haß gegen die Rohingya in Myanmar hat mit dem 2. Weltkrieg und der gesamte Konflikt (auch mit anderen Minoritäten wie Karen und Kachin) mit britischer Kolonialpolitik zu tun und ist ein schönes Beispiel, daß die Vergangenheit nicht vergangen und noch nicht mal vorbei ist.

  4. Danke für die Zusammenstellung. Ich war schon vorher bei Youtube fündig geworden, seit Monaten erfahre ich dank BBC und Guardian mehr über diesen Genozid als aus deutschsprachigen Medien (qantara.de ist eine kleine Ausnahme.)
    Ich habe auch bei anderen Themen immer wieder den Eindruck, dass in Großbritannien mehr über Ereignisse in den ehemaligen Kolonien berichtet wird.
    Ich kann diesen Text nicht „liken“, das liegt am Thema.
    Einen Danke-Button gibt es nicht.

    1. Ich habe auch bei anderen Themen immer wieder den Eindruck, dass in Großbritannien mehr über Ereignisse in den ehemaligen Kolonien berichtet wird.

      Genau, diesen Gedanken hatte ich auch schon oft. Dem britischen Interesse an Ereignissen in entlegeneren Teilen der Welt kann ich allerhand Positives abgewinnen. Zumal ich in Ostafrika ein paar meiner Vorurteile über den britischen Kolonialismus fressen mußte (während ich andere mehr als bestätigt fand). Die deutsche Kolonialgeschichte führte im Gegensatz dazu nie zu irgendeiner Form von Weltläufigkeit, sondern sie wird nach wie vor kleingeredet und verdrängt.

      Im Zusammenhang mit den Rohingya bin ich fassungslos, wie schnell man in deutschsprachigen Artikeln und den Kommentaren darunter bereit ist, ihnen mindestens eine Mitschuld zuzuschieben, weil Muslime sich ja bekanntlich nirgendwo reibungslos integrieren und wenn doch, ist das bestimmt die vielstrapazierte Taqqiya.

      Schockiert bin ich auch über gepostete Karikaturen in den Social Media, die mit nur geringfügigen Änderungen auch dem Stürmer entstammen könnten.

  5. Nikkei Asian Review, Gwen Robinson – Aung San Suu Kyi outlines broader agenda

    In a wide-ranging interview with the Nikkei Asian Review, she said she would „find out more“ about forces that triggered the exodus of more than 410,000 mainly stateless Muslim Rohingya into neighboring Bangladesh, and reiterated her readiness to start the verification process for the return of some refugees at „any time.“

    A day after her televised speech to domestic and international audiences about the situation in western Rakhine — and ahead of an address by one of Myanmar’s two vice presidents to the United Nations General Assembly in New York — she also tackled international criticism over a brutal military campaign that has razed more than 200 villages in Rakhine and driven entire Rohingya communities into Bangladesh.

    Since then, former supporters — including government leaders, international organizations and the United Nations — have accused Suu Kyi of presiding over ethnic cleansing policies, while critics have claimed she is indifferent or unwilling to halt the military’s campaign.

    „Actually, nothing is surprising, because opinions change and world opinions change like any other opinion,“ she said. „Countries that have been through a transition themselves are much more understanding than those which have never gone through such a process,“ she added, referring to the range of reactions from Asian and Western countries.

    „Domestically, yes, we do have an opposition force, which is how it should be in any democratic country … it means we are open to criticism and debate.“

    Asked about her claim in her Sept. 19 speech that military operations had ceased in northern Rakhine from Sept 5, despite mass movement of refugees in the weeks since, she said her government needed to find out more about the circumstances behind the continuing outflow of refugees and the burning of villages.

    Her remarks reinforced reports that mob violence by local Rakhine communities and paramilitary groups had continued to drive Rohingya communities out. Her remarks also suggested a new search for evidence about the perpetrators of the attacks.

    „We would like to know, because the largest number seems to have left over the past couple of weeks. [Military operations] had quietened down after Sept. 5, so I wondered why people started leaving after [then] … It could be they were afraid there might be reprisals, it could be for other reasons. I am genuinely interested because if we want to remedy the situation, we’ve got to find out why — why all the problems started in the first place,“ she said.

    In Gänze lesenswert.

  6. Peter Bouckaert, Human Rights Watch: Witness to Carnage in Burma’s Rakhine State


    Foto: © 2017 Anastasia Taylor-Lind for Human Rights Watch

    Hasina is a soft-spoken 20-year-old Rohingya woman from Rakhine State in Burma. She asked us to use her picture and tell her story so the world knows what is happening there.

    Her village, Tula Toli, was attacked in late August by the Burmese army on a rampage of killing and arson after Rohingya militants carried out coordinated strikes on police posts. The villagers ran when the soldiers came, but some were trapped on a river bank. Dozens, Hasina said, were murdered on the beach in front of her eyes, but the nightmare was only beginning.

    The army forced Hasina and many other women to stand waist-deep in water and watch while soldiers dug a pit to burn the bodies of those they had killed. She tried to hide her infant daughter under her shawl, but a soldier noticed the baby, snatched her away and tossed her into the fire.

    Hours later the soldiers took Hasina, her mother-in-law, sister-in-law and three other relatives, all children, to a nearby house. The soldiers tried to rape the women, knifing the mother-in-law to death when she resisted and beating Hasina and her sister-in-law unconscious. They beat the young children to death with spades.

    When Hasina regained consciousness, she found herself inside the house. It was on fire, and she had been left locked inside by the soldiers. Her sister-in-law was alive, too. They managed to escape the flames, but with serious burns. Badly injured, they somehow made their way to Bangladesh. Both still have burn injuries. Hasina’s sister-in-law, who confirmed this horrible incident, showed us a big gash on the back of her head from when she had been beaten unconscious, and that a doctor had stitched.

    Hasina insisted we take her picture and show her face to the world. For her, it is a brave act of defiance to those who sought to eliminate her and her family.

  7. Miriam Rürup, Geschichte der Gegenwart: Flucht und Einbürgerung. Staatenlosigkeit und das rechtliche Erbe zweier Weltkriege, daraus:

    Das Problem der Staatenlosigkeit ist nicht neu. Ganz im Gegenteil verbindet sich mit dem Begriff eine der zentralen historischen Erfahrungen des Zeitalters der Weltkriege. Der Pass – und damit zugleich die Passlosigkeit – waren im 20. Jahrhundert zunehmend zum Symbol der Erfahrung zahlloser Menschen geworden, die infolge von Kriegen, Grenzverschiebungen und Vertreibungen ihre Staatsangehörigkeit verloren. Als erste große Gruppe, die von diesen kollektiven Ausschlussverfahren betroffen war, gelten die nach der russischen Oktoberrevolution im Exil lebenden Sowjetbürger, die ab 1921 auf einen Beschluss des Rates der Volkskommissare hin pauschal ausgebürgert wurden. Selbst das erste Hilfsangebot für diese Gruppe bestand bezeichnenderweise in einem Pass – ein Dokument, das die Dokumentlosigkeit gewissermaßen beweisen sollte. Der sogenannte Nansen-Pass sollte seinem Inhaber die Duldung durch den ausstellenden Staat garantieren.

    Diesen Pass führten die Völkerbund-Staaten 1922 ein, benannt nach dem Hochkommissar des Völkerbundes für das Flüchtlingswesen Fridtjof Nansen. Diese erste Ausbürgerungswelle war nur der erste Schritt, gefolgt von einer ungleich grausameren Erfahrung der Staatenlosigkeit in den nationalsozialistischen Jahren. Mit einem Gesetz vom Juli 1933 wurden Ausbürgerungen in NS-Deutschland zunächst individuell vollzogen und damit von Einzelfall zu Einzelfall entschieden. Zu den ersten Ausgebürgerten gehörten zahlreiche Prominente wie Hannah Arendt, Thomas Mann und Albert Einstein. Mit der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz wurden dann aber ab November 1941 pauschal all jene als staatenlos erklärt, die sich außerhalb der Reichsgrenzen aufhielten. Mit dieser nicht mehr individuellen, sondern kollektiven Ausbürgerung ging neben dem Entzug aller Rechte zugleich der Einzug aller Vermögenswerte durch das Reich einher. Von den Ausbürgerungen nach dieser Verordnung waren durch ihren pauschalen Charakter etwa 200.000 Jüdinnen und Juden aus Deutschland und Österreich betroffen.

    Es waren diese massenhaften Ausbürgerungen deutscher Juden, die die internationale Staatengemeinschaft bewogen, sich nach Kriegsende 1945 dem Problem der Staatenlosigkeit offiziell zuzuwenden. So postuliert Artikel 15 der Universalen Erklärung der Menschenrechte von 1948 das Menschenrecht auf eine Staatsangehörigkeit. Auf Bestreben der Vereinten Nationen wurde nun nach Regelungen gesucht, zukünftig Staatenlosigkeit zu verhindern, was 1954 in die Convention relating to the Status of Stateless Persons der Vereinten Nationen mündete. 1961 folgte eine weitere Convention on the Reduction of Statelessness. Als Staatenlose werden seither diejenigen definiert, für die sich – anders als bei Flüchtlingen – kein Staat zuständig erklärt. Der Konvention nach darf nun kein Staat seine Staatsangehörigen ausbürgern, wenn diese daraufhin staatenlos werden. Zwar blieb beiden Konventionen die breite Anerkennung verwehrt, die der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 zuteil wurde, aber sie gelten doch als universeller Rahmen für den Umgang mit Staatenlosigkeit, der zukünftig verhindern soll, Staatenlose jemals wieder der gleichen Schutzlosigkeit wie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auszuliefern.

    Der Essay ist insgesamt sehr lesenswert, es geht u.a. um die Rohingya, um Flüchtlinge nach Europa und ihre Gründe, ihre Staatsangehörigkeit mitunter zu verschleiern, um Nachfahren von aus dem 3. Reich Ausgebürgerten und ihre Gründe für die Beantragung deutscher Pässe in Brexit- und Trump-Zeiten.

  8. Simon Lewis, Tommy Wilkes, Reuters: U.N. medics see evidence of rape in Myanmar army ‚cleansing‘ campaign

    The medics’ accounts, backed in some cases by medical notes reviewed by Reuters, lend weight to repeated allegations, ranging from molestation to gang rape, leveled by women from the stateless minority group against Myanmar’s armed forces.

    Myanmar officials have mostly dismissed such allegations as militant propaganda designed to defame its military, which they say is engaged in legitimate counterinsurgency operations and under orders to protect civilians.

    Zaw Htay, spokesman for Myanmar’s de facto leader Aung San Suu Kyi, said the authorities would investigate any allegations brought to them. “Those rape victim women should come to us,” he said. “We will give full security to them. We will investigate and we will take action.”

    Suu Kyi herself has not commented on the numerous allegations of sexual assault committed by the military against Rohingya women made public since late last year.

    It is rare for U.N. doctors and aid agencies to speak about rape allegedly committed by a state’s armed forces, given the sensitivity of the matter.

    Examinations often find injuries suggesting forced penetration, beating and even what looked like intentional cutting of the genitals, doctors said.

    “We found skin marks, it showed a very forceful attack, an inhuman attack,” said IOM medical officer Dr Tasnuba Nourin.

    She had seen incidents of vaginal tearing, bite marks and signs that seemed to show a firearm was used to penetrate women, she said.

    Among the new influx of Rohingya she had treated at least five women who appeared to have been recently raped, she said, adding that in each case the physical injuries observed were consistent with the patient’s account of what had happened.

    In one day alone, Sept. 14, six women showed up at one of the clinics, all saying they were sexually assaulted. “They all said Myanmar army had done this.”

    An IOM doctor who asked not to be identified, working at one of those clinics near the Kutapalong refugee camp, said a woman who crossed from Myanmar in late August said she was raped by at least seven soldiers.

  9. Michael Schwirtz, New York Times – U.S. Holocaust Museum Revokes Award to Aung San Suu Kyi

    The award, according to the museum, is given annually “to an internationally prominent individual whose actions have advanced the Museum’s vision of a world where people confront hatred, prevent genocide and promote human dignity.”

    But Ms. Aung San Suu Kyi, the museum said, has failed to live up to that vision.

    “We had hoped that you — as someone we and many others have celebrated for your commitment to human dignity and universal human rights — would have done something to condemn and stop the military’s brutal campaign and to express solidarity with the targeted Rohingya population,” the museum said in a letter to Ms. Aung San Suu Kyi. The letter, which was made available to The New York Times, was dated Tuesday and addressed to Ms. Aung San Suu Kyi via the Myanmar Embassy in Washington.

    Instead, the letter said, she and her political party, the National League for Democracy, have refused to cooperate with United Nations investigators, blocked access to journalists and “promulgated hateful rhetoric against the Rohingya community.”

    The museum’s decision is perhaps the strongest rebuke yet of Ms. Aung San Suu Kyi, who has been increasingly criticized as a seemingly unrepentant apologist for Buddhist nationalism and the Myanmar military’s campaign of ethnic violence.

    The United States and other countries have accused the Myanmar authorities of ethnic cleansing, while the United Nations special envoy on human rights in Myanmar said the killings bore “the hallmarks of a genocide.”

    Meanwhile, Ms. Aung San Suu Kyi has refused to even utter the word Rohingya in public. In private, she becomes angry when the topic comes up, according to people who have spoken with her.

    In its letter, the Holocaust Museum acknowledged “the difficult situation you must face in confronting decades of military misrule.”

    But the museum said the scale of the human suffering inflicted on the Rohingya demands action. It called on her to cooperate with United Nations investigators to establish details about the violence and to help bring those responsible to justice. It also urged her to amend a 1982 law that stripped the Rohingya, who have lived in the western region of Myanmar near Bangladesh for centuries, of their citizenship.

    The letter closes with a quote from Mr. Wiesel:

    “Neutrality helps the oppressor, never the victim. Silence encourages the tormentor, never the tormented.”

  10. http://www.taz.de/Aung-San-Suu-Kyi/!5550576/
    „In jüngerer Zeit waren Suu Kyi eine Reihe von Auszeichnungen entzogen worden. Ende September entschied beispielsweise das kanadische Parlament, ihr die Ehrenstaatsbürgerschaft abzuerkennen. Im März hatte das Holocaust-Museum in Washington der Friedensnobelpreisträgerin der Elie-Wiesel-Preis entzogen.“
    ai hat nachgezogen.

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