Hilflos

Gegenüber denen, die ihrem (und anderem) Leben weniger Wert beimessen als egal welcher Sache, sind wir hilflos. Gegen Terror unter Einsatz des eigenen Lebens hilft keine noch so hochgerüstete Polizei oder Armee, keine Kameraüberwachung, keine elektronische Fußfessel, keine staatliche Schnüffelei und deren Speicherung, keine andere Beschneidung von Bürgerrechten.

Wenn der eigene Lebenswille weniger stark ist als – im Zweifel – der Wunsch nach 15-Minutenberühmtheit, sind Entwicklungen lange vorher katastrophal schief gelaufen. Darunter fällt die Auflage- und Klickgeilheit der Medien, darunter fällt das offensichtlich dumme Gewäsch über „feige“ Anschläge.

Denn es ist das genaue Gegenteil: tradierte Helden- und Männlichkeitsmythen ebnen Attentätern den Weg. Der Unterschied zwischen Held und Terrorist liegt bekanntlich im Erfolg der jeweiligen Mission.

Das ist ein Plädoyer für Egoismus. Nur, wer sich und das eigene Leben liebt, kann andere lieben. Und hat innere Sicherheit.


Bild: Alfred Rethel, 34. AventüreHagen und Volker werfen nach der Saalschlacht erschlagene Hunnen aus dem Saal, Wikimedia Commons, gemeinfrei


9 Kommentare zu „Hilflos

  1. Jaaa… Ich bin sehr weit bei dir und habe aber ein Problem mit dem vorletzten Satz. Es gibt Menschen, die große Probleme mit sich selbst haben, aber trotzdem andere lieben können, und würde vermeiden wollen, die zu weit auszuschließen. Ein paar von denen sind ziemlich toll, auch wenn sies nicht so gut sehen können.

    1. Es gibt Menschen, die große Probleme mit sich selbst haben

      Liebe Muriel, ich gehöre zu diesen Menschen und habe den vorletzten Satz mit Absicht so formuliert. Scheitern aus gleich welchen Gründen ist immer mitgemeint, niemand hier ist perfekt, käme ohne Leid und ohne schlimme Fehler durchs Leben.

        1. Definieren Sie lieben.
          Aus meiner Sicht: lieben ist ein Tu-Wort, auf das Beckets Ever tried. Ever failed. No matter. Try again. Fail again. Fail better kaum mehr zutreffen könnte. Gerade die mit den Beulen in der Seele, die, die als Kinder nie bedingungslos geliebt wurden und deswegen Schwierigkeiten haben, sich selbst und andere lieben zu können und das trotzdem immer wieder versuchen: das sind Helden.

        2. Ich sag manchmal so leicht daher, daß ich kleines Licht mir im Zweifelsfall scheißegal bin und was andere von mir denken natürlich auch. Ist immer gelogen.
          Warum? Ganz einfach und deswegen wieder kompliziert, das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, wie oft angenommen, sondern Gleichgültigkeit. In dem Sinne ist das, was immer unter „Selbsthass“ verbucht wird wie Selbstzweifel, Versagensängste, eigene Minderwertigkeit, und eben „nicht geliebt werden“, wobei letzteres dann auch nie hinhaut, eine Form der Selbstreflexion und so komisch es sich anhört/liest Selbstliebe, die positiv weitergegeben werden kann.
          In dem Zusammenhang wird Egoismus auch zumeist als Egomanie mißinterpretiert. Ersteres ist positiv, eben Selbstliebe und damit innere Sicherheit, letzteres Einmauern in Gleichgültigkeit. Innere Gleichgültigkeit erzeugt dann auch, daß einem alles egal ist. Und deswegen, da muß ich widersprechen, liebe Dame, sind erweiterte Selbstmorde feige. Weil der/diejenige vor sich selber schon länger kapituliert hat.

          1. Hm, sollte eigentlich unter Muriels zweitem Kommentar stehen…
            Jetzt zweifel ich grad mal wieder selber an mir…

          2. Zustimmung, bis auf Ihre letzten zwei Sätze. Denn ich möchte bezweifeln, daß Selbstmordattentätern alles egal ist und daß sie vor sich selbst kapituliert haben (hmnuja, jein). Ich habe gestern ein interessantes Essay (dem ich nicht in jedem Satz zustimme) über Die Ursachen von Radikalisierung und was man dagegen tun kann (Teil 1 + Teil 2) gelesen, aus dem unter anderem hervorgeht, daß Terroristen nach Solidarität und nach enger Gemeinschaft suchen. Wer sich selbst aufgegeben und kapituliert hat und gleichgültig ist, ist und bleibt in Einsamkeit eingemauert. Letzteres ist eine Volkskrankheit: Depression.

            (kein Grund, an sich zu zweifeln – das sind nicht Sie, sondern die eigenwillige WordPress-Platzierung von Kommentaren, ich kann’s leider nicht ändern)

            1. „Wer sich selbst aufgegeben und kapituliert hat und gleichgültig ist, ist und bleibt in Einsamkeit eingemauert. Letzteres ist eine Volkskrankheit: Depression.“
              Nuja, wenn mensch auf dem Weg in eine solche die falschen Leute trifft/sucht und quasi sowas wie eine alternative Therapie bekommt, ich halte das durchaus nicht für abwegig, sein Finale wenigstens eindrucksvoll zu gestalten.
              Gibt genug Berichte, daß Leute, die ewig scheiße drauf waren, in mehreren Therapien usw., auf einmal aufblühen und eigentlich schon den Termin des dann meist erfolgreichen Selbstmords längerfristig gesetzt hatten.

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