„Haupteinfallstor“

haupteinfallstor
Grenze in Idomeni. Screenshot bei heute.de, beschnitten.

Haupteinfallstor“ nennt Donald Tusk die Balkanroute, die heute beim Türkei-Sondergipfel hermetisch geschlossen werden wird.

Am Montag sollten wir diesen Ansatz bestätigen. Damit werden wir die Westbalkanroute schließen, die mit 880.000 Flüchtlingen 2015 und bereits 128.000 in den ersten zwei Monaten dieses Jahres das Haupteinfallstor gewesen ist.

Mit „dieser Ansatz“ meint er das Ende der „Politik des Durchwinkens“ und die Wiederanwendung der „gemeinsam vereinbarten Regeln“ von Schengenabkommen und Dublinregelung, die xte. In Budapest (und Bukarest) wurde er letzte Woche auf seinem Weg zum Flugmeilenmillionär gar nicht erst empfangen, anders als Horst Seehofer.

Hauptgarant der in der Festung Europa offenen Grenzen für alle (except: Flüchtlinge) ist die Türkei, wo soeben die größte regierungskritische Zeitung unter Wasserwerfereinsatz und reichlicher Tränengasanwendung staatlich übernommen wurde und wo unter dem verschlissenen Etikett der Terrorabwehr der Krieg gegen die Kurden weitergeführt wird: ein lupenrein demokratisches und sicheres Land. Als Gegenleistung für die Flüchtlingsaufhaltung fordert die türkische Regierung Visafreiheit für türkische Staatsbürger in der EU und 3 Milliarden Euro.


 

Mit 31,8% der abgegebenen Stimmen in Büdingen, Ortsteil Michelau (kein Witz, der Ortsteil heißt so) für die NPD und einem zweistelligen Wahlergebnis für die AfD bei den gestrigen Kommunalwahlen in Hessen wurde der Versuch der Anwendung des Grundgesetzes, Präambel, AEMR-Bezug, Artikel 1, Menschenwürde quittiert.

In Büdingen wurde im vergangenen Herbst eine Erstaufnahme (800 Flüchtlinge) in einer ehemaligen Kaserne eingerichtet, zur Entlastung der Erstaufnahmestelle in Gießen.

Die NPD Hessen hat sich – dem Zeitgeschmack entsprechend – stark auf das Thema Hetze gegen Geflüchtete fokussiert. Unter anderem agitierte der NPD-Hessen-Vorsitzende Daniel Lachmann gegen ein Erstaufnahmelager in Büdingen, die NPD verantwortete auch die Facebook-Seite „Büdingen sagt NEIN zum Erstaufnahmelager für Asylanten“. Im März gab es eine Veranstaltung zum Thema, zu der auch der NPD-Bundesvdorsitzender Frank Franz und der NPD-Berlin-Vorsitzende Sebastian Schmidtke anreisten. Lachmann konnte mit dem Thema auch bei der Bürgermeisterwahl in Büdingen punkten: er erhielt 8,2 Prozent der Stimmen, nachdem er zuvor bei Bürgermeisterwahlen Nidda und Wölfersheim mit zwischen 1,8 und 4,3 Prozent eher kläglich abgeschnitten hatte.

Die absolute Mehrheit in Hessen haben übrigens die Nichtwähler. Leider sind die Haupteinfallstore für die Nutznießung an Wohlstand und Demokratie bei gleichzeitiger Nichtteilnahme an demokratischen Prozessen in Deutschland nicht so leicht zu schließen wie die Balkanroute.

Daniel Lachmann vertritt u.a. die Ansicht, „dass alle Ausländer in ihre Heimatländer zurückgebracht werden sollen“ und „es habe bestimmt gute Gründe gegeben, Hitler in vielen deutschen Städten zum Ehrenbürger zu machen.


 

Ehrenbürger mit Ehrenmedaille wurde vor einem Jahr im baden-württembergischen Engelsbrand (Enzkreis) ein in Italien zu lebenslänglicher Haft verurteilter deutscher Nazi-Kriegsverbrecher:

Wilhelm Ernst Kusterer gebühre Anerkennung und deswegen eine Ehrenmedaille. Die erste überhaupt, die je am Ort verliehen worden ist. 22 Jahre lang (1975 bis 1997) war Kusterer Mitglied des Gemeinderates gewesen. Und er hatte sich mit “vielfältigem Engagement um die Heimatgemeinde verdient gemacht”, schrieb dazu die Pforzheimer Zeitung. Am 4. März 2015 wurde der damals 93-Jährige in einem Festakt ausgezeichnet.

Vor wenigen Tagen hat Walter Cardi von der Nachricht Kenntnis erhalten. Er ist Vorsitzender des Vereins, der sich zum Ziel gesetzt hat, das Gedenken an den Massenmord von Marzabotto bei Bologna aufrecht zu erhalten. In der Gegend hatte 1944 die 16. SS-Panzergrenadier-Division „Reichsführer-SS“ gewütet. Alleine in der Zeit vom 29. September bis 5. Oktober fielen etwa 800 nicht an Kampfhandlungen beteiligte Zivilisten einer verbrecherischen Strategie zum Opfer. Die Resistenza, der bewaffnete Widerstand der Partisanen, sollte mit Methoden des schieren Terrors gebrochen werden: Durch Folterung und Ermordung der daheimgebliebenen Frauen, Kinder und Alten.

Deutschen Medien ist das bis jetzt keine einzige Zeile wert, während die italienischen Medien entsprechend berichten – seit die vor einem Jahr verliehene Ehrenmedaille vor einigen Tagen in Italien bekannt wurde.


 

Boris Palmer (Bündnis90/Die Grünen) wurde als erster Befürworter eines Schießbefehls an europäischen Grenzen publik. Ihm pflichten u.a. Frauke Petry und Beatrix von Storch bei.

Was bei der folgenden Erregerei über das Ausrutschen auf Mäusen und über die feine Differenzierung des Dochnichtschießenwollens auf Kinder ins Hintertreffen geraten ist: jeder, der Obergrenze und Haupteinfallstor denkt und sagt und will, meint Schießbefehl.

Aber das Schließen des Haupteinfallstores für die unfaßliche Dummheit des Denkens in Uniform und der reinen Privilegienverteidigung ist ebenfalls schwerer als die Schließung der Balkanroute.

Wahrscheinlich muß es extra dazu geschrieben werden: weiterer Ausbau der Festung Europa in Form der Abriegelung der Balkanroute unterstützt nicht eine einzige arme Kommune in Deutschland bei der Aufnahme und Integration der Flüchtlinge. Nicht eine einzige der Fluchtursachen wird bekämpft. Und es wird davon auch kein einziger der rund 60 Millionen Flüchtlinge weltweit weniger werden.

Die Flüchtlinge werden bloß wieder aus den Michel-Schlagzeilen verschwinden, dem Haupteinfallstor in die Festung unserer eng bemessenen Aufmerksamkeitsökonomie.

 

12 Kommentare zu „„Haupteinfallstor“

  1. Unsere gesamte westliche Welt und Restzivilisation weigert sich stupide und unter letzten Zuckungen, sich den Tatsachen und Folgeerscheinungen zu stellen, die ihre Vergangenheitsverbrechen (als da u.a. wären: Imperialismus und Kolonialherrschafft, Kriege und Stellvertreterkriege, Hochrüstung, Ressourcenausbeutung, wirtschaftliche Unterwerfung und kapitalistische Ausbeutung, Umweltzerstörung) der letzten Jahrhunderte heraufbeschworen haben und noch werden. Wir sind sozusagen dabei, uns auf der Flucht vor den Konsequenzen unseres eigenen Handelns in einer waffenstarrenden Festung einzuigeln, in der Illusion, so davonzukommen.
    Aber das kann und wird nicht gelingen. Entweder, wir stellen uns endlich den Tatsachen und somit auch unserer Verantwortung gegenüber den Opfern und Leidtragenden (was Umdenken, Einsicht, Teilhabe und Neuverteilung bedeutet), oder aber wir werden allesamt verrecken, indem wir uns gegenseitig erschlagen und massakrieren.
    Ich persönlich glaube immer weniger an die erste Variante, denn Einstein hatte wohl recht mit seiner Einschätzung:
    „Zwei Dinge sind unendlich: das Universum und die menschliche Dummheit, aber beim Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“

    1. Wir sind sozusagen dabei, uns auf der Flucht vor den Konsequenzen unseres eigenen Handelns in einer waffenstarrenden Festung einzuigeln, in der Illusion, so davonzukommen.

      Das gleicht immer mehr dem australischen Weg der „Pacific Solution„. Nur eben nicht durch ein ziemlich großes Meer mit geheimgehaltener Militärmission zur Flüchtlingsabwehr, sondern durch Militärjargon und -denke, Verschleiern und Verschweigen, Appelle an den Glauben an die vorgeblich einfachen Lösungen, durch Entpolitisierung und Volksverdummung und durch Kalkül mit der begrenzten Aufmerksamkeitsökonomie. Handwerklich nicht ganz ungeschickt.

  2. Genova bringt einen der Unterschiede zwischen der deutschen und der türkischen Gesellschaft auf den Punkt:
    Kurze Nennung des eigentlichen Problems

    In Istanbul leben derzeit rund 300.000 Flüchtlinge aus Syrien. In Sachsen leben derzeit rund 20.000 Flüchtlinge aus Syrien. Wären die Istanbuler genauso scheiße wie die Sachsen, gäbe es dort auch fünfzehnmal so viele Anschläge auf ihre Wohnungen. Gibt es aber nicht.

    Die Journalistin Luise Sammann:

    Die Tatsache, dass es in der Türkei trotz weit mehr als zwei Millionen syrischer Flüchtlinge kaum Konflikte gibt, beeindruckt mich jeden Tag. Erst recht in einem Land, in dem die Mehrheit der Menschen selbst alles andere als reich ist.

    Fernab jeder Sozialromantik interessieren hier die Ursachen. Es fiel mir auch bei meinen Italienbesuchen in den letzten 20 Jahren auf, dass dort illegale Schwarze ihre Waren auf den Straßen feilbieten und es wird weitgehend toleriert. In Deutschland undenkbar. Wie überhaupt illegale Einwanderung.

    Der deutsche Rassismus hat viel mit deutschem Ordnungsdenken zu tun, vermute ich. Wer querparkt, wo er längsparken soll, ist Volksverräter.

  3. Zum ausgezeichneten NS-Kriegsverbrecher und Mörder Kusterer aus italienischen Medien (danke an ed2m!):

    In der Blogosphäre der Tageszeitung Il Fatto Quotidiano schreibt soeben der Journalist und Karikaturist Mimmo Lombezzi:

    “Als mein Sohn Martino (der in Bologna lebt) mich zu Besuch zu den Ruinen von Monte Sole führte, hörte ich das Echo der gleichen Schreie, die ich jahrelang in Bosnien oder im Libanon wahrgenommen hatte. Heute lese ich, dass Wilhelm Kusterer, einer der (seinerzeit) sehr jungen Serial-Killer, die in Monte Sole mehr als tausend Zivilisten umbrachten, von der Verwaltung seines Dorfes Engelsbrand eine Medaille wegen seiner “politischen Verdienste” erhalten hat. Der junge Bürgermeister von Engelsbrand wusste offenbar nicht, dass die Hand, die er während des Festaktes drückte, von dem Blut der Massaker befleckt ist, die die Kompanie von Kusterer in Casaglia, Caprara, Colulla, Abelle und San Giovanni di Sotto begangen hat.

    Ich hoffe, dass eine Delegation der Angehörigen der Opfer bald Engelsbrand besucht und dort auf dem Dorfplatz die Bilder zeigt, was von den Dörfern des Monte Sole übrig geblieben ist. Die Ruinen sprechen, und vielleicht sind es dann die Mitbürger von Kusterer selbst, die ihm die Medaille wieder abreißen und ihn zurück in die Kloake der Geschichte stoßen.”

    (Übersetzung der Karikatur: “Es sind sechs Stunden Autofahrt von Mailand nach Engelsbrand. Blöd nur, dass ich mich nicht mehr erinnere, wo wir die Gewehre vergraben haben …” “Um Kusterer die Medaille abzureißen, reichen die Hände” “… und der Mund, um ihm ins Gesicht zu spucken….”. Unterschrift: “Die deutsche Gemeinde Engelsbrand zeichnet Wilhelm Kusterer, einer der Henker von Marzabotto, wegen seiner politischen Verdienste aus”)

    Titel im Corriere della Sera:

    “Togliete quella medaglia a Kusterer, il boia di Marzabotto”

    (Nehmt Kusterer, dem Henker von Marzabotto, die Medaille wieder ab)

    Titel und Teaser in La Repubblica:

    “Medaglia tedesca a uno dei boia di Marzabotto, rabbia e sconcerto a Bologna”
    “Wilhelm Kusterer, condannato all’ergastolo per la strage del 1944 (quasi 800 morti), premiato dal suo Comune come “cittadino onorevole”. Da istituzioni e politici bolognesi l’appello alla cancelliera Merkel: “Via quel riconoscimento”

    (Deutsche Medaille an einen der Henker von Marzabotto, Wut und Entsetzen in Bologna
    Wilhelm Kusterer, wegen des Massakers von 1944 (beinahe 800 Tote) zu lebenslanger Haft verurteilt, ist von seiner Gemeinde als “ehrenhafter Bürger” prämiert worden. Von Verbänden und Politikern aus Bologna der Appell an Kanzlerin Merkel: “Weg mit der Anerkennung”)

    Teaser in Il Fatto Quotidiano:

    “Il riconoscimento per meriti politici come consigliere comunale è stato consegnato a Wilhelm Kusterer dal comune tedesco di Engelsbrand. Protestano i comitati per la memoria dei caduti dell’eccidio nazifascista avvenuto nel 1944. L’assessore regionale: “Gesto contro tutti noi che cerchiamo di costruire un futuro di pace”. Interrogazione Pd in commissione Esteri: “Berlino la ritiri”

    (Die Anerkunnug für politische Verdienste als Gemeinderat wurde Wilhelm Kusterer von der deutschen Gemeinde Englesbrand verliehen. Dagegen protestieren die Komitees zum Gedenken an die Gefallenen des nazifaschistischen Gemetzels von 1944. Der Regionalrat: “Eine Geste gegen uns alle, die wir versuchen, an einer friedlichen Zukunft zu arbeiten.” Fragestunde der Sozialdemokraten im Auswärtigen Ausschuss: “Berlin muss sie zurücknehmen”)

    Die englischsprachige Agenturmeldung ist hier zu finden -> ANSA vom 4.3.

  4. medico international kritisiert die Schließung der Balkanroute für Flüchtlinge und fordert humanitäre Hilfe und legale Reisemöglichkeiten.

    „Wir wagen nicht, uns auszumalen, was passiert, wenn die Flüchtlinge begreifen, dass es tatsächlich kein Weiterkommen mehr für sie gibt“, sagt Marc Speer vom medico-Partner MovingEurope, der die Menschen am griechisch-mazedonischen Grenzübergang in Idomeni mit Informationen versorgt und die Menschenrechtslage beobachtet. „Die Gefahr, dass hier Panik ausbricht, ist groß.“ Schon jetzt herrscht Chaos. Kinder verlieren ihre Eltern in der Menschenmenge und immer wieder kollabieren einzelne Flüchtlinge vor Erschöpfung und Verzweiflung.

    Derzeit sitzen um die 15.000 Flüchtlinge in Idomeni fest, in einem Lager, das ursprünglich auf 1.500 Menschen ausgelegt war. Bereits in den letzten Wochen wurde der Grenzübergang nach schwer durchschaubaren Kriterien nur noch für einige wenige Syrer und Iraker am Tag geöffnet. Inzwischen greifen weitere Filter wie zum Beispiel die Abweisung von Menschen, deren Papiere einen türkischen Stempel enthalten, der älter als ein Monat ist. „Im Grunde ist es reine Willkür, die hier herrscht. Es geht darum, die Hoffnung bei den Flüchtlingen aufrechtzuerhalten, selbst am Ende zu den wenigen Auserwählten zu gehören, die die Grenze passieren dürfen. So soll ein Aufstand verhindert werden“, so Speer.

    Proteste der Flüchtlinge gegen die Segregations- und Hinhaltepolitik wurden in den letzten Tagen mit Schockgranaten und Tränengas von mazedonischer Seite beantwortet. Ein Kleinkind wurde in der entstandenen Massenpanik schwer verletzt und ein Wortführer des Protestes sowie eine weitere Person in seiner Begleitung bei ihrem legalen Grenzübertritt von mazedonischen Sicherheitskräften schwer misshandelt, wie das MovingEurope-Team in einem ausführlichen Bericht darlegt.

    700 Millionen Euro soll Griechenland an humanitärer und logistischer Unterstützung für die Versorgung der Flüchtlinge erhalten. „Was diese Menschen vor allem brauchen, sind legale Reisemöglichkeiten. Familienzusammenführungen müssen wieder ermöglicht werden“, sagt medico-Migrationsreferentin Ramona Lenz. „Eine komplette Schließung der Grenze ist ohnehin nicht möglich. Sie ist vor allem der innenpolitischen Motivation geschuldet, Handlungsfähigkeit zu beweisen. Die Flüchtlinge werden dadurch auf andere, gefährlichere Routen verwiesen. Die einzigen, die davon profitieren, sind die Schlepper.“

  5. In Zorneding ist Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende zurückgetreten, nachdem er Haßpost bis hin zu Morddrohungen bekommen hatte. Nach Erlaubniserteilung zum Rassismus durch CSU-Angehörige, wozu der Scheuer Andi keine Stellung beziehen möchte.

    Im Oktober hatte sich die CSU-Ortsvorsitzende Sylvia Boher im Parteiblatt „Zorneding Report“ zur Flüchtlingslage geäußert. Sie sprach von einer „Invasion“ und führte aus [Rechtschreibung folgt dem Originalzitat]: „Heute wird uns von den Links dominierten Medien weiß gemacht ein Militärdienstflüchtling aus Eritrea ist mit einem Heimatvertriebenen Deutschen des 2. Weltkriegs gleichzusetzen???“ Es folgten kritische Stellungnahmen auch des Pfarrers und ein offener Brief des Pfarrgemeinderats von St. Martin, der die lokale CSU aufforderte, die Abbildung der beiden Gemeinde-Kirchtürme aus dem Logo ihrer Werbepostille zu entfernen.

    Wenig später trat Bohers Vize Johann Haindl in der Ebersberger Zeitung nach. „Der [gemeint ist der Pfarrer, Anm. der Red.] muss aufpassen, dass ihm der Brem [Altpfarrer von Zorneding] nicht mit dem nackerten Arsch ins Gesicht springt, unserem Neger.“

    Die Äußerungen der CSU-Lokalpolitiker scheinen das Klima in Zorneding massiv verschlechtert zu haben. Noch im Oktober hatte Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung erklärt, er habe bisher in Zorneding keine Ausgrenzung erfahren. Danach erhielt er immer mehr Schmähpost, darunter auch massive Drohungen mit Formulierungen wie „Ab mit dir nach Auschwitz“ und „Nach der Vorabendmesse bist du fällig“.

  6. Wenn mehr als 50 Prozent aller Wahlberechtigten in Hessen unter der Störung „Nichtwählen“ leiden, kann man getrost von einer Volkskrankheit sprechen. Extra 3 nimmt sich einfühlsam dieses Tabuthemas an: Elektionsstörungen | extra 3 | NDR

  7. „Boris Palmer (Bündnis90/Die Grünen) wurde als erster Befürworter eines Schießbefehls an europäischen Grenzen publik.“

    Mein Gott ja, so sind’s, die Grünen. Es war die erste erklärtermaßen pazifistische in Deutschland, die an der Regierung beteiligt wurde, welche die Bundeswehr zum ersten Mal in ihrer Geschichte in einen echten, richtigen Krieg geschickt hat.
    NIE WIEDER PAZIFISMUS, NIE WIEDER KRIEG!

    1. Politik als Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln – nämlich mit der scharfen, chirurgisch exakten Axt des Pazifismus: Schnitt!
      Wer sich dafür stark machen will, muss mit der windelweichen Wohlfühl-Ideologie der Grünen hochgerüstet sein, oder: politischer Pragmatismus fordert eben seine Opfer, und die grün-vegane Revolution frisst ihre Kinder.
      Ein krasser Fall von Körnerfresser-Kannibalismus?

  8. Aram Lintzel, taz: Rassismus ohne Rassisten

    In der bürgerlichen Mitte ist ein Rechtsruck festzustellen. Die Leute wollen hassen und dabei anständige Männer und Frauen bleiben.

    Der Cicero-Chefredakteur Christoph Schwennicke brachte es vorletzte Woche in der Sendung „Maybrit Illner“ fertig, Sigmar Gabriel vorzuwerfen, er befördere den Rechtspopulismus. Vermutlich lag er damit angesichts Gabriels Auslassungen über das „Solidaritätsprojekt für unsere eigene Bevölkerung“ richtig – erstaunlich war nur, wie selbstbewusst Schwennicke die Tatsache abspaltete, dass sein Magazin Cicero längst zur Plattform für neurechte Ideologiebildung geworden ist.

    Auf der Internetseite von Cicero erschien kürzlich ein vieldiskutierter Text des Kulturredakteurs Alexander Kissler, in dem dieser sich über die „Identität des Volkes“ sorgte und insinuierte, Merkel betreibe eine „fundamentale Veränderung des Staatsvolkes“. Während sein Redaktionskollege das neurechte Phantasma vom „großen Austausch“ paraphrasiert und dabei klingt, als verbringe er jedes freie Wochenende auf Götz Kubitscheks Rittergut, macht Schwennicke die anderen für den Rechtspopulismus verantwortlich. …

    Hätte Gabriel das Glossar vorab gelesen, wäre seine Reaktion auf Schwennicke weniger verdruckst ausgefallen. Denn wie rechte Ideologie in den Mainstream sickert, lässt sich an Cicero gut beobachten. Als „Magazin für politische Kultur“ gibt man die Stimme der Mitte-Vernunft und untermischt den durchaus seriösen Journalismus mit einschlägigen Thesen für die empfängliche Klientel.

    Wer Cicero-Redakteur Alexander Kissler auf Twitter folgt, wird mit Junge-Freiheit-Zitaten, Rechtskatholizismus, Russlandverehrung und Gemecker über sich selbst gleichschaltende Journalisten versorgt. Den Warm-up für Schwennickes Gig bei Illner hatte übrigens einen Donnerstag vorher der Handelsblatt-Chefredakteur Gabor Steingart in der gleichen Sendung gegeben.

    Ungestört konnte er Flüchtlinge sprichwörtlich verbrämt als Gift bezeichnen (“Die Menge macht das Gift“) und sich dann im Jargon der Neuen Rechten um die „Homogenität“ des kontaminierten Volkskörpers zu sorgen. Niemanden aus der Runde störte sich daran. Dass „Homogenität“ ein unhintergehbares Urbedürfnis ist, wie rechte Autoren es in ihrem Kampf gegen „Überfremdung“ gebetsmühlenartig wiederholen, scheint inzwischen konsensfähig zu sein.

    Diese Form des bürgerlichen othering – „Rechte und Rassisten sind immer die anderen“ – dient letztlich auch nur dazu, die rechte Ideologie „in unserer Mitte“ unsichtbar zu machen.

  9. Schauschau, es gibt doch ein klein wenig deutsche Presse zum SS-Kriegsverbrecher Wilhelm Kusterer. Die Pforzheimer Zeitung hat die Meldung vom 05.03.2015

    Wilhelm Kusterer erhält Engelsbrander Ehrenmedaille
    Engelsbrand. Offiziell gibt es die Auszeichnung, mit der Wilhelm Kusterer zu Beginn der Sitzung im Grunbacher Rathaus ausgezeichnet worden ist, noch nicht.

    Dass der ehemalige Gemeinderat, der 22 Jahre lang von 1975 bis 1997 Mitglied des Kommunalparlaments war, dennoch mit der Ehrenmedaille der Gemeinde Engelsbrand für sein vielfältiges Engagement gewürdigt werden konnte, hat laut Bürgermeister Bastian Rosenau folgenden Grund: Im Moment sei nicht absehbar, wann die eigentliche Auszeichnung regulär an verdiente Bürger der Gemeinde vergeben werden könne. Mit Vertretern von Vereinen sei man aktuell dabei, eine geeignete Veranstaltung zu konzipieren.

    Kusterer sei ein Bürger, der sich in vielen Bereichen um seine Heimatgemeinde verdient gemacht habe, unterstrich Rosenau. Dass Wilhelm Kusterer ein rühriger und honoriger Bürger Engelsbrands ist, wurde anhand der Auflistung deutlich, wie und wann sich der heute 93-Jährige im Laufe der Jahre engagiert hat.

    heute irgendwann offline genommen, dafür ist am 7.3.2016 erschienen:

    Schatten eines Kriegsverbrechens liegt auf Ehrung eines Engelsbrander Bürgers

    Engelsbrand/Rom. Für die Gemeinde Engelsbrand hagelt es Kritik aus Italien. Es geht um die Ehrung für einen Mann, der in Italien nach einem Urteil eines Berufungsgerichts in Roms als Beteiligter an einem Massaker deutscher Soldaten im Herbst 1944 in der norditalienischen Gemeinde Marzabotto gilt. Von diesen Vorwürfen habe die Gemeinde nichts gewusst, sagt Bürgermeister Bastian Rosenau: Man werde sie genau prüfen.

    Das Rathaus wurde gestern mit Anfragen überhäuft. Opferverbände in Italien hatten auch Kanzlerin Angela Merkel und die deutsche Botschafterin in Rom angeschrieben. Den vielfach geehrten Mann habe man für seine langjährigen Verdienste in Kommunalpolitik und Gemeinde- und Vereinsleben würdigen wollen – ohne Kenntnis von möglichen Verstrickungen in Verbrechen aus dem Zweiten Weltkrieg. Unterlagen, die man auf Italienisch erhalten habe, werde man gründlich prüfen und auch Kontakt zu deutschen Justizbehörden aufnehmen, so Rosenau. Erst dann werde der Gemeinderat darüber beraten, wie man mit der Ehrung vorgeht.

    Der Betroffene selbst bestreitet eine Beteiligung an den Verbrechen von Marzabotto.

    Und die Junge Welt bringt heute (8.3.2016) einen lesenswerten Artikel, in dem aber Wilhelm Kusterer zu Wilhelm Küster gemacht wird: Ehrung für einen Mörder

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