Sophie Hunger ist Diplomatentochter, sie ist aufgewachsen in Bern, London, Bonn und Zürich, sie spricht Schwyzerdütsch, Hochdeutsch, Englisch, Französisch so fließend, daß sie locker in einem Satz die Sprachen wechseln kann, sie schreibt (z.B. an Thomas Bernhardt über die Salzburger Festspiele oder ihre Post aus den USA in Begleitung einer Tournee von Tinariwen), sie spielt Klavier, Gitarre und Bluesharp und sie singt. Und zwar wie.
Sie sagt, ihre Karriere als Musikerin sei Zufall.
Die NZZ im Gespräch mit Nicola Spirig (Triathletin) und Sophie Hunger:
NZZ: Frau Hunger, der Massstab im Sport ist klar: Erfolg ist, wenn man siegt . . .
Hunger: . . . das ist aber schade.
Spirig: Du findest das schade?
Hunger: Ist es nicht so, dass dich dieser totale Fokus auf den Sieg auch hemmen kann? Grad in jungen Jahren, zum Beispiel bei jungen Fussballspielern. Gute Leistung verlangt Freiheit. Dieses ganz klar Messbare von Leistung im Sport hemmt doch.
Spirig: Stimmt. Kinder machen Sport, weil sie Spass dabei haben. Aber ich stelle fest, dass wir Kinder im Sport immer früher auf Leistung trimmen, und darum hören viele auf. Spass beim Sport – das gibt’s heutzutage schon in der Pubertät kaum noch. Entweder du bist gut, oder du hörst auf.
Hunger: Zum Beispiel Roger Federer. Der spielt manchmal Schläge, die nicht besonders effizient sind. Aber du spürst, dass er den Schlag genau so machen will. Du spürst die Spielfreude, die ihn antreibt, im klassischen Verständnis von Spiel. Darum ist es so schön, wie er spielt. Darum ist er so gut geworden. Und darum lieben wir ihn alle.
NZZ: Die Ästhetik packt Sie mehr als der Sieg?
Hunger: Wenn der Sieg noch dazukommt, ist es perfekt. Aber diese kleinen Momente, in denen Federer diese unglaublichen Bälle spielt, diese Bälle, von denen man weiss, wie unrealistisch sie sind: Das ist Liebe. Liebe durch Aktivität.
NZZ: Erleben Sie solche Momente auch auf der Bühne?
Hunger: Ja. Du spielst wie immer, aber etwas geschieht, es tönt anders. Du machst einen anderen Griff, der Gitarrist übernimmt es. Vielleicht ist das etwas Ähnliches. Jemand bringt eine Bewegung rein, das ist dieser Moment, in dem das Leben reinplatzt – die besten Momente. Viel besser, als wenn man einfach spielt wie abgemacht. Bei uns ist es sogar so: Wir müssen eigentlich immer ausbrechen, sonst können wir nicht gut sein. Wir müssen von der Leistung weggehen.
NZZ: Also eigentlich das gegenteilige Vorgehen wie im Sport.
Spirig: Doch, das gibt es auch im Sport. Ich bin auch schon am Start gestrauchelt und habe den Wettkampf gewonnen. Und zweimal bin ich beim Velofahren gestürzt. Auch diese Wettkämpfe habe ich gewonnen. Ich war gezwungen zu reagieren, und das war besser als der immer gleiche Trott.
Hunger: Ich mache das manchmal sogar absichtlich. Wenn ich einen Abend habe, an dem alles so rund läuft, aber irgendwie spüre ich nichts. Dann mache ich extra einen Fehler, etwas, das uns aufrüttelt. Ich mache etwas kaputt, es ist wie ein kleiner Trick.
Sie ist bekennende Dylanista.
Ihre 10 Rules of Fire:
Accept that you will never be Jesus Christ or Leonardo da Vinci.
Never accept invitations from people who adore you.
Never explain yourself or your work.
Never go on stage with a drink in your hand or your hand in your pocket.
Never tell the audience what to do.
Never stop a song.
Never announce that you are selling something.
Know that Charlie Chaplin was a great businessman and that Bob Dylan tried to look like him.
Seek Humiliation.
Never try to please.
Es gibt erfreulich viele Konzertmitschnitte von ihr – mit Das Neue wünschen ich Ihnen allen ein pralles, aufregendes, glückliches, lustvoll riskant gelebtes neues Jahr!
Foto: Andreas Lawen, Fotandi (beschnitten)
Ich bin ein großer Fan von Sophie Hunger und habe bis vor einem halben Jahr ihre Cds im Auto rauf und runter mitgesungen. Nun hat das neue Auto keinen CD-Player mehr sondern nur noch USB….. das nervt mich…. auch wegen der Frau Hunger…..
lieben Gruß
…;-)))…dit stümmt, 1a-Auto-Mitsingmusike. Mein erster Autotonträger von ihr war eine zunehmend schraddelige Kassette von Monday’s Ghost, in einem untermotorisiertem, stets schwer bepacktem Renault-Rapid, mit dem ich in beruflicher Mission Zehntausende mühsamer Kilometer in Begleitung von Frau Hunger zurückgelegt habe. Das nächste Auto – die 1983-Ära – hatte nicht nur ein paar PS mehr, sondern auch einen CD-Player und halbwegs anständige Boxen. Inzwischen habe ich gar kein Auto mehr und vermisse diese Lauthalsmitsinggelegenheiten sehr, Grüße!