Foto: Screenshot bei CNN (beschnitten)
Nein, das ist leider nicht Alfred E. Neumann in fortgeschrittenem Alter.
Das ist Jefferson „Jeff“ Beauregard Sessions der Dritte.
Der war der erste US-Senator, der Trump öffentlich unterstützte. Dafür wird er nun mit der Ernennung zum United States Attorney General belohnt – Generalbundesanwalt und Justizminister in Personalunion.
Der Mann vertritt den Bundesstaat Alabama als Senator/Attorney General seit 20 Jahren und zwar unangefochten, mit immer mindestens 59% der Wählerstimmen. Er gilt als einer der 5 konservativsten Politiker der USA.
Um mal auszuloten, was in Trumpland so alles unter ‚konservativ‘ fällt – das ist zum Beispiel, wenn:
- einer erklärt, er sei kein Rassist, weil „his children went to integrated schools and that he had shared a hotel room with a black attorney several times„
- einer einen schwarzen Attorney als „boy“ (und sowieso Schwarze wiederholt als „Neger“) adressiert und ihn anweist, „to be careful what he said to white folks„
- einer einen weißen Attorney „a disgrace to his race“ nennt, weil der sich mit Bürger- und Menschenrechtsfragen beschäftigt
- einer die Briefwahl von sehr betagten schwarzen Bürgern für „mail fraud“ hält und deren Unterstützer zu mehr als 100 Jahren Gefängnis verurteilt sehen wollte
- einer jedes Einwanderungsgesetz opponiert, gleichzeitig sehr stark gegen „Illegale“ und gegen das amerikanische Geburtsrecht ist
- einer Trumps Muslim-Ban unterstützt, mit den Worten: “We have no duty to morally or legally admit people. … We need to use common sense with the who-what-where of the threat. It is the toxic ideology of Islam.”
- einer gegen ein Verbotsgesetz der grausamen, inhumanen oder degradierenden Behandlung von Häftlingen stimmt
- einer den Ku Klux Klan ganz in Ordnung findet, „until he learned that they smoked marijuana“ und hinterher kundtut, das sei ein lustiger Scherz gewesen
- einer glaubt, die NAACP, die Southern Christian Leadership Conference, die Operation PUSH und das National Council of Churches „were all un-American organisations teaching anti-American values„
- einer die National Association for the Advancement of Coloured People (NAACP) und die American Civil Liberties Union (ACLU) als „un-American“ and „communist-inspired“ bezeichnet
- einer findet, NAACP und ACLU würden mehr Schaden als Gutes bewirken, indem sie die Civil Rights „down the throats of people“ zwingen
- einer gegen ‚don’t ask, don’t tell‘ stimmt und findet, homosexuelle Paare sollten “go off at the beach and have flowers and play rock music” im Rahmen einer symbolischen, nicht rechtlich anerkannten Zeremonie
- einer glaubt, ein Homosexueller im Supreme Court „would be a big concern that the American people might feel— might feel uneasy about that„
- einer den Supreme Court für gefährdet hält, wenn dort ein „secular mindset“ herrscht
- einer den Bau einer Mauer an der mexikanischen Grenze für „biblical“ hält und eine „loosely“ Lesart der Bibel fürchtet
- einer Justiz und Civil Rights (angewendet zugunsten von z.B. homosexuellen Bürgern) als “a sword to assert inappropriate claims that have the effect of promoting political agendas” versteht
- einer findet, es gäbe keinen menschengemachten Klimawandel, denn CO2 sei “really not a pollutant”, sondern “plant food”
- einer die bezahlbare Gesundheitsversorgung von ungeborenem Leben über die von ungewollt Schwangeren stellt
- einer meint, es sei „a stretch„, unerbetenes ‚pussy-grabbing‘ als sexuellen Übergriff zu werten
- der solchen Vorwürfe entgegen setzt: „That was not fair, that was not accurate. Those were false charges using distortions of anything that I did. And it really was not. I never had those kinds of views, and I was caricatured in a way that was not me„
Einige seiner Positionen kosteten Jeff Sessions in der Reagan-Ära noch das Richteramt am U.S. District Court for the Southern District of Alabama. Heute, in Trumpland, qualifizieren sie ihn zum Justizminister und Generalbundesanwalt.
Das war übrigens mal die Antwort von Lynyrd Skynyrd auf 2 Songs von Neil Young, Southern Man und Alabama, ungebrochen aktuell und weil ich gerade darüber gestolpert bin, die Urversion in Neil Youngs Scheune:
Die Idee, die USA seien ein zivilisiertes Land, wird mit Personal wie Mike Pence und Jeff Sessions allenfalls zu einer fixen, spinnerten.
Quellen:
On the Issues: Jeff Sessions Abstimmungsverhalten bei verschiedenen ‚Civil Rights‘ und Jeff Sessions on Abortion, Contraceptives etc.
The Rachel Maddow Show: Jefferson Beauregard Sessions III’s Ugly Past
Sarah Wildman, Guardian: Jeff Sessions’s chequered past
Evan Osnos, The New Yorker: Donald Trump and the Ku Klux Klan, a History
Amber Phillips, Washington Post: 10 things to know about Sen. Jeff Sessions, Donald Trump’s pick for attorney general
Ari Berman, The Nation: The First Senator to Endorse Donald Trump Is a Longtime Opponent of Civil Rights
Miranda Blue, Right Wing Watch: 12 Reasons Jeff Sessions should never be Attorney General und Jeff Sessions: Keep ‘Secular Mindset’ Off The Supreme Court
Alex Pappas, The Daily Caller: Jeff Sessions: It’s biblical to built a wall!
Scott Zamost, Curt Devine, Katherine Noel, Jim Acosta, CNN: Sessions dogged by old allegations of racism
Pema Levy, Mother Jones: This Is the Only Recent Time Jeff Sessions Voted to Expand Health Care Coverage. It was to cover fetuses at the expense of their mothers
Danielle Paquette, Washington Post: It’s not clear if Jeff Sessions thinks grabbing a woman by the crotch is sexual assault
Matt Apuzzo, Mark Landler, New York Times: With National Security Choices, Trump Builds Team to Bulldoze Status Quo
The Economist: No ideologue? Donald Trump chooses Jeff Sessions for attorney-general
Ganz interessant, was Nikolaus Fest (Ex Bild am Sonntag, jetzt AfD) aus Trump lernt und der AfD rät: Das Soziale sei für die Wahl nicht wesentlich, sondern das Kulturelle, das Identitäre. Er rät der AfD zu dem Slogan „Ich will mein Land zurück“, wohl, weil „Ich mache Deutschland wieder groß“ nicht oder noch nicht so gut ankommt.
Aber Fest hat vermutlich recht. Die AfD kann das Soziale als Thema aussparen oder es als Abgrenzung nach außen definieren: „Wir geben den Ausländern zu viel Geld – das ist die soziale Frage“.
Ich komme darauf, weil Trump massiv gegen Muslime hetzte, obwohl die in den USA nicht ökonomisch am unteren Rand leben.
Ja na klar, das spart schließlich eine Menge Zeit. Wenn die … (<-Nationalität Ihrer Wahl einsetzen) zuerst kommen, ist es ja nicht mehr nötig, soziale Fragen oder gar Ideen wie die Menschenwürde oder die Gleichheit und -berechtigung aller Menschen zu diskutieren.
In den USA kommt derzeit eine 2007 in Kenia entwickelte Plattform zum Einsatz, Alex Rühle darüber in der Holz-Süddeutschen: Ushahidi
Here we go again: USA Post Election Monitor
Da nun „unamerikanische Umtriebe“ nicht mehr Sache eines Ausschusses, sondern Chefsache sind, dürfen die Eagles zitiert werden:
Mirrors on the ceiling
The pink champagne on ice
And she said, ‚we are all just prisoners here, of our own device
And in the master’s chambers
They gathered for the feast
They stab it with their steely knives
But they just can’t kill the beast
Das ist ein für mich so schlimmer Ohrwurm, daß ich nicht mal die Musik hören muß, um ihn im Ohr kleben zu haben, grmpf…
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Pema Levy, Mother Jones: Sessions‘ Anti-Immigration Influence Will Go Far Beyond His Role as Attorney General
Der Artikel ist weit ausführlicher und mit links nur so gespickt, deren Einpflegung ich mir hier gespart habe. Ein beunruhigendes Netzwerk!
Noch eine interessante Personalie ist Mike Flynn, der designierte nationale Sicherheitsberater – ansonsten Ex-Defense-Intelligence-Agency-Chef und Militär, der Hillary Clinton im Gefängnis zu sehen und keine Juden mehr in der Regierung wünscht (<-war ein Mausrutscher).
James Kitfield, Politico: How Mike Flynn Became America’s Angriest General – mit einem Sack voll Salz zu lesen, bzw. mit Glenn Greenwalds Frage im Ohr: Who funds and runs the Politico?
Andrian Kreye in der Süddeutschen über Donald Trump und den Pragmatismus: Warum Trump jedes Mittel recht ist
Dieser Artikel erklärt mir Trumps Wahlsieg mehr als jeder andere davor.
Noch ein lesenswertes Erklärmodell: „Es gibt keinen Weg zurück“
Was bedeutet Trump für Amerikas Neue Linke? Ein Gespräch mit der Feministin Nancy Fraser und ihrem Mann, dem Psychoanalytiker Eli Zaretsky