Assistenz in Bekleidungsfragen

In Luckenwalde soll eine Ehe geschieden werden. Ein alltäglicher Vorgang, benötigt wird:

1 Ehepaar, von denen eine/r oder beide nicht mehr verheiratet sein wollen und ihre Anwälte

1 Gesetz

1 Gericht

1 Richter

Dieser 1ne Richter ist nun der Meinung, er könne diese Ehe nur dann scheiden, wenn auch etwas fehlt.

Er ließ die Anwältin der Noch-Ehefrau wissen:

Es wird darauf hingewiesen und zugleich um Beachtung gebeten aus gegebenem Anlass, dass religiös motivierte Bekundungen wie Kopftuch im Gerichtssaal und während der Verhandlung nicht erlaubt werden.

Bei etwaigem Nichtbefolgen stellte er gleich noch Ordnungsmaßnahmen in Aussicht. Widersprüchlich äußerte er sich, ob die Noch-Ehefrau vor Gericht zu erscheinen habe (in der Ladung ordnete er persönliches Erscheinen an) oder ob sie sich auch durch ihre Anwältin vertreten lassen könne (was er ihr im Schreiben an die Anwältin freistellte).

Der Mann scheint aber auch sonst ein bißchen verwirrt. Denn: er leistet sich eine gleich dreifache Verletzung der Rechte der Noch-Ehefrau. Das von ihm gewünschte Kopftuchverbot ist rassistisch, indem er von seinen Ressentiments gegenüber Muslimen auf die Noch-Ehefrau schließt. Es ist sexistisch, da er nur Frauen Bekleidungsvorschriften macht und er mißachtet die Religionsfreiheit.


 

Aber – Rettung naht. Dem Luckenwalder Familienrichter wird eine Nachhilfestunde spendiert, von Prof. Dr. Klaus Ferdinand Gärditz, Rechtswissenschaftler an der Bonner Universität:

Ein solcher objektiv grober Missbrauch des richterlichen Verfahrensermessens stellt nicht nur die Unvoreingenommenheit des Gerichts in Frage und mag unter dem Gerichtspunkt der Rechtsbeugung (§ 339 Strafgesetzbuch) zu würdigen sein. Er gefährdet auch das Grundvertrauen in die Institutionen der Rechtspflege, auf das der Staat angewiesen ist. Die rechtsprechende Gewalt ist ein entscheidender gesellschaftlicher Stabilitätsanker, der Normen im öffentlichen Bewusstsein etabliert und stabilisiert. Sie darf daher keine Ressentiments eines provinziellen Alltagsrassismus und -sexismus mit prozessualen Mitteln fortsetzen.


Wann es sich wohl endlich mal herumgespricht, daß erwachsene Frauen keine unerbetene Assistenz in Bekleidungsfragen benötigen?


Bild: Robert Campin, Porträt einer Frau , um 1430–1435 (Ausschnitt), Wikimedia Commons, gemeinfrei


7 Kommentare zu „Assistenz in Bekleidungsfragen

  1. „Unerbetene Assistenz“, wie Sie das so schön formulieren, erleiden in unseren ach so toleranten Zeiten ja nicht nur Frauen, sondern beispielsweise auch Menschen, zu deren Lebensstil es gehört, Zigaretten zu rauchen. Ihnen begegnet man mit Psychoterror in Form ekelerregender Bilder, die man mit gleichem Recht auf jedes Automobil kleben könnte, dessen Betreiben gleichfalls erhebliche Risiken birgt.

    1. Dochdochdoch, auch Bilder. Die meinem bescheidenen Eindruck nach auch Nichtraucher zum Brechen reizen.
      Der Unterschied: Kopftücher auf Frauenköpfen schädigen (auch bei passivem Anschauen) niemandes Gesundheit. Allenfalls um den Blutdruck von „Islamkritikern“ könnte man sich Sorgen machen.

  2. So was von absurd und daneben. Eine Kopftuch-Demo von vielen Frauen UND Männern wäre jetzt angesagt :-)

    1. Willkommen gripseljagd.
      Auf der Basis welchen Gesetzes möchten Sie das wie genau begründen?

      Tip: von der Einschränkung von Persönlichkeitsrechten könnten als nächstes Sie betroffen sein.
      Stellen Sie sich vor, es gäbe irgendetwas, das für Sie persönlich von hohem Wert ist und dann käme jemand des Weges und schriebe: Tja, er hätte einfach nur beiden schreiben müssen, dass vor Gericht das, was gripseljagd besonders wichtig ist, nicht gestattet ist und gut wärs.

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