In Nord-Europa wurde jede „Obergrenze“ der Flüchtlingsaufnahme überschritten, der „Volkstod“ steht unmittelbar bevor. Aber: nicht verzweifeln! Rettung naht!^^
Gestern in der Süddeutschen: 4 607 686 Syrer sind als Flüchtlinge bei den UN registriert. Das sind so viele Menschen, wie zusammengenommen in Sachsen und Bremen leben. Wahrscheinlich haben deutlich mehr ihr Heimatland verlassen. 6,5 Millionen Menschen sind zudem innerhalb Syriens vertrieben worden, aus ihren Häusern, Städten und Dörfern, mehr als die Bevölkerung von Hessen.
Mehr als 11 Millionen Menschen an der Obergrenze jeder Erträglichkeit ihrer Lebensumstände, viele längst darüber hinaus. Menschen, die oft mit knapper Not mit dem Leben davongekommen sind. Sie leben in Zelten, Containern und überteuerten Löchern, sind oft hoch verschuldet, Kinder gehen oft schon seit Jahren nicht mehr zur Schule. Menschen verhungern und erfrieren.
Der Grund für vermehrte Flucht nach Nord-Europa liegt aber selbstredend nur in Angela Merkels „Wir schaffen das“.
Im vergangenen Jahr hatte der UNHCR schmale 7,2 Milliarden Dollar zur Versorgung der syrischen Bürgerkriegsflüchtlinge in den Anrainerstaaten und in Syrien selbst erbeten. Davon gezahlt wurden ganze 52%. Deswegen mußte die minimale finanzielle Unterstützung für sehr viele Flüchtlinge erst eingeschränkt, dann gestrichen werden. Das World Food Program mußte selbst die Lebensmittellieferungen in den Lagern einschränken. In denen keineswegs alle Flüchtlinge leben, im Libanon gibt es gar keine Lager, in der Türkei, die numerisch und mit Abstand die meisten Flüchtlinge aufgenommen hat, leben nur zwischen 10 und 15 Prozent nicht mitten in der türkischen Gesellschaft.
Im Libanon kommt derzeit 1 syrischer Kriegsflüchtling auf etwa 5 Libanesen. Jordanien gibt ein Viertel seines Staatshaushalts für Flüchtlingshilfe aus, beide Länder haben einen hohen Stand an „alten“ Flüchtlingen, nämlich die, die vor Jahrzehnten aus Israel/Palästina geflohen sind und nur in Jordanien wenigstens teilweise eine Staatsangehörigkeit und damit Bürgerrechte haben. In der Türkei ist ein riesiger Schwarzmarkt rechtloser syrischer Billiglöhner entstanden, inklusive reichlich Kinderarbeit, der wiederum den türkischen Arbeitsmarkt destabilisiert.
Bisher war in keinem dieser 3 Länder oder in irgendeinem anderen mir bekannten armen Land mit vielen Flüchtlingen die Rede von „Obergrenze“ und Volkstod“. Länder wie Kenia und Tanzania waren imstande, Hunderttausende Flüchtlinge aus Ruanda und Kongo zu integrieren und zu naturalisieren, man liest sowas seltsamerweise nie in europäischen Medien.
Der UNHCR hat seinen Finanzbedarf 2016 zur Versorgung der syrischen Flüchtlinge mit 8,9 Milliarden Euro beziffert. Bleibt spannend, wieviel Prozent davon in diesem Jahr gedeckt werden.
Seit Jahrzehnten ist die Anhebung der Entwicklungshilfe auf 0,7% des BIP reicher Länder beschlossene Sache. Im vergangenen Jahr – Einlösung der Milleniumsziele – schaffte es Deutschland auf 0,42%/BIP. Während jeder in Entwicklungshilfe investierte 1 Euro schon unter Heidemarie Wieczorek-Zeul 1,80 Euro zurück in die deutsche Wirtschaft spülte und die in armen Ländern von international agierenden Konzernen wie Glencore hinterzogenen Steuern die gezahlten Entwicklungshilfen um ein Vielfaches übersteigen, wovon u.a. europäische Kommunen profitieren.
Aber neben den Dänen geht es ja besonders den Deutschen sehr schlecht. Sie würden am liebsten ihr Land mit der Laubsäge aussägen, isoliert in den Weiten des Pazifiks unterbringen und sich einzwei arme Länder halten, um nach dem Vorbild Australiens jede Flüchtlingsaufnahme zu unterbinden. Deutsche sind nämlich aktuell so vom IS-Terror bedroht, daß Live-Blogs zu Hausdurchsuchungen geschaltet werden müssen. Sie sind in ihren Werten, ihrer Identität, ihrem ganzen Sein durch die Flüchtlinge „Invasoren“ so beeinträchtigt, daß zwar Politiker aller Parteien von „Obergrenzen“ schwafeln, aber nur und nur die AfD damit auch wirklich „Schießbefehl“ meint. Weswegen man sich mit der AfD auf keinen Fall in „Elefantenrunden“ setzen darf, ihren Positionen nicht widersprechen, man sie sich selbst damit nicht nach Kräften blamieren lassen und man sie schon gar nicht durch gute Politik überflüssig machen kann (ich kann nicht fassen, daß ich Christian Lindner (FDP) mal zustimmen muß).
Deutsche müssen sogar ihre Toiletten mit Trinkwasser spülen.
Wir legen eine Schweigeminute ein.
Mely Kiyak gestern (unbedingt ganz lesen, wie immer großartig)-> AfD: Das Dreamteam des Volksempfindens
Ebenso pro-asyl mit einem sehr lesenswerten Text (dessen Reblog ich mir erlaube, auf der pro-asyl-Seite gibt’s noch jede Menge vertiefender links)-> Beim Schießbefehl angekommen: Der Überbietungswettbewerb in der Flüchtlingsdebatte
Bei Pixeloekonom, von Johannes Eber-> Die unsichtbare Grenze: Wie Zollschranken das Flüchtlingsleid vergrößern
Deutschland geht es so schlecht, dass 2016 der Trend zu noch mehr Wellness, Urlaub und Eventkonsum geht, berichtet die Gesellschaft für Konsumforschung -> http://www.faz.net/agenturmeldungen/adhoc/roundup-2-verbraucher-kurbeln-2016-wirtschaft-an-eu-konsumklima-verbessert-14050260.html
Zur Schweigeminute noch eine Gurkenmaske.
Im Absatz zu Altmeier erlaube ich mir, Ihre Interpunktion im Titel zu korrigieren. Es muss heißen: „Altmeier einfach abschieben, egal wohin.“ (Doppelpunkt weg.)
Der Fülle Ihrer Informationen ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Lindner ausnahmsweise mal gut .
Es gibt Deutsche, denen ist 1 Flüchtling bereits zu viel, andere wünschen sich weniger Deutsche in diesem versifften Land. Daher fordere ich eine Obergrenze für Idioten.
Nachtrag (Screenshot von Twitter): http://www.stilstand.de/wp-content/uploads/Storch.png
Georg Seeßlen, wie immer lesenswert (in Teilen sogar die Diskussion), anhand des angeblichen Todes eines Flüchtlings am LaGeSo über das Internet: Entwirklichung der Welt
Schweden muss Fähren und Fahrzeuge aus Polen stärker kontrollieren. Polnische Wirtschaftsflüchtlinge verbünden sich mit schwedischen Rechtsextremen.
http://derstandard.at/2000030681909/Polnische-Rechtsextremisten-wollten-schwedische-Asylheim-ueberfallen
http://www.thelocal.se/20160209/migrant-attack-plot-leads-to-14-arrests
In der taz gibt’s noch ein paar mehr Details: Die Polen-Connection
milchhonig: Ich fasse mal zusammen
Mely Kiyak: Deutschland im Kreisverkehr
Le monde diplomatique, Ulrike Guérot und Robert Menasse: Lust auf eine gemeinsame Welt. Ein futuristischer Entwurf für europäische Grenzenlosigkeit
Und viele andere interessante Denkanstöße mehr, lesen!
Hat dies auf montagfrei rebloggt.
Carolin Emcke: Beiläufig
Tagesspiegel: Der Mann, der den Toten vom Lageso erfand