0,6g und der Vorname ‚Fall‘

0,6gunddervornamefall
Foto: Daniel R. Blume, beschnitten

Volker Beck hat einen zweiten Vornamen, nämlich ‚Fall‘ und scheint unter verabscheuungswürdigen Umständen verstorben zu sein.

Das könnte man meinen, wenn man die medialen und politischen Nachrufe auf ihn liest. Mein Liebling neben der heutigen FAZ „Abtritt eines Minderheiten-Aktivisten“ und der gestrigen B**dzeitung „Grüner mit Hitler-Droge erwischt!“ war gestern queer. Dort wird der Kretschmann gemacht und ein „Supergau für die LGBT-Bewegung“ beklagt. In Form der steilen These, daß Becks Besitz von 0,6g einer betäubungsmittelsuspekten Substanz‘ auf alle Homosexuellen zurückfalle, daraus von den „stärker werdenden Gegnern“ auf Jahre Kapital geschlagen würde und ein Generationenwechsel bei der „Ökopartei“ Gebot der Stunde sei.

Als wären die Vorwände zum Hassen von Homosexuellen für Homosexuellenhasser nicht beliebig und austauschbar und Solidarität – jedenfalls für Micha Schulze von queer – ein Fremdwort! Na, vielleicht sollte ich als Hete meine Solidarität mit Homosexuellen auch mal überdenken? (Scherz, schlechter)

Der einzige tatsächliche Widerspruch zu den nachrufenden Distanziereien allerorten kommt von Margarete Stokowski bei SPON „Plötzlich ein Untoter“ und von Springer, von Deniz Yücel: „Volker Beck hätte nicht zurücktreten müssen

Der Grünen-Politiker Volker Beck soll mit 0,6 Gramm „einer betäubungsmittelverdächtigen Substanz“ erwischt worden sein, angeblich war es Methamphetamin (Crystal Meth). Das finden alle ganz schlümm – oder total hihi („Breaking Beck“). Wie vorhersehbar. Wie abgedroschen. Und wie verlogen. Cool wäre etwas anderes. Eine fraktionsübergreifende Erklärung von Abgeordneten aller Fraktionen: „Wir haben konsumiert.“ So wie weiland jene Erklärung im „Stern“, die das Tabuthema Schwangerschaftsabbruch öffentlich ansprach.

Eine solche Erklärung wäre nicht nur cool, sie wäre auch ehrlich. Vor gut 15 Jahren wurden in etlichen Bundestagstoiletten Spuren von Kokain gefunden. Neuere Befunde gibt es zu diesem Thema nicht. Aber es spricht nichts dafür, dass eine Untersuchung heute zu niedrigeren Werten kommen würde, ganz im Gegenteil. …

Beck ist jemand, bei dem man weiß, wofür er im Bundestag sitzt – was wahrlich nicht für alle dort gilt. Ein Anwalt der Bürgerrechte und ein leidenschaftlicher Kämpfer gegen Rassismus und Antisemitismus. Er hält sich auch zugute, Ende der Achtzigerjahre dazu beigetragen zu haben, dass sich die Grünen und die Schwulenbewegung von pädophilen Aktivisten trennten, die in diesen Milieus zuvor herumgespukt waren.

Natürlich gibt es Gründe, die einen Politiker trotz früherer Verdienste unhaltbar machen. Eines solchen Vergehens aber hat sich Beck nach allem, was bislang bekannt ist, nicht schuldig gemacht.

So ist es.

Was hat eigentlich Deniz Yücel bei Springer verloren? Zahlen die so dermaßen gut, daß er sich bereitwillig als Zuckerbrötchen zur Hitler-Drogen-Peitsche hergibt?


 

Bitte folgen Sie mir nun zu einem kleinen gedanklichen Spaziergang in die sinisteren Bereiche der Cui-bono-Fragen und Verschwörungstheorien:

Volker Beck stand vor zweieinhalb Jahren fünf vor der Bundestagswahl schon einmal unter Beschuß. Wegen seines Einsatzes in den späten 1980ern für die Reform des Sexualstrafrechts, genauer: Entkriminalisierung von Pädosexualität. Was er als Einsatz für die Entkriminalisierung von Pädophilen verstanden wissen wollte und für seinen damaligen und von vielen Zeitgenossen geteilten Irrtum einer Existenz gewaltfreier Sexualität zwischen Kindern und Erwachsenen um Entschuldigung bat. Aber und unzutreffend Manipulationen an seinem Text von 1988 unterstellte. Was die Unterstellung von Pädosexualität (oder deren Unterstützung) mit der Existenz eines Politikers so alles anstellt, konnte man kurz darauf an noch jemandem mit dem schönen Vornamen „Fall“ besichtigen, an Sebastian Edathy.

Zur politischen Erledigung von Volker Beck hatte es aber vor zweieinhalb Jahren noch nicht ganz gereicht.


 

Nun wurde Volker Beck offenbar beim Verlassen einer von der Polizei observierten Dealerwohnung in der Nähe des Nollendorfplatzes beobachtet und von der Polizei angehalten und gefilzt.

Dazu stellen sich zwei Fragen, die aus seltsamen Gründen nirgendwo aufgeworfen werden:

  1. seit wann gibt es in Berlin Dealer, die 0,6g-Gebinde Meth feilbieten?
  2. wann genau wurde die Immunität von Bundestagsabgeordneten aufgehoben?

Dealer verkaufen entweder glatte Grammmengen oder wiegen Grammmengen zu bestimmten Euro-Beträgen ab. 1 Gramm Meth kostet laut berufener Auskunft in Berlin unter 75 Euro. Volker Beck hätte also für 0,6g Meth höchstens unrunde 45 Euro, wahrscheinlich aber weniger bezahlt. Dealerübliche Summen wären 25, 50, 75 Euro, woraus wiederum keine 0,6g Meth werden.

Das Betreten oder Verlassen einer Wohnung ist kein Straftatbestand, anläßlich dessen die Immunität von Parlamentariern zu einem unverbindlichen Verhaltensvorschlag für Polizisten schrumpfen würde. Ich kann mir kaum vorstellen, daß Volker Beck das als rechtspolitischer Sprecher seiner Partei nicht wissen, bereitwillig seine Taschen leeren oder deren Filzung zustimmen sollte. Damit bliebe die Frage offen, wie der Fund der 0,6g überhaupt zustande kam. Ich bin auf die Stellungnahme von Becks Anwalt neugierig.


 

In der Hauptstadt sind zwar erst im September Wahlen, aber der amtierende Innensenator Henkel von der CDU würde gern Regierender werden und läßt schon seit einer ganzen Weile die Muskeln spielen oder eben nicht spielen.

Zu erwähnen wäre die nicht wirklich präsente Polizeipräsenz am Kottbusser Tor in Kreuzberg. Wo vor etwa einem halben Jahr der harte Drogenhandel in osteuropäische Hand überging, seitdem unzuverlässige, meist miese Qualität am Start ist, nebst den dazugehörigen Junkies in elendem Zustand. Seit einer Weile sind außerdem Taschendiebstähle, Gewalt und sexualisierte Belästigungen Legion. Dazu gehen die berufenen Auskunftsquellen auseinander. Die einen wollen von „illegalen Nordafrikanern“ wissen, die anderen von „Berliner Arabern der 4. Generation, die sich durch die Anschläge in Paris ermutigt und von der Silvesternacht in Köln bestätigt finden“. Die Polizeipräsenz wird wieder übereinstimmend beschrieben als „2 Frührentner und ein Mädchen“.

Zu erwähnen wäre der Polizeieinsatz am 14.1.2016 in der Rigaer Straße 94 in Friedrichshain, wo rund 500 Polizisten, ein SEK und ein Hubschrauber gegen ein (1) besetztes Haus in Stellung gebracht, Wohnungen ohne Durchsuchungsbeschluß gestürmt, 10 to Briketts verhaftet, Feuerlöscher, Gasflaschen und Baumaterialien zu Gefahrengut erklärt und allerhand Sachschaden verursacht wurde.

Zu erwähnen sind die klandestinenGefahrengebiete“ im grün regierten Kreuzberg-Friedrichshain, in denen die Polizei jederzeit anlaßlos agieren kann.

Man könnte am Beispiel Friedrichshain-Kreuzberg glatt zum Schluß kommen, daß sich der Herr Innensenator Henkel von der CDU mit Hilfe seiner Polizei wahlkämpferisch gegen Linke und Grüne zu positionieren versucht.


 

Der Nollendorfplatz liegt nun nicht Kreuzberg oder Friedrichshain, sondern in Schöneberg.

Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt sind nicht Berlin, nicht Schöneberg und schon gar nicht Friedrichshain-Kreuzberg.

Aber warum kommt es eigentlich niemandem komisch vor, daß Henkels Polizei einen erfreulich unbequemen grünen Parlamentarier fünf vor 3 Landtagswahlen filzt und prompt das Nächstverabscheuenswürdigste nach Kinderficken findet?

Wem nützt das?

 

19 Kommentare zu „0,6g und der Vorname ‚Fall‘

    1. Hach. Thomas Fischer. Rausch und Strafe:

      Seither ist die Thematik um einen neuen Knaller erweitert worden. Ich meine natürlich den unglaublichen Skandal um den Politiker Volker Beck, einen hochverdienten Abgeordneten des Deutschen Bundestags, Kämpfer für Schwulen- und Lesbenrechte, Vertreter einer liberalen Drogenpolitik, unermüdlicher Läufer gegen die Wände der Ignoranz. Seit letzter Woche wissen wir nun, was er in Wahrheit ist: „Selbsternannter Moralapostel“, schrieb der eine, „überdrehter Aktivist“, kommentierte die andere.

      Gewiss, ganz zufällig wurde Beck im nächtlichen Berlin nämlich einer Fahrzeug- und Leibeskontrolle unterzogen und hatte null Komma sechs Gramm einer betäubungsmittelverdächtigen Substanz bei sich. Diese Diagnose hätte an diesem Abend auch auf weitere 30.000 Berliner zugetroffen. Aber das ist jetzt auch egal, denn jeder Berliner mit einer betäubungsmittelverdächtigen Substanz ist einer zu viel, weiß der Kriminalkommissar, und am Ende handelt es sich sowieso wieder bloß um die Spitze eines Eiskristallbergs.

      Ach Du meine Güte! Da wird doch nicht etwa ein Sieben-Tage-Sechzehn-Stunden-Politiker eine „Substanz“ zu sich genommen haben? Reihenweise fallen in der betroffenen Bürgerrechtspartei seit jenem 2. März die vorsitzenden Cannabispflanzer mit Balkon und die ostdeutschen Teetrinkerinnen rechts und links von dem enttarnten Schwerverbrecher ab. Sie haben es ja, wie man wispern hört, immer schon gesagt, aber aus purer Menschenliebe halt bloß ganz leise. Ein „schweres Fehlverhalten“ hat der Ministerpräsident von Stuttgart 21 aus der Ferne diagnostiziert, und Frau Göring-Eckardt hat dem Deutschlandfunk gesagt, 0,6 Gramm einer verdächtigen Substanz hätten nur wahrlich „nicht das Geringste“ mit einer liberalen Drogenpolitik zu tun.

      Es sind also Fachleute am Werk, allesamt im Wahlkampfmodus – wie Kermit, der Frosch, zwei Minuten vor der Live-Ausstrahlung: Applaus, Applaus! Jetzt bloß keinen evangelisch-müslisüchtigen Trollingerfreund aus Tübingen verunsichern, dass er am Ende in der Wahlkabine das Zittern kriegt und in der Zeile verrutscht! Apropos Spitze des Eisbergs: Das kann ja nun wirklich noch nicht alles gewesen sein! Mein Gott, was mag da noch für ein Abgrund dahinter gähnen! Jawohl, Leser, Leserinnen, Verbrecher und Verbrecherinnen: Da stecken mindestens 30 Tonnen Kokain dahinter, die das deutsche Volk sich jedes Jahr auf die Schleimhäute streut. Plus Ketamin, Amphetamin-Derivate jeglicher Art, Crystal und Ephedrin, Hitlers Vitaminpillen und Jägermeister in handlichen Verbrauchsdosierungen von 0,05 bis 1,5 Liter für den kleinen und den großen Durst. Jahrzehntelang waren Stoffe mit deutlicher Ähnlichkeit zu Crystal bei deutschen Dealern in den besten Lagen, firmierend unter „Goethe-, Schiller-, Schloss- oder Kreuzapotheke“, frei verkäuflich unter der Rubrik „Appetitzügler“. Nahm der adipöse oder ermattete Deutsche zehn statt einer Kapsel, drehte er voll auf, schlief zwei Tage nicht und mutmaßte ernsthaft, demnächst den Nobelpreis für seine göttlichen Penne arrabiata zu kriegen.

      Was ich Ihnen damit sagen will? Fallen Sie doch nicht immer auf immer dasselbe Spiel herein. Denken Sie an Jägermeister und Eierlikör, Appetitzügler und Serotoninabbauhemmer in Ihrem eigenen Leben und dem Ihrer Lieben. Fragen Sie die Politiker Ihres Vertrauens, auf welche wunderbare Weise es ihnen gelingt, seit 20 Jahren sieben Tage die Woche vierzehn Stunden für nichts als unser aller Wohl zu arbeiten, ohne abhängig, abgedreht, depressiv, therapiert, verzweifelt, süchtig oder verrückt zu sein.

      Wenn aber die Antwort lautet: Meine ganze Kraft kommt aus der Liebe zu meiner Familie, zu Deutschland, zur Exportwirtschaft und zum Abendland, dann glauben Sie jedes Wort. Denn der besorgte Bürger könnte es nicht ertragen, wenn so viel Inbrunst gelogen wäre. Fehlerfreie Aufrichtigkeit bis in die verstecktesten Winkel seiner Seele und seines Lebens ist es nämlich, was er, dem eigenen Vorbild folgend, von seinen Abgeordneten verlangt.

      Wie immer: in Gänze lesenswert.

      1. seit gestern geistert der Focus mit der Meldung herum: Beck habe offenbar Angaben zu seinem Drogenbesitz gemacht. „Nach FOCUS-Informationen soll er gegenüber den Fahndern spontan erklärt haben, die verbotene Substanz sei nicht für ihn selbst, sondern für jemand anderen. Mit dieser Einlassung könnte sich Beck als Dealer geoutet und damit zusätzlich strafbar gemacht haben.“
        Quelle: http://www.focus.de/politik/deutschland/drogenfund-bei-volker-beck-becks-aussage-bei-polizei-und-bringt-ihn-noch-mehr-in-schwierigkeiten_id_5350159.html
        Ich frage, wo ist der gesunde Menschenverstand geblieben? Es gibt keine neuen Erkenntnisse, ’nach Focus-Informationen‘ ist keine nachvollziehbare Quelle. Etwas zu behaupten mag Mittel zum Zweck sein, aber dann auch bitte mit Blick auf die Mittel und va auf den Zweck. Wenn ‚im Zweifel für den Angeklagten‘ Gültigkeit hat, ist dann den Angeklagten in Zweifel stellen, das Gesetz auf den Kopf stellen wollen?

  1. Nach der ersten Meldung wusste ich nicht, wie ich mir die Szene vorstellen sollte:
    da tritt ein großer, schlaksiger Mann in langem Mantel mit hochgeschlagenem Kragen aus einer Haustür, in der einen Hand einen durchsichtigen Plexiglaskoffer voller Bargeld, in der anderen einen Stapel Bücher über Drogen und -sucht, zusammengehalten durch eine Gürtelschlaufe, nach wenigen Schritten wird er von mind. 2 Personen in Zivil angesprochen, allerdings in einer Sprache, die der große, schlaksige Mann nicht versteht und somit auch nicht antworten kann mit: mein Name ist Großerschlaksigermann, ich bin MdB, ich gehe jetzt weiter die Straße runter… schönen Tag noch.

    Bevor er sich ausweisen kann, also nachdem er die Hände wieder auf Hüfthöhe sinken lassen durfte, greift eine der Personen in Richtung seiner Manteltasche, aus der anscheinend oder doch scheinbar ein klitzekleines Tütchen zu rutschen droht, die zivile Person fängt dieses Tütchen quasi freundlicherweise auf, darauf prangt groß die kleine Zahl Nullkommasechs.
    ‚Holla‘ hörte Herr B. aus B., das versteht sich in jeder Sprache.
    Flugs legt er (er hat ja sonst nix zu tun), und das bleibt ihm gegönnt von ziviler Gehorsamsseite, per social media seine politischen Ämter nieder, indem er mitteilt, was alle eh jetzt schon wissen.
    Den Rest regeln die Anwälte ähm, nein, stop, das regeln die sofort (oder schon vorher) über alle Details inklusive Namen informierten und ausposaunenden ‚Topmedien‘.
    So geht ungefähr cui bonos Anfang?

    1. Ja, das wäre schon mal ein schöner möglicher Anfang.
      Zur Atmo vielleicht ein paar Nebelschwaden aus offenen Kanaldeckeln, flackernde Gasbeleuchtung und ein paar entferntere Hintergrundgeräusche wie Peng, Skrunsch, Zonk usw.?

      1. Ich vergaß den ‚Atomkraft – Nein danke!‘-Button am Revers…
        Warum Herr B. aus B. nicht auf dem (Treppen-) Absatz kehrt machte, weiß wohl auch nur er. Es sei denn, er hat das Kamerateam auf der anderen Straßenseite erblickt. Was nicht schwer war bei dem blinkenden BLÖD-Käppi, das der Mann mit der Regieklappe trug…und dem über die Straße hallenden ‚Uuuund … Action!‘

        1. Bei Volker Beck prangt neben oder sogar statt des Atomkraft-nein-danke-Dingens auf alle Fälle die rote Schleife der Aidshilfe, manche glauben, auch der Davidstern. Zum Rest werde ich mich nicht unzweideutig positionieren, das ist bei VTlern unüblich. Aber: die Gedanken sind frei (sic!).

          Die Deutsche Welle hat den „Fall“ Beck übrigens aufgeklärt: Wenn der Staat die Telefonsex-Rechnung zahlt

          Ausweg Drogen?

          Und nun Volker Beck. Er wurde nach dem Kauf von Drogen, und zwar dem „Teufelszeug“ Crystal Meth, gefasst. Bevor der mediale Spießrutenlauf richtig beginnen konnte, zog er sich von seinen politischen Ämtern zurück.

          Der SPD-Politiker Michael Hartmann hatte zuvor Ähnliches erlebt, ist inzwischen aber rehabilitiert und zurück in der Politik. Er ging ganz offensiv mit seinem Drogenkonsum um, redete über seine Lebenskrise.

          Das moderne Leben macht das Leben für Politiker nicht unbedingt einfacher. Das Internet trotz aller Segnungen verschärft den ohnehin enormen Aufmerksamkeitsdruck. Das Handy ist nun einmal keine Sekretärin, die eingehende Anrufe filtert. Diskutiert wird im politischen Berlin durchaus die Frage, ob dieses Leben Drogenkonsum fördere.

          Anders als in den Jahrzehnten zuvor ist auch: Es gibt wohl kaum noch die klassische Politiker-Gattin, die dem gestressten Mandatsträger frisch gewaschene Hemden und emotionalen Ausgleich bieten kann.

          Fall gelöst und abgeschlossen, die fehlende Gattin war’s.

          1. Soweit ich weiß ist Herr B. aus B. Witwe/r. Und für niedergelegte politische Ämter kann er erneut kandidieren.
            Mal abwarten, was von seiner Seite ggf über die Anwälte geäußert wird. Offensiv ist das Souverän von heute.
            Auch und erst recht beim scenario, das nur in Teilen öffentlich gemacht wurde. Die anderen Teile (wer, wie, warum?) interessieren mich viel mehr als das Wer.

  2. Nachdem das Netz extrem anfällig für „Unveröffentlichung“, „Depublizierung“ und „die Suchmaschine gibt es nicht her“ geworden ist, hier ein kleiner Fund zu Ihrer cui-bono-Frage:

    In seinem Morning Briefing („Die Lage“) vom 1.3.2016 hat René Pfister, Leiter Hauptstadtbüro DER SPIEGEL folgende tagesprägende Sentenz eingestellt:

    Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck verlangte, dass die CDU Steinbach die rote Linie aufzeigen müsse, ein Parteiordnungsverfahren sei „das Mindeste“. Es ist erstaunlich, dass ausgerechnet Beck immer am lautesten nach dem Schafott schreit. Er hat als junger Referent der Grünen-Bundestagsfraktion an einem Sammelband mitgewirkt, in dem er sich für straflosen Sex mit Kindern aussprach. Als diese Position nicht mehr dem Mainstream bei den Grünen entsprach, behauptete er, man habe ihm die umstrittene Passage nachträglich hineinredigiert, was sich als unwahr herausstellte. Beck überlebte die Affäre, weil keiner sich so richtig aufregen wollte. Wahrscheinlich wäre für Steinbach die größte Strafe, wenn man sie einfach mal ignorierte.

    Am Abend fand der (vermeintliche) Drogenfund statt bei Volker Beck statt.

    In der Folge ist es nicht schwer, von hier den Brückenschlag zu „Moralapostel“ und von dort zum Attribut „selbsternannt“ (die Verlinkung in die einschlägige Gosse am rechten Wegesrand spar ich mir und Ihnen) nachzuvollziehen.

    Die eigentliche Konnotation erledigte natürlich die Zeitung auf ihren vier Buchstaben. In unser aller Suchmaschine hat das betreffende Snippet Eingang gefunden als

    Sexuell stimulierend | Wie aus Hitlers … – Bild.de vor 2 Tagen – Auch Adolf Hitler soll die Horror-Droge Crystal Meth genommen haben … von der Polizei erwischt: Bundestagsabgeordneter Volker Beck (55, …“

    Das sieht per Screenshot so aus, wobei die Browser-Überschrift die Funktion eines ersten Teasers übernimmt, der sowohl optisch als auch in der Suchmaschine hervorgehoben ist. Mitnichten und -neffen Hitler, sondern „sexuell stimulierend“. Von Spiegel bis B*** ist man also im Plan.

    Aber welchem?

    1. Zur „einschlägigen Gosse am rechten Wegesrand“ gehört das Wir-haben-mehr-zu-bieten-CDU-Mitglied Vera Lengsfeld, die den Text ‚Der tiefe Fall des Moralapostels Beck‚ bei der Achse des Guten einstellte, ruckzuck von eigentümlich frei übernommen.

      Wer jetzt etwa glaubt, eigentümlich frei würde in Ken-Jebsen-Manier Texte klauen, kennt die Klagefreudigkeit von Herrn Broder nicht – es ist davon auszugehen, daß ach gut mit ef kooperiert.

      eigentümlich frei gehört, wird herausgegeben und chefredaktioniert vom rechtslibertären Schöngeisterbahnfahrer André F. Lichtschlag. Lichtschlag schreibt auch Artikel für die Junge Freiheit und für die Sezession, die von Götz Kubitscheks Institut für Staatspolitik herausgegeben wird. Laut Kubitschek war Lichtschlag (vor 2003) auf ihn zugekommen, um „Rechten einen Ort der freien Rede zur Verfügung zu stellen.“ Als einen der wichtigsten Anknüpfungspunkte mit Lichtschlag benannte Kubitschek die gemeinsame Gegnerschaft zur 68er-Bewegung.

      Über Götz Kubitschek, dessen Netzwerking und seine via Pegida propagierte Widerstandsrethorik unter Berufung auf Artikel 20 Abs. 4 GG hat Liane Bednarz kürzlich einen must-read-Artikel geschrieben: Die gefährliche „Widerstands“-Saat der Neuen Rechten geht auf.

      Die Grenze zwischen CDUlern und amtlichen Rechtsradikalen ist fließend und zwar nach rechtsaußen und nach braunschwarz und unten – soviel zum ‚Plan‘.

      1. Einer der Ersten, der glaubte, ‚der politische Tod‘ (besser gesagt: der vermeintlich politische Tod) eines Grünen-Politikers sei ansteckend, war Herr Kretschmann, der bis dato in Vorwahlumfragen in Baden-Württemberg vor der CDU lag. Weil er seine Felle davonschwimmen sah, sprang er auf den plakativen Zug auf.

        Was allerdings nicht beabsichtigt sein konnte und was auch der von V. Lengsfeld geteilte Satz aussagt:
        „Zu befürchten ist, dass die Affäre Beck von der politischen Klasse ganz schnell beerdigt wird.“
        Denn Totgesagte leben länger, garantiert länger als es den Einfachnursolebenden, die mit Fingern auf mögliche Affairenhabende zeigen, lieb sein kann.
        Der Schuss konnte nur nach hinten losgehen … es sind nämlich nicht alle (wählenden Menschen) gleich doof.
        So. Und wer nun informierte die Presse, die Verdacht plus Namen in solch (erwartbarer) diskriminierender Form nennt? Und wo ist B.s Immunität hin?

        1. Zum Stichwort ‚länger lebende Totgesagte‘ schreibt Margarete Stokowski:

          Volker Beck lebt. Das sollte man nicht vergessen. Denn wenn man derzeit auf seine Facebook-Seite geht, liest es sich mitunter ganz anders. Da sind die Leute „traurig und betroffen“, sie schreiben: „Danke für alles“, „ein trauriger Tag“, „du wirst sehr fehlen“ und „der Respekt für deine Leistungen wird bleiben“. Eine frühere grüne Bundestagsabgeordnete wird von der „Süddeutschen Zeitung“ mit den Worten zitiert, man „verliere“ einen der „Allerbesten“. So viel anders würden die das alle nicht formulieren, wenn Beck einen tödlichen Skiunfall gehabt hätte – aber nein, er hatte eine andere Art von Unfall, wenn man so will.

          Die Frage, die sich für Volker Beck stellt, bleibt: Wann und warum ist so ein Drogenfund ein politisches Todesurteil? Vielleicht hätte Beck einfach koksen sollen wie jeder andere normale Mensch in Berlin-Mitte. Denn das Schlimmste an dem Fund ist die Vermutung, dass es Crystal Meth war, der unglamouröseste Dreck, den man sich reinziehen kann. Solange man nicht sicher weiß, ob es das war, gilt immer noch, dass

          – Beck erstens nicht unbedingt gegen seine eigenen Prinzipien verstoßen hat (denn er ist weder der Papst noch Beautybloggerin, sondern ein Politiker, der unter anderem für eine liberale Drogenpolitik steht) und
          – er im juristischen Sinne kein schweres Verbrechen begangen hat, weil die Menge, die er bei sich trug, als „geringe Menge“ nicht unbedingt eine Anklage nach sich zieht.

          Es bleibt aber natürlich der moralische Aspekt und die Frage der Vorbildfunktion. Crystal Meth wäre schlimm, weil es einfach keine Fair-Trade-Droge ist und man mit dem Konsum ziemlich sicher die falschen Leute unterstützt.

          So weit, so schlecht. Andererseits gehört es zum Wesen von Untoten, dass sie eben wiederkehren, das weiß man aus Zombiefilmen, und da sind sie oft – das ist der Witz dieser Filme – beeindruckend durchsetzungsfähig.

  3. Dresden hat das meiste Crystal Meth im Abwasser

    Dresden dröhnt sich mit Drogen voll – und das sogar messbar. Im Abwasser lassen sich erhebliche Spuren von Crystal-Resten der Konsumenten nachweisen, wie der Europäische Drogenbericht 2015 zeigt.

    Erschreckend: Neben Oslo (Norwegen) konsumieren die Dresdner besonders viel der gefährlichen Droge Crystal (Methamphetamine), führen mit den Norwegern beim Test unter 42 europäischen Großstädten. Exakt 133 Milligramm pro 1000 Einwohner und Tag fließen durchs Abwasser, so die gemessenen Proben von 2014.

    Kurios: Dienstags liegt der Wert bei über 150 Milligramm, das ist der Spitzenwert der Woche.

    Während Crystal in der Elbmetropole im Trend liegt, stehen in anderen Städten Koks und Marihuana oben auf der Liste. Beim Koks-Konsum steht London an der Spitze, beim Cannabis führt Amsterdam.

  4. Feiner Bildungsblog von Moritz Hoffmann: „Hitler-Droge!“: eine kurze Geschichte des Methamphetamin, daraus:

    Methamphetamin hatte übrigens auch noch eine Forrest Gump zur Ehre gereichende Nachkriegskarriere. Nach der Remilitarisierung bevorrateten sich Bundeswehr wie NVA mit dem Mittel für den Fall der Fälle. In den USA wurde es Bestandteil beliebter Diätpillen und somit zu einem der meistverkauften „Mommy’s Little Helpers“, also frei verkäuflicher Drogen, die insbesondere Hausfrauen abhängig machten, aber auch amerikanische Männer kamen in den Genuss, wenn sie in den Kriegseinsatz in Korea oder Vietnam geschickt wurden. Es spricht aber auch einiges dafür, dass Pervitin in kleinen Ampullen war, die ein Platzwart 1954 im deutschen Mannschaftsraum im Wankdorf-Stadion fand – dass Mannschaftsarzt Franz Loogen den Spielern vor dem WM-Finale eine Substanz injizierte, haben Ottmar Walter und Horst Eckel später zugegeben. Aber eine Schlagzeile wie „Grüner mit Wunder-von-Bern-Droge erwischt!“ wäre natürlich deutlich weniger knallend gewesen.

    Das Auto meines Vaters fuhr in meiner Kindheit ohne Scho-ka-kola nirgendwohin, er glaubte den Mythos, daß die nicht Koffein, sondern Pervitin enthielt.

    Ergänzend zu den kleinen amerikanischen Mutter-Helfern die populärwissenschaftliche Standardquelle über Ephedrin (das von Meth nicht sooo weit weg ist):

    In Deutschland war ein Kombipräparat namens Vencipon N auf dem Markt, welches mit 10 mg eine Dosis enthielt, die den Appetit zügeln sollte, um somit Diäten medikamentös zu unterstützen. In Dosen von etwa 50–70 mg wurde es als Stimulans missbraucht. Dieses Präparat wurde ebenfalls vom Markt genommen. Das Erkältungsmittel Wick MediNait enthält als nicht rezeptpflichtiges Arzneimittel Ephedrin in geringer Konzentration (26,7 mg pro 100 ml).
    Bis 2001 waren Ephedrinpräparate frei in deutschen Apotheken erhältlich.

    1. Die Margarete ist ziemlich cool, ja. So gut wie jedes Mal…
      Und obwohl ich kein Stones-Fan bin, hab ich jetzt nen Ohrwurm.
      Es wird alles viel zu heiß gekocht. Aber ich merke, dass dieses ‚auf ihn mit Gebrüll‘ nicht mehr funktioniert.
      Gut so. ;o) Sehr gut!

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