Kafka lebt!

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Screenshot RID-Group, Sanatorium Fürth

Es begab sich zu einer Zeit, als man den historischen Faschismus besiegt und dessen Folgen „wiedergutgemacht“ glaubte, da lebt im schönen Wien ein Architekt, Journalist, Publizist und Ausstellungskurator namens Stephan Templ. Der stieg wohl so manchem Faschismus-, Arisierungs- und Restitutionsgewinnler schmerzhaft auf die Zehen, als er zu Beginn  des Jahrtausends ein Buch veröffentlichte, in dem die Arisierungs- und Restitutionspraxis in Österreich beleuchtet und deren Profiteure namentlich benannt wurden: Unser Wien: „Arisierung“ auf österreichisch.

Es begab sich ferner, daß Stephan Templ ein Nachfahre der ursprünglichen Eigentümer des arisierten Sanatoriums Fürth in der Wiener Josefstadt ist, das der österreichische Staat im Jahr 2000 zum Verkauf anbot.

In dem herrschaftlichen Gebäude, 1886 in unmittelbarer Nähe zum Rathaus errichtet, befindet sich bis 1938 die führende Geburtsklinik der Wiener jüdischen Bourgeoisie, geleitet von der jüdischstämmigen Familie Fürth – den Vorfahren von Stephan Templ.

Den letzten Inhaber des Sanatoriums, Lothar Fürth, und seine Frau Suse zwingen Wiener Bürger am 3. April 1938, den Gehsteig vor der Klinik mit Zahnbürsten zu putzen – es ist eine der sogenannten „Wiener Reibpartien“, mit denen die jüdische Bevölkerung in der Folge des Anschlusses Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland gequält wird. Lothar Fürth und seine Frau begehen nach dieser öffentlichen Demütigung Selbstmord; das Sanatorium geht unter Missachtung des Testaments der Fürths an die Wehrmacht.

Bei Kriegsende beschlagnahmen die Amerikaner das Gebäude, das sie als Konsulat nutzen und der österreichischen Republik dafür monatlich Miete zahlen. Österreich befindet sich seit 1955 offiziell im Besitz des Sanatoriums, das nach den damaligen Restitutionsgesetzen nicht zurückgestellt wird, weil keine direkten Nachfahren von Lothar und Suse Fürth mehr am Leben sind. Eine Änderung der Gesetzeslage zugunsten entfernterer Deszendenten bringt erst das im Januar 2001 zwischen der österreichischen und der amerikanischen Regierung geschlossene Washingtoner Abkommen zur Regelung von Fragen der Entschädigung und Restitution für Opfer des Nationalsozialismus.

So die FAZ am 4.1.2014 (auch die nächsten drei Zitate von dort)

Zum Verkauf kam es nicht, weil die US-Botschaft protestierte, aber machte sich der österreichische Staat etwa auf die Suche nach überlebenden Erben? Was für eine dumme Frage, natürlich nicht. Das übernahm ein Herr privat arbeitender Genealoge „Sie können mich als Aasgeier bezeichnen“ Herbert Gruber.

Nicht ganz uneigennützig, versteht sich. Gruber hatte 39 potentiell Erbberechtigte aufgetrieben und ihnen Verträge angeboten:

Die Konditionen: Um den Antrag auf Restitution, der beim „Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus“ gestellt werden muss, kümmern sich Gruber und von ihm beauftragte Anwälte und Notare. Wird dem Antrag von der „Schiedsinstanz für Naturalrestitution“ stattgegeben, müssen die Erben im Gegenzug ein Drittel der zurückerhaltenen Summe an Gruber und Co abtreten.

Stephan Templ war nicht darunter, er realisierte erst im November 2005 bei einer Pressekonferenz zur Entscheidung der Schiedsinstanz, daß das Sanatorium überhaupt restituiert wird, 10 der von Gruber ausgegrabenen 39 Verwandten als anspruchberechtigt anerkannt wurden (und sich 8 von ihnen von Gruber vertreten lassen), demnach entfernte Verwandte und damit auch seine Mutter als Großnichte von Lothar und Suse Fürth erbberechtigt ist. Templ macht sich in Eile (Frist schon abgelaufen) an das Ausfüllen 30-40seitiger Formulare, in denen auch nach anderen möglichen Erbberechtigten gefragt wird. (dazu später mehr und noch mehr). Helene Templ wird Anfang 2006 offiziell in die Liste der Erbberechtigten aufgenommen.

Die Mehrheit der Erbberechtigten möchte das Palais schnellstens versilbern und der Herr Gruber präsentiert auch ebenso schnellstens einen Käufer, der fast 10 Millionen Euro dafür bietet. Helene Templ hat mit Gruber keinen Vertrag und besteht auf den Eintrag ihres Anteils im Grundbuch. Der aber ist erst nach Ablauf sämtlicher (inzwischen verlängerter) Antragsfristen möglich, nämlich 2009. Der potentielle Käufer hat sein Angebot inzwischen zurück gezogen, Gruber und die Erbengemeinschaft sind verärgert, es kommt zu einem ersten erfolglosen Prozess auf Entschädigung gegen Helene Templ. Sie wird Anfang 2010 im Grundbuch eingetragen und verkauft kurze Zeit später ihren Anteil für 1,1 Millionen Euro, unabhängig von Gruber und den anderen Erben. Deren Verkauf bringt nur noch knapp 8 Millionen Euro ein, man ist verstimmt und Herr Gruber macht sich an weitere Ahnenforschung. Und siehe da, schon wird er fündig: Helene hat eine Schwester namens Elisabeth Kretschmar, die mit ihr schon seit Jahrzehnten kein Wort mehr gewechselt hat, wegen – einmal raten reicht – genau: Geldstreitigkeiten. So weit, so noch nicht wirklich außergewöhnlich.

Das Außergewöhnliche kommt im Sommer 2012. Nachdem Elisabeth Kretschmar Ende 2011 von einem mit dem Genealogen Gruber verbandelten Notar Scheubrein über den Verkaufserfolg ihrer Schwester brieflich informiert wird, ihr Antrag auf Nachtrag als Erbberechtigte kurz darauf abgelehnt ist und sie ihre Schwester auf die Hälfte der erzielten Kaufsumme, 550.000 Euro, verklagt, muß sich Stephan Templ in Wien auf dem Polizeirevier melden und wird verhört. Ihm wird vorgeworfen, die Tante beim Formularausfüllen absichtlich und böswillig verschwiegen zu haben.

Damals macht er sich kaum Gedanken um die Sache: „Ich wusste, dass viele der anderen Erben auch keine weiteren Anspruchsberechtigten genannt haben – obwohl sie Kenntnis von deren Existenz hatten. Für niemanden hatte das juristische Konsequenzen.“ Als Templ dann im Januar 2013 die Anklageschrift erhält, stutzt er. Der Vorwurf lautet, er habe den österreichischen Staat um 550.000 Euro – die Hälfte des Gewinns aus dem Verkauf des Immobilienanteils seiner Mutter – betrogen. „Das ist absurd. Wenn es überhaupt eine Geschädigte gibt, dann ist das meine Tante, nicht die Republik Österreich“, sagt Templ.

Der Staatsanwalt sieht das anders: Hätte Stephan Templ im Restitutionsantrag seine Tante erwähnt, wäre diese vom Entschädigungsfonds über ihre Erbberechtigung informiert worden. Hätte sich die Tante dann gegen den Antritt ihres Erbteils entschieden, wäre dieses Vierundzwanzigstel des Sanatoriums im Besitz des Staates verblieben, so die Argumentation der Anklage. Da Helene Templ ihren Anteil an der Immobilie – ein Zwölftel – für 1,1 Millionen Euro verkaufen konnte, liege der Wert des Vierundzwanzigstels bei 550.000 Euro. Um diese Summe habe Stephan Templ folglich die Republik betrogen. „Wäre es nicht so ernst für mich gewesen, hätte ich über eine so skurrile Argumentation gelacht“, sagt Templ.

Es hilft auch nichts, daß die Tante nicht mal im Traum daran denkt, ihren Anspruch auszuschlagen und ihn an den österreichischen Staat abzutreten, im März 2013 kommt es am Landesgericht für Strafsachen in Wien zur Hauptverhandlung. Stephan Templ wird im April 2013 zu 3 Jahren Gefängnis wegen schweren Betruges verurteilt. Betrug am österreichischen Staat, um 550.000 Euro.

Das Sanatorium Fürth ist inzwischen saniert und in ein luxuriöses Wohnhaus mit siebzehn Einzelappartements umgebaut worden. Knapp acht Millionen Euro soll ein Käufer für eine 700 Quadratmeter große Wohnung in der ehemaligen Geburtsklinik gezahlt haben. Bis zum Wiener Justizpalast, wo der Oberste Gerichtshof tagt, sind es vom Sanatorium aus nur zehn Minuten zu Fuß.

Jahre und Instanzen später (immerhin, Haftstrafe reduziert auf 1 Jahr): im Herbst 2015 muß Stephan Templ ins Gefängnis, trotz verschiedener Verfahrensfehler und der kafkaesken Anklage, die österreichische Republik geschädigt zu haben. Trotz Tantenaussage, Gnadenappellen, internationalem Presseecho und trotz des Justizskandals, den sich Österreich mit der Aufgabe jedes Gleichheitsgrundsatzes selbst beschert hat. Denn: andere Erbberechtigte hatten andere Erbberechtigte ohne jede Konsequenz nicht benannt.

Und was entdecke ich heute im Guardian?

But papers found in the state-run offices set up to facilitate the return of properties to heirs and descendants show that authorities were made aware of the existence of Elisabeth Kretschmar in 2003. …

The documents were discovered in the offices of the General Settlement Fund (GSF) in central Vienna by Templ’s legal team on 22 December, three years after they first began asking to view them.

 In the papers seen by the Guardian, Templ noted his aunt’s name and address on an application form a total of six times. The GSF is believed to have eventually processed the documentation in 2006.

“After repeated denials and refusals, Mr Templ’s legal team was eventually granted access to documents which conclusively prove that the Austrian authorities knew about his aunt,” said Robert Amsterdam, an international lawyer with Amsterdam and Partners, which is representing Templ on a pro bono basis.

“It is outrageous for Austria to claim that Templ hid the existence of his aunt when her name is mentioned six times in documents submitted by him to the panel.”…

Austria’s justice ministry declined to respond to repeated requests for comment.

Templ said by phone from Vienna: “The indictment is in tatters, so I don’t understand why they don’t release me. Apart from the fact they should never have put the victim of the [property] theft behind bars in the first place, it’s now six weeks since this new evidence came to light and the authorities do nothing. It’s further proof of what a farce the whole case is, as I’ve said all along.”

Kafka lebt!

 

30 Kommentare zu „Kafka lebt!

  1. Die Jewish Telegraphic Agency und die Times of Israel haben die gestrige Guardianmeldung heute aufgenommen, ansonsten: in den deutschsprachigen Medien dröhnendes Schweigen.

    Lesenswert fand ich noch ein paar Stimmen zum Urteil (BBC, Oktober 2015):

    The lengthy case has drawn widespread condemnation amid allegations Austria has not done enough to return property looted under the Third Reich. Historian Efraim Zuroff, renowned for his efforts at bringing Nazi war criminals to court, told the BBC on Tuesday the jailing of Templ was „absolutely outrageous“. Meanwhile, Templ’s lawyer, Robert Amsterdam, described it as „outright injustice“.

    Vienna prosecutors have not commented on the case.

    Templ, a leading critic of Austria’s restitution record, caused controversy in Austria in 2011 with a book called Our Vienna: Aryanization Austrian-Style. The book, co-written with historian Tina Walzer, documented properties in the Austrian capital – including apartment buildings, cinemas and even a ferris wheel (nämlich das Riesenrad im Prater, dvw)- that were confiscated from their Jewish owners. …

    In September Austrian President Heinz Fischer rejected a request for clemency, saying the punishment was fair because the court had ruled that Templ had „damaged Austria“ by his actions.

    Critics have called the decision to jail the writer an „overreaction“ and have suggested it may be linked to his criticism of the government’s restitution record. „A lot of people wanted revenge,“ said Mr Amsterdam, a leading human rights lawyer who defended Russian oligarch Mikhail Khodorkovsky. „A lot of people are angry at Stephan for the book.“

    Karl Pfeifer, a veteran Austrian journalist and a Holocaust survivor, has been quoted as saying: „The only reason Templ was prosecuted is that he touched a nerve with his book, which reminded the Austrians of how they stole Jewish property.“

    Speaking to the BBC after his client went to jail on Monday, Templ’s lawyer described his shock that the jail sentence was being served. „It was a difficult day for me not only as a lawyer but as a witness and a Jew,“ Mr Amsterdam said.

    Meanwhile Efraim Zuroff, one of 75 Holocaust historians who signed a letter urging the government to cancel the sentence, criticised Austria’s handling of cases relating to the Third Reich – including the prosecution of Nazi war criminals.

    „This a country that has a really very twisted way of dealing with Holocaust related issues,“ he said.

      1. Dankeschön!

        Es bleibt nach wie vor die Frage offen, warum eigentlich Standard, ORF, NZZ, FAZ usw.usw. immer noch nicht berichten. Der Aktenfund mit dem 6mal erwähnten Namen der Tante ist seit dem 9.2. bekannt, damit ist die Anklage noch mehr Makulatur als sie von Anfang an sowieso war.
        Mir ist das mediale Schweigen ein Rätsel. Allein schon, weil die ganze Geschichte so enorm vielschichtig und interessant ist. Ich hätte mir immer vorgestellt, daß man genau wegen sowas Journalist wird.

  2. Ein Lichtblick findet sich gleich im ersten Zitat aus der FAZ: Österreich befindet sich seit 1955 offiziell im Besitz des Sanatoriums…
    Halte ich für eine sinnvolle Maßnahme der internationalen Gemeinschaft, ganze Staaten, die von der anstrengenden Entnazifizierung schier ausgemergelt sind, unter die Obhut medizinischer Einrichtungen zu überführen und ihnen eine Rosskur zu verpassen, die sich gewaschen hat. Könnte man sich nicht nur für Österreich sehr gut vorstellen.
    Danke für den Fingerzeig.

    Gruß, d.

  3. Ich habe versucht, den Weg der Meldung nachzuvollziehen:
    Amsterdam & Partners hatten zum Tanten-Aktenfund am 9.2.2016 eine Presseerklärung abgegeben, die am gleichen Tag von der Presseagentur PRNewswire und von wallstreet online aufgegriffen wurde, am 10.2. von den britischen Jewish News, am 13.2. vom Guardian und von Times of Israel, am 14.2. von St. Louis Jewish Light, Jewish Telegraphic Agency, Haaretz und zwei mir unbekannten Plattformen mit so schönen Namen wie Forward und (heute) FailedMessiah.

    In deutschspachigen Medien bis heute: nullnadanothing. Was ich nicht verstehe, weil diese ganze miese Geschichte so ein Krimi ist!

    Der guten Ordnung halber: im Blogtext 2 Formulierungen geglättet, den falsch geschriebenen Nachnamen der Tante und, wie immer und immer zu spät, ein paar Rächtschreipfeeler korrigiert.

  4. Jerusalem Post:

    “It’s time to end this reprehensible farce,” said Amsterdam. “We have a situation here where Austria acknowledges these thefts by the Nazi regime, but then jails the victim of the theft, despite the absence of any damaged party. It is difficult not to see shades of retrograde official anti-Semitism in this case.”

    Amsterdam has also reportedly turned to the United Nations Human Rights Council over the matter.

    Amsterdam is not alone in such thinking. Following Templ’s incarceration, Holocaust historian Rafael Medoff, director of the David S. Wyman Institute for Holocaust Studies, asserted in an article for the Jewish News Service that “there are grounds to fear that he [Templ] is being punished for exposing Austria’s failure to return seized property to its Jewish owners.”

    Austria has famously failed to have come to terms with its Nazi past in the same way as Germany, and “since the day World War II ended, Austrians have claimed that they were not partners of the Nazis but actually “the first victims of Nazism,” he wrote.

    Medoff and 74 other historians had previously written to the Austrian ambassador in Washington protesting what they view as a grave injustice.

    In deutschsprachigen Medien: zero.

  5. Laut („Ein Service der Stadt Wien“) Wien Geschichte Wiki:

    Durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten erhielt das Sanatorium Fürth vorübergehend einen neuen ärztlichen Leiter, Dr. Franz Neuhauser. „Der letzte Patient hat heute das Sanatorium verlassen, womit der Betrieb beendet ist“, so schrieb Neuhauser an die Magistratsabteilung VIII am 7. Juli 1938. Mit Amtsvermerk des Wiener Magistrats, Magistratsabteilung 19, befand sich 1939 im Gebäude die „Wehrinspektion Wien“. Die Arisierung durch das Deutsche Reich (Reichsfiskus, Heer) erfolgte aufgrund des Kaufvertrages vom 27. März 1939. Der Kaufpreis betrug 310.00 RM.

    Dr. Lothar Fürth hatte das Sanatorium in seinem Testament vom 10. Oktober 1937 seiner Ehegattin Susanne, und sollte diese vorverstorben sein, seinen Schwiegereltern Emil und Ida Beständig vererbt. Ausdrücklich von der Erbfolge ausgeschlossen waren demnach seine leibliche Schwester Hertha Lasker und deren Nachkommen. Die Erben Emil und Ida Beständig verzichteten jedoch im Hinblick darauf, dass sie nach Nürnberger Rassengesetzen als Juden galten, auf ihr Erbrecht. Die gesetzlichen Erben wären die Schwester Lothar Fürths Hertha Lasker und deren Nachkommen gewesen, diese waren jedoch im April 1938 bereits vor den Nationalsozialisten geflüchtet. Lothar Fürth hatte John Davis, Wien 8, Lenaugasse 19 zu seinem Testamentsvollstrecker eingesetzt.

    Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Gebäude von der amerikanischen Besatzungsmacht beschlagnahmt. Der von Lothar Fürth eingesetzte Testamentsvollstrecker John Davis beantragte zwar 1946 die Rückstellung, wurde aber von der Republik Österreich nicht als Rechtsnachfolger Lothar Fürths anerkannt.

    Durch den Staatsvertrag von 1955 ging das Gebäude in das Eigentum der Republik Österreich über. Die Sammelstelle für erbloses Vermögen stellten 1960 den Antrag auf Rückstellung. Trotz Schätzgutachtens des Wertes der Liegenschaft auf über 6 Millionen Schilling zahlte die Republik Österreich aufgrund eines Vergleiches im Jahr 1966 nur eine Abfindung in der Höhe von 700.000 Schilling an die Sammelstellen.

    Die Republik Österreich blieb weiterhin Eigentümerin und vermietete das Sanatorium bis zum Jahr 2007 an die US-amerikanische Botschaft. Die ab 2003 von Erbinnen und Erben nach Lothar Fürth gestellten Anträge auf Rückstellung mündeten 2009 und 2010 in eine Eigentumsübertragung aufgrund einer Entscheidung der Schiedsinstanz für Naturalrestitution, die den Vergleich von 1966 als „extrem ungerecht“ beurteilte. Die aus 39 Mitgliedern bestehende Erbengemeinschaft verkaufte die Liegenschaft im Jahr 2010 an das Ehepaar Dagmar und Peter Rabensteiner. Im Grundbuch ist die Eigentümerin seit 2010 als Entwicklungsgesellschaft „Schmidgasse 14“ eingetragen.

    1. Noch ein mieses Detail zur Arisierung des Sanatoriums Fürth: Vom Böhmerwald aus in die Welt: Einblicke in die Geschichte der Familie Fürth (insgesamt sehr lesenswert!)

      Wie für die meisten anderen jüdischen Betriebe wurde auch für das Sanatorium Fürth ein sogenannter kommissarischer Verwalter, Mitglied der NSDAP, eingesetzt. Die Weiterführung des Hauses als Sanatorium unterblieb, wohl auch deshalb, da seine vorwiegend jüdische Klientel aufgrund ihrer rassistischen Verfolgung unter dem NS-Regime von der Inanspruchnahme aller Leistungen praktisch über Nacht ausgeschlossen war. Bereits am 1. Mai 1938 beanspruchte die Deutsche Wehrmacht das Gebäude samt dazugehörigem Areal für ihre Zwecke. Die Wehrersatzinspektion Wien bezog am 25. August 1938 die Liegenschaft. Im März 1939 wurde diese schließlich aus dem Nachlaß Lothar Fürths an das Deutsche Reich – Reichsfiskus Heer verkauft.
      Der Erlös wurde als „Entjudungs-erlös“ deklariert, auf ein Sperrkonto einbezahlt und zur Gänze zugunsten des als untilgbar verschuldet behaupteten Nachlasses eingezogen.

  6. Interessant auch die FAQ Sanatorium Fürth beim Allgemeinen Entschädigungsfond für Opfer des Nationalsozialismus:

    Ergänzung der FAQs zum Restitutionsfall Sanatorium Fürth vom 18. November 2015:

    In einer am 9. November 2015 via APA OTS veröffentlichten Aussendung des Rechtsbeistands von Stephan Templ wird behauptet, dass eine Entscheidung der Schiedsinstanz für Naturalrestitution aus dem Jahre 2007 „erst seit wenigen Wochen“ zugänglich sei, „wonach es für Antragsteller keine Verpflichtung gibt, andere mögliche Antragsteller zu nennen“. Im Strafprozess gegen Stephan Templ habe „die Schiedsinstanz jedoch das Gegenteil behauptet und damit Templs Verurteilung bewirkt“. In einer bezahlten Anzeige, die am 26./27. September 2015 in „Der Standard“ erschienen ist, wurde dem Nationalfonds vorgeworfen, „wiederholt das Restitutionsgesetz rechtswidrig dargestellt und Fakten vertuscht“ zu haben. Dabei sei in „einer Ihrer eigenen Entscheidung“ (gemeint ist die Entscheidung Nr. WA 1/2007 der Schiedsinstanz) festgestellt worden, „dass das Urteil gegen Templ keine rechtliche Grundlage“ habe und genau diese Entscheidung sei „als einzige geheim gehalten“ worden.

    Demgegenüber ist festzuhalten:

    1. Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution wurde 2001 beim Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus eingerichtet und nicht beim Nationalfonds. Die Schiedsinstanz ist ein dreiköpfiges Entscheidungsgremium, das bei der Antragsprüfung unabhängig arbeitet.
    2. Die Empfehlungen der Schiedsinstanz sind gemäß § 36 Entschädigungsfondsgesetz (EF-G) zu veröffentlichen. Sämtliche Entscheidungen werden im anonymisierten Wortlaut in einer deutsch- und englischsprachigen Online-Datenbank auf der Website des Entschädigungsfonds veröffentlicht. Zudem werden die „materiellen“ Entscheidungen der Schiedsinstanz seit 2008 in einer zweisprachigen Reihe in Buchform veröffentlicht. Die Entscheidung Nr. WA 1/2007 ist seit 2011 in Band 4 der „Entscheidungen der Schiedsinstanz für Naturalrestitution“ auf S. 282–345 in deutscher und englischer Sprache publiziert und wurde somit nicht „geheim gehalten“. In der Online-Datenbank der Schiedsinstanz ist die Entscheidung WA 1/2007 seit 2007 veröffentlicht. Im Zuge des Relaunches der Website Ende Juni 2015 wurden aufgrund einer technischen Panne keine deutschsprachigen Entscheidungen über Wiederaufnahmeanträge auf die neue Website übertragen. Dies betraf mehrere Entscheidungen und nicht eine bestimmte Entscheidung. Der Fehler ist mittlerweile behoben und die betreffenden Entscheidungen sind wieder online abrufbar.
    3. Die Schiedsinstanz hat in der Entscheidung Nr. WA 1/2007 keinesfalls festgestellt, „dass das Urteil gegen Templ keine rechtliche Grundlage hat“. Dies wäre schon allein deshalb unmöglich, weil Stephan Templ 2013 erstinstanzlich wegen schweren Betrugs verurteilt wurde und die Entscheidung der Schiedsinstanz aus dem Jahr 2007 stammt. Die betreffende Randzahl 149 der Entscheidung WA 1/2007 bezieht sich zudem auf ein gerichtliches Verlassenschaftsverfahren und nicht auf das Verfahren vor der Schiedsinstanz:

    „Dass sich Edith Sch. den Vergleich – wie von den AntragstellerInnen bzw. ihrem Vertreter ständig betont – betrügerisch erschlichen habe, dafür lagen damals keine – und liegen auch heute kaum – Anhaltspunkte vor. Es darf in diesem Zusammenhang lediglich darauf verwiesen werden, dass eine strafrechtlich (oder sonst wie) sanktionierte Pflicht, als Erbe in einem Verlassenschaftsverfahren die Existenz weiterer Erben bekannt zu geben, nicht besteht. Strafrechtliche Relevanz hätte in concreto nur eine falsche Aussage bei einer förmlichen Vernehmung zur Sache, etwa im Rahmen der Todesfallsaufnahme, haben können (siehe dazu den heute geltenden § 288 StGB). Nach der Aktenlage hat Edith Sch. allerdings weder in den drei Verlassenschaftsverfahren noch im Todeserklärungsverfahren mündlich ausgesagt. Die Schiedsinstanz sieht es nicht als ihre Aufgabe an, eine strafrechtliche Beurteilung historischer Vorgänge vorzunehmen, zumal dann nicht, wenn ein Strafverfahren vor der dafür zuständigen Behörde bereits stattgefunden hat und von ihr eingestellt wurde.“

    Die Schiedsinstanz hat somit keine strafrechtliche Beurteilung vorgenommen. Hingegen hat der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 15Os133/13t zu Stephan Templ ausgeführt:

    „Mit der Behauptung, Strafbarkeit einer Täuschung durch Unterlassen erfordere nach § 2 StGB eine Rechtspflicht, einen ohne Aufklärung eintretenden Vermögensschaden abzuwenden, er wäre aber nicht verpflichtet gewesen, andere potentielle Antragsteller zu nennen oder bei der Antragstellung zu unterstützen, verkennt der Nichtigkeitswerber, dass ihm nach den Feststellungen nicht bloß Täuschung durch Unterlassen, sondern auch durch aktives Handeln (Vorlage eines unrichtigen „Stammbaums“, wahrheitswidrige mündliche Angaben über die Zahl der Kinder pro Generation, Vorlage eines unvollständig ausgefüllten Antragsformulars) zur Last liegt (vgl im Übrigen auch RIS-Justiz RS0120597; Kirchbacher in WK² StGB § 146 Rz 22).“

    Gestern ergänzt um:

    Ergänzung der FAQs zum Restitutionsfall Sanatorium Fürth vom 15. Februar 2016:

    Hinsichtlich der Frage, ob der Schiedsinstanz für Naturalrestitution oder dem Allgemeinen Entschädigungsfonds die Tante von Stephan Templ als weitere Erbin bekannt war bzw. diese vom ihm bekannt gegeben wurde, wird Folgendes festgehalten:

    Die Verfahren beim Allgemeinen Entschädigungsfonds – sowohl bei Anträgen auf Naturalrestitution bei der Schiedsinstanz als auch auf Geldentschädigung beim Antragskomitee – unterliegen aus Gründen des Datenschutzes der AntragstellerInnen der Vertraulichkeit. Daher kann ohne Zustimmung der AntragstellerInnen nur auf allgemeine und öffentlich verfügbare Informationen verwiesen werden.

    Stephan Templ hat als Vertreter seiner Mutter im Rahmen des Verfahrens vor der Schiedsinstanz keine Unterlagen vorgelegt oder Angaben gemacht, die Auskunft über Existenz und Identität seiner Tante geben. Welche Dokumente und Angaben der Schiedsinstanz für die Prüfung des Antrages der Mutter von Stephan Templ zur Verfügung standen, ist in der Entscheidung über diesen Antrag Nr. 27a/2006 vom 23. Jänner 2006 nachzulesen (siehe dazu auch Entscheidung Nr. 27d/2012 und die FAQs).

    Wie aus zahlreichen Entscheidungen der Schiedsinstanz ersichtlich, werden im Rahmen der Prüfung eines Antrages auf Naturalrestitution unter anderem auch etwaige bereits beim Allgemeinen Entschädigungsfonds vorhandene Unterlagen herangezogen und in der Entscheidung als Beweis angeführt. Selbstverständlich ist auch im Fall des Antrags der Mutter von Stephan Templ so vorgegangen worden.

    In der entsprechenden Entscheidung der Schiedsinstanz Nr. 27a/2006 vom 23. Jänner 2006 (Randzahl 6 und 7) ist nachzulesen, dass zu diesem Zeitpunkt keine solchen Unterlagen vorlagen, da sie sonst als Beweismittel aufgelistet worden wären.

    Wie das Urteil des Obersten Gerichtshofs zeigt, hat auch Stephan Templ im Strafverfahren nie behauptet, der Schiedsinstanz (oder dem Allgemeinen Entschädigungsfonds) seine Tante bekannt gegeben zu haben.

    Immerhin kann das als Nachweis gelten, daß man in Österreich von der neuen Wendung im Fall Templ und vom internationalen Presseecho sehr wohl Kenntnis genommen hat. Und sich windet.

  7. Je mehr ich mich in die Geschichte einlese, desto mieser wird sie, Profil im Mai 2009: Restitution – Rückgabe eines Palais: Hinter den Kulissen des Falles Schmidgasse 14

    Die Schmidgasse 14 ist eine eigene Tragödie, sagt der Spitzenjurist Josef Aicher. Er ist Vorsitzender jener Schieds­instanz, die Österreich eigens für die Rückgabe von Liegenschaften an Verfolgte der NS-Herrschaft eingerichtet hat.

    Die Tragödie: interne Auseinandersetzungen darüber, ob das Anwesen möglichst rasch veräußert oder davor tatsächlich ­restituiert werden soll, also alle Erben per Grundbucheintrag Eigentümer werden. Ein Bieterverfahren gab es bereits, als die Schiedsinstanz über die Mehrzahl der Erbenanträge, nämlich 29, noch nicht einmal geurteilt hatte. Lothar Fürths Großcousine, die als Kind die Nazi-Verfolgung durchgemacht und bis heute nicht überwunden hat, wurde von Miterben ungeachtet ihres Schicksals inzwischen geklagt: weil sie dem Verkauf nicht zustimmen mochte.

    Neues Beweismittel. Nun könnte der Fall überhaupt neu aufgerollt werden: Bei insgesamt neun Erben geht es um die Frage, ob sie überhaupt erbberechtigt sind. Der Wiener Anwalt Christian Leskoschek hat dem Schiedsgremium Dokumente übergeben, die Erbenforscher Herbert Gruber nicht vorgelegt hatte (siehe Interview). Der Vorsitzende der Schiedsinstanz, Josef Aicher, zur neuesten Entwicklung: Ich gehe davon aus, dass es ein neues Beweismittel ist. Es handelt sich um das Testament einer leiblichen Tante von Lothar Fürth. Für diese hatte der Erbenforscher nicht einmal den Todestag im Jahr 1932 eruiert. Mangels Kenntnis ihres letzten Willens, in dem sie zwei Enkel bedacht hatte, bestimmte die Schiedsinstanz die gesetzliche Erbfolge für neun entfernte Verwandte ihrer 1943 im Ghetto Theresienstadt ermordeten Tochter. Eva Blimlinger, frühere Generalsekretärin der Historikerkommission der Republik, übt harsche Kritik: Da arbeiten Erbensucher mit Banken und dem vitalen Interesse an ge­wissen Ergebnissen, und die Schiedsinstanz übernimmt offensichtlich ungeprüft, was diese Opfer-Profiteure vorlegen.

    Syndikat. Mögliche Erben für Objekte von NS-Opfern, die 1945 Österreich zugefallen waren und an denen wie im Fall der Schmidgasse 14 jahrzehntelang durch Vermietung an die US-Botschaft verdient wurde, sucht nicht die Republik. Für die große Immobilie wurden beinahe alle Anträge von der Gruppe um Erbenforscher Gruber und die deutsche Hoerner Bank, die auf diesem Gebiet tätig ist, gestellt. Mit Honoraren von einem Drittel des rückgestellten Werts gehören sie de facto zu den größten Erben, die einzelnen Anteile am Erbe des jüdischen Arztes sind großteils gering. Selbst die vier Kinder von Elizabeth de Rothschild – sie war ebenfalls eine Großcousine Fürths und konnte 1942 nach England flüchten, wo sie in die Rothschild-Familie einheiratete – kommen jeweils nur auf 0,544 Prozent. Nur wenige der Nachfahren versuchten, ihre Ansprüche ­allein durchzusetzen. Chris ­Andrews, Kalifornien, beklagte in einem Presse-Gespräch Druck durch ein Holocaust-Business, ein Syndikat aus Banken, Juristen und Genealogen: Sie wollten mich vertreten und eine Menge Geld haben.

    Auch Lothar Fürths in Wien lebende Verwandte stellte ihren Anspruch ohne Einschaltung des Syndikats. In einem Schriftstück des Büros der Schiedsinstanz wird sie abschätzig als zusätzlich aufgetauchte Erbin bezeichnet. Sie hat sich bisher der raschen Veräußerung des Palais widersetzt, die von der so genannten Verkäufergruppe Lansky-Scheubrein namens 34 Erben betrieben wird. Die Wienerin beharrt auf tatsächlicher Restitution, nämlich Eintragung ins Grundbuch, vor einem Verkauf. Josef Aicher von der Schiedsinstanz meint zu dem Streit: Natürlich ist eine Grundbucheintragung die sauberere Lösung. Bereits im Jänner 2007 war ein Bieterverfahren veranstaltet worden, das eine erst knapp davor gegründete A. M. Alpha Verwaltungsgesellschaft mit 9,75 Millionen Euro Kaufpreis gewann. Die Presse berichtete damals, das Objekt wurde von ukrainischen Investoren ersteigert.

    Erbenforscher Gruber schickte der Familie der Erbin inzwischen die kryptische Mail-Botschaft: „Das Geschäft an sich ist sehr groß und frustrierte Partner im Grundstücksgeschäft sehr unangenehm.“ Ende des Vorjahres brachten schließlich zwei Miterben Klage gegen die Frau ein. Die beiden erwarten aus der mutmaßlichen Kaufsumme einen Anteil von 3,6 Millionen Euro. Das Anwaltsbüro Freimüller, Noll & Partner schreibt in der Klagsschrift: Durch die Verweigerung der Unterschrift entsteht ihnen (an Zinsen, Anm.) daher ein Schaden von ca. 500 Euro täglich!! Bisher ist das Objekt wegen der Auseinandersetzungen um eine geordnete Übernahme noch gar nicht zurückgegeben. Erst im Februar heurigen Jahres wurde den Erben offiziell mitgeteilt: Die Republik Österreich hat sich nunmehr entschlossen, jedem einzelnen Restitutionswerber die Anteile einzeln zu retournieren.

    (die Kennzeichnung der wörtlichen Rede ist im Profil-Artikel verschwunden, auf Rekonstruktion habe ich verzichtet)

  8. Ach guck, der Kafka hatte einen direkten Bezug zur Familie Fürth, nicht nur den von mir hergestellten zu Franz Kafkas „Process“
    Die Familie Fürth. Jüdische Franken gründeten einst im böhmischen Schüttenhofen ein Zündholzimperium

    Und wer mit dem Autor und Architekturkritiker Templ in Prag über die Familie Fürth spricht, der kommt irgendwie zwangsläufig auch auf den Namen Kafka. Zwar hatte der Schriftsteller in seiner Eigenschaft als Angestellter der Arbeiter-Unfallversicherung nichts direkt mit der Zündholzfabrik Fürth zu tun («Sein Rayon war mehr Nordböhmen,» meint Biograf Klaus Wagenbach), und dennoch: Kafkas Tante Anna hatte einen Zündholzfabrikanten namens Adler aus Schüttenhofen geheiratet, dessen kleine Fabrik von den Fürths aufgekauft wurde. Als Witwe lebte Anna dann in Strakonitz, dem Ort, aus dem Kafkas Vater kam, und wo sich Franz gelegentlich aufhielt.

    «Aber natürlich», sagt Stefan Templ, «gibt es da auch etwas ganz Konkretes zwischen meiner Familie und dem Franz, eine wirkliche Beziehung. Und die geht wiederum über meine Großmutter und meinen Großonkel, Emil Utitz, der ein Schulkollege von Kafka war auf dem deutschen Gymnasium in Prag, der dann die Erinnerungen an Kafka niedergeschrieben hat. Und meine Großtante, Ottilie Utitz, geborene Schwarzkopf, hat mir immer nur diesen Satz erzählt: «Es ist für mich so unvorstellbar, aber der Kafka Franzl, der war ja so ein furchtbar schüchterner Mensch und ist immer so eingezogen herumgelaufen – und heute ist der Kafka Franzl ein Dichter wie der Goethe und der Dante».

    Der «Kafka Franzl» übrigens schrieb Anfang Februar 1918 einen Brief an seinen Freund Felix Weltsch. Und der beginnt mit den Worten: «Lieber Felix, besten Dank Dir, und Fürth natürlich auch.»

    Kafka meinte den ihm lieb gewordenen Walter Fürth (1896 – 1946), ein Unikum und schriftstellerisch dilettierenden Bohemien aus dem Umfeld des literarischen Prager Kreises, zu dem auch Franz Werfel oder Max Brod gehörten. Ob dieser Walter nun aus der Schüttenhofener oder der Strakonitzer Mischpoche abstammt, lässt sich heute nicht mehr exakt feststellen. Ein Fürther, pardon: ein Fürth aus Böhmen aber war er auf jeden Fall.

    1. Oh, vielen Dank!

      Ich kam heute noch nicht zum Scannen der Medien nach Neuigkeiten zu Stephan Templ (und habe mir erlaubt, Ihren link hinter den Titel des Artikels zu legen)
      Der Standard schreibt:

      Nun glauben Templs Anwälte allerdings, trotz der aktuellen Niederlage vor dem OGH, genügend Gründe dafür zu haben, dass „das Verfahren gegen ihn auf der Stelle eingestellt und er sofort enthaftet wird“, wie Templs Rechtsvertreter in London, Robert Amsterdam, zum STANDARD sagt. Denn: Der Entschädigungsfonds hat den Anwälten nun Dokumente übermittelt, die belegen: Der Publizist hat 2002 gleich auf drei Antragsformularen den Namen seiner Tante genannt – insgesamt sechsmal, wie der „Guardian“ am vergangenen Wochenende schrieb.

      Es handelt sich dabei um Anträge auf Restitution von Lebensversicherungspolizzen, die Templ im Namen seiner Mutter, seiner Großmutter und seines Großvaters ausgefüllt hat. Auf die Frage, ob es noch andere „living heirs“ gebe, gab er jedes Mal den Namen seiner Tante an. Die Dokumente liegen dem STANDARD vor.

      „Arrogant“ und „obszön“

      Aus der Sicht von Anwalt Amsterdam kann nun die Urteilsbegründung des Strafgerichts, Templ habe die Republik geschädigt, nicht mehr aufrechterhalten werden. Nicht nur, dass die Finanzprokuratur im September 2014 befand, eine Schädigung des Bundes in der Causa Templ sei „auszuschließen“. Die Republik habe von der lebenden Tante wissen müssen – spätestens seit 2003, als die International Commission on Holocaust ERA Insurance Claims in Rotterdam die Anträge Templs an den Entschädigungsfonds in Wien weitergeleitet hatte.

      Robert Amsterdam sieht im Fall Templ nach wie vor eine „massive Ungerechtigkeit“. Und er greift Bundespräsident Heinz Fischer direkt an, auf dessen Gnadenerlass Templ gehofft habe. Der Präsident habe seine, Amsterdams, Eingabe gar nicht gelesen, behauptet der Anwalt – das sei „geradezu eine Obszönität“. Und es füge sich in eine „ganze Reihe von Fällen von Holocaust-Geschädigten, denen sich die Republik Österreich gegenüber unwillig und arrogant verhalten“ habe, sagte Amsterdam zum STANDARD.

      Templs Wiener Anwalt hat jedenfalls noch vor Weihnachten einen Antrag auf Revision des Strafverfahrens eingebracht – mit den neu aufgetauchten Antragsformularen als Beweis für Templs Unschuld. Im Justizministerium will man sich zu dem Fall nicht äußern.

      1. Auch die Tiroler Tageszeitung berichtet nun, aber mit anderem Tenor „Betrug an Republik – Verurteilter Publizist blitzte beim OGH ab“.

        Kein Wort, ob oder dass die Tante schon bekannt gewesen wäre.

        (sorry, ich hab immer noch keinen Plan, wie ich hier den Link hinter den Text bringe, vielleicht mögen Sie wieder?) (Na, und wie ich mag…;-)…! ich zitiere auch noch ein bißchen aus dem Tiroler Qualitätsmedium, dvw)

        Wien (APA) – Der in Zusammenhang mit einem Restitutionsantrag wegen schweren Betrugs an der Republik Österreich verurteilte Publizist Stephan Templ ist vor dem Höchstgericht abgeblitzt. Sein Antrag auf außerordentliche Revision wurde vom Obersten Gerichtshof (OGH) abgewiesen, hieß es am Mittwoch in einer veröffentlichten Entscheidung. Templ hatte versucht, die Schadensersatzzahlung zu bekämpfen. …

        Ein Antrag auf außerordentliche Revision – es geht um eine Zahlung von 550.000 Euro Schadensersatz – wurde nun vom OGH zurückgewiesen. Templ hatte geltend gemacht, das Berufungsgericht habe das Entschädigungsfondsgesetz (EF-G) gebeugt. Laut OGH verkannte der Verurteilte jedoch, „dass Gegenstand der Klage nicht Ansprüche nach dem EF-G sind, sondern Schadenersatzansprüche, für die ein Anspruch der Geschädigten nach dem EF-G nur als Vorfrage zu prüfen ist“.

  9. Kurier: Oberstaatsanwaltschaft empfiehlt die Einvernahme einer Zeugin und Überprüfung des Wiederaufnahmeantrags

    Der Prager Journalist Stephan Templ hat gute Chancen, aus seiner einjährigen Gefängnisstrafe in der Justizanstalt Wien-Simmering vorzeitig entlassen zu werden. Der Historiker hatte bei der Restitution eines Palais in Rathausnähe (das ehemalige Sanatorium Fürth) für seine Mutter eine Entschädigung von 1,1 Millionen Euro erwirkt und dabei die Existenz seiner Tante verschwiegen.

    Jetzt stellt sich heraus: Templ hatte die Schwester der Mutter schon davor mehrmals erwähnt. Dem Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus muss bekannt gewesen sein, dass es eine weitere anspruchsberechtigte Hinterbliebene gibt.

    Die Gefängnisstrafe für den kritischen jüdischen Buchautor („Unser Wien: Arisierung auf österreichisch“) bescherte Österreich von der New York Times bis zum Spiegel international negative Schlagzeilen. Das Urteil wegen Betruges ließ offen, wer überhaupt geschädigt sein soll: Der Privatbeteiligten-Anschluss der auf den Zivilrechtsweg verwiesenen Tante wurde nicht anerkannt, die Republik Österreich erachtete sich nicht für geschädigt, aber Templ sitzt seit Oktober 2015 in Haft.

    Ein Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens wurde abgeschmettert. Jetzt könnte das Oberlandesgericht Wien jedoch Templs Beschwerde Recht geben, wenn es dem Antrag der Oberstaatsanwaltschaft folgt. Diese regt die Überprüfung der neuen Beweismittel im Hinblick auf eine mögliche Wiederaufnahme an. Dadurch wäre auch eine Hemmung des Strafvollzuges wahrscheinlich.

    Bei einer erst Ende 2015 ermöglichten Akteneinsicht konnten Templs Anwälte feststellen, dass er die Tante bereits 2002 in früheren Entschädigungsanträgen angeführt hatte. Der Entschädigungsfonds hat diese Information auch dienstlich verwertet. Trotzdem sagte eine Mitarbeiterin im Betrugsprozess aus, man habe die Tante als mögliche Anspruchsberechtigte der Restitution des Palais nur deshalb nicht kontaktiert, weil man von Templ getäuscht worden sei.

    Die oberste Anklagebehörde beantragt nun die Einvernahme der Mitarbeiterin des Entschädigungsfonds als Zeugin. Dadurch könne die subjektive Tatseite des vorgeworfenen Betruges möglicherweise anders beurteilt werden.

    In etwa ähnlicher Inhalt bei The Local.at: Jewish author may ’soon be released‘ from Austrian jail

      1. Vielleicht wollen die Medien in Deutschland die deutsch-österreichischen Beziehungen nicht noch mehr belasten, wo es mit der Flüchtlingspolitik doch schon so hakt. Obwohl, glaube ich nicht wirklich, jedenfalls kann das nicht so durch die Bank der Fall sein. Jedenfalls sprechen solche Geschichten gegen die Behauptung, die Juden beherrschten insgeheim die Welt und zögen alle Fäden (nicht dass Leute, die sowas glauben, sich von Logik beeindrucken ließen, natürlich).

  10. Stephan Templ ist entlassen worden, weil er zwei Drittel seiner Haftstrafe verbüßt hat.
    http://derstandard.at/2000038688658/Templ-Bin-behandelt-worden-wie-ein-Hendldieb

    “ Für die nächsten 13 Jahre wurde Templ die «bürgerliche Ehrenfähigkeit» wegen angeblichen «schweren Betruges» aberkannt, was konkrete wirtschaftliche Behinderungen nach sich zieht. Die zweijährige Bewährungsfrist hängt zudem wie ein Damoklesschwert über dem 55-jährigen Templ, denn selbst eine Verleumdung oder übelwollende Behauptung könnte ihn theoretisch wieder ins Gefängnis bringen.“
    http://www.tachles.ch/news/der-prager-journalist-stephan-templ-frei

    1. Vielen Dank, das wäre mir voll entgangen! Ich hatte zwar im März und April öfter mal nach einer Meldung von Templs Entlassung gesucht, weil ich die nach Auftauchen der Tantennennung für unmittelbar bevorstehend hielt und es dann aber irgendwie vergessen.
      Haaretz berichtete auch:

      Stuart Eizenstat, a former U.S. deputy secretary of the Treasury who helped set up Austria’s restitution system, spoke out against the conviction.

      “This case should have been a civil matter between the Templs [Stephen Templ and his mother] and the sister,” Eizenstat told JTA in 2014. The conviction, he added, was “almost inexplicable.”

      Templ said he has moved to the Czech Republic out of protest against what he said is “a great injustice” done to him by Austria.

      “I don’t want to live in a place that stole my freedom for no legitimate reason,” he said.

  11. Beim Standard offenbar wieder gelöscht, im Cache noch abrufbar:

    Mitarbeiterin des Entschädigungsfonds klagt Publizisten Stephan Templ
    29. März 2017, 19:27
    Templ soll der Mitarbeiterin Fehlverhalten vorgeworfen haben

    Wien – Eine Mitarbeiterin des Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus klagt den wegen schweren Betrugs vor Gericht gestandenen Publizisten Stephan Templ. Konkret gehe es um Unterlassung und öffentlichen Widerruf von unwahren, ehrenrührigen beziehungsweise kreditschädigenden Behauptungen im Zuge des Strafverfahrens, teilte die Parlamentsdirektion am Mittwoch mit.

    Templ hatte 2005 im Namen seiner Mutter einen Antrag auf Restitution eines Anteils an einem herrschaftlichen Gebäude in der Schmidgasse in Wien-Josefstadt gestellt, das den jüdischen Besitzern – darunter die Großeltern Templs – in der NS-Zeit geraubt worden war. Die Forderung wurde zuerkannt, was der Mutter den geltend gemachten Zwölftelanteil an der Liegenschaft und im weiteren Verlauf 1,1 Millionen Euro einbrachte. Templ hatte allerdings die Existenz einer Schwester der Mutter verschwiegen.
    Behauptungen im Zuge des Verfahrens

    Templ wurde vorgeworfen, die Republik Österreich geschädigt zu haben, weil sich der Zuspruch an die Mutter – wäre die Existenz der ebenfalls restitutionsberechtigten Tante bekannt gewesen – um die Hälfte reduziert hätte. Templ soll die nun geklagten Behauptungen im Zuge des gegen ihn geführten Verfahrens sowie in der Zeit danach wiederholt verbreitet haben, wirft ihm die Mitarbeiterin des Entschädigungsfonds nun vor.

    Er habe der Klägerin unter anderem wahrheitswidrig vorgeworfen, einen Antrag rechtswidrig nicht an die Republik Österreich, sondern an andere Personen zugestellt zu haben, und ihr dabei eine Kollaboration zwischen Schiedsinstanz und, so Templ, „Holocaust-Business“ unterstellt. Zudem habe Templ behauptet, die Mitarbeiterin des Entschädigungsfonds habe ihn vor Gericht zu Unrecht „schwer belastet“, womit er eine Falschaussage suggeriere und ihr letztlich ein strafbares Verhalten vorwerfe.

    Die Rechtsvertretung von Templ war am Mittwoch vorerst nicht für eine Stellungnahme erreichbar. (APA, 29.3.2017)

    Eine ähnliche Meldung gab’s am 22.3.17 bei APA-OTS

    Wien (PK) – Eine Mitarbeiterin des Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus hat gegen den im Zusammenhang mit einem Restitutionsverfahren rechtskräftig wegen schweren Betrugs verurteilten Stephan Templ beim Handelsgericht Wien Klage eingebracht. Das Klagebegehren zielt auf Unterlassung und öffentlichen Widerruf von unwahren, ehrenrührigen bzw. kreditschädigenden Behauptungen, die Templ im Zuge des gegen ihn geführten Strafverfahrens sowie seiner Haftstrafe und selbst nach Verbüßung derselben wiederholt verbreitet hat. Die rechtlichen Schritte erfolgen in enger Absprache mit der Parlamentsdirektion und dem Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus, die die Mitarbeiterin vollinhaltlich unterstützen.

    Stephan Templ hat im Zusammenhang mit seiner Verurteilung regelmäßig unwahre sowie ehrenrührige bzw. kreditschädigende Vorwürfe gegen MitarbeiterInnen des Entschädigungsfonds, gegen die beim Entschädigungsfonds eingerichtete Schiedsinstanz für Naturalrestitution, den Entschädigungsfonds und den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus verbreitet.

    Der Klägerin hat Stephan Templ unter anderem wahrheitswidrig vorgeworfen, einen Antrag rechtswidrig nicht an die Republik Österreich, sondern an andere Personen zugestellt zu haben, und ihr dabei eine Kollaboration zwischen Schiedsinstanz und, so Templ, „Holocaust-Business“ unterstellt. Zudem hat Templ behauptet, die Mitarbeiterin des Entschädigungsfonds habe ihn vor Gericht zu Unrecht „schwer belastet“, womit er eine Falschaussage suggeriert und ihr letztlich ein strafbares Verhalten vorwirft.

    Aufgrund der beharrlich fortgesetzten falschen Behauptungen sieht sich die Mitarbeiterin des Allgemeinen Entschädigungsfonds nunmehr gezwungen, gegen Herrn Stephan Templ Klage einzubringen. Es ist nicht das erste zivilrechtliche Verfahren gegen den Beklagten im Zusammenhang mit der erfolgten Restitution. So hat ihn etwa seine Tante durch alle Instanzen erfolgreich auf Schadenersatz geklagt und versucht bisher vergeblich, den zugesprochenen Geldbetrag mit Hilfe der Exekutionsgerichte von ihm zu erlangen.

    Der Allgemeine Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus wurde 2001 zur umfassenden Lösung offener Fragen der Entschädigung von Opfern des Nationalsozialismus geschaffen. Zur Prüfung von Anträgen auf Naturalrestitution von öffentlichem Vermögen wurde beim Allgemeinen Entschädigungsfonds zudem die Schiedsinstanz für Naturalrestitution eingerichtet. Der Entschädigungsfonds wird in seiner Tätigkeit administrativ vom Nationalfonds unterstützt. Beide Fonds sind organisatorisch mit dem Parlament verbunden. (Schluss) red

  12. Johannes Schütz, The European – Eine österreichische Affäre Dreyfus (ist von August 2017 und so lang wie lesenswert)

    Während Stephan Templ in Haft war, wurden bei Enteignungen in Wien keine Strafanzeigen verfolgt. Es werden in Österreich von Sachwaltern Wohnungen und Häuser übernommen, bis jetzt in einer vergleichbaren Weise wie sie von Stephan Templ in „Unser Wien“ beschrieben wurde. Strafanzeigen liegen bei der Oberstaatsanwaltschaft Wien und werden nicht bearbeitet.

    In den vergangenen Jahren wurden mit Enteignungen durch Sachwalterschaft aus finanziellen Motiven Millionenwerte unterschlagen. Der Gesamtbetrag beläuft sich nach vorsichtigen Schätzungen auf mindestens 1 Milliarde Euro. Eine Gruppe aus betrügerischen Sachwaltern, korrupten Bezirksrichtern und eingekauften Gutachtern agiert. Diese Gruppe baute Strukturen seit Jahrzehnten auf, um diese Enteignungen durchzuführen.

    Diese Vorfälle sind den österreichischen Behörden bekannt. Dennoch werden keine Schritte unternommen. Das Urteil gegen Stephan Templ muss auch unter dem Gesichtspunkt dieser aktuellen Situation betrachtet werden. Offenbar soll das Urteil gegen Templ als Warnung an alle gelten, eine Rückgabe ihres enteigneten Besitzes in Österreich einzufordern.

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