Nein, wir sind nicht Burka

Wir haben Leitkultur. According to Thomas de Maziére:

Unser Staat ist welt­an­schau­lich neu­tral, aber den Kir­chen und Re­li­gi­ons­ge­mein­schaf­ten freund­lich zu­ge­wandt. Kirch­li­che Fei­er­ta­ge prä­gen den Rhyth­mus un­se­rer Jahre. Kirch­tür­me prä­gen un­se­re Land­schaft. Unser Land ist christ­lich ge­prägt. Wir leben im re­li­giö­sen Frie­den. … Zum Mehr­heits­prin­zip ge­hört der Min­der­hei­ten­schutz. Wir stö­ren uns daran, dass da ei­ni­ges ins Rut­schen ge­ra­ten ist. Für uns sind Re­spekt und To­le­ranz wich­tig. Wir ak­zep­tie­ren un­ter­schied­li­che Le­bens­for­men und wer dies ab­lehnt, stellt sich au­ßer­halb eines gro­ßen Kon­sen­ses.

Hm, das mit dem Frieden liegt vermutlich daran, daß sich kaum mit der als heilig betrachteten Schrift des Christentums beschäftigt wird. Eine Auswahl über Frauen aus dem unser Land christlich prägenden Neuen Testament:

1.Korinther 11:5
Ein Weib aber, das da betet oder weissagt mit unbedecktem Haupt, die schändet ihr Haupt, denn es ist ebensoviel, als wäre es geschoren. 1.Korinther 14:34 ff. Wie in allen Gemeinden der Heiligen lasset eure Weiber schweigen in der Gemeinde; denn es soll ihnen nicht zugelassen werden, daß sie reden, sondern sie sollen untertan sein, wie auch das Gesetz sagt. Wollen sie etwas lernen, so lasset sie daheim ihre Männer fragen. Es steht den Weibern übel an, in der Gemeinde zu reden.

Epheser 5:22 Die Weiber seien untertan ihren Männern als dem HERRN.…Kolosser 3:18 Ihr Weiber, seid untertan euren Männern in dem HERRN, wie sich’s gebührt.

1.Timotheus 2:11 ff Ein Weib lerne in der Stille mit aller Untertänigkeit. … Einem Weibe aber gestatte ich nicht, daß sie lehre, auch nicht, daß sie des Mannes Herr sei, sondern stille sei.

Titus 2:5
…sittig sein, keusch, häuslich, gütig, ihren Männern untertan, auf daß nicht das Wort Gottes verlästert werde.

1.Petrus 3:1-6
Desgleichen sollen die Weiber ihren Männern untertan sein, auf daß auch die, so nicht glauben an das Wort, durch der Weiber Wandel ohne Wort gewonnen werden,…

Soso, der Weiber Wandel wandelt also wortlos wüste Wichte, welche ihr Wollen wichtiger wähnen. Nicht nur die Familienehre, nein, gleich der christliche Missionsauftrag wird zwischen Frauenbeinen verortet. Da muß DerIslam (istunserUnglück) sich aber noch ein bißchen anstrengen.

Wurden eigentlich jüngst Forderungen laut, das Christentum als diskriminierende, faschistisch-politische Agenda zu brandmarken und die Bibel zu verbieten? Ist der Verfassungsschutz informiert und beobachtet bereits Kirchen, tragen unsere Gefährder schon Fußfessel?



Leitkultur according to Ludwig Greven:

Burka-Trägerinnen mögen die absolute Ausnahme sein. Aber trotzdem erschrickt, wer sie schon einmal in einer deutschen Großstadt gesehen hat. Gesicht zeigen gehört ohne Zweifel zu den Errungenschaften unserer westlichen Kultur. Es sollte in den Schulen und in Ämtern genauso selbstverständlich sein wie im Internet, wo sich viele hinter einem Anonym verbergen.

Auch der Minderheitenschutz ist leider keine Selbstverständlichkeit. Genauso wenig unter rechten „Biodeutschen“ wie in manchen Migrantenkreisen. Homosexuelle sind für viele Zugewanderte besonders aus dem arabischen Raum nicht gleichberechtigt. Homosexualität ist in ihren Heimatländern noch immer verboten, sie wird per Gesetz und mit sozialer Ächtung bestraft. Das leben einige von ihnen hier weiter. Dass auch manche konservative Deutsche noch immer ähnlich denken, ist keine Rechtfertigung, es Migranten durchgehen zu lassen.

Zwei Freunde haben kürzlich in Dänemark geheiratet, wo es die vollgültige Ehe für gleichgeschlechtliche Paare schon seit Jahren gibt.  Zurück im schönen Brandenburg versuchen sie nun , ihre in einem EU-Land geschlossene Ehe als (rechtlich minderwertigere) Lebenspartnerschaft eintragen zu lassen. Nicht, daß sie dem Institut der Ehe nicht kritisch gegenüber stünden, aber sie besitzen zusammen ein Haus und ein bißchen Grund, es könnte auch mal sein, daß einer von beiden im Krankenhaus liegt und der andere Auskunft benötigt oder sonstwelche Entscheidungen füreinander getroffen werden müssen.

Die Antwort der Standesbeamtin (nein, nicht in irgendeinem Dorf, sondern in Frankfurt/Oder): nein, das geht so nicht.

Doch, verehrte Standesbeamtin, so geht das. Auch, wenn Sie das noch nie auf Ihrem Schreibtisch hatten.

Noch nie gehabt hatte das aber auch die Landesregierung, bzw. deren Gleichstellungs-/Antidiskriminierungsstelle. Meine Freunde lieferten den Behörden inzwischen im xten Anlauf alles an nutzlosem Wissen, das sie in Sachen Bürokratie Ehe/Umschreibung/EU gesammelt hatten, mit dem Ergebnis: das dänische Außeniministerium soll jetzt die dänische Eheurkunde extra bestätigen, damit sie als Lebenspartnerschaft in Brandenburg/Deutschland eingetragen werden kann. Dazu muß ein beglaubigter Auszug aus dem Geburtenregister vorgelegt werden (kostet Geld und Zeit), obwohl zum Heiraten in Dänemark das Familienstammbaum völlig ausreichte. Dann muß das Ganze nochmal von einer übergeordneten Behörde genehmigt werden. Mein Freund:

Dieser ganze Vorgang ist äußerst demütigend. … Wir fühlen uns wie Bürger zweiter Klasse. Wir lieben uns & haben geheiratet. Es kommt uns bald vor, als hätten wir etwas Kriminelles getan.

Meines Wissens sitzen im Standesamt Frankfurt/Oder und in der Landesregierung gar keine „Zugewanderten besonders aus dem arabischen Raum„, sondern deutsch-deutsche Staatsdiener m/w. Das gleiche gilt für die Bedenkenträger in der CDU/CSU im Bundestag, u.a. Angela Merkel und Wolfgang Schäuble, die sich mit der Ehe für alle immer noch nicht recht befreunden können, obwohl die übergroße Mehrheit der Bevölkerung und selbst die Mehrheit ihrer Wähler damit schon viel weiter ist als nutzlose Politiker. Besagte Bedenkenträger in der CDU/CSU sind ebenfalls gar keine „Migranten“ oder „Zugewanderte besonders aus dem arabischen Raum„, denen der Innenminister Vorschriften für Kultur macht. Verbindliche Verwaltungsvorschriften wären allerdings für seine Angestellten und Beamten so erfreulich wie überfällig.

Egal, ob man Thomas de Maziéres breitbeinige „Wir“-Vereinnahmung oder Ludwig Grevens Besorgnis-erregendes-Bürger-Erschrecken jetzt „Leitkultur“ oder Spunk nennt: Leben könnten sie ihren höchstpersönlichen Werten einhauchen, indem sie sie vorleben. Statt ihre undurchdachten, unreflektierten Wort- und Werthülsen und ihr hohles Wahlkampf-Geplapper anderen als Kultur vorzuschreiben. Von der konsequenten rechtsstaatlichen Umsetzung in ihrem Verantwortungsbereich ganz zu schweigen.

Es ist eine Schande für unsere Kultur, daß die Initiative Artikel 3+ scheiterte und Homosexuelle immer noch jedes hundgewöhnliche Recht einzeln einklagen müssen. Eine Schande für unsere Kultur ist auch, daß Frauen immer noch mehr unentgeltliche Arbeit verrichten als Männer, daß jede tradiert von Frauen unentgeltlich verichtete Arbeit immer noch absurd unterbezahlt wird, daß Kinder das Armutsrisiko für Frauen schlechthin sind und es vielen Männern immer noch lieber wäre, Frauen würden hauptsächlich schweigen und demütig, keusch, häuslich, gütig, ihren Männern untertan sein.

Es gibt nicht eine „Leitkultur„, es gibt über 80 Millionen verschiedene.

Integrationsdefizite haben nicht nur „Migranten„. Unsere „aufgeklärten Patrioten“ im de-Maiziére-Zuschnitt haben allerdings eine unhinterfragbare „Bleibeperspektive“ – völlig egal, wie weit sie „sich au­ßer­halb eines gro­ßen Kon­sen­ses stellen„.

Nein, „wir sind nicht Burka„, Herr de Maiziére. Aber Sie sind ein Heuchler und Spalter und vom Amt sichtlich überfordert.


Bild: Lucas Cranach der Ältere, Ausschnitt


10 Kommentare zu „Nein, wir sind nicht Burka

  1. Fundstück bei Elsa Koester, nd, aus: Judith Butler und die Suche nach der sozialen Frage

    In den Pariser Manuskripten listete Engels akribisch auf, wie viele Frauen und Männer 1833 in den Fabriken beschäftigt waren. Das Ergebnis überrascht all jene, die bei dem Wort »Arbeiter« einen verschmutzten Mann mit Mütze vor Augen haben, denn die Industrialisierung war weiblich. So waren in den nordamerikanischen Baumwollfabriken 18 493 Männer und 38 927 Frauen beschäftigt. Auch für die englischen Fabrikindustrien stellt Engels in der »Lage der Arbeiterklasse« fest: Zwei Drittel der »Arbeiter« waren weiblich.

    Daraus folgerte Engels eine »Auflösung der Familie« und kam zu dem Schluss, dass die Herausbildung des Proletariats automatisch mit der Befreiung der Frau einher gehe: »Hier fehlt alles Eigentum, zu dessen Bewahrung und Vererbung ja gerade die Monogamie und die Männerherrschaft geschaffen wurden, und hier fehlt damit auch jeder Antrieb, die Männerherrschaft geltend zu machen.« Nach der Revolution würde das Geschlechterverhältnis »zu einem reinen Privatverhältnis«.

    … »Die beständige Erhaltung und Reproduktion der Arbeiterklasse bleibt beständige Bedingung für die Reproduktion des Kapitals. Der Kapitalist kann ihre Erfüllung getrost dem Selbsterhaltungs- und Fortpflanzungstrieb der Arbeiter überlassen.«

  2. „Unser Land ist christ­lich ge­prägt.“ (de M.)
    Das bedeutet irgendwie alles und irgendwie nix. (Abgesehen davon, daß der da als CDU-Fuzzi schon mindestens „jüdisch“ noch mit ins Spiel hätte bringen müssen…)

    Ich glaub zwei Gruppen von Christen, daß die ihren Glauben was Güte, Akzeptanz anderer, Demut etc. pp., also alles was in so CDU-Schönwetterreden als „christliche Werte“ immer betont wird, ernstnehmen. Die erste sind die wo die „Jesus ist ein guter Mann“-Volksglauben-Version pflegen und für die alles außerhalb der Evangelien und ein paar Geschichten aus dem AT wo ausnahmsweise FriedeFreudeEierkuchen sind, irgendwie verstörend ist und deshalb ignoriert wird. Die andere ist die, die quasi die Bibel auswendig kann und sich auch mit dem ganzen Kontext auseinandergesetzt hat und dann lustigerweise auf die Version der ersten Gruppe zurückkommt. Ums mal runterzubrechen: „Alles war ihr anderen getan habt, habt ihr mir getan“, also sowohl „Gutes“ wie auch „böses“.
    Alle anderen, die „im Namen des Glaubens=Gottes“ meistens „Böses“ rechtfertigen, sind Blashphemiker/innen.
    Und wenn der Thomas es wirklich ernst meinen würde, hätte er Lessing in seinen DichterundDenkerzirkel mitspielen lassen müssen. Nathan der Weise usw. …
    Ich nehm es auch den meisten ab, die immer nach irgendeinem Scheiß „im Namen Allahs“ beteuern, daß der Islam friedlich, tolerant etc. pp. ist. Ist halt leider „nur“ deren Islam und nicht der der Blasphemiker/innen…

    1. Irgendwer Kluges sagte mal: Entweder man nimmt die Bibel wörtlich oder man nimmt sie ernst.
      Das gilt ebenso für den Tanach, den Koran und für jeden anderen als heilig betrachteten Text.

      Der Thomas meint es wirklich ernst, bloß anders. Der will mit seinen Kultur-Vorschriften hetzen, spalten, herrschen. Allein schon der Umstand, daß ein Innenminister – also der, dessen Hauptaufgabe im Schutz der unantastbaren Menschenwürde bestünde und der damit mehr als ausgelastet wäre – im ihm offensichtlich fremden Ressort Kultur wildert und ein Herrschaftsinstrument daraus machen will, ist schon zum Weinen. De Maiziére fabriziert nicht nur den Feind (ab Seite 9) mit seiner Blödmannkultur, er degradiert und pervertiert das Grundgesetz.
      Der Mann braucht mehr Nachhilfe, als ihm Lebenszeit bleibt.

  3. https://www.taz.de/Archiv-Suche/!5412548&s=Taiwan/
    In Taiwan gehts: „Das Verfassungsgericht in Taipeh entschied am Mittwoch, dass das geltende Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen gegen den in der Verfassung verankerten Schutz der Menschenwürde und gegen die Gleichberechtigung verstoße.“
    https://de.wikipedia.org/wiki/Gleichgeschlechtliche_Ehe
    „Derzeit ist gleichgeschlechtlichen Paaren in 18 Staaten (Argentinien, Belgien, Brasilien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Irland, Island, Kanada, Kolumbien, Luxemburg, Norwegen, Portugal, Schweden, Spanien, Südafrika, Vereinigte Staaten, Uruguay) landesweit sowie in fünf weiteren Staaten (Dänemark, Mexiko, Neuseeland, Niederlande, Vereinigtes Königreich) in Teilgebieten, die Eheschließung möglich.“
    Israel und Malta anerkennen ausländische Ehen.

    Eigentlich ist das doch peinlich für „uns“…

    Aber evtl. sind „die da oben“ nur clever; überholen ohne einzuholen usw. . Sprich, erst gibts hier im rechtlichen Sinne keine „Mann – Frau“ – Polarität mehr und dann muß homo politicus auch nicht mehr das Eherecht ändern, weils dann um Menschen und nicht um wieauchimmerselbstzudefinierende/findende Idenditäten geht. Da war es auch konsequent, ein irgendwie drittes Geschlecht nicht in den Ausweis eintragen lassen zu können. Erspart dann auch einen Haufen Verwaltungsaufwand, wenn Leute sich nicht entscheiden können, sich umoperieren lassen usw. . Das wird alles irgendwann in nicht allzuferner Zukunft mit sprichwörtlicher deutscher Gründlichkeit in einem Aufwasch erledigt. So halbgare Sachen sind ja auch für die Tonne, manchmal sollte mensch „die da oben“ nicht für kurzsichtig halten…

.

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