Sie kennen die Werbeagentur Scholz & Friends? In deren Berlin-Dependance arbeitet Gerald Hensel, der sich anläßlich der Ankündigung von BreitbartNews, sich nach Europa und auch in Deutschland ausbreiten zu wollen, Gedanken über die Finanzierung rechter bis rechtsradikaler Medien durch Werbeeinnahmen machte. Denn:
Es gibt ein Recht auf freie Meinungsäußerung. Aber es gibt kein Grundrecht auf Werbeeinnahmen.
Zitiert aus seinem privaten Blog Davai Davai – der inzwischen nicht mehr öffentlich zugänglich ist, sondern vor dem Geheule besorgniserregender Bürger mit einem Paßwort gesichert werden mußte – vom 23.11.16:
Kein Geld Für Rechts. Lasst uns rechtsradikalen Medien den Geldhahn zudrehen.
Es gibt bekanntlich viele Gründe, warum die Neue Rechte so einen Siegeszug feiert.
Zumindest kommunikativ ist die Dominanz rechter
Bot-Systeme und Fake NewsMikro-Medien einer der vielen Gründe dafür. Währendsich die bräsige, arrogante Liberal-Eliteich mein Info-Bedürfnis z.B. mit meinem ZEIT- oder meinem Le Monde Diplomatique-Lügenpressen-Abo abdecke, informiert sich der wackere neurechte Freiheitskämpfer gerne über Online-Medien wie die Achse des Guten oder Breitbart News,Breitbart kennst du…aber so genau weißt du nicht, was es ist?
Um nur ein paar Artikel der amerikanischen Breitbart-Ausgabe (wie gesagt: bald auch in Deutschland) zu zitieren: “Birth Control makes women unattractive and crazy“, “Young Muslims in the west are a ticking time bomb, increasingly sympathising with radicals, terror” oder “Bill Kristol: Republican Spoiler, Renegade Jew“. Dank AfD, Brexit und Trump ist genau dieser Typ “Nachrichten” auf dem besten Weg Mainstream bei den Leuten zu werden, die ja “nichts gegen Ausländer haben, aber…” So schreibt Metropolico: “Breitbart.com besitzt heute mehrere Redaktionen in den USA und betreibt zudem ein tägliches Radioprogramm namens Breitbart News Daily. Ein neue TV-Show sei in Planung. In Großbritannien und Frankreich berichtet Breitbart bereits kontinuierlich und decke – in englischer Sprache – sämtliche Themen des »deutschen Rechtspopulismus« ab, so die SZ. Breitbart berichte von der Migrations- und Flüchtlingspolitik der deutschen Bundesregierung, sowie über »angebliche kriminelle Taten von Migranten und islamistische Umtriebe«.
…
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Geh mal auf Breitbart News und schau dir die Seite an. Fällt was auf?
Genau. Da sind Banner drauf. Und diese Banner finanzieren Breitbart.
Aber warum machen Marken, die man im Supermarkt findet oder bei denen man online kauft, Werbung im Umfeld solcher Medien? Sind die am Ende alle rechts?
Nein, natürlich sind sie das nicht. Das Problem ist: Sie wissen es nicht einmal.
Es gab mal eine Zeit, da hat eine Marke (nennen wir sie den davaidavai-Markt) so genannte Platzierungen gebucht. Der davaidavai-Markt ist dann vielleicht über seine Media-Agentur zum Beispiel zu SPIEGEL Online gegangen, hat einen Betrag X bezahlt und dann einen Bannerplatz Y dafür erworben. Dort konnte er werben. Klingt einfach, oder?
Dieses System hat sich geändert. Und zwar massiv.
RTA heißt “Real Time Advertising” und war ein großer Paradigmen-Wechsel in der Art, wie Unternehmen Banner einkaufen. Der davaidavai-Markt geht heute nicht mehr direkt zum SPIEGEL um einen Bannerplatz zu erwerben. Er definiert stattdessen eine Wunschzielgruppe (“ich möchte alle Männer 39-56 erreichen”) und lässt Software automatisch die besten Bannerplätze suchen, finden und buchen. Das passiert in Echtzeit und muss man sich wie eine Auktion vorstellen, nur dass weder Käufer, noch Auktionator Menschen sind. Alles ist vollautomatisiert. Zielgruppenanforderungen, Bannerplatz und Bannerpreis werden rein technisch gematcht und verkauft. Kein Mensch ist bei diesem Prozess mehr vonnöten.
Das mag effizient sein. Es hat aber genau an diesem Punkt einen großen Nachteil: Marken haben durch dieses Prinzip heute kaum noch Kontrolle, wo sie wirklich Werbung schalten. Alles ist vollautomatisch. Das klappt so lange gut, wie die einzigen Messkriterien für Online-Werbung Effizienz sind. Nehmen wir aber an, dass der davaidavai-Markt ein Baumarkt ist, dann kann es durchaus sein, dass die Zielgruppe, an die wir durch unsere Banner verkaufen wollen, sich grundsätzlich nicht sonderlich von der Leserschaft von einer Wutbürger-Seite wie Achse des Guten unterscheidet. Der Banner wird automatisch gebucht und die “Achse des Guten” finanziert sich so über den davaidavai-Markt. Der weiß das im Zweifelsfall noch nicht einmal.
Wie ändern wir das?
In meiner kleinen blöden Welt herrscht Meinungsfreiheit. Zweifellos sind Seiten wie Breitbart News und die Achse des Guten, PI-News oder Compact legale Medien. Dennoch kann man Marken natürlich mal fragen, ob sie in der vollautomatisierten RTA-Mediabuchungswelt wissen, dass ihre Banner auf entsprechenden Seiten stehen und dort ihre Marke repräsentieren. These: Wenn einige von uns dort mal nachfragen, ob das im Sinne des Erfinders ist, wird die eine oder andere Marke sicher noch mal in ihren Buchungsplan schauen. Wie gesagt: Meinungsfreiheit gilt ja auch für den Teil der Gesellschaft, der nicht ständig mit hochrotem Kopf durch Dresden läuft und die Bundeskanzlerin aufhängen will. Für mich zum Beispiel. Vermutlich auch für dich.
Was kann man also tun?
1.) Wenn du für eine Marke oder eine Media-Agentur arbeitest:
Schau dir noch einmal sehr genau an, ob die “Blacklist” gepflegt ist und ob man Seiten, auf denen man sicher nicht zu finden sein will, auch nicht zu finden ist. Das ist natürlich nicht nur im Sinne der Political Correctness wichtig sondern durchaus auch bei der Frage, was die Zielgruppe denken soll. Die findet sowas nämlich sicher im Wahljahr 2017 wichtig.
Sollte dich deine Karriere in einer Media-Agentur etwas höher gebracht haben, könnte man das Thema ja vielleicht mal beim nächsten Media-Miteinander mit Kollegen ansprechen. 2017 ist Wahljahr. Ihr, liebe Kollegen, habt durchaus mit in der Hand, wer unsere Werbedollars bekommt.
2.) Wenn du Verbraucher bist:
- Frag doch gerne mal bei einer bekannten Marke, die du auf einschlägigen rechtsradikalen Seiten findest, nach, ob sie wissen, wo sie werben. Ein Tweet, eine Facebook Nachricht oder ein E-Mail: manchmal wirken sie Wunder.
- Solltest du dies über Twitter oder andere soziale Medien tun, kannst du an deinen Tweet gerne den Hashtag #KeinGeldFuerRechts anhängen. Dann kann man das schön aggregieren.
Also: Lange Rede, kurzer Sinn. Dass Marken werben ist normal. Technische Bedingungen haben dazu geführt, dass Marken heute zwar inhaltlich wissen, bei wem sie werben wollen, kaum aber noch, wo sie das tun. Wirklich illegale Seiten stehen auf Blacklists. Aber rechtsradikale Hetzpostillen eben nicht. Das System hinter Online-Werbung begünstigt derzeit, dass diese Seiten von uns finanziert werden.
Und ich finde, das kann man auch stoppen. Ganz einfach aus dem Ohrensessel – und so, dass es den Zukunftsvergiftern weh tut. Und wenn du magst, kannst du natürlich auch diesen Artikel teilen.
So weit, so sehr gut. In den USA war das bereits erfolgreich. Firmen wie u.a. Rewe, Telekom, Vapiano, Braun, Media-Markt, BMW und Kellog’s haben Breitbart.News und andere rechtsradikale Plattformen auf ihre schwarzen Werbe-Listen gesetzt. Herr Bannon rief seine Jünger auf, Produkte dieser Firmen nicht mehr zu kaufen.
Womöglich nicht gerechnet hatte Gerald Hensel aber mit der Tagesfreizeit und Ausdauer der Scheißestürmer von DasVolk™, motiviert vom Geheule des notorischen Henryk M. Broder (zu dessen „Achse des Guten“ ich aus Gründen nicht verlinke), getitelt mit Der Denunziant von Scholz & Friends (10.12.16) und Der schmutzige Erfolg der Denunzianten (12.12.16), daraus zwei Kostproben:
Der Schmock von „Scholz & Friends“ und seine kleinen Kapos machen sich nicht einmal die Mühe, „rechts“ wie auch immer zu definieren. So hat es McCarthy auch gemacht, allerdings andersrum mit „Kommunisten“.
Tapio Liller von der Agentur Oseon („Kommunikation für den Erfolg der Digitalisierung“) springt auf den Hashtag drauf und wendet sich direkt an den Energiekonzern „innogy“: „Sagt mal, @innogy, als nagelneue Marke wollt ihr wirklich auf einem neurechten Onlinemagazin werben?“ Das neurechte Onlinemagazin ist, Sie ahnen es, die Achse, seit 12 Jahren auf dem Markt, nicht mehr ganz neu, aber immer noch „neurechts“. Auch hier: kein Beleg, kein Beispiel, kein Nichts. Für „innogy“ aber genug, um zu antworten: „Danke für den Hinweis. Das ist ohne unser Wissen geschehen. Wir haben die Agentur schon angewiesen, es sofort zu stoppen.“
Das ist der kurze Dienstweg in Merkels postfaktischem Neuen Deutschland. Ein klebriger Denunziant und eine Firma, die sich sofort in den Staub wirft, aus Angst, ebenfalls als „neurechts“ denunziert zu werden. Davai! Davai!
Das ist natürlich vollkommen „legal“. Dann wäre es aber auch legal, zu einem Boykott von „Scholz & Friends“, „innogy“ und „Oseon“ aufzurufen, weil sie nicht darauf achten, welche Läuse sie im Pelz haben. Ich mag ja etwas hysterisch sein, aber für mich hört sich „innogy, werbt nicht auf der Achse!“ wie „Deutsche wehrt euch, kauft nicht bei Juden!“ an.
und:
Es steht 1:0 für Scholz, Hensel & Freunde. Gerald Hensel, Stratege bei der Werbeagentur Scholz & Friends und Initiator der Kampagne „#KeinGeldfuerRechts“, hat auf seiner Seite „davaidavai.com“ deutsche Unternehmen dazu aufgerufen, „rechte Medien“ nicht durch Werbung zu unterstützen. „So soll rechten Webseiten die finanzielle Basis entzogen werden.“ Hensel wollte seinen Aufruf zum Boykott freilich nicht als Boykottaufruf verstanden wissen, nur als eine Art Orientierungshilfe für die angesprochenen Unternehmen. Er sagt: „Es wird oft so getan, als ob ich Volksaufklärer wäre oder Unternehmen sage, was sie zu tun haben. Das obliegt jedem Unternehmen selbst.“ Die Entscheidung, ob ein Unternehmen weiterhin auf einer bestimmten Seite Werbung schaltet oder nicht, bleibe dem jeweiligen Unternehmen überlassen.
Das klingt maßvoll, wie eine Empfehlung der Stiftung Warentest, beim Kauf einer bestimmten Waschmaschine auf den Energieverbrauch zu achten. Für welche Maschine der Kunde sich am Ende entscheidet, bleibe seine Sache. Man wolle dem Verbraucher nur bei einer „informierten Kaufentscheidung“ behilflich sein.
Man kann, finde ich, auch nicht mit absoluter Gewissheit behaupten, dass die feschen SA-Leute, die am 1. April 1933 vor jüdischen Geschäften Posten bezogen, einen Boykott jüdischer Geschäfte im Sinn hatten. Vielleicht wollten sie die Passanten nur darauf aufmerksam machen, wem die Geschäfte gehören, wobei es jedem Kunden überlassen blieb, ob er in dem jeweiligen Geschäft einkauft oder nicht.
Ich will damit weder suggerieren noch andeuten, dass Gerald Hensel, Stratege bei der Agentur „Scholz & Friends“, ein später Nazi sein könnte. Im Gegenteil, ich bin mir sicher, er hat keine Ahnung, dass der Spruch „Deutsche! Wehrt Euch! Kauft nicht bei Juden!“ die Mutter aller Hashtags war. Ich bin mir allerdings auch sicher, dass er den Namen „davaidavai“ nicht zufällig für seine Seite gewählt hat. Und der rote Sowjetstern, der darüber steht, hat auch keine dekorative Funktion. Das ist nicht der „radical chick“ eines linken Intellektuellen, der mit Frantz Fanon, dem kleinen roten Buch von Mao und filterlosen Gauloises aufgewachsen ist, es ist ein Bekenntnis, das Hensel symbolträchtig verpackt. Der Mann ist ein Kultur-Stalinist, einer, der das Gute will, so wie er es definiert, und alle anderen dazu zwingen will, es ebenfalls zu wollen.
Die „Achse des Guten“ taucht auf Hensels tatsächlicher Blacklist zwar gar nicht auf, die Werbekunden werden schon ihre eigenen Schlüsse aus der Broder-Kloake gezogen haben. Der bellt mal wieder den falschen Baum an, er sollte vielleicht seine Werbeagentur wechseln. Statt Scholz & Friends zu belästigen und zur Hexenjagd gegen sie und gegen vor allem Gerald Hensel aufzurufen.
Gerald Hensel hat wohl noch einen zweiten Fehler gemacht: vor Henryk M. Broder hatte er mal Achtung.
Scholz & Friends (repräsentiert von Stefan Wegner) stellten sich heute trotz oder wegen des rechtsradikalen Sperrfeuers hinter Gerald Hensel: Für Meinungsfreiheit und Respekt und Alf Frommer aka Siegstyle schrieb einen erfreulichen Blog, daraus:
…
Machen wir uns nichts vor: diese neurechten Biedermänner geben Brandstiftern das geistige Rüstzeug, mit dem sie körperliche Angriffe legitimieren. Insofern ist die Aktion #KeinGeldFürRechts meiner Meinung nach ein geeignetes Mittel, um brennende Asylbewerber-Heime zu verhindern. Das mögen die ach so intelligenten Autoren dieser Blogs anders sehen, aber am Ende landet man vom alarmistischen Text, beim Alarm der Feuerwehr, die nach einem Brandanschlag gerufen wird. Nichts anderes ist der Fall.Jeder wehrhafte Demokrat hat dadurch meines Erachtens das Recht und die Pflicht etwas dagegen zu tun. Auch gegen die “Achse des Guten” (selbst wenn da nicht jeder Text neurechts ist). Jetzt wird Hensel als Blockwart beschimpft, der Nazi-Methoden benutzt, wie einst bei „Kauft nicht bei Juden“. Dieser Vergleich (wie viele Nazi-Vergleiche) hinkt an allen Ecken und Enden. Im April 1933 war Hitler an der Regierung, er stellte paramilitärische SA-Männer vor jüdische Geschäfte und drangsalierte deren Besitzer und deren Kunden. Nicht nur verbal, sondern körperlich. Und mit dem Gewalt-Monopol des Nazi-Regimes. Gerald Hensel dagegen, ist ein Aktivist ohne all deren Macht. Er kann Unternehmen nur auf deren Werbe-Partner hinweisen und sagen: „Meint ihr, dass ihr in diesem Umfeld werben wollt?“ Scheinbar wollen das viele der Firmen wirklich nicht. Denn auch die wissen, dass Hassprediger, AfD-Sympathisanten und Weltuntergangs-Herbeischreiber kein Umfeld sind, in dem weltoffene Unternehmen werben wollen und sollen. Diese Firmen ziehen also freiwillig ihre Budgets zurück und setzen diese an besserer Stelle ein. Ohne Zwang, ohne gröhlende Uniformträger, ohne Gewaltmonopol. Einfach aus Einsicht.
Jetzt bricht ein gewaltiger Shitstorm über Hensel hinein. Denn die Neurechten sind hervorragend im Netz organisiert und verstehen es ihre Peer-Group zu mobilisieren. Sie rufen ihrerseits zum Boykott auf: vor allem gegen die Werbeagentur, in der Gerald Hensel arbeitet. Dessen Arbeitgeber hat sich heute hinter seinen Mitarbeiter gestellt. Trotz tausender schlechter Bewertungen innerhalb weniger Tage auf ihrem Facebook-Kanal. Dafür gebührt Scholz & Friends Respekt. Vor allem deswegen, weil es eigentlich mehr politische Werber braucht. Intelligente, tolerante, kreative und vor allem weltoffene Menschen, die nicht einfach schweigen, wenn um sie herum gerade versucht wird gesellschaftliche Errungenschaften wie Gleichberechtigung, Inklusion oder Toleranz gegenüber sexueller Orientierung wieder zurückzudrehen.
Werber haben gelernt, wie man nicht abgehoben mit normalen Menschen sprechen kann. Der abgehobene links-intellektuelle Diskurs erreicht diese oft nicht. Für uns dagegen ist es Alltag, Botschaften zu entwickeln, die Herz und Kopf treffen – von Leuten wie Du und Ich. Wir sollten diese Kompetenz nutzen. Manche machen das: als Wahlkämpfer für demokratische Parteien. Andere können neue Wege finden, wie Gerald Hensel. Wichtig ist, dass wir uns nicht einschüchtern lassen, weil die Neurechten sehr laut werden können. Und sehr hassvoll. Sie meinen zwar, dass es nur eine Einheitsmeinung gibt und sie keine Stimme hätten, dafür ist ihre Stimme im Netz zum Teil penetrant laut. Sie kapern die Kommetar-Spalten und machen sie zu einer Mono-Kultur ihrer Weltsicht. Aber auch hier gilt: Nur weil sie sich eben – qua ihres eingebildeten Minderwertigkeitsgefühls – besser mobilisieren lassen, sind sie nicht in der Mehrheit.
Der politische Werber ist nicht tot. Im Gegenteil, er fängt gerade erst an.
Finde ich so treffend wie ermutigend, Davai Davai.
Scheißbild: Stencil in Neuendettelsau, Foto (beschnitten) Moros
Update 15.12.16 11h:
Gerald Hensel hat bei Scholz & Friends gekündigt und residiert derzeit aus Sicherheitsgründen in einem Hotel nicht in Berlin. Der Stern hat ihn interviewt, sollte man lesen.
Stern: Auf Ihrer Website „davaidavai.com“ haben Sie eine Liste veröffentlicht mit Websites, die Sie als rechts klassifizieren.
Gerald Hensel: Es geht mir nicht darum, dass ein Kreuzzug gegen einzelne Seiten geführt wird. Es geht darum, dass die Leute, die Banner schalten, ein Verständnis dafür kriegen, wohin sie eigentlich ihre Werbegelder lenken. Es geht mir nicht um Blacklisting. Ich habe nie zu einem Boykott aufgerufen. Ich habe gesagt: „Werbeleiter dieser Welt, schaut mal wieder hin, wohin ihr euer Geld gebt. Ihr habt nämlich keine Ahnung mehr, wie eure Budgets funktionieren. Oft sind es eben manipulative Knoten, die Gesellschaften in Echtzeit in Hate-Mobs verwandeln.“
Stern: In der Liste taucht die „Achse des Guten“ nicht auf. In einem langen Text über Ihre Aktion stellen Sie den von Henryk M. Broder betriebenen Blog allerdings in einen Kontext mit „Breitbart“ und „Pi-News“. Warum haben Sie das gemacht?
Gerald Hensel: Ganz einfach, weil ich manchmal ein naiver Idealist bin. Ich bin ein Mensch, der eine Idee hatte. Ich habe einen definitiv nicht rechtsicheren Text geschrieben. Dennoch haben sich diese Leute demaskiert und gezeigt, wer sie wirklich sind.
Gerald Hensel am 18.11.2016 bei W & V Online: Wir dürfen nicht mehr unpolitisch sein
Mehr W&V:
8.12.16, Frank Zimmer (Redaktionsleiter): Shitstorm gegen Scholz & Friends
12.12.16, nochmal Frank Zimmer: Achse des Guten: Wie sich ein Blog zu Tode empört
14.12.16, Stefan Wegner (als Gastautor): Scholz & Friends: Jetzt spricht der Chef von Gerald Hensel
Zur Stellungnahme von Stefan Wegner pflegt Michael Gassmann, Welt eine recht eigenwillige Lesart: Scholz & Friends geht auf Abstand zu #keingeldfürrechts (ich hätte schwören können, daß da gestern abend noch ‚Hensel‘ statt ‚#keingeldfürrechts‘ stand)
(Fettung dvw)
Zum Vergleich noch einmal Stefan Wegners Text (nahezu wortgleich veröffentlicht auf mindestens 3 Plattformen:
Auf Twitter haben Broder- und Tichy-Jünger eine Nachtschicht eingelegt, Hensels Tweets nach antisemitisch interpretierbarer Israelkritik gescannt und glauben, im Juli 2014 fündig geworden zu sein. Beliebte hashtags: #deutschekauftnichtbeijuden #Antisemitismus
Telepolis, Florian Rötzer (13.12.16): Die Achse des Guten im Kampf gegen das linke Böse
In Florian Rötzers in Gänze lesenswertem Artikel finden sich drölfzig links, die ich hier nicht eingebastelt habe.
Und der Bundesrichter haut – in anderem thematischen Zusammenhang, Stichwort Freiburg – ganz wundervoll auf die Kacke:
Ein schwacher, aber immerhin ein Trost, das Fischer so etwas in der Zeit noch schreiben darf, ein beliebiger Kommentator mit dem gleichen Text würde wahrscheinlich schnell wegeditiert.
Liane Bednarz über den Jargon von Roland Tichy und seinen Blogautoren und darüber, was im „Cicero“ gesagt werden darf: „Kriegs- und Auschwitz-Komplex“
Liane Bednarz ist eine ausdrücklich konservative Publizistin und eine der wenigen, die sich – neben ihren Analysen von rechtsradikaler Rethorik – um präzise Abgrenzung zur Rechten bis Rechtsradikalen verdient macht.
Franz Sommerfeld schreibt bei Carta über Tichys Boykott-Inszenierung und die Verrohung der Sitten, daraus:
Gerald Hensel hat bei Scholz & Friends gekündigt und residiert derzeit aus Sicherheitsgründen in einem Hotel nicht in Berlin. Der Stern hat ihn interviewt, sollte man lesen.
Thomas Stadler, Internet-Law (15.12.16): War #KeinGeldFürRechts ein unzulässiger Boykottaufruf?
Lesenswert ist auch die Diskussion unter Stadlers Tweet.
Liane von Billerbeck und Hans-Joachim Wiese im dradio in einem 6-minütigen Gespräch mit Gerald Hensel: Shitstorm und Morddrohungen
(ghoulies humming) as we walk into the shitstorm, we fear no reveal, for we have placed a statue of Voltaire in front of us, by all the free speech thrown at it, its looking really ugly, virtually, just like our species speeches.
Solche Sachen sind der Grund warum sich kaum ein Ausserirdischer auf unseren Planeten traut, bei dem was man im Anflug schon alles so über die Bewohner lesen kann (und hören, danke für den audio-link), würde ich auch schnell abbiegen.
greetings from the pit -abghoul
Nicht nur Voltaire, rechtsradikale Scheißestürmer mißbrauchen inzwischen auch liebend gern:
– Rosa Luxemburg: Freiheit ist immer Freiheit des anders Denkenden.
– Martin Niemöller: Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.
– Berthold Brecht: Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß, und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher!
– Ignazio Silone: Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: ‹Ich bin der Faschismus›. Nein, er wird sagen: ‹Ich bin der Antifaschismus›
– die weiße Rose: Nichts ist eines Kulturvolkes unwürdiger, als sich ohne Widerstand von einer verantwortungslosen und dunklen Trieben ergebenen Herrscherclique „regieren“ zu lassen.
usw.usf.
Meike Laaff, taz: Nicht mit meiner Marke mit interessanten Zahlen, nämlich u.a. zu den Firmen, die nicht mehr bei Breitbart werben möchten und dazu, was Gerald Hensel heute so macht, nämlich einen Verein namens ‚Fearless Democracy‘ gründen.